Good to know: IPv6 in der Schweiz

Die Informatikdienste hatten eine Medienanfrage zum Thema IPv6. Da das Thema sicher auch andere interessiert, posten wir gerne den Online-Artikel, die Fragen und unsere Antworten.

Hintergrund & Recherche Netzmedien

«Seit 2011 werden keine IP-Adressen der vierten Version (IPv4) mehr vergeben. Der Nachfolgestandard IPv6 ist günstiger, sicherer und bietet um ein Vielfaches mehr Adressen. In der Schweiz beträgt die Adoptionsrate heute aber nur etwa 35 Prozent – aus unterschiedlichen Gründen. IPv4 hat ausgedient. Seit 2011 vergibt die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) keine neuen IP-Adressen mit diesem Standard mehr. Der Nachfolgestandard IPv6, der bereits seit 1998 existiert, sollte seinen Platz einnehmen. IPv4 funktioniert zwar noch, bringt aber eine Vielzahl an Problemen mit sich. Dennoch geht die IPv6-Adaption nur schleppend voran, vor allem in der Schweiz.»

Online-Artikel: «Warum die IPv6-Adoption schleppend vorangeht»

Fragen und Antworten an die ID

Warum ist es so teuer und aufwändig, IPv4 aufrecht zu erhalten?

Die Anzahl an frei verfügbaren IPv4 Adressen ist so stark geschrumpft, dass es einen regelrechten Handel von IPv4-Adressen gibt. Diese gelten als rares Gut. Um die Knappheit abzufedern, wurden zusätzliche Protokolle entwickelt, die es erlauben pro IPv4-Adresse tausende von gleichzeitigen Verbindungen aus dem internen Netzwerk ins öffentliche Internet aufzubauen (NAT/PAT – Port Address Translation – Wikipedia). Diese Technologie erlaubt es, noch lange ohne IPv6 auszukommen, verlangt aber ein sehr aufwändiges Reporting von getätigten Verbindungen zwecks Sicherheitsmonitoring.

IPv4 ist im Jahr 2011 an seinem End of Life angelangt. Das ist mittlerweile 12 Jahre her. Warum beträgt die Useradaption in der Schweiz heute gerade einmal knapp 35 Prozent?

https://www.google.de/ipv6/statistics.html#tab=per-country-ipv6-adoption

Folgende Aussage gilt für die ETH Zürich und kann nicht verallgemeinert werden. Das Kernnetzwerk der ETH Zürich und ein Grossteil der Netzwerke, die Nutzergeräte (Clients) beinhalten, sind schon seit langem IPv6-aktiviert. Jedoch müssten noch viele ETH-interne und -externe Service-Anbieter auf ihren Servern und Services IPv6 zusätzlich zu IPv4 aufschalten (Dual-Stack-Konfiguration – IPv6 – Dual Stack- Wikipedia). Dies wird zu langsam durchgeführt. Diese unglückliche Situation kann erst wirklich bereinigt werden, wenn alle Services IPv6 aufgeschaltet haben und alle Nutzer per IPv6 erreichbar sind. Das ist ein weiter Weg und die Motivation für ein Wechsel ist kleiner, wenn man weiss, dass IPv4 sowieso noch lange nötig sein wird.

2013 war die Schweiz weltweit Nummer 1, was die IPv6-Useradaption betrifft. Dafür gab es den Jim Bound Award als «IPv6 World Leader». Heute ist man abgeschlagen. Warum hat die Schweiz einen solch starken Start hingelegt, danach aber auch so stark nachgelassen?

Hierzu muss ich an andere verweisen, da ich keine Aussage für die ganze Schweiz machen kann.

Warum ist die Abdeckung in Ländern wie Frankreich, Deutschland, Belgien, aber auch Indien und Malaysia so viel höher als in der Schweiz?

Teilweise gibt es staatliche Förderprogramme, die zum Wechseln ermutigen. Genaue Details kann ich keine nennen. Vor allem in Asien waren die IPv4-Adressen schon Jahre früher ausgeschöpft und der Handlungsdruck dadurch stark erhöht.

Was muss Ihrer Meinung nach passieren, damit die Abdeckung schneller voranschreitet?

Sollten grosse Service-Anbieter im Internet plötzlich nur noch über IPv6 erreichbar sein, würde der Druck von Nutzern massiv zunehmen. Auch helfen verbindliche Deadlines – die Frage stellt sich, wer diese definieren und durchsetzen würde. Weiter könnte von Seiten IT-Sicherheit bei Audits oder Reviews die Forderung nach einer vollständigen IPv6-Implementierung gestellt werden.

Wie lange dauert es nach aktuellem Stand noch, bis die Schweiz vollständig oder fast vollständig auf IPv6 umgestellt hat?

Hierzu wage ich keine Prognose. Das hängt auch nicht nur von der Schweiz ab.

Kontakt

Dr. Armin Wittmann, Sektionsleiter Infrastructure (ID INFRA), Informatikdienste

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