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ETH-Studie – Thesen zur Energiezukunft Schweiz

02.09.2011 von

Ein Umbau des Energiesystems ohne Kernkraft bis ins Jahr 2050 ist grundsätzlich technologisch möglich und wirtschaftlich verkraftbar. Er bedingt aber eine konzertierte gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Zu diesem Schluss kommen ETH-Forscher in einer Studie, die sie am heutigen Energiegespräch vorgestellt haben. Nachfolgend sind die Resultate in sieben Thesen zusammengefasst.

Die Thesen basieren auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen von Forscherinnen und Forschern der ETH Zürich, gehen von anspruchsvollen Zielen und ehrgeizigen, doch wirklichkeitsnahen Entwicklungsszenarien aus und berücksichtigen mögliche Unsicherheiten.

These 1 – Globale Klimaziele für nationale Energiepolitik beibehalten

Eine globale Erwärmung von 2° Celsius oder mehr bringt weltweit und auch für die Schweiz massive Probleme. Die nationale Energiepolitik muss daher zwingend die globalen Klimaziele berücksichtigen, unabhängig von einem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie. Diese Prämisse bedeutet für die Schweiz eine Senkung ihrer jährlichen CO₂-Emissionen pro Kopf von heute 5,2 auf weniger als 2 Tonnen im Jahr 2050 und auf 1 Tonne gegen Ende des Jahrhunderts. Diese Vorgaben bedingen hierzulande bis 2050 unter anderem einen CO₂-freien Wärmesektor (hauptsächlich für Gebäudeheizungen), einen minimalen CO₂-Ausstoss bei der Stromerzeugung sowie eine effiziente, teilelektrifizierte Mobilität.

These 2 – Ausstieg aus der Kernenergie unter bestimmten Bedingungen machbar

Der vom Bundesrat beschlossene schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie ist unter bestimmten Bedingungen realisierbar. Eine Energiestrategie ohne Kernkraft verspricht einerseits bedeutende Chancen namentlich in Forschung und Innovation. Davon können sämtliche Wirtschaftssektoren vor allem langfristig profitieren. Erforderlich sind jedoch anderseits eine adäquate wirtschaftspolitische Steuerung sowie forschungsinduzierte Fortschritte bei den einzelnen Technologien. Die Strategie erfordert zudem grosse Anstrengungen und rasches Handeln in allen gesellschaftlichen Bereichen. Einschränkungen aufgrund von Knappheiten natürlicher Ressourcen oder Akzeptanzproblemen von Massnahmen sind dabei zu beachten.

These 3 – Starker Ausbau neuer erneuerbarer Energien erforderlich

Bei der Elektrizität werden sich je nach Szenario (abhängig von Wirtschaftswachstum, Bevölkerungsentwicklung, Effizienzerhöhung etc.) Angebot und Nachfrage in der Schweiz im Jahr 2050 voraussichtlich in einer Bandbreite von jährlich 67 bis 92 TWh Bruttoerzeugung einpendeln. Hierin ist der Strombedarf für Wärmepumpen und teilelektrische Mobilität eingerechnet. Für ein ehrgeiziges, jedoch realistisches mittleres Szenario (mit einem Schweizer Stromjahresbedarf um 80 TWh) wird die bescheiden ausbaubare Wasserkraft mit knapp 50% der gesamten Stromerzeugung weiterhin einen wichtigen Sockelbeitrag leisten. Sollen die restlichen 40 TWh ohne Kernenergie gedeckt werden, ist ein starker Ausbau der neuen erneuerbaren Energien erforderlich, primär von Fotovoltaik, gefolgt von der dezentralen Biomassenutzung und schliesslich der Geothermie. Langfristig sollte dieser Ausbau grundsätzlich technisch machbar sein. Zur Abdeckung von Bedarfsspitzen werden mindestens mittelfristig flexible Gaskraftwerke und/oder Stromimporte nötig sein.

These 4 – Aus- und Umbau des Stromnetzes mit grossen Anstrengungen verbunden

Eine Energieversorgung in der Schweiz ohne Kernenergie unter bestimmten Rahmenbedingungen benötigt auch Anpassungen bei der Stromverteilung. Sowohl Erzeugungstechnologien (wie etwa Fotovoltaik-Anlagen) als auch Speichertechnik und Netzinfrastrukturen sind zwar in den letzten Jahren technisch weit fortgeschritten. Die Integration (fluktuierender) erneuerbarer Energien benötigt aber mehr Speicherfähigkeit in Kurzzeitspeichern (Lastmanagement, Pumpspeicher und Batterien) als auch in Langzeitspeichern (Speicherseen, allenfalls saisonale Speicher wie Wasserstoff und Methan). Der dazu benötigte Aus- und Umbau des Stromnetzes und des elektrischen Energiesystems ist zügig zu planen und durchzuführen sowie im europäischen Rahmen abzustimmen.

These 5 – Höhere Energieeffizienz braucht technologische Fortschritte

Neben der klassischen Energieeffizienz (d.h. Minimierung der Primärenergie für eine Energiedienstleistung) spielen in der Elektrizitätsversorgung auch die Verringerung der Energieverluste durch den Stromtransport (ca. 7% der Gesamt-Stromproduktion) und durch die Pumpspeichernutzung (heute 1% der Gesamt-Stromproduktion) eine wichtige Rolle. Solche Energieverluste lassen sich durch technologische Fortschritte minimieren. Die Energieeffizienz ist aber auch massgeblich im Gebäudebereich und bei der Mobilität zu erhöhen. In diesen beiden Sektoren liegt denn auch das grösste Energiesparpotenzial. Dessen Ausschöpfung durch wirksamere Technologien bewirkt eine deutliche Verringerung der CO₂-Emissionen und des Ressourcenverbrauchs, zieht aber eine erhöhte Elektrifizierung nach sich (siehe These 1). Die Elektrizität wird so zum Rückgrat des zukünftigen Energiesystems.

These 6 – Langfristiges Wachstum auch bei nachhaltiger Energieversorgung möglich

Die zusätzlichen volkswirtschaftlichen Kosten bei einem schrittweisen und koordinierten Ausstieg aus der Kernenergie sind relativ gering. In sämtlichen Sektoren der Wirtschaft ist weiterhin langfristig ein positives Wachstum möglich. Ein differenziertes Simulationsmodell für die Schweiz zeigt solide Werte für das jährliche sektorale Wachstum zwischen +1,7% in der Maschinenindustrie und +0,7% bei den energieintensiven Branchen. Das jährliche Wachstum des Konsums liegt bei +1,24%. Bei der relativen Kostenentwicklung mit und ohne Kernenergie weisen die Modellrechnungen für die nuklearfreie Versorgung ein um ca. 0,05% tieferes Wachstum jährlich aus. Damit würde das 2050 mit Kernenergie erzielte Wohlstandsniveau bei einem Verzicht auf diese Energieform erst ein Jahr später eintreffen. Eine positive Entwicklung ergibt sich auch bei der verringerten Auslandabhängigkeit der Energieversorgung. Ein neues Schweizer Energiesystem kann infolge erhöhter Energieeffizienz den Einsatz von ausländischen fossilen Energieträgern massiv senken und gleichzeitig die Kernenergie sukzessive ersetzen.

These 7 – Verlässliche politische Rahmenbedingungen und Kostenwahrheit unumgänglich

Um den Übergang vom heutigen Energiesystem der Schweiz zu einem nachhaltig gestalteten Energiesystem zu schaffen, sind langfristig verlässliche und konsistente Rahmenbedingungen zu fixieren. Nur so können sich unternehmerische Anstrengungen und Innovationen entfalten. Zudem ist die Kostenwahrheit entscheidend. Dazu gehören höhere Energiepreise, insbesondere für fossile Energieträger, welche die vom Energiesystem verursachten Umweltschäden angemessen zum Ausdruck bringen. Ein verändertes Preisgefüge im Energiebereich ermöglicht einen Strukturwandel mit vielen Chancen und einigen wenigen Risiken. Langfristig kann die Schweiz so ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten und Wachstum und Wohlstand sichern.

Die Transformation zu einem nachhaltigen Energiesystem der Schweiz ist eine grosse technologische Herausforderung, sie ist aber technisch und ökonomisch durchaus gestaltbar. Kritisch bleibt letztlich der Gestaltungswille.

Hinweis

Lesen Sie zum Thema auch den ETH-Life-Artikel «ETH-Studie bestätigt: Kernenergieausstieg ist möglich» >hier.

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Kommentare (12) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen

Sehr geehrte Redaktion des ETH-Klimablogs,

Doris Leuthard als Vorsteherin des UVEK hat die von ihr geplante Energiestrategie der Schweiz bis 2035 und darüber hinaus vorgestellt. Kurz zusammengefasst bedeutet ihr Plan:

KKW-Ersatz durch 6 Gaskraftwerke (20 Terawattstunde), mehr PV und Energiesparen.

CO2-Reduktionen durch energetische Gebäudesanierung (weniger fossile Heizungen) und CO2-arme Verbrennungsmotoren

Es ergeben sich 25% höhere Strompreise für den Endkunden und eine Reduktion der CO2-Emissionen um 1/3 bis 2035.
Instrumente sind:

Unlimitierte Einspeisevergütung für Photovoltaik und damit schätzungsweise 800 Millionen Einspeisevergütung für PV pro Jahr anstatt 200 Millionen.

Verdoppelte Fördergelder für energetische Haussanierungen (600 Millionen Fördergelder jährlich anstatt 300 Millionnen).

Die CO2-Emissionen sollen bis 2035 um 1/3 fallen, der Stromkonsum bis 2020 um 20% steigen um dann auf diesem Niveau zu verharren.
Wie vergleicht sich Doris Leuthards Plan mit den hier portierten Thesen:

These 1 (2°C-Ziel, wenig CO2): Nicht erfüllt, bis 2020 nur 12% CO2-Reduktion anstatt 20%, Ziele der neuen Energiepolitik bis 2050 nur zu 55% erreicht. Bund garantiert nicht CO2-freien Wärmesektor bis 2050 (Kantone sind zuständig), ein minimaler CO2-Ausstoss bei Energieprod. ist mit 6 Gaskraftwerken nicht erreicht.

These 2 (KKW-Ausstieg): Wird vor allem mit Gaskraft+etwas PV kompensiert, kaum mit Wasserkraft

These 3 (starke EE-Förderung): 800 Mio pro Jahr für PV reichen nicht um Gaskraftwerke zu ersetzen

Fazit:
BR Leuthardt’s Plan reduziert die CO2-Emissionen bis 2035 um 1/3 bei 25% höheren Strompreisen und zusätzlichen Fördergeldern von 1.5 Milliarden CHF pro Jahr.
Nötig wären wohl 3 bis 5 Milliarden pro Jahr – gleich viel wie für das Militär.

Anmerkungen zu These 3:

„These 3 – Starker Ausbau neuer erneuerbarer Energien erforderlich“

ok, aber was ist damit konkret gemeint?

„Bei der Elektrizität werden sich je nach Szenario (abhängig von Wirtschaftswachstum, Bevölkerungsentwicklung, Effizienzerhöhung etc.) Angebot und Nachfrage in der Schweiz im Jahr 2050 voraussichtlich in einer Bandbreite von jährlich 67 bis 92 TWh Bruttoerzeugung einpendeln. “

Das alte Lied vom ewigen Wachstum.
Was waere mit der Alternative:
jedes Jahr 1 TWH weniger nutzen?
(technisch sicher machbar smile..)

„Sollen die restlichen 40 TWh“
wie oben .. warum nicht einfach als Szenario -1%/Jahr?

aber:
„Langfristig sollte dieser Ausbau grundsätzlich technisch machbar sein.“

Wie soll das bitte funktionieren? Welche revolutionaeren
Entdeckungen muessen wir bis wann machen?

aber nein.. hier die Antwort:

„ Zur Abdeckung von Bedarfsspitzen werden mindestens mittelfristig flexible Gaskraftwerke und/oder Stromimporte nötig sein.“

also, was interessiert uns die CO2 Problematik und
die Frage nach der Herkunft vom Gas?

Schade, schon wieder eine Chance einer quantitativen
Analyse verpasst. Klar, ist ja auch viel einfacher mit allgemeinen
Statements uns alle auf das Jahr 2050 zu vertroesten.

@Kommentar von Horst-Michael Prasser. 10.09.2011, 21:21

„Meiner Meinung nach wurde ein riskantes „Best Case Scenario“ vorgelegt, das in vielen Punkten eigentlich nur hinter den Erwartungen zurückbleiben kann.“

Gehoeren die zukuenftigen „billigen“ Elektroautos
auch dazu?

„Ich hätte mir gewünscht, dass man sich auch Fragen stellt, die frei von aktuellen politischen Vorgaben sind, zum Beispiel nach den Risiken und Umweltbelastungen des Ausstiegs aus der Kernenergie – natürlich in Abwägung mit denen der Kernenergie selbst – und nach dem optimalen Weg zur Entwicklung der Energieversorgung des Landes.“

Interessanter Ansatz!

Wie waere es mit ein paar konkreten Gedanken dazu?
(Natuerlich unter der Annahme das unsere heutige Energieversorgung alles andere als Nachhaltig ist!
Gibt es eventuell noch jemand der das bezweifelt?)

Am besten addieren wir dazu noch die Risiken
wenn wir den Ausstieg aus dem Oelzeitalter nicht schnellstens
beginnen.

(nach F. Birol .. „wir sollten das Oel verlassen bevor es
uns verlaesst“)

Anmerkungen zu These 2: (Teil 2…. das mit den 2000 Zeichen
funktioniert offensichtlich nicht!)
“These 2 – Ausstieg aus der Kernenergie unter bestimmten Bedingungen machbar”

also hier Teil 2

d) „Die Strategie erfordert zudem grosse Anstrengungen und rasches Handeln in allen gesellschaftlichen Bereichen.“

ok.. und was genau konkret? Wie koennen wir in
wenigen Jahren sehen ob das durchgesetzt wurde?

e) „Einschränkungen aufgrund von Knappheiten natürlicher Ressourcen oder Akzeptanzproblemen von Massnahmen sind dabei zu beachten.“

Einschraenkungen von was?
Knappheiten von natuerlichen Ressourcen? welche?
Uran? damit regelt sich die Frage nach der Zukunft der KKW’s
in der Schweiz und Europa fast von alleine. (smile)

Akzeptanzprobleme?

Ja, die gibt es immer. Was soll man damit machen?

Anmerkungen zu These 2: (Teil 1)

„These 2 – Ausstieg aus der Kernenergie unter bestimmten Bedingungen machbar“

alleine die Formulierung dieser These wirft viele Fragen auf.
(ist es wirklich eine These?)

zum Beispiel .. unter welchen Bedingungen ist der Ausstieg
nicht machbar? und was bedeutet ueberhaupt „machbar“?

Was wird dazu weiter geschrieben?

a) „Eine Energiestrategie ohne Kernkraft verspricht einerseits bedeutende Chancen namentlich in Forschung und Innovation. “

das hat mit der These eigentlich nichts zu tun!
Man koennte vermuten es geht um eine Umverteilung
von „Forschungsgeldern“ pro Kernkraft auf
mehr „Gelder“ fuer erneuerbare Energien und
insgesamt eine bessere Nutzung von „weniger elektrischer Energie“ (rund 25 TWh/pro Jahr aus den 3.2 GWe KKWs)

b) „Davon können sämtliche Wirtschaftssektoren vor allem langfristig profitieren.“

Will man damit sagen:
In den letzten Jahren haben wir nicht von der Kernkraft profitiert?

c) „Erforderlich sind jedoch anderseits eine adäquate wirtschaftspolitische Steuerung sowie forschungsinduzierte Fortschritte bei den einzelnen Technologien.“

also .. man schlaegt vor einen vollkommen neuen Weg
zu gehen .. und sieht dann nach x-Jahren (x=??)
es kann funktionieren oder nicht.
Was machen wir wenn man lernt die „neuen“ Technologien
koennen unmoeglich die Versprechungen/Hoffnungen etc
erfuellen?

Teil 2 kommt gleich

@Dittmar schreibt: „in der Wissenschaft sollte man Dinge quantifizieren“

Deshalb die Frage zu dieser Aussage: “Diese Prämisse bedeutet für die Schweiz eine Senkung ihrer jährlichen CO₂-Emissionen pro Kopf von heute 5,2 auf weniger als 2 Tonnen im Jahr 2050 und auf 1 Tonne gegen Ende des Jahrhunderts.”

Um wieviel würde damit die globale Temperatur sinken oder weniger steigen? Ich weise darauf hin, dass die Wissenschaft bisher nicht in der Lage ist, die Frage nach der Sensitivität des Klimas in bezug auf CO2 zu beantworten. Oder haben Autoren und Kommentatoren in diesem Blog eine Antwort darauf?

Die an der Studie beteiligten Kollegen beantworten die Frage, ob die Schweiz ihre mittelfristige Energiezukunft, wie vom Bundesrat im Mai beschlossen, ohne Kernkraft wird gestalten können. Sie haben jedoch nicht geprüft, ob dies sinnvoll ist vor dem Hintergrund, was moderne Kernkraftwerke an Sicherheitsniveau bieten, auch nicht, ob es optimal ist für die Entwicklung der Schweiz in der Zukunft. Risiken werden nahezu ausgeblendet. So wird mittelfristig die Notwendigkeit von Gaskraftwerken prognostiziert. Wie aber wird sich der Gaspreis entwickeln? Wird die aus Klimaschutzgründen geforderte Abtrennung und Lagerung des CO2 tatsächlich grosstechnisch eingeführt werden und Akzeptanz finden? Wird der Ausbau der Erneuerbaren wirklich in der geforderten Geschwindigkeit vorankommen? Werden die notwendigen grossen Anstrengungen die Speicherkapazitäten für Elektroenergie zu erweitern, fruchten? Und was bedeutet die Formulierung „Ein schrittweiser Umbau des Energiesystems Schweiz wird (zwar) über die nächsten Jahre und Jahrzehnte allen gesellschaftlichen Kräften viel abverlangen.“ Was, wenn man „unterwegs“ unter dem internationalen Konkurrenzdruck wirtschaftlich scheitert? Meiner Meinung nach wurde ein riskantes „Best Case Scenario“ vorgelegt, das in vielen Punkten eigentlich nur hinter den Erwartungen zurückbleiben kann. Ich hätte mir gewünscht, dass man sich auch Fragen stellt, die frei von aktuellen politischen Vorgaben sind, zum Beispiel nach den Risiken und Umweltbelastungen des Ausstiegs aus der Kernenergie – natürlich in Abwägung mit denen der Kernenergie selbst – und nach dem optimalen Weg zur Entwicklung der Energieversorgung des Landes.

Ich schlage vor mal die einzelnen Thesen zu analysieren.
(vielleicht koennte man ja von den Authoren etwas mehr Details
bekommen!)

„These 1 – Globale Klimaziele für nationale Energiepolitik beibehalten
Eine globale Erwärmung von 2° Celsius oder mehr bringt weltweit und auch für die Schweiz massive Probleme.“

ok, aber wie ist es mit 1.9 Grad?
Welche Probleme bringt das den heutigen Profiteuren
und welche den kommenden Generationen?

„ Die nationale Energiepolitik muss daher zwingend die globalen Klimaziele berücksichtigen, unabhängig von einem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie. “

Das Problem ist nur, schon jetzt schaffen wir es nicht
die Kyoto Ziele zu erreichen.

Deshalb.. es fehlt hier eine klare Aussage zum Beispiel:

Die Schweiz (und die EU) muss den Wert der Unterschrift
unter das Kyoto Protokoll beweisen.

„Diese Prämisse bedeutet für die Schweiz eine Senkung ihrer jährlichen CO₂-Emissionen pro Kopf von heute 5,2 auf weniger als 2 Tonnen im Jahr 2050 und auf 1 Tonne gegen Ende des Jahrhunderts.“

gut und schoen, aber legen wir uns doch mal auf konkrete Zahlen
fest: 3% weniger pro Jahr zum Beispiel?
Das kann man ueberpruefen! bis 1.1.2015 also rund -10%!
Aber vielleicht „will“ niemand eine nachpruefbare Reduktion?

„Diese Vorgaben bedingen hierzulande bis 2050 unter anderem einen CO₂-freien Wärmesektor (hauptsächlich für Gebäudeheizungen), einen minimalen CO₂-Ausstoss bei der Stromerzeugung sowie eine effiziente, teilelektrifizierte Mobilität.“

also konkret was soll/muss genau in den naechsten Jahren passieren?

Aufbruchstimmung herrschte an der Energietagung der ETH in der überfüllten riesigen Turnhalle. Das nahtlose Zusammenspiel der Technischen Wissenschaften mit den Ökonomen, der Wissenschaft mit der Politik auf allen Ebenen sowie mit der Wirtschaft konkretisierte nicht nur den Weg in die klimaverträgliche Energiezukunft, besonders auch die damit verbundenen grossen Chancen wurden aufgezeigt. Eine starke Zunahme der Studenten in diesem Bereich meldet die ETH, die Einführung progressiver Gebäudetechnikvorschriften wurde von den kantonalen Energiedirektoren verkündet, Initiativen zum Netzausbau wurden von Frau Leuthard angekündigt… es sprudelte an der Tagung von Ideen und Optimismus. Einem solid begründeten Optimismus auf der Basis wissenschaftlicher Fakten einerseits und einer bereits sehr breiten Abstützung dieses Wegs auf allen Stufen der Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der NGOs. Die Reaktion des Publikums mit einer breiten Vertretung von Akteuren aus der Energieszene wiederspiegelte die Aufbruchsstimmung. Ein junger Unternehmer, der ein Solarkraftwerk in Spanien baut, schlug Frau Leuthard eine Verbesserung der Kompensationsmechanismen vor…bereits auf der Tagung war der Drang nach unternehmerischer Initiative und Handeln mit Händen greifbar.

hm,

0) es galt mal das Ziel der 2000 Watt Gesellschaft
http://www.novatlantis.ch/2000watt.html

das scheint man vergessen zu haben.
Jetzt geht es nur noch um Wachstum trotz allem.

1) „Gebot der Nachhaltigkeit“
wollen „wir“ das nun oder ist es uns egal?
Begrenzte Ressourcen an Oel, Gas, Kohle, Uran
etc .. scheint keine Rolle zu spielen.

Wie viel Oel wird die Schweiz im Jahre 2015,20,25,30 …
noch importieren koennen? Wie viel gibt es dann ueberhaupt noch
auf dem Weltmarkt?

In der Wissenschaft sollte man Dinge quantifizieren,
warum tun wir das nicht bei der Energiefrage?

Also, konkret wie soll die Entwicklung quantitativ und
ueberpruefbar, sagen wir alle 5 Jahre ablaufen?

und ja, wie soll nun eigentlich das +2 Grad Ziel erreicht werden?
Was muss dafuer weltweit passieren?
(aber klar .. dank des Peak-Oil loest sich ja das Problem von selber.

„Eine globale Erwärmung von 2° Celsius oder mehr bringt weltweit und auch für die Schweiz massive Probleme. Die nationale Energiepolitik muss daher zwingend die globalen Klimaziele berücksichtigen … “

Schöne Theorien, als politisches Ziel formuliert. Um konkret zu werden: Um wieviel muss die Schweiz(!) den CO2-Ausstoss verringern, um die globale(!) Erwärmung auf unter 2°C zu halten? Von welchen Zeiträumen sprechen wir?

Darin versteckt ist die bisher unbeantwortete Frage nach der Klimasensibilität von CO2. Solange diese Frage nicht beantwortet ist, sind alle Theorien nicht mehr als heisse Luft.

Grundsätzlich kann man dem hier präsentierten Text zustimmen.
Leider werden dann detaillierte Angaben zur zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung gemacht (Zitat):
Ein differenziertes Simulationsmodell für die Schweiz zeigt solide Werte für das jährliche sektorale Wachstum zwischen +1,7% in der Maschinenindustrie und +0,7% bei den energieintensiven Bran-chen. Das jährliche Wachstum des Konsums liegt bei +1,24%
die über einen so langen Zeitraum nicht einmal Ökonomen wagen würden.

In Wahrheit ist doch ein Ausstieg aus den fossilen Energein ohne Rückgriff auf die Kernenergie ökonomisch nur realistisch, wenn noch viele technologische Durchbrüche stattfinden, beispielsweise bei der effizienten Stromspeicherung. Sollte es in den nächsten 20 Jahren gelingen, Batterien mit der 10-fachen Kapazität der heutigen bei gleichem Preis zu realisieren, wären auch viel weniger Leitungen, Pumpspeicher und Staussen nötig. Ja dann würde es sogar Sinn machen jedes Hausdach mit Photovoltaikpanel zu versehen, denn solche Häuser wären bei vorhandenem, günstigen lokalen Speicher autark. Ausschliessen kann man solche Durchbrüche nicht. Im Gegenteil es gibt einige Forschungsresultate, die solche Speichersystem basierend auf nanotechnologischen Methoden schon heute als prinzipiell machbar erscheinen lassen – allein es fehlen noch die grosstechnischen Fertigungsverfahren. Garantieren kann man solche technologischen Durchbrüche nicht. Damit bleibt vieles in der Schwebe. Es ist halt schwierig Prognosen zu machen – vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.

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