Träume werden wahr – Supercomputing 2016 in Salt Lake City

Im Jahre 1951 starte Marvin Minsky (1927-2016) den Versuch aus elektronischen Schaltkreisen Nervenzellen und ihre Verknüpfungen nachzubauen. Das Ziel war es lernende Maschinen zu bauen. Bald wurde das Konzept mit dem Namen „Neuronale Netzwerke“ auf Digitalcomputer portiert, mit wenig Erfolg. Das hinderte Wissenschaftspublizisten und Science-Fiction-Autoren nicht daran die wildesten Träume zu spinnen. Künstliche Intelligenz (KI) war ein Leitthema der 60er und 70er Jahre: es wurde über selbstfahrende Autos, helfende Roboter und sprechende Maschinen spekuliert. Einer der Höhepunkte war wohl der sprechende Computer HAL im Kubrick-Film Space Odyssee 2001.

An der diesjährigen Supercomputing (SC16; 13. – 18. November 2016 in Salt Lake City UT) schien das alles in Reichweite gerückt. Vor noch nicht ganz vier Jahren hat Alex Krizhevsky sein Konzept des „Deep Convolutional Neural Networks“ vorgestellt, das zur Klassifikation von Bildern verwendet wird. Ein einfacher Computer ausgerüstet mit einigen Grafikkarten wie sie Gamer verwenden, war plötzlich nicht nur in der Lage eine schwarze Katze von einem schwarzen Hund zu unterscheiden, sondern auch einen Appenzeller, von einem Entlebucher Sennenhund. In Windeseile hat diese Technologie auch die Supercomputing-Welt erreicht. Der erfahrene Intel-Forscher Pradeep Dubey drückte das an der Konferenz so aus: „Ich habe noch nie gesehen, dass es eine Technologie so schnell vom Lab in die Produktion geschafft hat.“ So drehte sich auch die Keynote von Katharine Frase (IBM) um den Einsatz von Lernenden Systemen in der Praxis, namentlich in der Medizin. An der Ausstellung träumten mittlerweile die Hersteller von einem Goldrausch ausgelöst durch den Boom der Neuronalen Netzwerken. Allen voran der Grafikchip-Hersteller NVIDIA, der sich in einer führenden Position sieht, aber auch der Chip-Riese Intel der sich mit seinen Xeon-Phi Manycore-Prozessoren auch ein Stück des Kuchens sichern will. Weil die Technologie im High Performance Computing (HPC) Bereich Einzug gehalten hat, werden nun hunderte von Clusternodes mit jeweils acht, zehn oder noch mehr GPUs oder anderen Co-Prozessoren ausgerüstet. Intel spielt nach dem Erwerb von Altera auch bei einer anderen Technologie eine führende Rolle, von der lange geträumt wurde: Programmierbare Prozessoren. Eigentlich ist auch diese Technologie, genannt Field Programmable Gate Arrays (FPGA) schon lange erhältlich. Da sich nun aber Teile der Neuronale Netzwerke in den FPGAs programmieren lassen, können HPC-Systeme gebaut werden, welche für maschinelles Lernen optimiert und gleichzeitig sehr energieeffizient sind.

Neben diesen bahnbrechenden Neuerungen sollen die klassischen HPC-Gebiete nicht vernachlässigt werden. Simulationen in Naturwissenschaft und Technik sind immer noch die grössten Einsatzgebiete für Supercomputer. Eine langersehnter Traum ist dabei, das Schreiben von Parallelprogrammen für Wissenschaftler und Ingenieure zu erleichtern, ohne zu viel an Performance zu verlieren. Am Beispiel eines Programms zur Optimierung von Turbinenschaufeln in Düsentriebwerken hat wurde ein Python-Framework vorgestellt das Luftfahrtingenieuren die Arbeit erleichtert, indem das Framework aus dem Pythoncode parallelen C-Code erstellt. Dieser Code ist auf den grössten Computern der Welt lauffähig, auf dem CSCS-Rechner Piz Daint wurden ansprechende Resultate erreicht.

Was uns zu den wichtigen Schweizer Beiträgen bringt. Vor mehr als 25 Jahren hatten Forscher und Politiker im Umfeld der ETH den Traum die Schweiz solle eine wichtige Rolle im Gebiet der Hochleistungsrechner spielen. Um den Traum wahr werden zu lassen, wurde das nationale Supercomputing Center CSCS im Tessin gegründet. Auch dieser Traum ist wahr geworden. In der halbjährlichen Top-500-Liste nimmt der Supercomputer Piz Daint, nach einem Upgrade, zum 7ten Mal hintereinander die Position des schnellsten Computers in Europa ein. Gleichzeitig belegt die Maschine Platz 2 auf der Liste der energieeffizienten Supercomputer (Green-500). Wissenschaftler an der ETH, der EPFL, der Universität Basel und anderen Schweizer Hochschulen spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung neuer wissenschaftlicher Anwendungen und in der Optimierung von weit verbreiteten Applikationen.

Der Traum mehr Frauen und Angehörige von ethnischen Minderheiten für MINT Studiengänge zu begeistern und Frauen mit einer technisch-wissenschaftlichen Ausbildung gute Karrierechancen zu bieten ist erst zum Teil wahr geworden. Umso wichtiger waren der Diversity-Track an der Supercomputing und die Veranstaltungen der Organisation Women in HPC. Mit der Gründung einer Schweizer Sektion ist bald zu rechnen, möge auch dieser Traum wahr werden.

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