
Exhibition: “Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren Frauen im Architektenberuf”, 30.09.2017–08.03.2018, Deutsches Architekturmuseum DAM, Frankfurt
FRAU ARCHITEKT: SEIT MEHR ALS 100 JAHREN FRAUEN IM ARCHITEKTENBERUF
Die Ausstellung Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren: Frauen im Architektenberuf ist vom 30. September 2017 bis am 8. März 2018 am DAM (Deutsches Architekturmuseum) in Frankfurt zu sehen.
Die Ausstellung befindet sich im 1. Obergeschoss des von Oswald Ungers umgebauten Hauses. Um zur Ausstellung zu gelangen muss man zuerst durch die momentane Ausstellung SOS BRUTALISMUS – Rettet die Betonmonster! im Erdgeschoss hindurchschreiten. Wie als Ankündigung auf was folgen wird befindet sich das Plakat mit dem Projekt SESC Pompéia von Lina Bo Bardi neben der Tür die zum Treppenhaus führt. Das Treppenhaus ist eine Enttäuschung. In so einem imposanten und öffentlichen Bau wie dem DAM erwartet man einen repräsentativen Aufgang. Die Stiegen sind aber eigentlich nur als Fluchtwege geeignet und nicht als Zugang zu Ausstellungsräumen.
Die Ausstellung beginnt mit einem kurzen Einführungstext und einer Kollage aus verschiedenen Schwarz-Weissbildern, die Frauen bei ihrer Arbeit als Architektinnen zeigen. Gerade an diesem Punkt wünscht man sich die Möglichkeit eines tieferen Einstiegs in das Thema mit mehr Hintergrundinformationen.
Die Ausstellung führt einem um das Haus im Haus, der Grundidee Oswald Ungers beim Entwurf des Umbaus herum. In diesem Zwischenraum wird jeder der 22 Portraitierten Architektinnen eine art Schrein gewidmet. Dieser besteht jeweils aus einer Infostele mit einem Portrait der Architektin und einem kurzen Überblick zu ihrer Biographie, einem Schautisch mit Infomaterialien, weitere gerahmte Dokumente, Bilder, Pläne und Fotos an der Wand und einem von Studierenden der TU Dresden gebauten Modell zu einem Projekt der Architektin. Als Gesamtkomposition an sich ist die Darstellung jeder Architektin anhand von der Zusammenstellung und Anordnung aller Dokumente sehr gelungen. Die Möglichkeit, das Werk der Architektin in Bezug zu ihrer Person in Kontext zu setzen, bleibt aber beschränkt.
Die verschiedenen kühlen Farbtöne der Ausstellungswände tragen unaufdringlich zur Bewegungsdynamik bei und geben den verschiedenen Architektinnen eine andere Hintergrundfarbe und betonen sie als Individuen. Leider trennt dies aber die verschiedenen Protagonistinnen voneinander und sie in Bezug zueinander zu lesen, ist nicht möglich.
Nach dem Umrunden des Hauses im Haus gelangt man schlussendlich in dieses hinein. Es wurde als „Frauenzimmer“ interpretiert und die original weissen Wände von Oswald Ungers sind nun mit einem Vorhang drapiert sowie der Boden mit einem knallroten Teppich ausgelegt. Es liegen Bücher auf und es werden Interviews von aktuellen Architektinnen aus verschiedenen Generationen gezeigt (siehe Einstieg Symposium). Diese Interviews werfen einen aktuellen Blick auf die Schwierigkeiten, die Architektinnen noch heute in ihrem Alltag begegnen. Sie sind ideal um jetzige Stimmen einzufangen und den Zeitgenössischen Blick auf das Thema zu werfen. Leider bietet die Gestaltung des Raumes nicht die Behaglichkeit, die man sich wünscht um darin zu verweilen, zu lesen und sich die Filme anzuschauen. Zudem ist die Akustik nicht optimal. Wenn im Ausstellungsraum gesprochen wird, sind die Interviews nur noch schwer verständlich.
Als Abschluss der Ausstellung ist gegenüber der Eröffnungswand der Ausstellung eine „Zettelwand“. Oben stehen verschiedene Zitate von den ausgestellten Architektinnen zum Thema Frau Architekt. Unten hat der Ausstellungsbesucher die Möglichkeit, seine eigenen Gedanken zur Ausstellung zu reflektieren und als Zitat auf einen Zettel zu schreiben. Die Zitate zeigen sehr persönliche Haltungen zur Ausstellung und deren Thematik.
Die Tatsache, dass endlich auf das Missverhältnis im Verhältnis von Frauen- zu Männerausstellungen am DAM, das schon lange besteht, eingegangen wird, war dringend nötig. Die verschiedenen Frauen, die in der Ausstellung vorgestellt werden, zeigen, dass Frauen schon länger als Architektinnen tätig sind und erstaunliche Werke hervorgebracht haben. Es rückt Frauen ins Rampenlicht, deren Werk die Ausstellungsbesucher kennen dürften, sich aber nicht Bewusst sein dürfte, dass diese von einer Frau stammt, da meist ihr männlicher Partner als Architekt genannt wurde bzw. ihr das Autorenrecht auf andere Weise verwehrt blieb. Es bringt zudem auch ganz neue Persönlichkeiten aufs Parkett, von denen bis anhin kaum etwas bekannt war.
Dank des Ausstellungskataloges ist es möglich, fehlende Hintergrundinformationen und Beziehungen zwischen Architektinnen untereinander und zu ihrem historischen Kontext zu schaffen. Zudem sorgt ein vielfältiges Begleitprogramm dafür, noch viele weiteren Frauen eine Stimme zu geben damit sie Aufmerksamkeit bekommen.
Mit diesen 22 Portraits ist es aber noch lange nicht getan. Es braucht noch 74 weitere Expositionen zu Frauen am DAM bis ein Gleichgewicht zwischen Ausstellungen über Männer im Bezug auf deren der Frauen hergestellt ist.
Im 2. Obergeschoss ist im Rahmen der Ausstellung „Schätze aus dem Archiv“ Pläne und Zeichnungen von Zaha Hadid (1950-2016) zu einem Entwurf für ein Berliner Bürohaus zu sehen. Dadurch, dass für die Ausstellung Frau Architekt. Die Oblichter zum restlichen Haus geschlossen wurde, erschliesst sich erst hier der Kern des Umbaukonzeptes von Oswald Ungers. Im komplett weissen Raum vom Haus im Haus ist es einem möglich, bis unters Dach des Gebäudes zu schauen. Die grossartigen Bilder Zaha Hadids die hier gezeigt werden, sind jedoch nüchtern an die Wand gehängt und es entsteht keine Intimität zu ihnen, wie dies bei der Raumatmosphäre in der Ausstellung ein Stockwerk darunter möglich ist. Obwohl die Bilder umwerfend sind und die starken Fähigkeiten von Zaha Hadid zweifellos zeigen, fragt man sich, ob es wirklich nötig ist Zaha Hadid über alle anderen Frauen zu stellen – können die anderen mit dieser Ikone mithalten?