Gemeinsam am Strick ziehen
03.09.2013 von
Die Suche nach Antworten auf die globalen Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit ist bisher dadurch gekennzeichnet, dass sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gegenseitig die heisse Kartoffel zuwerfen. Derweil sind die Folgen dieser globalen Herausforderungen bereits spürbar. Politik und Wirtschaft sollten gemeinsam Massnahmen treffen, die ihre Wirkung im grossen Massstab entfalten.
Nachhaltig wirtschaftende Unternehmen haben längst erkannt, dass nicht nur der Ertrag aus dem investierten Finanzkapital zählt, sondern auch die Erträge aus dem Sozial- und aus dem Umweltkapital («social and environmental return on investment»). Sie realisieren deswegen Massnahmen, um ihre Energieeffizienz zu erhöhen und um ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Heute und in der Zukunft geht es vor allem darum, gemeinsam mit anderen Unternehmen sowie mit Politik und Gesellschaft global spürbare Wirkungen zu erzielen.
Die Wirtschaft vernetzen
Für die globale Zusammenarbeit von Unternehmen hat die Öbu seit August 2013 einen neuen Partner: den World Business Council for Sustainable Development WBCSD (Weltwirtschaftsrat für nachhaltige Entwicklung). Rund 200 weltweit tätige Unternehmen sind Mitglied des WBCSD und haben sich in ihrer «Vision 2050» zum Ziel gesetzt, dazu beizutragen, dass im Jahr 2050 rund neun Milliarden Menschen gut und im Einklang mit den begrenzten Ressourcen der Erde leben können. Das Potenzial dazu haben diese Unternehmen: sie erwirtschaften rund zehn Prozent der weltweiten Wertschöpfung und verursachen 20 Prozent der globalen CO₂-Emissionen. Die Öbu wird sich zum einen dafür engagieren, dass die global entwickelten Ideen und Erfahrungen in die Schweizer Praxis einfliessen. Zum anderen wird die Öbu ihre Erfahrungen in die Arbeit des WBCSD einbringen, beispielsweise in den Massnahmenplan «Action 2020», der Zwischenziele auf dem Weg zur Vision 2050 formuliert.
Spielregen mitgestalten
Doch Massnahmen der Wirtschaft allein werden nur begrenzt wirksam sein. Daher ist die Zusammenarbeit mit der Politik auf nationaler und internationaler Ebene immens wichtig. Die Öbu engagiert sich seit langem für eine ökologische Steuerreform, die im Zuge der Energiestrategie 2050 derzeit auf der politischen Agenda in der Schweiz steht. Die Idee dahinter ist, Energie anstelle von Arbeit zu besteuern. Dadurch könnten Anreize entstehen, die die Wirtschaft weit mehr als bisher dazu bewegen, innovative, energiearme Verfahren zu entwickeln und so den Energieverbrauch deutlich zu senken. Um sinnvolle Anreize zu setzen, ist es wichtig, dass Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam die Spielregeln gestalten. Eine Plattform dafür bieten wird eine internationale Konferenz zu ökologischer Steuerreform und Emissionshandel im Oktober in Winterthur. Die Tagung befasst sich mit den aktuellen politischen Entwicklungen sowohl in der Schweiz als auch in der Europäischen Union. In der EU steckt das älteste und weltgrösste Emissionshandelssystem ETS in der Krise. Die diskutierte Verbindung zwischen dem ETS und dem Schweizer Emissionshandel ab 2015 mag sinnvoll erscheinen, da ein grösserer Markt in der Theorie kostengünstigere Emissionsreduktionen ermöglicht und zu stabileren Preisen führt. Es stellt sich jedoch die Frage, unter welchen Bedingungen das ETS seine Potenziale in der Praxis realisieren kann. Der fragliche Anschluss der Schweiz ans ETS wird die Diskussionen an der Konferenz sicher prägen.
Zur AutorinGastautorin Gabi Hildesheimer ist Geschäftsführerin von Öbu, dem Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften.
Kommentare (3) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Grüezi Herr Leserl –
Ich habe diese Angaben von Peter Bakker mündlich bekommen. Nun habe ich beim WBCSD nachgefragt, welche Berechnungsgrundlagen dafür benutzt wurden. Ich werde Sie informieren, wenn ich mehr weiss.
Gruss, GH-
Sehr geehrte Frau Hildesheimer,
könnten Sie eine Quelle für den Anteil der WSCD Unternehmen an weltweiter Wertschöpfung und CO2-Emissionen nennen?
MfG, H.M.Leserl
Sehr geehrte Frau Hildesheimer,
Kompliment, die Öbu hat scheinbar an alles gedacht und will lokal, regional und global die Idee der Nachhaltigkeit vorwärts bringen. Offenheit, meine ich, ist eines der wichtigsten Mitbringsel, das jemand auf dem Pfad der Nachhaltigkeit braucht. Denn nur weniges ist bereits vorgespurt und jede KMU, jedes Unternehmen, jede Agentur, ja jede Organisation oder freie Vereinigung von Leuten, die die Idee und Praxis der Nachhaltigkeit vorwärts bringen will, kann von andern lernen und kann andern Impulse geben.
Zugleich gibt es jedoch als Resultat einer bereits jahrzehntealten Nachhaltigkeits- und auch Klimadisskussion bereits viele Nachhaltigkeits-Konzepte und gar Systeme (wie das ETS eines ist), die eigentlich nur der Umsetzung harren. Einer Umsetzung, die aber auf Widerstände stösst, weil sie Externalitäten wie die Treibhausgasemissionen zu Kostenfaktoren machen will und machen muss, was aber nur dann auf breite Zustimmung stossen kann, wenn das free rider problem gelöst ist, es also keinen Vorteil für Abseitsstehende mehr gibt.
Im Idealfall ist ein Nachhaltigkeitskonzept ein Selbstläufer und beschert sogar ökonomische Vorteile. Doch bis jetzt ist das die Ausnahme und eben der Ideal- und nur selten der Realfall. Je mehr in diese Richtung geforscht und entwickelt wird und je mehr Menschen und Unternehmen nach nachhaltigen Lösungen suchen, desto grösser wird jedoch die Chance profitable und zugleich nachhaltige Lösungen zu finden. Lösungen, die zugleich Umwelt und Ressourcen schonen als auch die Bedürfnisse der Konsumenten befriedigen – auch derjenigen Konsumenten, die nicht bewusst „grünen“ und „nachhaltigen“ Konsum anstreben . Und das nicht nur hier in den Industrieländern sondern auch in den Schwellenländern wo der Nachholbedarf nach mehr Gütern und mehr Energie am grössten ist.
Dem Yes, we can muss Yes, we will folgen.
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