25 Jahre im ETH-Lizenzmanagement

Herzliche Gratulation an Ralph Curschmann, Gruppenleiter Technischer Einkauf & Support (ID PPF).

Als ich vor 25 Jahren den Job im ETH-Lizenzmanagement begann, war mir nicht klar, dass das Thema Lizenzen erstens spannend werden könnte, und schon gar nicht, dass ich 25 Jahre damit verbringen werde.

Am Anfang handelte es sich um eine rein administrative Tätigkeit: Lizenzverträge verwalten, und bei Lizenzverhandlungen möglichst den Preis drücken. Nach meinem Wechsel vom Direktionsstab in die Linie der Informatikdienste (Sektion „Beratung und Schulung“) wurde die Sache bereits etwas technischer: Kundenbedürfnisse und die gute technische Unterstützung im neuen Team ermunterten mich, die zentral verwalteten Softwarelizenzen mittels FTP-Server den ETH-Kunden zugänglich zu machen. Bis dahin wurde Software nämlich via Disketten (und anderen Medien) noch per interne Post versendet.

Um das Management von Netzwerklizenzen ebenfalls technisch bewerkstelligen zu können, setzte ich die ersten zentralen Lizenzserver auf und betreute diese. Das waren damals SUN/Solaris Maschinen, und dass der Zugang via Telnet völlig unverschlüsselt erfolgte (wie auch der o.g. FTP-Zugang zur Software), liess damals niemandem graue Haare wachsen.

Bei den Preisverhandlungen mit den lokalen Distributoren wurde mir schnell klar, dass deren Angebote in der Regel massiv überteuert waren. Eine verbreitete Teppichhändler-Mentalität brachte diese Distributoren dazu, phänomenale Margen aufzuschlagen.

Daher wurden viele Verträge von mir gekündigt und anschliessend mit den Herstellern (vor allem in USA) direkt abgeschlossen, was massive Kostenersparnisse für die ETH Zürich brachte. In einem konkreten Fall (eine mathematische Software) wurden die jährlichen Kosten so von bisher CHF 200’000.- (lokaler Distributor) auf nun US$ 20’000.- (Herstellerpreis) gesenkt. Und das Ganze einhergehend mit einer viel besseren Lizenzmetrik für die ETH Zürich.

Allerdings: Solche direkten Verträge waren damals noch einfacher möglich, weil die Vertriebsstruktur der meisten Hersteller noch in den Kinderschuhen steckte, und regionale Protektion bzw. Einheitspreislisten kaum existierten.

IDES – Softwarelizenzen für ETH-Angehörige

Die Softwareverteilung und Lizenzbewirtschaftung wurde bald darauf mit dem bei den Informatikdiensten entwickelten System „IDES“ revolutioniert: eine erste Version im Jahr 1997 erlaubte bereits webbasierte Software-Bestellungen, die zweite Version (2002) verband Softwarebestellung, Registrierung, Abrechnung, Bezug und Rückgabe zu einer Dienstleistung. Der komplette Software Life Cycle wurde hier abgebildet. Revolutionär war das System deshalb, weil es zu diesem Zeitpunkt in keiner mir bekannten Universität so ein System gab. Selbst die zu diesem Zweck von mir vorgängig besuchte Princeton University konnte mit so etwas nicht aufwarten, und nahm während meines mehrwöchigen Aufenthaltes dort gerne etwas „Schweizer Entwicklungshilfe“ an.

Das neue IDES-System war vor allem deshalb erfolgreich, weil an der ETH Zürich entsprechende organisatorische Strukturen existierten. Die zentralen Informatikdienste haben in den Instituten und Departementen klare dezentrale Ansprechpartner vor Ort. Mit dem Betrieb von IDES trat ich rasch mit einer sehr grossen Menge an Personen an der ETH in Kontakt, die nun allesamt meine direkte Kunden wurden.

Die Hersteller entwickelten immer raffiniertere – um nicht zu sagen: neurotischere – technische Methoden, um die Software vor Missbrauch zu schützen: Aktivierungsmechanismen, Lizenzschlüssel und Hardware-Locks machten die effiziente Bereitstellung der Software nicht gerade einfacher, und in vielen Fällen mussten Anpassungen mit den Herstellern explizit ausverhandelt werden, weil die vorgesehene Lösung schlichtweg nicht praktikabel war.

Arbeitsgebiet «Technischer Einkauf»

So entwickelte sich als Arbeitsgebiet eine Art „technischer Einkauf“, der den Spagat zwischen finanziellen, technischen, organisatorischen und auch rechtlichen Aspekten machen muss, und hinsichtlich der Kommunikation mit Kunden wie auch Lieferanten entsprechend hohe Ansprüche stellt. Die Kunden formulieren mir ihre Bedürfnisse an Softwareprodukten. Ich analysiere die bestehenden Lizenzmetriken und technischen Randbedingungen, und handele mit Distributoren und/oder Herstellern die Bezugs- und Nutzungs-Konditionen aus.

Bei diesen Konditionen geht es also nicht bloss um Preise, sondern auch um technische Dinge (z.B. silent install bezüglich Deployment) oder um sinnvolle Lizenzmetriken und transparente Nutzungsbedingungen. Die Konditionen müssen für die ETH passend sein, und gleichzeitig muss der Hersteller bereit sein, diese zu gewähren, was von mir neben der langjährigen Erfahrung auch eine gewisse Kreativität erfordert, die ich in letzter Zeit bei den zunehmend jüngeren Software-Verkäufern etwas vermisse. Aber das ist eventuell eine subjektiv empfundene „Alterserscheinung“.

Compliance

In den letzten Jahren wurde die Frage der Compliance, also der vertragsgemässen Nutzung der Lizenzsoftware, immer wichtiger. Die Lizenzverträge der Hersteller werden immer komplizierter, natürlich unter anderem deshalb, weil man mehr Profit erwirtschaften möchte. Andererseits gibt es gerade im akademischen Umfeld speziell komplexe Lizenzierungs-Bedingungen. Anders als in der Privatwirtschaft werden die Softwareprodukte zu speziellen Schulkonditionen erworben. Der Vorteil sind die günstigeren Preise, der Nachteil sind die eng eingefassten nichtkommerziellen Nutzungszwecke. Dadurch hat sich meine Tätigkeit sehr stark in Richtung Beratungsdienstleistung entwickelt, mit der ich die Institute und Departemente beim Einkauf und in der vertragskonformen Anwendung der Software unterstütze.

Ein Beispiel dieser Unterstützung sind die kürzlich von durchgeführten Awareness-Veranstaltungen bezüglich Lizenzierung: Im direkten Dialog werden die Zuhörer über Grundlagen der Lizenzierung informiert, das Ganze ist mit nützlichen Praxis-Tipps ergänzt. Diese Veranstaltungen stiessen bei den Zuhörern auf ein sehr gutes Echo. Daher werden hierzu derzeit Hersteller-spezifische Folgeveranstaltungen ausgearbeitet.

Ich bin froh und dankbar, dass ich diese vielfältigen Aufgaben in einem fachlich versierten und verlässlichen Team bewältigen darf, welches sich – zusammen mit mir – diesen täglichen Herausforderungen stellt.

Die Angehörigen der ETH Zürich nutzen eine sehr grosse und äusserst vielfältige Palette an Softwareprodukten, und der Zugang zur Software ist für Endbenutzer genial einfach gehalten. Im Hintergrund sind aber eine Vielzahl an Arbeiten notwendig, damit diese Versorgung mit Software weiterhin reibungslos klappt. Dafür möchte ich mich auch weiterhin engagieren.

Ralph Curschmann

 

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