ETH-Klimablog - Klimawissen - Nachgefragt

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Welternährung: «Ein nahrhafter Denkanstoss» (17.10.13)
Klimaforschung: «Klimaforschung im Dialog» (4.10.13)
Klimaforschung: «Emissionen verpflichten uns langfristig» (27.9.13)
Energieforschung: «Der Asket unter den Motoren» (12.9.13 )

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Die Beiträge geordnet nach Wissensgebieten rund um den Klimawandel:
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Nachgefragt – Expertinnen & Experten antworten

Blog-Leserinnen und -Leser stellen Fragen zum Klimawandel, unsere Expertinnen und Experten antworten. Hier finden Sie eine Auswahl der bisherigen Fragen & Antworten in chronologischer Reihenfolge.

Einfluss der Gletscherschmelze auf 100-jährige Hochwasser

Wie kann sich die Gletscherschmelze des Aletschgletschers auf die berechnete Rhoneregulierung auswirken? Sind die Wassermengen, die durch die Gletscherschmelze entstehen, in den Ansätzen für die Rhoneregulierung enthalten (100-jähriges Hochwasser)? B.R., 10.2.2013

Die Gletscherschmelze ist im Vergleich zu Hochwasserereignissen ein «eher langsamer Prozess» und die Gletscher fallen wegen des relativ kleinen Flächenanteils für Hochwasser wenig ins Gewicht.

Im Hitzesommer 2003 wies die Messstation Blatten an der Massa am Abfluss des Grossen Aletschgletschers ein Jahresmittel von 20.2 Kubikmeter pro Sekunde auf. Dies machte 153% des mittleren Abflusses der Messperiode 1923-2002 aus (13.2 Kubikmeter pro Sekunde). Im August war der mittlere Abfluss um etwa 30 Kubikmeter pro Sekunde erhöht1.

Für ein Jahrhunderthochwasser braucht es jedoch extreme Niederschläge allenfalls kombiniert mit verbreiteter Schneeschmelze. Beim Jahrhunderthochwasser am 15. Oktober 2000 wurden in Branson ein Abfluss in der Rhone von 980 Kubikmeter pro Sekunde gemessen2. Die allenfalls etwa 10Kubikmeter pro Sekunde zusätzliches Wasser des schmelzenden Aletschgletschers in der Massa machten dabei nur etwa 1% aus. Die Unsicherheit bei der statistischen Bestimmung des 100-jährigen Hochwassers aus hydrologischen Zeitreihen ist grösser.

Fazit: Gletscherschmelze führt vorübergehend im Sommerhalbjahr zu höheren Abflüssen. Bei grossen Einzugsgebieten wie der Rhone sind die Auswirkungen auf 100-jährige Hochwasserspitzen gering.

Für eine technisch kompetente Antwort sollte Frau R. lokale Experten befragen wie z.B. Tony Arborino (siehe Weblink), welcher für die Projektplanung der dritten Rhonekorrektion verantwortlich ist.

Quellen:

1 Meteo-Schweiz, BWG, BUWAL (2004) «Auswirkungen des Hitzesommers 2003 auf die Gewässer», Schriftenreihe Umwelt Nr. 369.

2 B. Roduit, T. Arborino, «Crues 2000, Saillon se souvient»

Bernhard Wehrli, Professor für Aquatische Chemie, ETH Zürich/Eawag (persönliches Zitat und Biografie)

Experimente, die Einfluss von CO auf Temperatur beweisen

Gibt es einen Versuch der (relativ) deutlich beweisen kann, dass der Anstieg von CO₂ die Temperatur erhöhen kann? Wenn ja, wo kann ich mehr Informationen bekommen? P.P., 21.5.2011

Der Einfluss der Treibhausgase (z.B. CO₂, N₂O, Methan) auf die Lufttemperatur geschieht indirekt über die Strahlung. Die CO₂-Moleküle absorbieren langwellige Strahlung und emittieren sie wieder. Diese Absorption kann man im Labor mit Spektroskopie messen. Die ersten Versuche dazu gehen über hundert Jahre zurück auf Arrhenius. Absorptionsspektren der Atmosphäre werden heute mit hoher Genauigkeit gemessen. Ein Beispiel dazu finden Sie >hier

Die Veränderungen dieser Absorption durch steigende menschgemachte Treibhausgaskonzentrationen können mittels Satelliten direkt gemessen werden. Dazu empfehle ich den folgenden Artikel: «Harries et al., Increases in greenhouse forcing inferred from the outgoing longwave radiation spectra of the Earth in 1970 and 1997, Nature 2001» >hier. Die Absorption von langwelliger Strahlung durch CO₂ kann auch direkt mit einer Wärmbildkamera sichtbar gemacht werden: >hier (Youtube-Film)

Der Zusammenhang von CO₂ und Temperatur ist dann eine zwingende Folge der Strahlungsänderung. Man kann dies als Laborexperiment durchführen, hier sehen Sie eine nicht sehr wissenschaftliche Version davon: >hier (Youtube-Film)

Allerdings hilft dies alles nur beschränkt. Die Erde ist wesentlich komplizierter, da sie kein geschlossenes System ist, die Atmosphäre eine vertikale Struktur hat, und als Folge der Erwärmung verschiedene Rückkopplungen (Wolken, Schneeschmelze, Wasserdampf) die Erwärmung verstärken. Um den Effekt von CO auf die Temperatur zu bestimmen müssen wir damit das gesamte Erdsystem berechnen, oder den Effekt aus Daten der Klimageschichte bestimmen.

Weiterführende Informationen finden Sie unter:

  • ETH-Klimablog-Beitrag «Klimaänderung – ein neuzeitliches Schreckgespenst» >hier
  • Syntheseartikel zur Klimasensitivität: Knutti, R. and G. C. Hegerl, 2008, The equilibrium sensitivity of the Earth’s temperature to radiation changes, Nature Geoscience, 1, 735-743, doi:10.1038/ngeo337 >hier (pdf)

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik, ETH Zürich (persönliches Zitat und Biografie)

Gibt es Chemtrails?

Meine Schwester erzählt mir seit längerer Zeit immer wieder über Chemtrails. Flugzeuge würden zusammen mit dem normalen Treibstoff Chemikalien aussprühen und so unser Wetter und Klima manipulieren. Dies fast täglich und mit Systematik. Stimmt das? N.L., 19.1.2011

Nein, es stimmt nicht, es gibt keine Chemtrails. Flugzeuge stossen keine Chemikalien aus, die nicht im Treibstoff enthalten sind.

Ulrike Lohmann, Professorin für Atmosphärenphysik (persönliches Zitat und Biografie)

Künstliche Bewölkung durch Kondensstreifen

Ich lebe seit vielen Jahren in Kärnten/Österreich und beobachte mit großer Sorge die zunehmende «Verdunstung» der höheren Schichten am Himmel durch Flugzeug-Kondensstreifen, die sich sehr oft nicht mehr auflösen und zu einer zunehmenden künstlichen Bewölkung beitragen. Ich neige nicht zu Verschwörungstheorien, die diesbezüglich im Netz verbreitet werden (Chemtrails), aber es ist dennoch ein Phänomen, das in den letzten Jahren übermäßig stark zugenommen hat und auf die Temperatur und das Wetter in unserer Region großen verändernden Einfluss hat. Gibt es diesbezüglich Beobachtungen oder Kommentare seriöser Art? A.B., 13.1.2011

Eine Zunahme von Kondensstreifen ist tatsächlich in einigen wissenschaftlichen Arbeiten zu finden. Um diese abzuschätzen, wird ein Bedeckungsgrad von Kondensstreifen berechnet. Diese Studie von Marquart et al. 2003 (>pdf) schätzt ab, dass der Bedeckungsgrad von Kondensstreifen durch den Anstieg des Flugverkehrs im globalen jährlichen Mittel von 0.06% in 1992 auf 0.14% in 2015 ansteigen wird.

Ulrike Lohmann, Professorin für Atmosphärenphysik (persönliches Zitat und Biografie)

Grössere Temperaturzunahme in der Schweiz

Warum ist die Temperaturzunahme von 1906 bis 2005 in der Schweiz mit 1.5°C deutlich höher als die globale Temperaturzunahme («nur» 0.74°C)? O.Z., 7.12.2010

Der Hauptgrund liegt darin, dass das Land und der Ozean sich unterschiedlich erwärmen. Aufgrund der höheren Wärmekapazität erwärmt sich der Ozean viel langsamer als die Landoberfläche. Da 2/3 der Erdoberfläche vom Ozean bedeckt sind, wiederspiegelt die beobachtete globale Erwärmung stark diejenige des Ozeans, während die Erwärmung in der Schweiz sehr typisch ist für die Landregionen Mitteleuropas.

Genauere Information über die Entwicklung der Temperatur und des Niederschlages in der CH finden Sie bei MeteoSwiss (www.meteoswiss.admin.ch). Ansonsten kann ich Ihnen das Klimaportal von ProClim sehr empfehlen (www.climate-change.ch).

Weitere Literaturempfehlungen: IPCC-Bericht, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger (www.ipcc.ch); «Der Klimawandel» von Stefan Rahmstorf (www.pik.potsdam.de); Die Berichte von Proclim gratis als PDF (www.proclim.ch); «Klimatologie» von Martin Kappas (www.springer.com); die Website Realclimate (in Englisch) (www.realclimate.org)

Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich (persönliches Zitat und Biografie)

Klimaerwärmung: Tag- und Nachttemperaturen

Welche Auswirkung hat eine Klimaerwärmung z.B. Erwärmung um 1 Grad auf den Tages- und Nachtverlauf der Temperatur? Wenn sich z.B. das Klima um 1 Grad erwärmt, wie stark steigt die Temperatur tagsüber (z.B. 2 Grad wärmer) und in der Nacht (demzufolge ungefähr 1 Grad kälter)? Oder gibt es einfach eine Parallelverschiebung der Temperaturkurve eines ganzen Tages- und Nachtzyklus nach oben um 1 Grad? Können dazu generelle Aussagen gemacht werden? Wie würde diese Verschiebung in der Schweiz aussehen? T. H., 9.10.2010

Generell sind die Unterschiede zwischen Erwärmung am Tag und in der Nacht eher klein, sowohl die Tagesminimum wie –maximum Werte nehmen zu. Global haben sich die Nächte über Land bis etwa 1985 etwas stärker erwärmt als die Tage, d.h. der Tagesgang (diurnal temperature range, DTR) hat abgenommen (Wild et al. GRL 2007). Dies wird unter anderem auf eine Abnahme der solaren Einstrahlung zurückgeführt (solar dimming). In Europa hat sich dieser Trend seither umgekehrt (Zunahme der DTR, Makowski et al. JGR 2009), wobei je nach Ort und Saison die Daten etwas anders aussehen, weil verschiedene Prozesse (Änderungen in Wolken, Verdunstung, Vegetation) unterschiedlich wichtig sind. Für die Zukunft sagen Modelle unterschiedliche Trends im Tagesgang für Nord- und Südeuropa vorher. Über Nordeuropa wird erwartet, dass Nachttemperaturen (besonders im Winter) stärker zunehmen als Tagesmaxima. Über Süd- und Mitteleuropa dagegen zeigen Modelle (besonders im Sommer) eine stärkere Erwärmung der Tagesmaximaltemperaturen als der Nachtminima (z.B. 4°C Erwärmung in der Nacht und 5°C Erwärmung am Tag) (Fischer et al. 2010, Nature Geoscience). Die Gründe für die unterschiedlichen Entwicklungen sind wiederum hauptsächlich Änderungen in der Wolkenbedeckung und der Verdunstung. Global zeigen die Modelle eher eine Abnahme des Tagesgangs, jedoch mit starken räumlichen Variationen (IPCC AR4 WGI Fig. 10.11b, > hier).

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik (persönliches Zitat und Biografie) und Dr. Erich Fischer, ETH Zürich.

Klimawandel und Pflanzenwelt

Was hat der Klimawandel mit der Pflanzenwelt zu tun? C. E., 18.5.2010

Der Klimawandel hat mit der Pflanzenwelt in zweierlei Hinsicht zu tun: Erstens ist die Verbreitung der Pflanzenarten auf der ganzen Welt sehr stark abhaengig vom Klima: unsere Fichten (Rottannen) wachsen nicht in der Wueste, und die Saeulenkakteen aus Arizona finden bei uns keine guten Wuchsverhaeltnisse vor. Wenn sich das Klima veraendert, so veraendert sich also auch das Verbreitungsgebiet vieler (wenn nicht aller) Pflanzenarten. Das ist nicht grundsaetzlich ein Problem – die Natur wird das sicher ueberleben – aber fuer uns Menschen kann es zum Problem werden, z.B. wenn in einem Schutzwald oberhalb einer Siedlung, Eisenbahnlinie oder Autobahn die Rottannen absterben, weil ihnen das Klima nicht mehr zusagt, so kommt es unter Umstaenden zu Steinschlag oder Lawinen-Niedergaengen. Der Mensch und unsere Zivilisation haengt in vielerlei Hinsicht vom heutigen „Funktionieren“ der Pflanzenwelt ab.

Zweitens wird das Klima selber sehr stark durch die Eigenschaften der Pflanzendecke unserer Erde beeinflusst. Die Pflanzen speichern Kohlendioxid in ihrer Biomasse (vor allem im Holz der Baeume), und die Boeden sind ebenfalls sehr wichtige Kohlenstoff-Speicher. Dadurch reduzieren sie den CO₂-Gehalt der Atmosphaere. Ausserdem sind die Pflanzen sehr wichtig fuer die Verdunstung, d.h. fuer den globalen Wasserkreislauf, und aufgrund ihrer Farbe beeinflussen sie die Energiebilanz an der Landoberflaeche, d.h. das Ausmass der Erwaermung der bodennahen Luftschichten.

Harald Bugmann, Professor für Waldökologie an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Freisetzung von Methan in der sibirischen Arktis

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass aus dem sibirischen Eisschelf Methan freigesetzt wird (lesen Sie hier) – und viele weitere Artikel dazu. Als wie gravierend / wie wahrscheinlich schätzen sie diese Rückkopplung ein – wie würde etwa die Temperaturprognose beeinflusst, wenn 1% des Methans in dieser Region freigesetzt würde? Gibt es weitere Forschungsgruppen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, und ggf. andere interessante Artikel, die ihnen bekannt sind? J. R., 5.3.2010

Der Fragesteller spricht von Forschungsdaten, die kürzlich zur Freisetzung von Methan aus dem sibirischen Schelfmeer publiziert wurden (Shakhova et al., Science, 2010). Er möchte wissen, wie die Gefahr von positiven Rückkoppelungen einzuschätzen ist. Er fragt auch, ob weitere Forschungsgruppen an diesem Thema arbeiten und interessante Publikation veröffentlichten. Die zweite Frage lässt sich mit einem klaren JA beantworten (siehe nachfolgende Referenzen). Die erste Frage ist aber sehr schwierig.

Das sibirische Schelfmeer entstand im Holozän, als der Meeresspiegel anstieg und mehrere Millionen km2 des sibirischen Festlandes überflutete. Das Schelfmeer ist nur wenige Dutzend Meter tief (im Durchschnitt 45 m) und die Sedimente sind permanent gefroren. Die Sedimente enthalten Milliarden von Tonnen organischen Kohlenstoff, der im Wesentlichen in Form von Methanhydraten vorliegt. Die chemisch-physikalischen Eigenschaften von Methanhydraten insbesondere ihre Stabilität in Funktion von Druck und Temperatur sind hinreichend bekannt (Mao et al., Physics Today, 2007). Es ist auch unbestritten, dass die Temperaturen im Schelfmeer kontinuierlich steigen werden (IPCC 2007, Kapitel 4). Bereits heute ist in den Sommermonaten die Schiffspassage entlang Sibirien gut möglich. Die grosse Frage ist, ob die steigenden Meerestemperaturen die Methanhydrate in den Sedimenten im grossen Masse destabilisieren werden (Archer, Biogeosciences, 2007). Der obgenannte Artikel im Science zeigt, dass zurzeit im Schelfmeer 80% des Tiefenwassers und 50% des Oberflächenwassers mit Methan übersättigt sind. Aufgrund der sorgfältigen Messungen darf angenommen werden, dass vom Schelfmeer bereits heute grosse Mengen Methan in die Atmosphäre gelangen.

Es ist aber sehr schwierig vorherzusagen, wie stark der Methanfluss in Zukunft steigen wird und ob positive Rückkoppelungseffekte auftreten werden. Das Treibhausgas-Potential, von Methan ist rund 25 mal höher als dasjenige von Kohlendioxid, und folglich wären positive Rückkoppelungseffekte zu erwarten. Die Einträge von Methan in die Atmosphäre und damit auch die Effekte sind aber aus drei Gründen sehr schwer zu quantifizieren. Erstens wurden die Daten im obgenannten Science Artikel lediglich über den Zeitraum 2003-2008 erhoben, und Extrapolationen sind folglich mit Unsicherheiten behaftet. Zweitens sind die Konzentrationsverteilungen von Methan im Schelfmeer sowohl räumlich als auch zeitlich äusserst heterogen. Drittens wird in Sibirien mit zunehmender Temperatur auch die biologische Oxidation von Methan durch aquatische und terrestrische Mikroorganismen zunehmen. Jüngste Messungen mit Satelliten (mit dem Sciamachy Instrument im Envisat) zeigen, dass zurzeit weniger als 2% der globalen Methanemissionen aus der Arktis stammen (Bloom et al., Science, 2010).

Das Problem darf sicherlich nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Es ist angezeigt, nicht nur die Methanflüsse auf dem sibirischen Festland zu quantifizieren (da laufen bereits unzählige Forschungsprogramme), sondern auch das Schelfmeer im Auge zu behalten. Der Science Artikel hat in Öffentlichkeit und Wissenschaft ein grosses Echo ausgelöst (Spiegel online, 5. März 2010; Heimann, Science, 2010), was entsprechende Forschungsaktivitäten stimulieren dürfte.

Bereits vor 10 Jahren präsentierte Helmut Weissert (Geologie ETH) in einem Artikel Indizien, die darauf hinweisen, dass im Verlaufe der Erdgeschichte schon mehrfach Eruptionen von Gashydraten apokalyptische globale Folgen hatten (Weissert, Nature, 2000). Der Auslöser der Eruptionen waren aber damals vermutlich Vulkane und Meteoriten. Hoffen wir, dass nicht in naher Zukunft die globale Temperaturerhöhung zu Eruptionen führt.

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Literatur:

Archer, Biogeosciences 4, 521-544, 2007 >hier

Bloom et al., Science 327, 322-325, 2010 >hier

Heimann, Science 327, 1211-1212, 2010 >hier

IPCC 2007, The Physical Science Basis, Kapitel 4 >hier

Mao et al., Physics Today 60 (10), 42-47, 2007 >hier

Shakhova et al., Science 327, 1246-1250, 2010 >hier

Spiegel online: Beitrag von C. Seidler >hier, Beitrag von V. Mrasek >hier

Weissert, Nature 406, 356-357, 2000 >hier

Josef Zeyer, Professor für Umweltmikrobiologie an der ETH Zürich.

Prognostische Modelle

Die einzige erdgeschichtliche Konstante war und ist die Veränderung. Wieso ist es trotzdem möglich prognostische Modelle zu erstellen? F. X. S., 27.1.2010

Die Klimaforschung untersucht frühere Klimaveränderungen und deren Ursachen, um die Prozesse im Klima zu verstehen und quantitative Modelle zu testen. Ein Modell, das die wichtigen Prozesse des Systems beinhaltet und erfolgreich frühere Klimaänderungen erklärt, kann eingesetzt werden, um eine Voraussage zu machen oder eine Hypothese zu testen.

Ein komplexes System bedeutet nicht, dass eine Voraussage unmöglich ist. So können wir zum Beispiel Turbulenz nicht exakt simulieren, aber trotzdem ist es möglich, ausschliesslich mit einem Computermodell ein neues Flugzeug wie den Airbus A380 inklusive dem Simulator für den Piloten zu entwickeln. Der A380 flog vom ersten Tag an wie berechnet.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Problematik der heutigen Erwärmung

Seit der letzten Eiszeit ist es zum Glück wärmer geworden. Wieso ist das nun plötzlich ein Problem? F. X. S., 27.1.2010

Mensch und Natur haben sich seit der letzten Eiszeit über tausende von Jahren an ein relativ konstantes Klima angepasst. Wir nutzen unsere Umwelt intensiv (Landwirtschaft, Wasser, Energie etc.) und sind damit verwundbar, wenn sich das Klima ändert. Die Folgen der Klimaänderung sind nicht nur eine Erwärmung, sondern auch eine Änderung des Wasserkreislaufes, der extremen Wetterereignisse, ein Anstieg des Meeresspiegels, ein Abschmelzen der Gletscher, etc. Die Folgen sind vielfältig und in jedem Sektor unterschiedlich (z.B. in den Sektoren Wasser, Gesundheit, Landwirtschaft, Ökosysteme, Infrastruktur). Besonders bei hohen Erwärmungen werden die Folgen überwiegend negativ.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Das Ende der letzten Eiszeit

Das Eis und die Mammuts über unserem Land sind verschwunden. Ist daran auch die vom Menschen verursachte Zunahme des Kohlendioxids schuld? F. X. S., 27.1.2010

Die Wechsel zwischen Warmzeiten und Eiszeiten werden durch kleine Änderungen in der Erdbahn um die Sonne und durch die Ausrichtung der Erdachse auf Zeitskalen von zehntausenden bis hunderttausenden von Jahren verursacht. Der Grund für die Erdbahnänderungen sind Einflüsse von anderen Planeten. Die Folgen für die Erde sind Änderungen der Sonneneinstrahlung über die geographische Breite und den Jahresverlauf, die zusammen mit Rückkopplungen im Klima (Eismassen, Kohlenstoffkreislauf, etc.) die Eiszeiten und Warmzeiten auslösen.

Die vom Menschen verursachte Zunahme des Kohlendioxids beginnt erst mit der Industrialisierung (ab ca. 1850) und ist besonders in den letzten 50 Jahren die dominante Ursache der Erwärmung.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Treibhausgas CO₂

Die Erderwärmung ist die Folge von komplexen, chaotisch ablaufenden und z.T. irreversiblen Vorgängen. Wie kann vor diesem Hintergrund die monokausale CO₂-Hypothese verifiziert werden? F. X. S., 27.1.2010

Der Anstieg des Kohlendioxids ist die dominante Ursache der Klimaänderung aber keineswegs die einzige. Menschgemachte Methan-, Lachgas-, Ozon- oder Schwefelemissionen aber auch natürliche Prozesse wie Vulkanausbrüche treiben das Klima ebenfalls an. Viele komplexe Prozesse führen zudem zu Rückkopplungen und regionalen Klimaveränderungen. Daher sind lokale Voraussagen auch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Das Argument, dass CO₂ die Temperatur beeinflusst, basiert einerseits auf der Tatsache, dass die beobachtete Erwärmung ungewöhnlich ist und ohne den menschlichen Einfluss nicht erklärt werden kann. Vielmehr aber ist es das physikalische Verständnis des Prozesses: Langwellige Strahlung wird von Molekülen wie CO₂ absorbiert und wieder emittiert. Dies kann man messen und dieser Prozess verursacht den Treibhauseffekt, ohne den die heutige Welt wesentlich kälter wäre. Die physikalischen Grundlagen dazu sind seit über hundert Jahren bekannt.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Golfstrom und Grönland

Dem Golfstrom verdankt Skandinavien sein Klima. Wird im Zuge der Erderwärmung Grönland wieder grün? F. X. S., 27.1.2010

Der Golfstrom ist eine windgetriebene Meeresströmung und wird sich in Zukunft wenig verändern. Die nordatlantische Tiefenwasserbildung kann sich möglicherweise abschwächen, was zu einer reduzierten Erwärmung (nicht jedoch zu einer Abkühlung) im nordatlantischen Raum führen könnte.

Grönland ist zum grössten Teil mit Eis bedeckt. Wie grün es dort in Zukunft sein wird, hängt vor allem von der Stärke der Klimaänderung ab. Bei einer globalen Erwärmung von zum Beispiel zwei Grad würde sich die Eisbedeckung wahrscheinlich nur wenig ändern. Bei einer hohen Erwärmung könnte Grönland einen grossen Teil der Eisbedeckung verlieren. Wie schnell dies geschehen kann ist unsicher. Grund dafür ist, dass neben dem oberflächlichen Abschmelzen dynamische Prozesse und Instabilitäten in den Eisströmen wichtig werden können. Wahrscheinlich würde es jedoch hunderte von Jahren dauern, bis ein grosser Teil des grönländischen Eisschildes verschwunden ist

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Temperatur der letzten zehn Jahre

Einmal hiess es, in den letzen zehn Jahren habe es keine Erwärmung gegeben, dann sagte ein Artikel, dass es sogar leicht kälter wurde. Und jetzt die neuste Meldung, dass es das wärmste Jahrzehnt war seit Aufzeichnung der Daten (Beitrag im Tagesanzeiger >hier). Was stimmt denn nun? K. R., 21.1.2010

Der Mittelwert der globalen Temperatur der letzen zehn Jahre ist der wärmste je gemessene, das heisst die letzte Dekade als Ganzes war die wärmste, und dies ist unumstritten. Die andere Frage ist, ob es innerhalb der letzten zehn Jahre einen Trend gab. Hier sind sich verschiedene Datensätze nicht ganz einig. Die Daten von CRU zeigen keine Erwärmung oder eine ganz leichte Abkühlung (je nach dem welche Jahre man nimmt), während dem NASA GISS eine Erwärmung zeigt. Der Hauptunterschied ist, dass CRU die Gebiete ohne Messdaten weglässt, währendem GISS dort zu interpolieren versucht. Messdaten fehlen vor allem in der Arktis, und diese hat sich in den letzten Jahren gemäss Reanalysen (Modellrechnungen) besonders stark erwärmt, daher sind die GISS Resultate wärmer als diejenigen von CRU.

Verschiedene Annahmen führen in diesem spezifischen Fall zu leicht unterschiedlichen Resultaten, und man kann nicht sagen welche Variante richtig oder besser ist. Unsere Beobachtungsnetze sind leider nicht perfekt.

So oder so ist aber die Frage nach einem Trend in den letzten zehn Jahren nicht sehr relevant. Allgemein gilt, dass die Temperaturen von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr schwanken. Die gemessene Temperatur ist zudem eine Überlagerung von natürlichen Schwankungen und dem durch den Menschen verursachten Klimawandel. Kurzfristige Änderungen darf man deshalb nicht als Trend interpretieren. Zehn Jahre ohne Erwärmung sind nicht so aussergewöhnlich, und dies kann auch in Zukunft vorkommen. Der menschliche Einfluss wird erst eindeutig sichtbar, wenn man die Veränderungen über 30 Jahre und mehr betrachtet. Detaillierte Analysen zu diesen Fragen finden Sie in den folgenden Artikeln:

www.scienceblogs.de/primaklima/2008/07/die-mar-von-der-beendeten-erwarmung-und-den-modellen-die-etwas-vorhersagen.php

www.realclimate.org/index.php/archives/2008/11/mind-the-gap/

www.realclimate.org/index.php/archives/2008/01/uncertainty-noise-and-the-art-of-model-data-comparison/

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Durchmischung der Atmosphäre

Das CO₂ steigt also in grosse Höhen, wo es seine Wirkung (Treibhauseffekt) entfaltet. Fülle ich einen Ballon mit CO₂ sinkt dieser, weil CO₂ schwerer ist als Luft. In allen Lehrschriften kann man lesen, dass CO₂ ein Treibhausgas ist. Wie das schwere CO₂ in diese grossen Höhen in der Atmosphäre gelangt und warum es dort bleibt, wird jedoch nicht erklärt. Was sind die Prozesse? G. A., 11.1.2010

Es ist so, dass die Atmosphäre bis in etwa 100 km gut durchmischt ist. Diese Schicht wird auch Homosphäre genannt, da Durchmischung aufgrund von Diffusion dazu führt, dass die Komposition der Atmosphäre bis in diese Höhe recht konstant ist. Erst in der darüberliegenden Heterosphäre findet eine Entmischung der Gase entsprechend ihrem Molekül- bzw. Atomgewicht statt. Hier ist die freie Weglänge, also die Distanz über die sich die Gase bewegen bevor sie mit anderen Gasen kollidieren grösser als die Distanz, über die Diffusion stattfindet. So sind die schweren Gase, Sauerstoff und Stickstoff eher am unteren Rand der Heterosphäre und Wasserstoff, das leichteste Gas am äusseren Rand der Heterosphäre zu finden.

Somit gibt es prozentual gesehen in den unteren 100 km nicht mehr CO₂ in Bodennähe als in der Höhe (ca. 0.04%), und damit ist das Gewicht eines Mols Luft auch überall das gleiche.

Ulrike Lohmann, Professorin für Atmosphärenphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Mittelalterliche Warmzeit

Ich verstehe nicht ganz was das Problem von einem Temperaturanstieg ist. Während der mittelalterlichen Warmzeit war es doch deutlich wärmer als heutzutage? N. Z., 12.1.2010

Mit einer sorgfältigen Zusammenstellung aller Studien kommt IPCC 2007 zu folgendem Schluss: „Die mittleren Temperaturen in der Nordhemisphäre waren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr wahrscheinlich höher als während jedes anderen 50-Jahr-Abschnitts in den letzten 500 Jahren und wahrscheinlich die höchsten in zumindest den letzten 1300 Jahren.“ In der mittelalterlichen Warmzeit war es also nicht wärmer als heute. Zudem erwarten wir für die nächsten hundert Jahre nochmals eine Erwärmung von mehreren Grad Celsius.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Jahrhundertwinter

Wie ist ein Jarhundertwinter möglich bei soviel CO₂ in der Luft? N. Z., 12.1.2010

Wie das Wetter schwankt auch die Wintertemperatur von Jahr zu Jahr, besonders wenn man kleine Regionen betrachtet. In einem wärmeren Klima, verursacht durch mehr CO₂ in der Luft, werden warme Winter häufiger und kalte Winter seltener, aber ein sehr kalter Winter ist auch in Zukunft möglich.

Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Ausbau des internationalen Klimaschutzregimes

Was muss ich mir unter dem „Ausbau des internationalen Klimaschutzregimes“ vorstellen? Es scheint sich da um einen zentralen, inhaltsschweren Terminus zu handeln. Soll das ein UN-Organ mit Personal- Finanzausstattung und Machtmitteln werden? R. J., 28.12.2009

Dies bedeutet, dass völkerrechtliche Regeln und Umsetzungsmassnahmen nicht in einem einzigen Wurf geschaffen werden, sondern das Klimaproblem mit einer Serie von politischen Massnahmen angepackt wird. In der Regel wird in der internationalen Umweltpolitik – und so auch beim Klimaschutz – ein Rahmenvertrag abgeschlossen (die FCCC) und dann werden einzelne Protokolle beschlossen, die spezifische Verpflichtungen enthalten. Ausbau bedeutet also vor allem Ausbau der rechtlichen Spielregeln und nicht unbedingt Aufbau von Bürokratien.

Thomas Bernauer, Professor für Politikwissenschaft an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Versauerung der Meere

Ich habe gehört, dass es einen kritischen Punkt gibt ab dem die Ozeane absterben (anerobes Wasser). Wie realistisch ist diese Aussage und was für Folgen hätte dies? Wäre die Existenz der Menschheit durch ausgasenden Schwefelwasserstoff bedroht? C., 8.12.2009

Im Grossen und Ganzen hat der Ozean heute genügend Sauerstoff. Dennoch gibt es heute schon einige Regionen in den Ozeanen, wo der gelöste Sauerstoff ganz aufgebraucht wird, und sogenannte anoxische Zonen entstehen (d.h. Zonen ohne Sauerstoff). Diese Zonen finden wir im östlichen Aequatorialpazifik, in der Arabischen See, und in einigen küstennahen Zonen, wie z.B. im Golf von Mexiko in der Nähe des Ausflusses des Mississipi-Flusses. In solchen anoxischen Gebieten ist das Meer keinesfalls „tot“ – es leben sehr viele Mikroorganismen in solchen Zonen – aber es ist schon so, dass alle höheren Organismen zwingend Sauerstoff brauchen, so dass diese Zonen für Fische, Säugetiere, und viele anderen Organismen unbewohnbar sind.

Für die Zukunft erwarten wir, dass diese anoxischen Zonen zunehmen werden. Einerseits weil ein wärmerer Ozean weniger Sauerstoff binden kann (geringere Löslichkeit), andererseits weil ein wärmerer Ozean weniger gut durchmischt ist, so dass weniger Sauerstoff von der Oberfläche ins Innere transportiert wird.

Dieser Sauerstoffverlust des Meeres bedingt keine Gefahr für den Menschen durch das Ausgasen von Schwefelwasserstoff, aber die Lebensgebiete von vielen Meeresorganismen werden durch die geringere Verfügbarkeit von Sauerstoff sicherlich merklich eingeschränkt. Das bedeutet weniger Fischerträge für den Menschen, sodass er vor allem durch die Verringerung der Meeresressourcen zu leiden haben wird.

Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Natürliche Klimaschwankungen über Jahrmillionen

Wo finde ich Unterlagen über die Klimaveränderung über eine sehr lange Zeit (über 1 Mio. Jahre) zurück? Gibt es dazu gezielte Forschung? HP. B. aus Zug, 27.11.2009

Ja, natürliche Klimaschwankungen werden bis weit in die Vergangenheit zurück erforscht. Eine gute Zusammenstellung der Forschungsresultate zu natürlichen Klimaschwankungen der letzten Jahrtausende bis Jahrmillionen finden Sie im IPCC Bericht von 2007 im Kapitel 6 der Arbeitsgruppe 1: www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4/wg1/ar4-wg1-chapter6.pdf.

Jacqueline Flückiger Knutti, Dr. phil.-nat. Klimaphysikerin, Redaktion ETH-Klimablog, ETH Sustainability

Treibhausgase: Anteil von Waldbränden und Vulkansausbrüchen?

Welches ist der Anteil der jährlichen grossen Waldbrände und von Vulkanausbrüchen am Gesamtausstoss von Treibhausgasen? H. B. aus Triesen FL, 24.11.2009

Der jährliche Beitrag zum Gesamtausstoss von Vulkanen ist sehr gering. Er wird auf etwa 0.2 Millarden Tonnen Kohlenstoff geschätzt. Das entspricht etwa 2% der Emissionen, die durch den Menschen verursacht werden, das heisst etwa 8.5 Milliarden Tonnen durch Verbrennung fossiler Energieträger und etwa 1.5 Milliarden Tonnen C durch das Abholzen tropischer Wälder. Der CO₂-Ausstoss der Vulkane wird im Erdsystem langfristig kompensiert durch die Reaktion von CO₂ mit Gesteinen, wobei das CO₂ gebunden wird, und so wieder dem grossen Kreislauf der Gesteine zugefügt wird.

Grosse Waldbrände können tatsächlich sehr grosse Emissionen verursachen, und dabei bis zu mehreren Milliarden Tonnen C pro Jahr in die Atmosphäre geben. Diese Emissionen sind aber grösstenteils ein Teil des ganz normalen Kreislaufes von Kohlenstoff zwischen der Atmosphäre, den Pflanzen und Böden, und dann wieder zurück zur Atmosphäre. Sie sind also ein Teil eines regenerativen Zyklus. Der Kohlenstoff, der durch das Feuer freigesetzt wird, wurde vorher irgendwann einmal der Atmosphäre entzogen. Deshalb führt das langfristig zu keiner Erhöhung der atmosphärischen CO₂-Konzentration. Diese Aussage gilt aber nur, falls die abgebrannten Flächen wieder nachwachsen können.

Falls die Feuer gelegt wurden, um Brandrodung zu betreiben, dann gilt die langfristige Balance zwischen der CO₂-Aufnahme durch die nachwachsenden Pflanzen und der CO₂-Freigabe durch Feuer nicht mehr, was zu einer Netto-Emission von CO₂ führt. Man schätzt, dass ein guter Teil der rund 1.5 Milliarden Tonnen CO₂, die als Folge der Abholzung in den Tropen in die Atmosphäre gelangen, direkt oder indirekt mit Feuer verbunden sind.

Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Hat die Klimaerwärmung gestoppt?

Was meinen Sie zum Spiegel-Artikel «Das Schwächeln der Sonne» mit seiner zentralen Aussage «Seit zehn Jahren steigt die Temperatur nicht weiter an»? B. W. aus Bern, 20.11.2009

Zehn Jahre sind eine zu kurze Zeitspanne, um wirklich von einem Trend oder gar einem Trendwechsel sprechen zu können. Die zu Ende gehende Dekade war insgesamt sehr viel wärmer als die vorangegangene, auch wenn innerhalb der zehn Jahre der Anstieg eher flach war. Das gibt in der Wissenschaft natürlich zu diskutieren. Wie der Artikel suggeriert gibt es Hinweise auf eine «schwächelnde Sonne» (wir erleben derzeit ein ungewöhnlich lang anhaltendes Minimum des elfjährigen Sonnenfleckenzyklus), und unbestritten gibt es in unserem Wissen über den Einfluss der Sonne auf das Klima noch Lücken.

Schwankungen in den Ozeanen sind eine andere mögliche Ursache für den flachen Anstieg, die derzeit intensiv untersucht wird. Beide Effekte haben aber kaum dieselbe Langfristigkeit wie der menschgemachte Einfluss.

Klar ist: Eine langfristige globale Erwärmung verläuft nicht graduell. Es ist zu erwarten, dass es Dekaden mit einer viel stärkeren Erwärmung gibt und solche mit einer viel schwächeren Erwärmung.

Stefan Brönnimann, Professor für Klimatologie an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Ist Wasserdampf ein Treibhausgas?

Ist es richtig, dass unser Wasserdampf in der Luft auch zu den Treibhausgasen zählt? Falls ja: Ist er ein entscheidender Faktor bei der Klimaerwärmung? A. I. aus Zürich, 18.11.2009

Ja, Wasserdampf ist auch ein Treibhauseffekt. Er ist sogar das wichtigste natürliche Treibhausgas. Der Wasserdampf ist zu 60% daran beteiligt, dass die globale Mitteltemperatur der Erde statt +15°C statt -18°C beträgt.

Im Unterschied zu den anderen Treibhausgasen ist die direkte Emission von Wasserdampf aus anthropogenen Quellen vernachlässigbar. Viel wichtiger ist jedoch, dass der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre durch die Temperatur bestimmt ist. Je höher die Temperatur, desto höher ist der Wasserdampfgehalt. Diese positive Temperatur-Wasserdampf- Rückkopplung ist somit die wichtigste Rückkopplung in der Atmosphäre und trägt entscheidend dazu bei, dass die Erwärmung höher ist, als sich alleine aus der Zunahme von CO₂ und den anderen Treibhausgasen ergibt, eben weil der Wasserdampf die ursprüngliche Erwärmung durch die Treibhausgase verstärkt.

Ulrike Lohmann, Professorin für Atmosphärenphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Mehr zum Thema Treibhausgase und Wasserdampf auf Wikipedia >hier

Die neusten Erkenntnisse zum Thema im vierten Assessmentreport von IPCC, 2007 >hier

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