Unsere Dienstleistung muss unsere Kunden überzeugen

Seit Oktober 2011 leitet Reto Gutmann die Informatikdienste (ID) der ETH Zürich. Mit einer klaren Vision und Informatikstrategie will der 43-jährige ETH-Absolvent die ID als ETH-internen Dienstleister ausrichten.

Interview: Florian Meyer/Thomas Langholz, Hochschulkommunikation

Sie haben aus der Industrie an die ETH gewechselt. Was sagen Sie zur Arbeitsauffassung in der Abteilung?

Die Arbeitskultur der ID schätze ich sehr. Die Mitarbeitenden zeigen neben ihrem täglichen Job viel freiwilliges Engagement. Zum Beispiel der Pikettdienst funktioniert deswegen hervorragend. Den Punkt, den wir verändern wollen, ist die Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Für mich ist der Aufbau eines kundenorientierten Selbstverständnisses eines der Jahresziele 2012. Aus diesem Grund haben wir bereits Gruppen umstrukturiert und Abteilungen geändert, um mit Diensten und Ansprechpartner näher bei den Nutzenden zu sein.

Wie soll diese «neue Selbstverständnis» aussehen?

Unsere Vision ist: ‹Wir sind IT-Dienstleister und wollen der erste Ansprechpartner für IT-Fragen an der ETH Zürich sein›. Für unsere tägliche Arbeit heisst das, dass wir nicht einfach Services anbieten, und es dann den Kunden überlassen, ob sie einen Service beanspruchen wollen oder nicht. Die neue Denkhaltung, die ich einführen möchte, ist, dass sich die ID mehr nach aussen orientieren und die Kunden in die Entwicklung der Services einbeziehen will, damit sie einen optimalen Nutzen haben.

In der Industrie muss man die Kunden bewerben, wie ist das an der ETH?

Ein Departement muss unsere Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen. Das heisst, auch wir müssen Services erbringen, die einen Mehrwert bringen. Deshalb nenne ich die Departemente und die Infrastrukturbereiche bewusst unsere ‹Kunden›.

Neben der Forschungsfreiheit gibt es auch eine hohe Autonomie bei der IT-Beschaffung. Wie wichtig ist hier eine zentrale Steuerung im Informatikbereich?

Ich habe volles Verständnis, dass die Forschung Freiräume braucht. Aber bei Fragen des Einkaufs geht es nicht in erster Linie um Forschung, sondern um Optimierung, Compliance und Governance. Deshalb haben wir unsere verteilten Kompetenzen in einer IT-Einkaufsabteilung zusammengeführt. Dieses Team stellt sicher, dass die Einkaufsrichtlinien und lizenztechnischen Fragen eingehalten werden. Durch die Bündelung bekommen wir aber auch  bessere  Konditionen.

Sie haben seit Ihrem Stellenantritt die abteilungsinterne Kommunikation verstärkt und zum Beispiel den Newsletter «insIDe» oder den «Samichlaus-Marathon-Kaffee» eingeführt. Aus welchen Gründen?

Die interne Kommunikation hat für mich einen hohen Stellenwert. Die ID sind auf 15 verschiedenen Standorten verteilt, darum brauchen wir einen Informationskanal und regelmässige Treffen zur Mitarbeiterinformation. An einem solchen Treffen haben wir den Mitarbeitenden die neue Strategie direkt kommuniziert. Weitere interne Veranstaltungen sind bereits in Planung.

Wie wettbewerbsfähig sind die internen IT-Dienstleistungen der ETH im Vergleich zum Markt?

Intern haben wir einen Vorteil gegenüber externen Anbietern mit klassischem Geschäftsmodell: Wir müssen keinen Gewinn erwirtschaften. Für die ID sind im Moment eher IT-Unternehmen wie Google oder Microsoft die grosse Herausforderung. Sie können ihre IT-Services gratis anbieten, weil sie ein anderes Geschäftsmodell haben. Sie werten die Kundeninformationen aus, was wir nicht machen. Solange wir aber gleiche Leistungen vergleichen, dürfen wir preislich nicht teurer sein, als ein externer Mitbewerber.

Auf welche IT-Trends muss sich die ETH besonders einstellen?

IT-Services sind heute eine Selbstverständlichkeit und müssen einfach und schnell funktionieren, auch wenn die Dienste im Hintergrund sehr komplex sind. Das erzeugt auch einen Druck in Richtung «Cloud Computing». Weitere Herausforderung an der ETH sind die Datenmengen und die Übertragungsraten ins Internet sowie als Konsequenz davon die Datenspeicherung für eine stetig steigende Zahl von Nutzern.

Was verstehen denn Sie unter einer «Cloud»?

In erster Linie geht es um den «User Self Service», Das heisst, dass der Kunde selbstständig und flexibel die Art und Weise des Services bestimmen kann. In zweiter Linie geht es darum, wie die technische Lösung erbracht wird. Diese Lösung sollte für den Benutzer jedoch transparent sein.

Was sind die nächsten Schritte im «Cloud Computing»?

In diesem Jahr führen wir das Pilotprojekt «Rechnen in der Public Cloud» durch. Dort  wird getestet, ob und welche Cloud-Services wir aus praktischen und aus rechtlichen Gründen selber einrichten können oder ob wir sie von einem Drittanbieter besorgen.

Stichwort Supercomputing und Computer-Cluster am CSCS im Tessin: Welche Position vertreten Sie da?

Hochleistungsrechnen wird immer wichtiger. Auf jeden Fall brauchen wir in Zürich das Know-how von Supercomputing-Spezialisten, um die Forscher zu unterstützen. Offen bin ich, ob die Cluster physisch in Zürich oder im Tessin stehen, es muss einfach eine sinnvolle Lösung sein, die auch die Erkenntnisse aus dem Cloud-Pilot-Projekt einbezieht –am Ende müssen unsere Kunden ihre Projekte effizient rechnen können.

Stichwort Webrelaunch: Welche nächsten Schritte sind aus IT-Sicht wichtig?

Bei uns bindet dieses Projekt sehr viele Ressourcen. Technisch ist dieses Projekt sehr spannend. Ich habe hohen Respekt vor diesem Projekt und insbesondere vor der Migration. Das Projekt ist sehr komplex, denn in einem Schritt verändern wir das Tool, strukturieren den Auftritt der ETH neu, erneuern die Corporate Identity und passen gewisse Applikationen an.

 

Zur Person des Direktors der ID

Reto Gutmann hat an der ETH Zürich Elektrotechnik studiert. Nach seinem Studium war er als Softwareingenieur bei der Siemens Albis AG und als IT Berater bei Arthur Andersen tätig. 2001 kehrte er zu Siemens Schweiz zurück, wo er zuletzt als CEO der Siemens IT Solutions and Services AG arbeitete. Gutmann wurde am 2. November 1968 geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder.

Ausgabe zum Download

ETH Life Print, Februar 2012 (pdf, 2.1 MB) Seite 7

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