
Role Models III: Romina Grillo. A Portrait edited by Nora Molari (DE)
FRAU ARCHITEKT – ROMINA GRILLO
…wurde 1984 in Como, Italien geboren. Sie studierte Architektur an der Accademia di Architettura di Mendrisio in der Schweiz und schloss ihr Studium 2009 ab. Sie unterrichtete am Lehrstuhl von Valerio Olgiati an der Accademia di Architettura di Mendrisio und arbeitete bei OMA / Rem Koolhaas in Rotterdam. 2010 war sie Mitbegründerin von UNULAUNU. Sie wurde als Vertreterin von UNULAUNU als Workshop-Leiterin zum Sommerworkshop Porto Academy eingeladen. Romina ist derzeit Lehrassistentin an der ETH Zürich und hat ihre eigene selbständige Tätigkeit in Zürich, Italien und Rumänien.
“Meine ersten Erfahrungen mit Architektur waren sehr unterschiedlich. Die eine war eine
physische Erfahrung, die andere ein Bild. Beide waren sehr eindrücklich für mich.
Das Bild waren die Maya Tempel. Da habe ich das erste Mal gedacht «das ist eine
architektonische Geste, die als solche in dieser Zeit keinen anderen Sinn hat als Form».
Es war das erste Mal, dass ich mir einer solchen architektonischen Idee bewusst wurde. Eine
Idee ohne pragmatischen Ursprung, ohne praktischen Zweck. Das war für mich sehr
beeindruckend. Dieser erste Gedanke, diese Idee, diese Grandiosität, die Körperlichkeit. Der
Ausdruck einer Idee in Form.
Meine erste physische Erfahrung mit Architektur erlebte ich in Rom. Ich war zwölf Jahre alt
und besuchte zum ersten Mal das Pantheon. Das war für mich ein unglaublich starkes
räumliches Erlebnis. Dieses Gefühl hat sich nicht mehr wiederholt auch im Pantheon nicht. Es war das erste und einzige Mal, dass ich einen Raum so stark wahrgenommen habe. Sehr unbewusst natürlich, ich wusste nichts über Architektur. Ich wusste nicht welche architektonischen, räumlichen Elemente so stark waren, aber ich erinnere mich bis heute an diesen Moment.
Ein weiterer starker Einfluss war meine Kunstprofessorin im Gymnasium in Como. Sie war
Architektin. Ich respektierte sie sehr, sie war anders als die anderen Professoren. Eine sehr
starke Frau. Eine sehr starke Persönlichkeit. Sie unterrichtete Kunst, Architekturgeschichte
und technisches Zeichnen. Als ich im zweiten Jahr dort war, hat sie mich gefragt, ob ich nie
darüber nachgedacht hätte Architektur zu studieren. Ich hatte mich damals noch gar nicht
gefragt, was ich werden wollte, aber das war für mich der Anfang. Ausserdem war das Gebäude gegenüber meiner Schule von Mario Botta und jeden Morgen und Nachmittag habe ich dieses Gebäude gesehen. Vielleicht hat mich das auch unbewusst beeinflusst (lacht). Danach habe ich in Mendrisio studiert (Bachelor und Master), was mir sehr gefallen hat. In Italien unterscheidet man nicht so klar zwischen Uni und Hochschule, es gibt sehr viele Architekturschulen und dabei grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Universitäten. In der Schweiz sehe ich eine viel klarere Struktur. Zurückblickend bin ich sehr zufrieden mit meiner Ausbildung. Ich würde es nicht anders machen wollen. Vielleicht würde ich einen Austausch machen. Ich wollte eigentlich einen Austausch an der ETH Zürich machen, aber in dem Moment war das nicht mehr möglich vom Reglement her. Aber ich bin schliesslich jetzt hier und arbeite als Assistentin. Und ich bin mit meinem Büro Unulaunu selbstständige Architektin. Mit fünf Partnern ist es viel Arbeit eine klare Vorstellung von dem zu bekommen, was jeder Einzelne von uns will. Wir beginnen immer mit sehr langen Diskussionen, die uns helfen eine konzeptuelle Basis zu schaffen. Diesen allgemeinen «Common Ground» zu finden, die konzeptuellen Fragen zu klären, das ist unser Ausgangspunkt. Wir investieren viel Zeit in diese Gespräche. Gerade arbeiten wir an einem Umbau. Das ist eine grosse Herausforderung. Ich finde Umbauen schwieriger als Neubauen. Dieses Integrieren in einen starken Kontext auf allen Ebenen: Konzeptionell, entwerferisch, konstruktiv, wie es zusammen aussieht. Dieser konstant starke Kontext, den du nicht negieren oder vermeiden kannst kann sehr anstrengend sein und es ist schwieriger eine wesentliche, starke Idee auszudrücken. Es ist immer ein Kompromiss oder eine Negoziation zwischen dem was du willst, und dem was da ist. Es bleibt eine sehr schöne Arbeit, bloss sehr schwierig auf den Punkt zu bringen und am Ende sehr teuer. Ich habe das Gefühl, dass man weniger zurückbekommt. Deshalb Neubau. Das ist ein bisschen lockerer. Wenn du einmal eine Idee, eine Richtung hast, dann kannst du radikal bestimmen. Es gibt Bereiche im Berufsalltag in denen mir das «Frausein» mehr oder weniger bewusst ist. Während dem Design Prozess zum Beispiel ist es kein Thema, da sind wir alle gleich. Ich denke, die Unterschiede zeigen sich eher in der Art zu kommunizieren. Unter uns, mit den Kunden, mit den Leuten, die für uns arbeiten. Dort ist es ein bisschen anders. Was mir mit meinen Männern auffällt (lacht), ist, dass es für sie in einer Diskussion manchmal mehr darum geht, wessen Idee es war. «Meine Idee». Manchmal. Ich möchte nicht allgemein sprechen, aber manchmal. Und ich denke Frauen arbeiten mehr für das Projekt – sind zielorientierter. «Wir haben eine Abgabe. Jetzt nehmen wir die beste Idee, egal von wem sie ist.» Das ist Teamarbeit. Aber das ist meine persönliche Erfahrung. Ich stelle fest, dass in Gruppenarbeiten diese Tendenz da ist. Oder auch in der Negoziation mit den Kunden. Dort denke ich, dass meine Präsenz als Frau eine wichtige Rolle spielt. Es war immer klar für uns als Büro, dass ich anwesend sein muss. Auch auf der Baustelle sehe ich Unterschiede gegenüber meinen männlichen Kollegen, wenn es um die Kommunikation mit den Bauarbeitern geht. Es herrscht immer ein gewisser Abstand. Sehr respektvoll – ich habe nie eine unangenehme Situation erfahren – aber irgendwie war es immer distanzierter. Eine Mischung aus Respekt und Angst. Mit meinen männlichen Kollegen ist die Beziehung viel direkter, kameradschaftlicher. Ich glaube nicht, dass sie ein Problem damit haben, dass ich eine Frau bin, aber die Interaktion fühlt sich weniger natürlich an als bei meinen Kollegen. Ich würde mir wünschen, dass sich das noch ändert.
Wenn du studierst, siehst du alles etwas abstrakter, du bist in einer Art Blase der Unschuld und stellst dir solche ernsten Fragen noch nicht. Und dann merkst du später, dass das alles viel politischer ist und du fragst dich, stört mich das? Als Studentin habe ich mir die Frage nach weiblichen Vorbildern nie gestellt. Ich weiss nicht warum. Ich habe diese Figuren in einer sehr abstrakten Art betrachtet. ich habe ihre Werke studiert und weniger ihre Persönlichkeit. Ich wurde mir dem Thema erst sehr spät in meinem Studium bewusst. Ich fragte mich, warum alle meine Professoren Männer waren. Zu der Zeit gab es eine Professorin, eine Einzige. Ich spüre die Absenz weiblicher Vorbilder heute in der Praxis mehr als damals als Studentin. Man merkt wie schwierig es ist, gerade als selbständige Architektin. Man würde sich gerne auf jemanden berufen können. In unserem Büro sind wir fünf und ich bin die einzige Frau. Das ist auch kein Problem, ich arbeite sehr gerne mit meinen Partnern, aber manchmal würde ich gerne mehr mit Frauen zusammenarbeiten. Ich denke tendenziell nimmt man männliche Kompetenz für selbstverständlich – so «ok, gekauft!». Wenn es von einer Frau kommt ist man kritischer, man ist prüfender. Ich persönlich habe nie einen Unterschied gemacht, wenn es um meine Studenten ging. Ich hatte sehr gute Studentinnen und sehr gute Studenten. Natürlich gibt es inkompetente Frauen, genauso wie es inkompetente Männer gibt. Nur würde ich allgemein sagen, dass Männer es weniger gewöhnt sind an sich zu zweifeln. Frauen eher. Lange wurde uns gesagt, ihr habt die Kapazität nicht, ihr könnt das nicht machen und natürlich bleibt diese Gewohnheit an sich zu zweifeln und sich zu unterschätzen irgendwo im Unterbewusstsein hängen. Ich denke die Geschlechterfrage wird besonders relevant, wenn das Thema Nachwuchs aufkommt. Job und Kinder zu vereinen ist für Frauen nach wie vor schwerer als für Männer. In den ersten neun Monaten ist die Frau mit dem Kind schwanger. Daran lässt sich nichts ändern. Aber danach sind beide Eltern gleichgestellt und sollten zusammenspielen. Ich verstehe nicht, warum die Mutter dann mehr betroffen sein sollte. Das Problem ist unsere Gesellschaft, unser Arbeitssystem. Der Arbeitgeber muss einen Teil des Mutterschaftsurlaubes bezahlen und zieht deshalb einen Mann vor. Das verstehe ich auf ein finanzieller Ebene auch. Und genau aus diesem Grund sollte der Staat dort eingreifen. Damit sich der Arbeitgeber diese Frage nicht mehr stellen muss und sich für den besseren Kandidaten für den Job entscheiden kann – Oder warum kann diese Frau nicht die Chefin sein? An dem Punkt stellt sich dann auch die Frage nach der Frauenquote. Keine Frau möchte eine «Quotenfrau» sein. Ich möchte gewählt werden, weil ich eine gute Architektin bin und nicht, weil ich eine Frau bin. Das sollte schon lange normal sein in unseren Köpfen. Aber ich denke man muss irgendwo anfangen, und wenn dieser Schritt nicht von alleine passiert, dann muss man eben einen Anfang schaffen, wie die Geschlechter-Parität am Architekturdepartement der ETH Zürich. Ich bin optimistisch. Ich spüre, dass die neue Generation das Thema neu angeht. Ich finde, ihr macht das gut.”
VILLA NELLA CAMPAGNA ROMANA, ROM (2017)
Ein LOCUS AMOENUS ist ein Ort, an dem der Mensch den wilden Teil seiner selbst als Individuum findet, er befindet sich in einer absolut privaten Dimension, in der er frei und emotional sein kann.
Die römische Landschaft ist die geistige und natürliche Umgebung dieses Projektes. In der hügeligen Landschaft gelegen, ist das Haus in zwei Teile unterschiedlichen Charakters geteilt. Sein Hauptraum ist durch den ikonischsten Moment des häuslichen Lebens, die Küche definiert; eine dreieckige Nische zwischen dem geneigten Dach und zwei zur Landschaft hin geöffneten Mauern. Der Rest des Hauses artikuliert seine Räume zwischen dem Dach und der Topographie der Landschaft, deren Unregelmäßigkeiten sich auch innerhalb des Hauses erstrecken. Der äußere Teil unter dem Dach ist ein undefinierbarer Raum, es ist ein Wohnzimmer, es ist ein Unterschlupf, es ist ein Fragment, ist das informelle Gesicht des Hauses. Das Dach ist das einzige Element, das dem Haus einen einigenden Charakter verleiht. Die Struktur des Hauses reagiert entsprechend den Räumen, denen sie dient. Entsprechend ist das Dach auf einer Seite gehalten, so dass unter ihm unbeschränkte Räume möglich sind, während auf der anderen Seite die Ungezwungenheit des offenen Raums durch eine Struktur ausgedrückt wird, die keine klare Hierarchie oder Ordnung schaffen will. Das Haus ist absichtlich nicht konventionell “komfortabel”, seine Räume fordern ununterbrochene Wachsamkeit; Das ist die konsequenteste Art, die Natur zu erleben.
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