Reden ist Silber, Dialog ist Gold
05.09.2013 von
Die Klimaforschung steht oft im Zentrum der Klima-Debatte – nicht nur wegen ihrer Resultate. Sie sei «politisiert», sagen die einen. Sie kommuniziere ungenügend oder fordere strengere und damit «inflationäre» Ziele, meinen andere. Dies lenkt von den wirklichen Herausforderungen der Klimaänderung ab, birgt aber eine entscheidende Frage: wie soll und kann die Wissenschaft ihre Resultate in den Dialog mit der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik einbringen?
140 Zeichen für ein Gezwitscher auf Twitter: Kurznachrichten sind «in» – und für mich eine Tortur, wenn sogar Wissenschaft in diese Kurzform kondensiert werden soll. Dies zudem bitte immer objektiv, wertfrei, und sofort nutzbar (siehe Artikel in Science), damit etwa die Politik faktenbasiert entscheiden kann. Da bleibt wenig Platz für differenziertes Denken oder gar für die Erläuterung von Unsicherheiten.
Nur Fakten liefern oder Einfluss nehmen?
Aber wehe dem Wissenschaftler, der eine klare Aussage macht und die Konsequenzen seiner Resultate darlegt. Vor einigen Wochen zeigten die Berner Klimaforscher Folgendes: wenn zusätzlich zum Zwei-Grad-Temperaturziel der Meeresspiegelanstieg oder die Versauerung der Ozeane beschränkt werden soll, müssten die CO₂-Emissionen noch stärker reduziert werden. Prompt wurden diese neuen Klimaziele von der NZZ am Sonntag als «inflationär» bezeichnet. Dabei hatten die Forscher nur die Konsequenzen verschiedener Beschränkungen aufgezeigt, ohne zu urteilen, ob diese Ziele erreichbar sind.
Einige Wissenschaftler versuchten zu stark, die Politik zu bestimmen, argumentieren Hans von Storch und Werner Krauss in ihrem Buch «Die Klimafalle». Damit haben sie wohl Recht. Aber daraus zu schliessen, dass wir deswegen bei den internationalen Klimaverhandlungen nicht weiter sind, greift zu kurz. Dass die internationale Klimapolitik stagniert, ist nur am Rande ein wissenschaftliches oder kommunikatives Problem. Verantwortlich sind andere Gründe: Erstens ist Klimapolitik primär Interessens- und Wirtschaftspolitik, besonders in China und den USA, den beiden weltgrössten CO₂-Emittenten. Zweitens ist der Klimawandel kaum greifbar, denn weder CO₂-Emissionen noch die Veränderung der globalen Mitteltemperatur sind direkt sicht- oder spürbar. Und drittens stellt uns der Klimawandel vor ein ethisches Problem: wir denken kurzfristig und lokal – trotz globaler Dimension – und hinterlassen unseren Kindern unbequeme Altlasten. Dies erinnert an das ungelöste Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle.
Interpretation tut Not
Die Wissenschaft produziert Zahlen und Fakten, die objektiv und wertfrei sein sollen. Zahlen und Fakten allein sind aber nicht viel wert. Die Interpretation durch Experten ist entsprechend wichtig. Und wir brauchen ein gemeinsames Werte-Verständnis, nach dem wir diese Fakten einordnen. Denn obwohl der Klimawandel ein Fakt ist, bedeutet das noch lange nicht, dass wir etwas dagegen tun wollen. Die letzten zwanzig Jahre zeigen, dass die Bereitschaft dazu weitgehend fehlt, weil wir andere Interessen höher gewichten. Die Unterscheidung von Fakten, Werten und Meinungen ist oft ungenügend und führt zu Missverständnissen.

© Justin Bilicki, New York 2008
Echter Dialog als Herausforderung
Wissenschaftliche Information ist nie perfekt. Die Wissenschaft muss versuchen, ihre Unsicherheiten klar aufzuzeigen. Im Gegenzug müssen Medien und Politik aber auch bereit sein, differenzierte Aussagen zu akzeptieren. Die Unsicherheiten dürfen nicht als Argument missbraucht werden, um nichts zu tun. Schliesslich sind wir uns gewohnt, im täglichen Leben mit Unsicherheiten umzugehen.
Der Glaube, dass wir uns jetzt alle auf eine Strategie einigen und diese hundert Jahre stur verfolgen werden, ist unsinnig. Wir werden unsere Entscheide laufend überdenken müssen. Konstanter Dialog und Auseinandersetzung sind dafür zwingend. Der ehrliche und zielführende Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft ist wahrscheinlich die grössere Herausforderung als die Entwicklung des nächsten Klimamodells – eine Herausforderung, der die Hochschulen zu wenig Aufmerksamkeit schenken.
Zum Autor
Reto Knutti ist Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie
Veranstaltungshinweis:Prof. Reto Knutti und Prof. Hans von Storch sind am 3. Oktober zu Gast an der Veranstaltung «ETH Klimarunde 2013».
Kommentare (35) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Lieber Herr Holzherr
Danke für die Erläuterungen. Ich verstehe jetzt, dass die Klimawissenschaftler die Modelle in erster Linie brauchen, um Hypothesen zu überprüfen.
Ich bin jetzt davon überzeugt, dass die IPCC Berichte den neuesten Stand der Forschung wiedergeben. Um sie zu verstehen, musste ich mein Weltbild korrigieren. Ich wünschte mir, dass die Wissenschaftler die Erwärmungspausen zwischen 1940 und 1975 und seit 2000 noch besser erklären könnten.
Als ich die Vorberichte über den neuen IPCC Bericht las, wurde ich von Furcht ergriffen. Wenn man versucht, mir Angst zu machen, reagiere ich abwehrend und skeptisch. Ich musste mich vergewissern, dass wirklich Anlass zur Sorge besteht. Ich hätte mir gewünscht, es wäre nicht so.
Den Film von Al Gore fand ich grässlich. Ich bin für Propaganda dieser Art nicht empfänglich. Ich möchte wenigsten grob verstehen, worum es geht und worin die Evidenz besteht. In den 1980er Jahren musste man Angst haben vor einem thermonuklearen Weltkrieg. Mit dieser Angst musste man umgehen lernen. Bei einigen Leuten führte sie zu Hass auf die Gegenseite. Das sollte man vermeiden. Auch mit der Angst vor der Erderwärmung muss man sorgfältig umgehen. Man kann die Europäer nicht dazu bringen, ihre Autos zu hassen. Wenn die Angst vor der Erderwärmung steigt, besteht die Gefahr, dass sie anfangen die Chinesen mit ihren Kohlekraftwerken zu hassen.
Ich empfehle Ihnen, auf dem ETH Klimablog einen Kasten mit „Oft gestellten Fragen“ einzurichten, in dem auf die am häufigsten gestellten Skeptikerfragen eingegangen wird, am besten mit Links zu weiterführender Literatur. Das erspart Ihnen, von der Arbeit abgehalten zu werden, und dem Zweifler erspart es die Lektüre von wissenschaftlicher Schundliteratur.
Ich möchte mich bedanken für die freundlichen und geduldigen Antworten auf meine skeptischen Einwürfe. Damit verabschiede ich mich von diesem Blog.
Lieber Herr Suter,
Ja, im wesentlichen stellen sie die Erderwärmung durch antsteigende Mengen von Treibhausgasen in den letzten 100 Jahren richtig dar. Dies zu ihrer Frage: „Können Sie mir sagen, ob diese Vorstellungen in etwa zutreffen?“
Hier noch ein paar Überlegungen von mir zur Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse der IPCC-Klimatalogie. Ich unterscheide zwischen Klimatheorie und Klimamodellen. Die Theorie erwartet bei steigenden Treibhausgasmengen ein Strahlungsungleichgewicht: Die Erde empfängt mehr Strahlung von der Sonne als sie selbst wieder abstrahlt. Dieser Überschuss an eingestrahlter Energie erwärmt Erdoberfläche, Atmosphäre und Ozeane solange bis ihre Temperatur ausreicht um gleichviel Wärme abzustrahlen wie sie empfängt. Dies ist der theoretische Rahmen auf dem die Klimamodelle aufsetzen. Die Klimamodelle, die man auch als Erdsystemsimulationen bezeichnen kann, berücksichtigen dann die komplizierten Wechselwirkungen im Erdsystem. Zum Beispiel, dass bei steigender Temperatur auch die Luft mehr Feuchtigkeit aufnimmt womit sich der Treibhauseffekt verstärkt. Bei detaillierten Modellen werden Wind- und Ozeanströmungen mitberücksichtigt sowie die Gletscher- und Eisdeckenschmelze in der Artkis und Antarktis. Diese Klimamodelle sind weit weniger vertrauenswürdig als die Theorie aus denen sie hervorgehen. In den bisherigen Klimaberichten wurden als Hauptresultate der Klimamodelle schnell steigende Oberflächentemperaturen bei steigenden Treibhausgasen vorausgesagt. Doch aus der Theorie folgt lediglich, dass ein Einstrahlungsüberschuss die Wärmemenge im Erdsystem erhöht. Ein schneller Anstieg der Oberflächentemperatur ergibt sich aus der Theorie nur dann, wenn ein wichtiger Teil der zusätzlichen Wärme auf der Oberfläche bleibt, nicht aber, wenn die Wärme schnell in die Ozeane abfliesst. Kaum ein Klimamodell hat den jetztigen Stillstand im Anstieg der Luft- und Landtemperauren vorausgesagt. Die Modelle sind also nicht perfekt.
Lieber Herr Holzherr
Die PAGES Berichte haben mich überzeugt. Sie sind hochinteressant und ich sehe keinen Grund, an ihrer Seriosität zu zweifeln (im Gegensatz zu den Berichten des NIPCC). Das Klima ist ein extrem komplexes Forschungsgebiet, es braucht ein Studium, um das zu verstehen. Aber irgendeine Vorstellung davon muss man sich ja machen. Hier mein laienhaftes Verständnis der Erderwärmung.
Die Treibhauswirkung des CO2 variiert je nach der Mischung mit Wasserdampf. Die Vorgänge in der Atmosphäre sind so komplex, dass man sie im Labor nicht replizieren kann. Deshalb müssen Experten die genaue Erwärmungswirkung des CO2 nach wie vor schätzen.
Die Experten können den anthropogenen Anteil an der Erderwärmung der letzten 60 Jahre noch nicht quantifizieren, sie schätzen aber, dass er auf jeden Fall über 50% beträgt. Ein Teil der Erwärmung in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts könnte eine natürliche Gegenbewegung zur Kleinen Eiszeit sein. Für die Erderwärmung seit 1975 sind aber natürliche Ursachen höchst unwahrscheinlich. Seit 1975 sind die globalen Temperaturen in einen Bereich angestiegen, der deutlich über dem Bereich liegt, den man für das Mittelalter rekonstruieren kann.
Von 1950 bis 1975 erwärmten sich die Meere durch die anthropogenen Treibhausgasemissionen, doch Aerosole und andere Faktoren verhinderten eine Zunahme der Oberflächentemperaturen. Ab 1975 kam es zu einem plötzlichen steilen Anstieg der Oberflächentemperaturen. Um 2000 hörte dieser Anstieg ebenso plötzlich wieder auf. Die Erderwärmung ging aber weiter, die meiste Wärme floss wieder in die Meere. Die Experten können nicht sagen, wann der Anstieg der Oberflächentemperaturen weitergeht, nur, dass er weitergehen wird. Das geschieht vielleicht wieder ruckartig.
Können Sie mir sagen, ob diese Vorstellungen in etwa zutreffen?
@Hozherr 1.10.
Ich habe die PAGES Website gefunden. Danke für den Hinweis. Ich werde mir bei Gelegenheit Zeit dafür nehmen. Aber jetzt möchte ich kurz etwas zur Geschichte des IPCC sagen.
Die Figur 7.1c im FAR 1990 zeigt die mittelalterliche Warmperiode und die Kleine Eiszeit. Im TAR 2001 hat man sich davon distanziert und bringt nun in Figur 2.20 eine Rekonstruktion, in der diese Perioden nicht vorkommen, sondern die Temperaturgeschichte der vorindustriellen Zeit mit einer roten gestrichelten Geraden, die abwärts zeigt, zusammengefasst wird. Man fragt sich: Was ist die Theorie dahinter? Geht es schon auf die nächste Eiszeit zu? Die Absicht ist klar: Der Temperaturanstieg im 20. Jahrhundert soll möglichst abrupt und steil erscheinen. In der folgenden Diskussion werden die mittelalterliche Warmperiode und die Kleine Eiszeit als „conventional terms“ bezeichnet und ihr Urheber, der hochverdiente Klimatologe Hubert Lamb wird nicht zitiert. Dafür wird ein Mann namens Mann etwa zehn Mal zitiert. Offensichtlich hatte zu diesem Zeitpunkt eine neue Generation, die ältere Arbeiten ignorierte, das Ruder übernommen.
Im AR4 2007 sind in Figur 6.10 die mittelalterliche Warmperiode und die Kleine Eiszeit wieder zu erkennen und in Box 6.4 wird anerkannt, dass es eine mittelalterliche Warmperiode gab. Aber statt den Irrtum in TAR 2001 zuzugeben und sich für die irreführende Grafik 2.20 zu entschuldigen, verteidigte man die Arbeit des Kollegen Mann. Der Schaden, der dabei angerichtet wurde, kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Die Grafik 2.20 wurde von Alarmisten wie Al Gore dazu verwendet, um die Öffentlichkeit in Angst und Schrecken zu versetzen. Darauf gingen in den USA Republikaner auf Gegenkurs zum Demokraten Gore. Der Klimawandel wurde politisiert und der IPCC hatte einer der Parteien Munition für den Streit geliefert.
Der liebe Gott hat festgestellt, dass seit einiger Zeit nicht nur Gebete für ein Anhalten der Erderwärmung kommen, sondern auch gegenläufige Gebete, die mit seltener Inbrunst vorgetragen werden. Als Urheber der Gebete, die um einen sofortigen drastischen Temperaturanstieg bitten, hat er eine Gruppe von Klimaforschern identifiziert, deren Reputation in Gefahr ist. Diese Forscher beten erst wieder seit kurzem, für den Nobelpreis 2007 haben sie sich nicht bedankt, weil sie dachten, der sei ihren Leistungen zu verdanken. Damals wurden sie in den Medien in den höchsten Tönen gelobt, jetzt zeigen die Medien nur noch geringes Interesse an ihren Arbeiten. Wenn die gegenwärtige Stagnation der Erderwärmung weiter anhält, befürchten diese Klimaforscher, dass sie in ein paar Jahren in den Medien als Scharlatane bezeichnet werden. Der liebe Gott ärgert sich über diese Gebete und hat beschlossen, die globalen Temperaturen erst in zwanzig Jahren wieder ansteigen zu lassen. Denn mit dem Temperaturanstieg hat es schon seine Richtigkeit in der gegenwärtigen Warmperiode.
Ich hatte auch einen trockenen soziologischen Kommentar zu forschungsleitenden Interessen schreiben können, dachte aber, so sei es unterhaltsamer.
@Kommentar von Edgar Suter. 01.10.2013, 13:14
Sehr geehrter Herr Suter,
sie schreiben: „Ich kenne die PAGES 2K Studie nicht.“
und später schreiben sie: „Dass man es unter diesen Umständen in über 20 Jahren nicht geschafft hat, die globalen Temperaturen der letzten 2000 Jahre zuverlässig zu rekonstruieren und darüber einen Konsens zu erreichen, ist ein Armutszeugnis für die Gemeinde der Klimaforscher“
Doch die PAGES 2K Studie rekonstruiert genau die Temperaturentwicklung der letzten 2000 Jahre und ist der Konsens, den sie Herr Suter, vermissen. Wohl deshalb vermissen, weil sie ihn nicht kennen.
Dem von Ihnen zitierten NIPCC Bericht, also dem Bericht der Klimaskeptiker-Organisation „Nongovernmental international panel on climate change“ scheinen sie mehr zu trauen.
Ein Dialog ist aber schwierig, wenn man einem bestimmten Meinungslager angehört und die Dokumente und Studien der anderen Seite nicht einmal kennt wie es bei Ihnen der Fall ist: Sie kennen die PAGES 2K-Studie nicht, die unter anderem hier im Klimablog, auf Spiegel Online und in diversen anderen Medien vorgestellt wurde.
@Holzherr 10.1.
Der Satz „Der Klimawandel geht weiter.“ ist immer richtig. Er hat den gleichen Neuigkeitswert wie der Satz „Und morgen gibt es wieder Wetter.“ Der Satz „Die globale Erwärmung geht weiter.“ kann richtig oder falsch sein. Wenn man daran glaubt, dass in den letzten 15 Jahren grosse Wärmemengen in den Weltmeeren versackt sind, dann hält man ihn für richtig. Wenn man das für eine schlecht belegte Ausflucht hält, dann hält man ihn für falsch.
Ich kenne die PAGES 2K Studie nicht. Aber ich habe den NIPCC Bericht 2009 auszugsweise gelesen. Im Kapitel 3 werden alle Studien zu den Temperaturen der mittelalterlichen und der gegenwärtigen Warmperiode analysiert und der Schluss wird gezogen, dass die grosse Mehrheit der Studien höhere Spitzentemperaturen für die mittelalterliche Warmperiode als für die gegenwärtige Warmperiode ermitteln.
Ich habe gelesen, dass allein in Deutschland für die Klimaforschung jährlich 650 Millionen Euro ausgegeben werden. Welches andere Fachgebiet hat solche immensen Finanzmittel zur Verfügung? Dass man es unter diesen Umständen in über 20 Jahren nicht geschafft hat, die globalen Temperaturen der letzten 2000 Jahre zuverlässig zu rekonstruieren und darüber einen Konsens zu erreichen, ist ein Armutszeugnis für die Gemeinde der Klimaforscher.
@Kommentar von Edgar Suter. 30.09.2013, 22:13
Den globalen Temperaturverlauf der letzten 2000 Jahre gibt die PAGES 2K – Studie recht gut wieder. 2K bedeutet gerade 2000 Jahre. Berücksichtigt wurden alle Kontinente ausser Afrika. Das Resultat: In den letzten 2000 Jahren sanken die Temperaturen über die lange Frist bis dann im 19. Jahrhundert eine Trendumkehr stattfand und die Temperaturen global gesehen seither steigen.
Das Wissen von Historikern und Botanikern wird ebenfalls einbezogen. In der Schweiz ist auf diesem Gebiet vor allem Christian Pfister aktiv als Mitglied des Klimageschichtsnetzwerks.
Was sie zur Sprach- und Wortwahl in den IPCC-Berichten erwähnen, zum Beisiel dass jetzt von Klimaänderung und weniger von Klimaerwärmung gesprochen wird, ist aber kein neues Phänomen, sondern geht mindestens auf den AR4, also den Weltklimabericht aus dem Jahr 2007 zurück. Sprachlich gesehen ist „Klimaerwärmung“ ein fragwürdiger Term. Dass jetzt mehr von Klimaänderung gesprochen wird hat aber nichts mit der dahinterliegenden, nicht geänderten Sachlage zu tun. Es ging und geht weiterhin um eine Zunahme des Wärmeinhalts der Erdoberfläche und des Weltozeans. Diese Wärmeenergie-Akkumulation führt – unter anderem – zur Zunahme der Oberflächentemperatur. Sätze wie “Der Klimawandel geht weiter” sind Sätze wie man sie in der Alltagssprache verwendet und die ihre Bedeutung über die dahinterliegenden Konzepte erhalten. Solch kurzen Sätze sind immer nur Globalaussagen. Allzuviel darf man in solche Aussagen nicht hineininterpretieren. Gerade als Sprachwissenschaftler sollte ihnen dieses Phänomen und Problem vertraut sein. Wenn sie daraus einei triviale Aussage machen in der Art „Das Klima ändert sich, weil es sich immer geändert hat“, so benutzen sie eine bekannte Technik vieler Klimaskeptiker.
@Holzherr 30.9.
Das Klima ist in der Tat ein äusserst komplexes Forschungsobjekt. Ich habe versucht, den Treibhauseffekt des CO2 besser zu verstehen, bin aber nur so weit gekommen, dass ich denke, verstanden zu haben, dass das CO2 erst zusammen mit dem Wasserdampf seine volle Treibhauswirkung entfaltet. Dann führen die Links zu Fachartikeln hinter einer Paywall und da hört es für mich auf.
Gerade weil die Zeitreihen für viele Beobachtungsarten so kurz sind, wäre es doch von grossem Nutzen, wenn man wenigstens den groben Temperaturverlauf der letzten 2000 Jahre kennen würde. Die Baumringdebatten haben offensichtlich zu keinem allgemein anerkannten Ergebnis geführt. Warum also nicht mit Historikern und Botanikern zusammenarbeiten und versuchen, die Temperaturen der römischen und mittelalterlichen Warmzeiten zu rekonstruieren? Wenn man dasselbe für China täte und die rekonstruierten Temperaturverläufe übereinstimmen, hätte man mit einiger Wahrscheinlichkeit den globalen Temperaturverlauf gefunden.
Ich will mich nicht zum Schiedsrichter über den wissenschaftlichen Gehalt der IPCC Berichte aufspielen. Aber ich erlaube mir, die paradoxe Kommunikation des IPCC zu kritisieren. Ich bin Sprachwissenschaftler und achte genau auf die Wortwahl. Die IPCC Leute sprechen jetzt nicht mehr von „globaler Erwärmung“, sondern von „Klimaänderung“ oder „Klimawandel“. Das Wort „Vorhersage“ wurde durch „Projektion“ ersetzt. Man ist also vorsichtiger geworden, kommuniziert aber offiziell das Gegenteil, nämlich dass man grössere Gewissheit habe. Das ist wie wenn einer sagt: „Ich finde das toll!“ und dabei die Nase rümpft.
Die meisten Journalisten haben in den Berichten über das IPCC Summary am Wochenende unkritisch das neue Vokabular verwendet. Dabei haben sie sinnleere Sätze von sich geben wie: „Der Klimawandel geht weiter.“ Hat denn je irgendein Mensch gedacht, das Klima könne stillstehen und sich nicht mehr ändern? Ich kann dazu nur sagen: „Und morgen gibt es…
@Kommentar von Edgar Suter. 29.09.2013, 20:02
Sehr geehrter Herr Suter,
Die Klimaentwicklung zu verstehen ist eine ungeheuer schwierige Aufgabe. In den letzten Jahrzehnten wurde nicht nur immer detailliertere Computermodelle entwickelt, sondern auch das theoretische Verständnis verbessert und immer mehr und präzisere Messungen durchgeführt. Viele Messreihen sind, in klimatologischen Zeiträumen betrachtet, noch jung. Zuverlässige Satellitenaltimetrie (Meeresspiegelbestimmung per Satellit) gibt es erst seit 1992, die Ozeantemperatur bis 2000 m Tiefe wird erst seit 2007 zuverlässig und über grosse Gebiete bestimmt und präzise Eismassenbilanzmessungen der Arktis und Antarktis gibt es ebenfalls noch nicht sehr lange.
Neue, auch unkonventionelle Ideen sind wichtig und können weiterhelfen. Wirkliche Fortschritte werden aber wohl nur durch eine Kombination von realistischeren Modellen, besseren und aufwendigeren Theorien und Messungen von kritischen klimarelevanten Grössen erzielt. Die Arbeiten der Forscher, die etwas zum Fortschritt beitragen können werden alle vom IPCC berücksichtigt, den dessen Berichte sichten alle Forschungsarbeiten zum Gebiet. Wegen der Komplexitität wird es auch nicht so sein, dass ein paar Forscher mit ihren Theorien recht haben und alle anderen falsch liegen.
Nun zu den bisherigen Erkenntnissen und den Konsequenzen: Dass die steigenden Treibhausgasmengen in der Atmosphäre einen wärmenden Einfluss haben kann als sicher gelten. Wie stark und in welchen Zeiträumen sich die Erde um wieviel erwärmt ist dagegen viel schwieriger zu bestimmen, denn die Prozesse, die das Klima bestimmen, wechselwirken miteinander auf komplexe Weise . Als sicher kann auch gelten, dass die Erwärmung durch Treibhausgase zunimmt solange diese zunehmen. Ein Zuwarten bis (Zitat) „man hieb- und stichfest nachweisen kann, wie gross der menschengemachte Einfluss auf den Klimawandel ist“ wäre wohl ein zu langes Warten.
@Holzherr
Vielen Dank für die Aufklärung. Ich sehe, dass Sie sich ernsthaft mit den Dingen befassen und will das auch Herrn Knutti nicht absprechen. Fachlich habe ich nichts zu entgegnen, ich will mir nur eine Meinung bilden, ob wirklich ein Anlass dazu da ist, sich um die Zukunft Sorgen zu machen.
Ich denke, der ganze IPCC Prozess ist ein Unglück für die Klimaforschung. Fortschritt in der Forschung beruht auf Widerspruch, Kritik und der Überwindung althergebrachter Theorien. Ein Konsens hat da nichts zu suchen und der Zwang, sich zu einem Konsens zu finden, würgt ohne Zweifel viele gute Ideen ab. Lächerlich finde ich die Behauptung, die man auf Wikipedia findet, dass 97% der Klimaforscher mit den IPCC Berichten einverstanden sind. Das tut überhaupt nichts zur Sache. Entscheidend ist nur, ob die 97% oder die restlichen 3% recht haben.
Wenn man die Websites der Klimaskeptiker anschaut, stellt man fest, dass da viele emeritierte Professoren auftreten und zum Teil sogar schon verstorbene Forscher noch aufgeführt werden. Offensichtlich hat in dem Fach eine Revolution stattgefunden, in der die jungen Klimamodellierer die älteren Forscher an die Wand gedrängt haben. Die Forschungsgelder flossen in die Modelle und das Personal, das sie bediente. Daneben scheint die Theoriebildung vernachlässigt worden zu sein. Jetzt, wo Zweifel daran auftauchen, ob man mit der Modellierung die wichtigsten Fragen wirklich beantworten kann, wäre es den jungen Forschenden anzuraten, auch die Schriften der alten Garde anzusehen. Aus irgendeinem Grund sind die ja so verbittert. Vielleicht haben die in ihren langen Karrieren Ideen entwickelt, die es sich aufzugreifen lohnt.
Die „IPCC-Klimatologie“ hat durch ihre potenziellen gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen eine Sonderstellung. Ihre Fakten münden in Szenarien, die die Zukunft des Planeten Erde und damit auch ihrer Bewohner, beschreiben. Dabei erleben wir das Paradox, dass die von der IPCC erstellten Klimamodelle auf weit weniger gesichertem Boden stehen als die den vielen Physiker-Klimatologen vertrauten physikalischen Theorien. Gleichzeitig haben diese Klimamodelle grosse Konsequenzen. Das liegt in der Natur der Sache: Das Erdsystem ist zwar physikalischen Untersuchungen zugänglich aber höchst komplex. Zugleich ist es eben mehr als nur ein physikalisches System – allein schon dadurch, dass wir darauf leben.
Hier nun ein paar ungesicherte „Fakten“ der „IPCC-Klimatologie“:
1) Wieviel mehr Wärme empfängt die Erde von der Sonne als sie abstrahlt? Zuverlässige Messungen gibt es (noch) nicht?
2) Welche Wärmeströme zwischen Atmosphäre, Ozean und Land gibt es, wie verändern sie sich und welche Zusammenhänge bestehen?
3) Wie verändert sich das Klimasystem gerade in Bezug auf den Wärmehaushalt, wenn die Erde wärmer oder kälter wird?
Besonders aufgefallen sind mir diese Unsicherheiten im Zusammenhang mit der heute dominierenden Erklärung für den momentanen Erwärmungs-Hiatus: Dass sich nämlich der Strahlungsantrieb durch die Treibhausgase gar nicht geändert habe, sondern lediglich mehr Wärme in die Ozeane transferiert werde. Eine Konsequenz dieser Annahme ist aber, dass die für den letzten Klimabericht so wichtigen Korrelationen der Oberflächentemperatur mit den CO2-Emissionen fragwürdig werden. Denn wenn Wärme schnell in den Ozean verschwindet, könnte die Erwärmung langsam vor sich gehen.
Am gesichertsten an der IPCC-Klimatologie ist die Tatsache, dass CO2 ein Treibhausgas ist, dass es in Luft und Wasser zunimmt und dass dies das Erdsystem erwärmt.
Wie schädlich sich das auswirkt bleibt aber ungewiss. Müssen wir heute auf Kohle verzichten oder erst morgen?
War es richtig, Alarm zu schlagen, bevor man hieb- und stichfest nachweisen konnte, wie gross der menschengemachte Einfluss auf den Klimawandel der letzten 100 Jahre war? In der Waldsterbendebatte in den 1980er Jahren wurden auch apokalyptische Voraussagen gemacht. Die meisten Leute, wie auch ich, sagten sich gegen Ende der 80er Jahre: Wenn die Schweiz bis Ende Jahrhundert wirklich völlig entwaldet sein wird, dann müsste man jetzt doch langsam grössere Verlichtungen und erodierte Hänge sehen. Es war aber nichts zu sehen. Darauf verloren die meisten Leute das Interesse an diesem Thema. Wenn die Temperaturen im Verlauf des 21. Jahrhunderts in bedrohlichen Ausmass ansteigen, dann müsste doch jetzt im 13. Jahr dieses Jahrhunderts bereits eine gewisse Zunahme der globalen Temperaturen zu verzeichnen sein. Scheint aber nicht der Fall zu sein.
Dialog ist Gold und Fakten können einen starken Handlungsantrieb geben. Es wäre meiner Ansicht nach aber falsch und verfrüht zu sagen, die Fakten betreffend bevorstehendem Klimawandel seien bekannt, jetzt gehe es nur noch um Mitigation und Adaption an den Klimawandel.
Den größten Wandel in der Einschätzung des Klimawandels sehe ich in den Zeiträumen in der er sich abspielen wird. Bis vor Kurzem dominierte das Bild, dass der Klimawandel das Thema des 21. Jahrhunderts sei und wir mit unserem Verhalten bestimmen ob es in diesem Jahrhundert starke oder nur mittel starke Klimaveränderungen gebe. Jetzt aber verdichten sich die Hinweise, dass sich der Meeresspiegelanstieg über mehrere Jahrhunderte hinziehen wird und dass wir in eine neue Ära eintreten könnten, die mehrere hundert Jahre dauern könnte. Im New Scientist-Artikel
World won’t cool without geoengineering, warns report liest man dazu:
„According to one of its lead authors, and the latest draft seen by New Scientist, the [IPPC]-report will say: „CO2-induced warming is projected to remain approximately constant for many centuries following a complete cessation of emission. A large fraction of climate change is thus irreversible on a human timescale, except if net anthropogenic CO2 emissions were strongly negative over a sustained period.“
Herr Holzherr: „Der Hiatus könnte allerdings dem Hiatus entsprechen, den wir schon zwischen den 1945 und 1975 erlebt haben.“
Kennen wir die Ursache/der Verursacher dieses Hiatus?
„Falls Wärme sehr schnell in den Ozean transferiert wird, könnte die Erwärmung der Erdoberfläche […] insgesamt langsamer ablaufen …“
Welche physikalischen Mechanismen, welche Forcings könnten das erklären? Diese Wärme müsste dann wohl aus der Luft in die Tiefen der Ozean abtauchen (Konvektion, Strahlung?), ohne dabei die oberen Schichten der Ozeane zu beeinflussen?
War das auch schon beim früheren Hiatus oder überhaupt in der Klimageschichte schon der Fall? Und welche Rolle spielt anthropogenes CO2 in diesen Abläufen?
Seit 3 Jahrzehnten wird intensiv Klimaforschung betrieben und wir wissen nichts über den Einfluss der Ozeane auf das Klima? Aber die Ozeane bedecken ja auch nur vernachlässigbare 70% der Erdoberfläche …
The Science is settled … Apocalypse now!
‚“Climate policy needs the element of fear,“ Ott openly admits. „Otherwise, no politician would take on this topic.“ (Spiegel Online)‘ QED!
PS: Ich bin stolz darauf, Skeptiker zu sein, nicht nur in Bezug auf die Klimawissenschaft. Ich mache damit meinem ETH-Diplom Ehre.
@Kommentar von Ben Palmer. 23.09.2013, 20:14
@Kommentar von Ben Palmer. 23.09.2013, 20:41
Sehr geehrter Herr Palmer,
Sie schreiben: „In unserer Vorgeschichte war das statistische Mean auch schon einmal wesentlich höher. Wenn sich das Klima daran hält, ist die nächste Eiszeit unausweichlich. „
Die nächste Eiszeit wird kommen – allerdings erst in etwa 20’000 Jahren, weil die gegenwärtige Kombination von Erdbahn und Erdachsenneigung ungefähr derjenigen vor 430’000 Jahren entspricht, als die Zwischeneizseit 30’000 Jahre lang dauerte. Die ersten 10’000 Jahre dieser 30’000 Jahre haben wir nun hinter uns, siehe dazu hier.
Nic Lewis zu den Klimaskeptikern zu zählen finde ich auch etwas vorschnell, da stimme ich ihnen zu.
Jeder ernsthafte Klimawissenschaftler wird sowieso (Zitat)„in der Lage [sein], neueste Erkenntnisse und Kritik an bisherigen Annahmen in ihre Forschung einzuarbeiten“.
Wobei die beste Kritik natürlich die Kritik durch Klimabeobachtungen ist. Die Klimamodelle haben den momentanen Hiatus in der Temperatursteigerung in der Tat nicht vorausgesagt. Der Hiatus könnte allerdings dem Hiatus entsprechen, den wir schon zwischen den 1945 und 1975 erlebt haben. Ob dieser Hiatus auf einen momentan geringeren Strahlungsantrieb oder aber auf die Verlagerung von Wärme in den Ozean zurückzuführen ist, ist wohl nicht mit Sicherheit zu sagen, obwohl es einige Hinweise auf mehr Wärmeakkumulation in den Ozeanen gibt. Falls Wärme sehr schnell in den Ozean transferiert wird, könnte die Erwärmung der Erdoberfläche (Meer+Land) insgesamt langsamer ablaufen – auch eine spätere Abkühlung nach Erreichung des Gleichgewichts würde dann wohl langsamer vor sich gehen.
Nicht Diskussion sondern bessere Messmethoden können hier wohl Klarheit schaffen.
@Holzherr: „Ich bleibe dabei, dass viele Klimaskeptiker, womit ich jene bezeichne, die einen menschlichen Einfluss auf das Klima ausschliessen …“
Argumentum ad hominem! Haben Sie keine besseren Argumente?
Mir sind keine seriösen Klimaskeptiker bekannt, die den menschlichen Einfluss auf das Klima ausschliessen; und CO2 ist nur ein Aspekt davon. Aber ich habe von einer Vereinigung von Klimawissenschaftlern gehört, die ihre Schätzungen der CO2-Sensitivität nach unten korrigieren, die ihre Modelle einer Revision unterziehen müssen.
Das freut mich insofern, als es zeigt, dass es auch Klimawissenschaftler gibt, die weiterhin ernsthafte Klimaforschung betreiben und in der Lage sind, neueste Erkenntnisse und Kritik an bisherigen Annahmen in ihre Forschung einzuarbeiten. Daran zeigt sich auch, dass konstruktive Skepsis nach wie vor eine wichtige Funktion in der Wissenschaft hat.
Martin Holzherr. 23.09.2013, 9:57
Sie beantworten meine Frage nach der Ursache für die Zunahme der Meereseisbedeckung mit einer Statistikerweisheit. Wollen Sie damit sagen, dass Statistik das Klima bestimmt?
In unserer Vorgeschichte war das statistische Mean auch schon einmal wesentlich höher. Wenn sich das Klima daran hält, ist die nächste Eiszeit unausweichlich.
Am Beispiel von Nic Lewis zeigen Sie, wie unsinnig und naiv diese Klassifizierung in Skeptiker und Denier ist … einer seriösen Wissenschaft absolut unwürdig. Bleiben Sie sachlich, die Wissenschaft ist schon kompliziert genug.
@Kommentar von Ben Palmer. 22.09.2013, 23:34
Herr Palmer,
folgender Satz von Ihnen ist vollkommen falsch:
„Warum hat die Meereseisbedeckung in den letzten Jahrzehnten abgenommen und nimmt jetzt wieder rasant zu, obwohl die Temperatur auf höchstem Niveau stagniert?“
Die arktische Meereseisbedeckung nimmt seit den späten 1970er Jahren stetig ab, wobei sie nach jedem Rekordminimum – wie 2012 – wieder zur Trendlinie zurückkehrt. Dieses statistische Phänomen – Regression toward the mean ist so universell, dass sie es sowohl im Fussball als auch im Wettergeschehen finden, so universell, dass jedes statistische Lehrbuch und jede populäre Darstellung der Statistik wie Kahnemanns „Schnelles Denken Langsames Denken“ darauf eingeht.
Ich bleibe dabei, dass viele Klimaskeptiker, womit ich jene bezeichne, die einen menschlichen Einfluss auf das Klima ausschliessen, vor keinem noch so billigen Rosstäuschertrick zurückschrecken um ihr Publikum zu beeinflussen.
Sie schreiben weiter:
„Wo wird denn seriösen Skeptikern und nicht-institutionalisierten Forschern das Wort erteilt?“
Ein gutes Beispiel für einen privat operierenden Skeptiker, der von einem Teil der Klimawissenschaflter ernst genommen wird ist Nicholas Lewis,
Nic Lewis geht von einer sehr tiefen Klimasenistivität aus, befindet sich sogar auf der climate denier list und war trotzdem Koautor einer Arbeit, an der auch Reto Knutti und andere „Mainstream“-Klimatologen beteiligt waren, nämlich an Energy budget constraints on climate response.
@Holzherr: „Dabei zeigt der Verlauf der Sommermeereisbedeckung, dass 2013 dem Jahr 2009 entspricht und die minimale Meereisbedeckung seit dem Jahr 1980 von 7.2 auf 5.3 Millionen Quadratkilometer abgenommen hat.“
Wie gross muss nach Ihrer Einschätzung denn die Meereseisbedeckung sein, damit man sie als „normal“ bezeichnen kann? Was ist logischer, dass die Eisdecke nach dem Abklingen der letzten Eiszeit zunimmt oder dass sie abnimmt?
Warum hat die Meereseisbedeckung in den letzten Jahrzehnten abgenommen und nimmt jetzt wieder rasant zu, obwohl die Temperatur auf höchstem Niveau stagniert?
Fragen, skeptische Fragen; ich erwarte gerne Ihre Antwort.
Teil 2:
In Australien hat die neue Regierung als erste Handlung die Klimakommission aufgelöst und den Chef-Klimatiker Tim Flannery auf die Strasse gestellt. Zu lange hat eben dieser Tim Flannery gegen gutes Geld und ohne gutes Wissen versucht, Meinungen zu beeinflussen; ganz zu seinem finanziellen Vorteil.
Auch der Klimaberater der deutschen Bundeskanzlerin, Schnellnhuber, scheint vorwiegend „auf Meinung“ zu machen und hat Mühe mit den Fakten.
Wo wird denn seriösen Skeptikern und nicht-institutionalisierten Forschern das Wort erteilt? Wo werden ihre berechtigten Fragen und Erkenntnisse zur Sprache gebracht und offen und ehrlich diskutiert? Warum wird jede Kritik an Assessment Reports und den ihnen zugrunde liegenden Arbeiten abgewiesen und totgeschwiegen?
Herr Holzherr, die Macht über die Klimapolitik liegt in den Händen des IPCC und der assoziierten Wissenschaftler. Wer Macht ausüben will, lässt sich nicht dreinreden. Eine politische Macht hat die Wissenschaft zu ihrem Instrument gemacht. Und manche Wissenschaftler verdienen nur solange gut, wie sie in der Gunst des IPCC und der partizipierenden Regierungen bleiben.
@Martin Holzherr. 20.09.2013, 15:56
teil 1: Herr Holzherr, vielleicht sollten Sie erst einmal definieren, was Sie unter „Klimaskeptiker“ verstehen. Skepsis am Klima; an der Klimaerwärmung; an der grundsätzlichen Feststellung, dass CO2 zur Erwärmung beitragen kann?
Oder Skepsis an gewissen statistischen Temperaturrekonstruktionen; an der monokausalen, linearen Beziehung zwischen Temperatur und Baumringdicke; am baldigen Verschwinden der Eisbären oder der Himalaja-Gletscher; am Vertrauen in Klimamodelle; am linearen(?) Zusammenhang zwischen extremen Wetterereignissen und der Klimaerwärmung (die seit 16 Jahren still steht); an der Behauptung, dass die „Wärme“ unbemerkt tiefliegende Ozeanschichten infiltriert hat und bald wieder auftauchen wird.
Im Gegensatz zu den institutionalisierten und gut bezahlten Klimaforschern verfassen „Klimaskeptiker“ keine Summaries for Policy Makers, noch nicht einmal Assessment Reports. Sie stellen Fragen, stellen in Frage, zeigen Diskrepanzen zwischen Beobachtung und Wissenschaft auf.
„Viele Klimaskeptiker sind sich um keinen Rosstäuschertrick zu schade. Sie wollen gar nicht ernsthaft, offen und ehrlich kommunizieren. Eine offene Diskussion kann aber nur mit Leuten geführt werden, die sich um die Sache bemühen und nicht mit Leuten, die lediglich Meinungen beeinflussen wollen.“
Peter Bühler. 20.09.2013, 16:45 hat zum Thema „Meinungen“ bereits gezeigt, woher der Wind weht; er bläst Ihnen direkt ins Gesicht. Und ich empfehle Ihnen, sich nochmals die Enthüllungen aus Climategate anzusehen oder das Buch von Donna LaFramboise „Into the Dustbin“ zu lesen (http://nofrakkingconsensus.com/my-book/
Politisierte Wissenschaft und „Rosstäuschertricks“ …
@Kommentar von Ben Palmer. 19.09.2013, 23:19
Sehr geehrter Herr Palmer,
(Zitat)„Die offene, ehrliche, unabhängige Kommunikation, die Sie herbeiwünschen,“ Herr Palmer, findet auf der Gegenseite – bei den Kliamskeptikern – sicher nicht statt. Dazu werden zuviele Tricks aufgefahren und Täuschungen aufgetischt. Ein gutes Beispiel für ein solches Täuschungsmanöver stammt von David Rose, der in ihrem Kommentar von Judith Curry lobend erwähnt wird. In der Daily Mail weckt er mit dem Titel And now it’s global COOLING! Record return of Arctic ice cap as it grows by 60% in a year“
die Vermutung, die grössere Eisbedeckung in der Sommer-Arktis des Jahrs 2013 gegenüber dem Jahr 2012 deute auf eine globale Abkühlung hin (Zitat)„Some eminent scientists now believe the world is heading for a period of cooling that will not end until the middle of this century“
Dabei zeigt der Verlauf der Sommermeereisbedeckung, dass 2013 dem Jahr 2009 entspricht und die minimale Meereisbedeckung seit dem Jahr 1980 von 7.2 auf 5.3 Millionen Quadratkilometer abgenommen hat.
Fazit:Viele Klimaskeptiker sind sich um keinen Rosstäuschertrick zu schade. Sie wollen gar nicht ernsthaft, offen und ehrlich kommunizieren. Eine offene Diskussion kann aber nur mit Leuten geführt werden, die sich um die Sache bemühen und nicht mit Leuten, die lediglich Meinungen beeinflussen wollen.
Judith Curry: http://judithcurry.com/2013/09/19/peer-review-the-skeptic-filter/
„As the IPCC struggles with its inconvenient truth – the pause and the growing discrepancy between models and observations – the obvious question is: why is the IPCC just starting to grapple with this issue now, essentially two minutes before midnite of the release of the AR5?
Well I suspect that the short answer is that they didn’t think it was important and/or they thought they could get away with ignoring it; after all they are the experts and in charge of the ‘consensus.’ It seems that reviewers and policy makers have been clamoring for the IPCC to address this issue; I suspect that David Rose’s MSM assault on this issue, largely fueled by blogospheric analysis, has played a significant role here.“
Jahrzehntelang hat das IPCC die Welt glauben gemacht, dass es keine Unsicherheiten gibt und keine Zweifel geben kann. The science is settled. Abgesehen von der dahinter stehenden Arroganz, viele Politiker haben das Amen im Chor ausgerufen und sich gleich daran gemacht, die Gesellschaft umzubauen und Milliarden in den Umbruch zu stecken.
Die offene, ehrliche, unabhängige Kommunikation, die Sie herbeiwünschen, Prof. Knutti, sie findet inzwischen, dank moderner Kommunikationsmittel, statt. Nur das IPCC und einige seiner wissenschaftlichen Berater haben diesen Aufbruch verpasst.
Sie schreiben: „Konstanter Dialog und Auseinandersetzung sind dafür zwingend.“ Aber eben nicht nur unter Peers, sondern in aller Offenheit und Öffentlichkeit. Nur wenn die Wissenschaft diese Herausforderung annimmt, kann sie glaubwürdig sein.
Teil 2:
„Konstanter Dialog und Auseinandersetzung sind dafür zwingend. Der ehrliche und zielführende Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft ist wahrscheinlich die grössere Herausforderung als die Entwicklung des nächsten Klimamodells – eine Herausforderung, der die Hochschulen zu wenig Aufmerksamkeit schenken.“
Wie recht Sie haben! Nehmen Sie die Herausforderung an, es gibt noch viel zu tun!
Teil 1:
Herr Prof. Knutti, Ihre Schlüsselfrage ist offensichtlich: „wie soll und kann die Wissenschaft ihre Resultate in den Dialog mit der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik einbringen?“
Und sie kommen zum Schluss, dass Medien und Politiker die Aussagen der Wissenschaft (sie meinen wohl „bestimmter Wissenschaftler“) akzeptieren müssen, mit ihren Unsicherheiten.
In dem von Ihnen zitierten Beispiel wird eine Prognose(!) als unabdingbare Wahrheit dargestellt:
„Vor einigen Wochen zeigten die Berner Klimaforscher Folgendes: wenn zusätzlich zum Zwei-Grad-Temperaturziel der Meeresspiegelanstieg oder die Versauerung der Ozeane beschränkt werden soll, müssten die CO₂-Emissionen noch stärker reduziert werden.“
Und Sie gehen mit den ungläubigen Medien hart ins Gericht: „Aber wehe dem Wissenschaftler, der eine klare Aussage macht und die Konsequenzen seiner Resultate darlegt.“ Ohne die Unsicherheiten
zu erwähnen. Zweifel ist nicht erlaubt.
Es handelt es sich ja nicht um die Resultate der Berner Klimaforscher, die dieser Aussage zugrunde liegen, sondern die Publikationen des IPCC. Von einigen der dem IPCC zuarbeitenden Wissenschaftlern ist bekannt, dass sie Unsicherheiten elegant umschifft haben, indem sie entsprechende Daten weggelassen oder umgedeutet haben (Baumringe als Thermometer, auf den Kopf gestellte Sedimente und Eiskerne, unterschlagene divergierende Baumringe). Von anderen ist bekannt, dass sie keine wissenschaftliche Qualifikation haben oder für grüne Organisationen arbeiten.
Akzeptieren kann man Aussagen nur, wenn man sie hinterfragen darf und wenn sie der sachlichen Kritik standhalten.
Über die vergangenen 16 Jahre hat sich die globale Temperatur nicht signifikant erhöht, obwohl die CO2-Konzentration stetig angestiegen ist. Da darf man wohl Fragen stellen.
Seit Sie Ihren Artikel geschrieben haben, hat ein Meteorit in die Klimapolitik eingeschlagen: Das IPCC hat die angenommene Klimasensitivität für CO2 beträchtlich reduziert,…
Sehr geehrter Herr Prof. Knutti, sie schreiben: „Die Wissenschaft muss versuchen, ihre Unsicherheiten klar aufzuzeigen.“ Sie verwenden hier den Begriff Wissenschaft, als ob es sich dabei um eine Person handle. Wissenschaft ist ein Konzept, ein abstrakter Begriff und es gibt nicht „die Wissenschaft“. Es sind die Menschen, die dahinter stehen, die Akteure, die Wissenschaftler. Aber die „müssen“ nichts versuchen. Sie sind nicht individuell stellvertretend für die ganze Wissenschaft Rechenschaft schuldig. Sie sind in erster Linie ihrer eigenen Ethik und Integrität verpflichtet.
Darüber hinaus müssen Wissenschaftler damit leben, dass sie nicht allwissend sind und sich irren können und dass ihre Arbeit jederzeit kritisch untersucht und zurückgewiesen werden kann. In vielen Fällen werden sie auch nicht in der Lage sein, Unsicherheiten in ihrer eigenen Arbeit zu erkennen, da ihr Ziel ja gerade ist, diese Unsicherheiten zu beseitigen. Eine vorwiegend aus Unsicherheiten bestehende Arbeit wird sicher nicht die Publikationshürde schaffen. Aber ich gebe Ihnen Recht: wenn Unsicherheiten bekannt sind oder bekannt werden, sollen sie auch kommuniziert werden.
„Im Gegenzug müssen Medien und Politik aber auch bereit sein, differenzierte Aussagen zu akzeptieren.“
Ich verstehe nicht, was Sie mit differenziert meinen: aufgegliedert, detailliert? In einer aufgeklärten Gesellschaft hat jeder das Recht auf seine eigene Meinung und auch das Recht, Aussagen zu hinterfragen oder mit Fakten zu widerlegen. Nur der Papst gilt als unfehlbar.
„Die Unsicherheiten dürfen nicht als Argument missbraucht werden, um nichts zu tun.“ Es kann sehr wohl sinnvoll und richtig sein, bei Unsicherheit nichts zu tun, bis die Lage geklärt ist, statt in Hyperaktivität zu verfallen und „einfach etwas“ zu tun.
Sehr geehrter Herr Prof. Knutti,
Sie bedauern, dass die Klimaforschung als «politisiert» bezeichnet wird – und zitieren ein paar Zeilen weiter „Vor einigen Wochen zeigten die Berner Klimaforscher Folgendes: wenn zusätzlich zum Zwei-Grad-Temperaturziel der Meeresspiegelanstieg oder die Versauerung der Ozeane beschränkt werden soll, müssten die CO₂-Emissionen noch stärker reduziert werden.“
Wo bitte, darf ich Sie fragen, wo sind die wissenschaftlichen Ergebnisse, die zu solchen Aussagen Anlass geben? Tatsächlich beruhen sie auf ein paar vermeintlich „unverrückbaren“ Dogmen, für deren Verbreitung die „Berner Kollegen“ sich zwar traditionell stark machen, nicht-falsifizierbare „Beweise“ aber schuldig bleiben.
Ihre Modelle und die Ihrer Kollegen z. B., die von einer relativ hohen Klimasensitivität ausgehen, vermochten die globale Temperaturentwicklung in den vergangenen 15-20 Jahren nicht abzubilden. Sie sagten deutlich zu viel Erwärmung voraus.
Lomborg fragt deshalb zurecht, wie wir nach diesem offenkundigen Versagen den Modell-Voraussagen für die nächsten 30, 50, 80 Jahre vertrauen sollten. Prognosen, die für weitreichende politische Entscheidungen sorgen und – wie das Beispiel Deutschland zeigt – zu völlig unsinnigen Ergebnissen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen.
Ohne Zweifel ist Ihr Fachbereich in einer Art und Weise „politisiert“, der – wissenschaftlich – nicht nur Gutes erwarten lässt – politisch und wirtschaftlich schon gar nicht.
Vielleicht sollten auch deshalb auf diesem wie auf anderen Blogs Beiträge wie der nachstehend Verlinkte debattiert werden …
„Die Unterscheidung von Fakten, Werten und Meinungen ist oft ungenügend“
Da hat der Mann durchaus recht
Bezüglich Politikberatung durch die Klimawissenschaft bildet Storchs und Krauss Buch «Die Klimafalle» das eine Extrem, empfiehlt es doch vor allem regionale Lösungen (Adaption) und den Verzicht auf die globale Einflussnahme (Zitat: „Kein grandioser, globaler Plan kann die Lösung bringen.“
Das andere Extrem ist das Konzept der grossen, globalen Transformation, welches von der WBGU portiert wird und eine radikale Umgestaltung der menschlichen Gesellschaft fordert (Zitat: „Ein zentrales Element in einem solchen Gesellschaftsvertrag ist der „gestaltende Staat“, der für die Transformation aktiv Prioritäten setzt, gleichzeitig erweiterte Partizipationsmöglichkeiten für seine Bürger bietet und der Wirtschaft Handlungsoptionen für Nachhaltigkeit eröffnet“).
Die heutigen politischen Konstellationen lassen solche Ziele anmassend und unrealisitisch erscheinen. Das erkennen sogar die Autoren dieses „Gutachtens“(Zitat): „Die Gesellschaften müssen auf eine neue „Geschäftsgrundlage“ gestellt werden. .. Dies ist historisch einzigartig, denn die „großen Verwandlungen der Welt“ (Jürgen Osterhammel) der Vergangenheit waren Ergebnisse allmählichen evolutionären Wandels.“
Nicht anders, nämlich evolutionär wird auch die Dekarbonisierung ablaufen. Dass die USA, China, Russland und der Rest der Welt sich dagegen alle einem neuen gemeinsamen, partizipativen Gesellschaftsvetrag mit dem Primat der Nachhaltigkeit unterwerfen, ist Spintisiererei. Die Ideen dahinter erinnern an Platons Staat nur mit Wissenschaftlern anstatt Philosophen als Entscheider über den Weltenlauf. Hier wieder ein Zitat: „Der Vertrag muss zwei wichtige neue Akteure in Rechnung stellen: die selbstorganisierte Zivilgesellschaft und die wissenschaftliche Expertengemeinschaft“ .Politiker sollen also durch wissenschaftliche Experten ergänzt oder gar abgelöst…
Was ist die „richtige“ Rolle der Klimaforscher in der Politikberatung? Mir leuchtet die Ansicht von Klaus Hasselmann, vielfach ausgezeichneter, erfahrener Klimaforscher und „Klimakommunikator“ dazu ein, die er als Kritik zu dem Buch „Die Klimafalle“ geäussert hat:
„Im Falle des Klimaproblems sind wir als Klimaforscher aufgefordert, gemeinsam mit Ökonomen, Politikwissenschaftlern und anderen Experten die Konsequenzen der globalen Erwärmung für Politik und Gesellschaft zu analysieren, um dann mögliche Mitigations- und Adaptionsmaßnahmen zu erarbeiten und der Politik zu empfehlen . Wenn wir als sogenannte Experten dies nicht leisten, wer denn sonst? Natürlich muß die Politik und die Gesellschaft letztlich demokratisch entscheiden, was unter Abwägung aller Interessen wirklich durchgeführt wird, aber wir müssen die notwendigen Grundkenntnisse als Vorarbeit bereitstellen“.
Hasselmann verteidigt insbesondere auch die Politik-Beratung der PIK-Forscher, die von Storch besonders kritisiert. Hier Hasselmanns ausführliche Stellungnahme und Kritik. Für von Storch spricht, dass er diese Kritik auf seinem Blog „Klimazwiebel“ publiziert.
Viele Wissenschaftler denken Top-Down und erwarten eine Umsetzung ihrer Erkenntnisse, weil die erkannten Konsequenzen dies erfordern. Doch Politik und Wirtschaft funktionieren nicht Top-Down. Politische und ökonomische Aktivitäten sind das Resultat von sehr vielen Einflüssen, Anreizen und kurzfristigen Zukunftserwartungen. Kurzfristig, weil nicht der Erfolg in 50 sondern der in 4 Jahren zählt, wenn die Wiederwahl ansteht oder die Firma die Kader in ihrer Stellung bestätigt.
Das wäre das erste grosse Problem vor dem die Umsetzung einer langfristigen Klimapolitik steht. Und die beste Lösung für dieses Problem wäre es, einen neuen, stetig wirkenden Anreiz einzuführen Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Das wäre ein Preis für CO2-Emissionen. Doch das will bis jetzt kaum ein Land aus ökonomischen Befürchtungen.
Das zweite Problem ist das Allmendeproblem: Ob ein Land viel oder wenig zur Senkung des Treibhausgasaustosses beiträgt, ändert für dieses Land selbst kaum etwas. Es müsste so etwas wie einen globalen Schiedsrichter geben oder/und eine für alle geltende Verpflichtung. Das haben die Klimaverhandlungen angestrebt. Bis jetzt ohne durchschlagenden Erfolg.
Das dritte Problem ist die Bereitschaft die bestehenden Strukturen an die Bedürfnisse neuer Technologien anzupassen. Ein Beispiel dafür wäre ein europa- oder weltweiter Stromverbund, der nichtfossile Energie überall verfügbar macht egal wo sie produziert wird. Dazu müssten die Autarkiebestrebungen aufgegeben werden. Bis jetzt hat jedes EU-Land seine eigene Energiepolitik.
Das vierte Problem ist die Gefahr von millardenschweren Fehlinvestitionen. Dazu braucht es No-Regrets-Lösungen. In CH wäre das die Dekarbonisierung der Gebäude.
Die Wissenschaft muss auch mehr Lösungswege aufzeigen. Wenn weniger Emissionen weniger Wohlstand bedeuten, sind wenig Länder bereit, ewas zu tun.
Wenn der Weg zur Dekarbonisierung schliesslich klar und gangbar wird, muss man nur noch Altsysteme abschalten. In 20…
Dialog oder Übersichtswissen?
Vor wenigen Jahren hat ein grosses Forscherkonsortium Aspekte der Frage, wie der Klimawandel den Betrieb der Wasserkraftwerke beeinflusse untersucht
(siehe http://issuu.com/swv_wel/docs/wel_4_2011). Klimawissenschaftler haben, ihre Temperaturprognosen mit einer neuen Technik auf Einzugsgebiete von Wasserkraftwerken herunter gebrochen, bei den Niederschlägen taten sie das auch, betonten aber, dass dabei die Fehlergrenzen gross waren. Die Hydrologen zeigten, wie aufgrund dieser veränderten Niederschläge die saisonalen Abflussmengen im 10- oder 20-jährigen Mittel verändern. Die Glaziologen zeigten, dass der Rückzug der Gletscher, in den nächsten 30-50 Jahren zu erhöhten Abflüssen beitragen wird, dann aber, wenn die Gletscher weg sind, zu einem, auch gegenüber heute deutlichen Rückgang. Danach gibt es im Prinzip aber die Möglichkeit, die nach oben gewonnenen, eisfreien Wasserkraftressourcen zu nutzen.
Ich versuchte diese Ergebnisse aus der Sicht der Wasserkraftwerkbesitzer und –betreiber zu werten. Beim Betrieb und Stromhandel hat man grosse Flexibilität und ein schwacher nur über lange Zeit wirksamer Effekt, wie der Klimawandel hat darauf keinen Einfluss. Beim Bau, Umbau und bei der Erneuerung von Kraftwerksanlagen, geht es aber um Investitionen, die für viele Jahrzehnte optiert werden müssen. Soll bei einer Kraftwerkserneuerung eines der Hauptresultate der Studie, das auf der Alpennordseite wahrscheinlich besser saisonal ausgeglichene Zuflussregime, genutzt werden um Geld zu sparen und die Leistung der Anlagen kleiner zu dimensionieren? Das wäre doch eine gute Umsetzung des Klimawissens. Wenn man aber auch weiss, dass das Klima in Zukunft durch längere Dürre- und längere Nassperioden ausgezeichnet sein wird (Phänomene die aus der Studie explizit ausgeklammert waren), dann muss man davon abraten.
Es braucht sowohl Dialog, als auch breite Ausbildung und Allgemeinwissen, um „actionable science“ und „actionable knowledge“ zu…
Politik ist
1) ist die Kunst des Möglichen
2) geht von den souveränen Staaten dieser Erde aus
3) hat in den befriedeten Staaten als Hauptziel die Mehrung und Verteilung des Wohlstands
Daraus folgt für
Punkt 1 (Kunst des Möglichen)
Je einfacher und kostengünstiger sich Treibhausgase vermeiden lassen, desto „Möglicher“ wird die Erreichung von Klimazielen
Punkt 2 (Souveräne Staaten sind Entscheider)
Klimapolitik ist Energiepolitik und diese ist stark von der Ressourcensituation eines souveränen Staates abhängig und ist traditionell auf die Reduktion von Auslandabhängigkeiten ausgerichtet
Punkt 3 (Mehrung des Wohlstands)
Alle Länder, insbesondere aber die Schwellenländer wollen für mehr Menschen mehr Wohlstand und das möglichst schnell. Chinas BIP hat sich von 1990 bis 2010 verzehnfacht, seine Primärenergieproduktion dabei verfünffacht und sein Kohlenverbrauch vervierfacht. Jährlich werden in China 50 GW an Kohlekraft zu den heute 500 GW zugebaut.
Für China sprechen bis jetzt alle 3 oben erwähnten Punkte
1) Mögliches realisieren
2) eigene Ressourcen nutzen und
3) möglichst schneller Zuwachs von Wohlstand und Energie
für Kohle als Energiequelle. Doch China wird, wenn es Alternativen gibt, sicher so schnell von der Kohle weggehen wie sie sie erschlossen hat.
Die Aussichten für das Verlassen von Kohlewasserstoffen als Energiequelle werden immer besser weil die Alternativen besser und kostengünstiger werden und weil das Wachstum – gerade in China – sich etwas abschwächt. Die langsam wachsenden und reichen Industrieländer könnten schon heute weitgehend auf Kohle, Öl und Erdgas verzichten.
Das grösste Hindernis bleibt auf absehbare Zeit die nationale Ausrichtung der Energiepolitik. Anstatt Deutschland als Vorreiter muss ganz Europa seine Energie dekarbonisieren und nichtfossile Energie sollte dort produziert werden wo es am effizientesten ist unabhängig vom Verbrauchsort.
Klimapolitik müsste global werden, ist aber noch…
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