Werden Klimamassnahmen unterschätzt, drohen Fehlinvestitionen
22.08.2013 von
In der Klimapolitik klaffen Ziele und Realität oft weit auseinander. Die Ambivalenz und Widersprüche im Umgang mit fossilen Energieträgern möchte ich anhand zweier Beispiele aus Luftfahrt und Aktienmärkten thematisieren.
«Das Luftverkehrssystem Schweiz am Limit» meldete die NZZ am 29.7.2013. Jährlich steigt die Zahl der Passagiere mit 4 Prozent an – ein Zuwachs, der 2030 zu 40 Millionen Fluggästen führen würde, fast doppelt so viele wie heute. Massive Investitionen in die Infrastruktur wären zur Bewältigung dieses zukünftigen Verkehrs nötig. Wie aber würde sich das mit den von der Schweiz eingegangenen Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen vertragen?
Ambivalente Planungen
Das Beispiel zeigt einen weitverbreiteten ambivalenten Umgang mit der Klimaproblematik. Einerseits hat sich die Schweiz gesetzlich zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent bis 2020 verpflichtet. Das den Bund beratende Organ für Fragen der Klimaänderung (OcCC) empfiehlt darüber hinaus, bis zum Jahr 2050 eine Reduktion von 80 bis 95 Prozent. Die Stimmbürger haben diese Ziele wiederholt unterstützt: Zürich und weitere Gemeinden haben für die 2000-Watt-Gesellschaft gestimmt, was rund einer Tonne CO₂-Ausstoss pro Kopf und Jahr entspricht. Andererseits werden in der Schweiz im Schnitt jährlich pro Person 5000 Kilometer geflogen – mit steigender Tendenz. Bei angenommenen fünf Economy-Flügen führt das zu CO₂-Emissionen von etwa 1.4 Tonnen pro Kopf. Das ist um Faktoren höher als der Anteil, der fürs Fliegen in einem persönlichen Gesamtbudget von einer Tonne zur Verfügung steht, selbst wenn die von der EU angepeilten 40 Prozent Bioflugtreibstoff bis 2050 erreicht werden sollten. Derartige Widersprüche ziehen sich durch sehr viele Bereiche fossiler Energie-Nutzung und -Produktion.
Kommt die «Kohlenstoff-Blase»?
Carbon Tracker – eine Initiative mit dem Ziel, das Handelsvolumen von Kohlenstoff an den Aktienmärkten zu erfassen – hat zusammen mit der London School of Economics den Bericht «Unburnable Carbon» verfasst («unburnable carbon» bedeutet Kohlenstoff, der nicht verbrannt werden darf, wenn das 2-Grad-Ziel noch erreicht werden soll, siehe 1). Darin werden die enormen Risiken untersucht, die bei einer weiteren Unterschätzung der Klimamassnahmen drohen. Die fossile Industrie investiert 647 Milliarden Dollar jährlich in die Erschliessung neuer Vorkommen, obwohl die gesicherten und potentiellen Reserven bereits dreimal grösser sind als die Menge, die zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels noch verbrannt werden darf. Falls diese Investitionen mit derselben Intensität fortgesetzt werden, würde sich innerhalb von zehn Jahren eine «Blase» von 6 Billionen (Tausend Milliarden) Dollar bilden. Daran könnte auch eine noch so optimistische Einschätzung der CCS-Technik (Carbon Capture and Storage; CO₂-Abscheidung und -Speicherung) grundsätzlich nichts ändern.
Der Grund für dieses «mispricing» sei einerseits die Trägheit des Systems: Bisherige Normen und Traditionen, die sich an den fossilen Reserven orientieren, bestimmen weiterhin den Wert der involvierten Firmen. Andererseits könnten auch Unklarheiten über die Durchsetzungsfähigkeit von griffigen Massnahmen eine Rolle spielen.
Zum Vergleich: das Investitionsvolumen in Erneuerbare Energien betrug 2012 laut dem Netzwerk für erneuerbare Energien des 21. Jahrhunderts «REN21» weltweit 244 Milliarden Dollar, also nur etwa 38 Prozent der genannten fossilen Investitionen. Trotzdem bedrängen die Erneuerbaren (zusammen mit Gas und besserer Energieeffizienz) bereits die bisherige Spitzenposition der Kohle – dies zumindest besagt eine Analyse von Goldman Sachs mit dem Titel «The window for thermal coal investment is closing».
1 Erläuterung: unburnable carbon
Zum AutorGastautor Prof. Klaus Ragaller war bis zu seiner Pensionierung Direktor bei ABB. Seither setzt er sich im Rahmen der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW für den Wissenstransfer ein.
Kommentare (17) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Von «Unburnable Carbon», also Kohle, Öl und Erdgas, das im Boden bleibt, weil wir aus Klimaschutzgründen auf diese Rohstoffe verzichten, sind wir noch sehr weit enfernt, wenn man die Pläne in Japan, den USA und sogar Deutschland betrachtet.
In den SFR1-TV-Nachrichten vom 15.09.2013 beispielsweise sah ein japanischer Wissenschaftler den japanischen Energiemix im Jahre 2030 zusammengesetzt aus 60% Methanhydrat(kürzlich im jap. Kontintalschelf entdeckt) und 40% Erneuerbaren.
Die USA wiederum wird in den nächsten Jahren schon dank seiner stetig wachsendenden Schieferölproduktion zum größten Ölproduzenten der Welt austeigen und hier liest man zum weiteren Ausblick:„… the number of American shale oil wells in North Dakota and Texas could soar from the current 10,000 to more than 100,000 working wells by 2030.“
Deutschland wiederum verfolgt seine Backupstrategie, die Republik bei Bedarf zu 100% mit Kohle und Erdgas versorgen zu können, weiter und wird bis 2022 (Abschalttermin AKW’s) 6 Gigawatt an Kohlekraftwerken zubauen. Bis 2020 werden die CO2-Emissionen in Deutschland jedenfalls kaum sinken.
Fazit:Wo Erneuerbare jetzt oder in näher Zukunft eine größere Rolle spielen, also z.B. In Deutschland und bald schon in Japan bilden zugleich fossile Energien das Rückgrat. Frühestens in den 2030-er Jahren wird wohl fossiler Backup im großen Stil durch Speicher oder das Netz ersetzt. Erst dann wird der CO2-Ausstoß in den EE-Ländern deutlich sinken.
„Werden Klimamassnahmen unterschätzt, drohen Fehlinvestitionen“
Fehlinvestionen drohen auch, wenn die Bedrohung durch Klimawandel überschätzt werden. Oder wenn Massnahmen getroffen werden, deren Einfluss auf das Klima nicht signifikant ist.
Für jetztige und zukünftige ETH-Sponsorenfirmen aus der Ölbranche wie Shell und Petrobras bedeutet «Unburnable Carbon», dass ihr Öl-und Ergas-Kapital kleiner ist als es der heutigen Börsenbewertung entspricht. Bei Shell werden die totalen Aktiven (total assets) auf 360 Milliarden Dollar geschätzt und ein wichtiger Teil dieser Aktiven sind Öl- und Gasreserven (Felder z.B im Irak, USA etc). Im Zeitraum 2007 bis 2011 vergrösserte Shell seine Öl- und Gasreserven um 1’205 Millarden Boe (Barrel of Oil equivalent) womit sich die Reservenlebensdauer bei Shell von 10 auf 12 Jahre erhöhte.
Shell wäre also nur vom Problem des «Unburnable Carbon» betroffen, wenn es auch in den 2020-er Jahren neue Reserven erwerben würde, denn «Unburnable Carbon» wird es frühestens Ende der 2020-er, anfangs der 2030-er Jahre geben. Schwieriger würde das Problem von «Unburnable Carbon» wohl für den potenziellen ETH-Sponsor Petrobras, denn ein Grossteil seiner flüssigen Aktiven wurden erst kürzlich entdeckt. Zitat: „Ende 2007 wurde vermutlich das bisher drittgrößte Ölfeld der Erde mit 33 Milliarden Barrel vor der Küste Brasiliens gefunden“
Fazit: Die existierenden und potenziellen ETH-Sponsoren Royal Dutch Shell und Petrobras würden bei Eintreten des «Unburnable Carbon»-Szenarios massiv an Börsenkapitalisierung verlieren und dann möglicherweise auch als ETH-Sponsoren wegfallen. Dieses Szenario wird sich aber frühestens Ende 2020, anfangs der 2030-er Jahre realisieren.
«Unburnable Carbon», also die Situation, dass Länder wie Australien, auf ihrer Kohle sitzen bleiben und Öl-/und Gasgiganten wie Russland, die USA und die OPEC-Länder ihre Förderpumpen abstellen wird es frühestens ab den den späten 2020-er Jahren geben. Voraussichtlich werden die neuen erneuerbaren Energien Wind und Sonne die Rolle der fossilen Energien übernehmen und damit auch zu einer Elektrifizierung fast aller Energiesektoren führen.
Die Sonne+Wind-Ära beginnt frühestens 2020
Im optimistischsten Szenario für die neuen Erneuerbaren Energien wird 2020 bereits 10% des Stroms und damit 2.5% der weltweit verbrauchten Energie über Sonne und Wind erzeugt. In den späten 2020er Jahren könnte dann das absolute Wachstum bei Sonne und Wind bereits so gross sein, dass der Verbrauch von Kohle und Erdgas für die Verstromung zurückgehen. Irgendwann in den 2030er Jahren schliesslich könnte auch der Heiz- und Klimasektor elektrifiziert/dekarbonisiert werden, so dass dann ab 2035 (oder etwas später) die weltweiten CO2-Emissionen zu sinken beginnen.
Der Totalumbau der Energieinfrastruktur
Um die CO2-Emissionen zu halbieren wie das der Weltklimarat empfiehlt, genügt ein Zubau von Wind-und Sonnenkraftwerken nicht, wenn weiterhin Gas- und Kohlekraftwerke im Falle von wenig Sonne und wenig Wind einspringen. Die Rolle des Backups muss schliesslich von Energiespeichern übernommen werden oder aber ein weltumspannendes Stromnetz sorgt für den Ausgleich. Ohne grossräumiges Stromnetz wird es zudem sehr teuer, die saisonalen Produktionsschwankungen allein mit Sonne, Wind und lokalen Speichern auszugleichen.
Bis der nötige Totalumbau der Energieinfrastruktur stattgefunden hat, dürften sicher 2 bis 3 Jahrzehnte vergehen. Deswegen und weil die Weltwirtschaft und mit ihr der Energieverbrauch wächst wird bis 2050 kaum eine Halbierung des CO2-Austosses relativ zu heute stattfinden. Aber etwas später könnte es soweit sein.
@Kommentar von Ben Palmer. 26.08.2013
Sie schreiben:
“ Einen Verzicht auf Wachstum aus Klimagründen wird es nicht geben” … vorausgesetzt, dass politische Entscheidungen aus ideologischen Gründen nicht das Gegenteil bewirken.“
Da haben sie teilweise recht Herr Palmer. Doch nur teilweise. Erfahrungsgemäss verzichten am ehesten die auf Wachstum, die ohnehin kaum eines haben, also die fortgeschrittenen Industrieländer wie Europa. Und sie könnten dann behaupten : „Wir verzichten der Umwelt zuliebe auf Wachstum“ womit sie aber nur das fehlende Wachstum für Reklame missbrauchen .
Die Rio+20 Konferenz in Brasilien hat gezeigt, dass die Schwellenländer (Zitat The Future We Want)„sustained growth“ anstreben und nicht etwa sustainable growth.
Nationale Energiepolitik behindert Energiewende
Die Energiewende in Deutschland und der Schweiz ist mehr ein Atomausstieg als ein Ausstieg aus den fossilen Energien Kohle, Öl und Erdgas. Eine Energiewende im klimapoltitischen Sinne würde versuchen mit minimalen finanziellen Mitteln ganz Europa zu dekarbonisieren. Doch die Erfahrungen mit dem EU-Projekt roadmap 2050 zeigen, dass viele EU-Länder ihre nationale Energiepolitik nicht einer gesamteuropäischen unterordnen wollen (So will Polen an seinen Kohlekraftwerken festhalten und Deutschland will seine eigenen Einspeisetarife nicht gesanteuropäischen Einspeisetarifen opfern). In EU-Energy Roadmap 2050 – Surrogat für eine ehrgeizige Dekarbonisierungspolitik? liest man dementsprechend „die EU-Mitglieder [sind] nicht bereit, eine deutliche Einschränkung nationaler Souveränitätsansprüche in der Energiepolitik zu akzeptieren.“. EE bräuchte aber…
Martin Holzherr. 23.08.2013, 15:41 „Einen Verzicht auf Wachstum aus Klimagründen wird es nicht geben“ … vorausgesetzt, dass politische Entscheidungen aus ideologischen Gründen nicht das Gegenteil bewirken.
Lieber Klaus,
Zufällig bin ich auf Deine Gastvorlesung gestossen als ich mich erkunden wollte wie es mit LowEx von Prof. Leibundgut steht. Es freut mich, dass Du Dich auch mit unseren Umwelt und Energie-Problemen befasst.
Gruss
Jean Eggmann
«Unburnable Carbon» , also Reseven an Öl, Kohle und Gas, die im Boden bleiben, obwohl sie schon erschlossen sind, wird es geben sobald die Trendwende kommt und nicht nur Industrieländer, sondern auch Schwellenländer keinen Vorteil mehr in der Förderung sehen, selbst wenn die Förderstellen für Kohle, das Erdöl und Erdgas im eigenen Land liegen. Dass wir davon noch weit weg sind zeigen sogar die USA, die den Kohleverbrauch in den letzten Jahren wie kaum ein anderes Land gesenkt haben, aber immer noch fast gleichviel Kohle wie bis anhin fördern und es exportieren zu solchen Abnehmern wie China, welches seinen Kohlekonsum in den letzten 20 Jahren verdoppelt hat und welches allein 2012 zusätzlich 101 Mtoe verbraucht. Kohle ist damit auch 2012 die fossile Energie, welche am stäksten wuchs.
Dass das Überschreiten einer Limite wie des 2 Grad Celsius-Ziels kein ausreichender Grund ist um Emissionen zu stoppen zeigt eindrücklich die kohlebedingte Luftverschmutzung in Nordchina. Letzten Winter wurden in Peking die Feinstaubgrenzwerte um den Faktor 50 übertroffen, doch deswegen wurden noch lange nicht alle Kohlekraftwerke stillgelegt. In Nordchina ist die Lebenserwartung 5 Jahre kleiner als in Südchina, wahrscheinlich wegen der Kohle.
Fazit: Solange es keinen überzeugenden Ersatz gibt für Kohle, Öl und Erdgas wird ihr Verbrauch kaum zurückgehen, vor allem nicht in den Schwellenländern. Erst wenn sich das ändert gibt es so etwas wie Unburnable Carbon.
@Kommentar von Klaus Ragaller. 23.08.2013, 12:36
Sehr geehrter Herr Professor Ragaller,
Sie sehen so verschiedenartige Dinge wie den Flug- und Privatverkehr und die fossile Energieproduktion unter dem Label «Unburnable Carbon» und gehen damit davon aus, dass die Menschheit wirklich nur noch die ihr von den Klimawissenschaftlern zugestanden Menge von jetzt noch 750 Gigatonnen CO2 bis 2050 verbrennt. Wenn das so wäre, wären Investitionen in den heutigen Flugverkehr mit seinen kerosinbetriebenen Flugzeugen tatsächlich eine Fehlinvestition. Weder die USA noch China noch Indien und auch nicht Europa wollen aber ihre wirtschaftliche Entwicklung von so einer Limite abhängig machen.
Trotzdem gibt es aber eine Tendenz von der Kohle wegzukommen, weil Kohle auch mit starker Luftverschmutzung verbunden ist wie dieser Winter in Peking gezeigt hat. Wir erleben gerade den Anfang eines Übergangs von Kohle und sogar von Erdöl zu Erdgas im Bereich der Brenn- und Treibstoffe und einen Übergang zu einer Stromproduktion, die fossile Brennstoffe nur noch für den Backup verwendet.
Es ist aber überhaupt nicht zu erwarten, dass der Flug- und Privatverkehr wegen seinen CO2-Emissionen eingeschränkt wird. Denn das hätte zuviele negative Konsequenzen für die Ökonomie, die ohnehin für viele Ökonomen und Politiker zu wenig stark wächst (Wie soll Europa ohne Wachstum seine Schulden los werden?).
Man wird in Zukunft CO2-frei fliegen und fahren, indem man z.B. synthetischen Treibstoff verwendet (Flugzeug) oder Elektromobile verwendet. Das ist die einzige realistische Option für die Ökonomen und Politiker zu haben sind. Das wird zudem nicht von heute auf morgen passieren, sondern 2 bis 3 Jahrzehnte erfordern.
Fazit: Eine starke Senkung der CO2-Emissionen wird über einen technischen Wandel stattfinden, der von Innovation getrieben wird und wo die Politik vor allem die Rahmenbedingungen setzen muss. Einen Verzicht auf Wachstum aus Klimagründen wird es nicht geben.
@ Josef Meier
Zu Ihrer Frage: Der Lotse im Ausguck, der eine Kollision verhindert, erhält freie Fahrt – auch wenn einige Passagiere die von ihm empfohlene Kursänderung kritisieren.
Ja, es wird zuviel geflogen und um das Kohlstoffbudget nicht zu überschreiten, wird man die Flüge auf einen Flug pro Jahr pro Bürger limitieren müssen.
Die Frage jetzt: Gilt das dann auch für Klimaforscher?
@ Martin Holzherr
Wenn wir’s nicht tun, machen es die anderen – das Argument führen Sie an in bezug auf Flughafenausbauten. Das ist das klassische Argument, das man beim Bilden von Blasen beobachen kann: Wenn unsere Bank keinen subprime Kredit gibt, macht es die Konkurrenz.
Für langfristige Investitionen ist langfristiges Denken und Handeln Voraussetzung. Kontraproduktiv ist das nicht. Kontraproduktiv z.B. für die Pensionskassen sind aber sicher Fehlinvestitionen.
@Kommentar von Klaus Ragaller. 23.08.2013, 9:52
Sehr geerhter Herr Professor Ragaller,
Ein Alleingang der Schweiz wie sie ihn empfehlen hätte kontraprodutkive Wirkung, denn allzu massive Einschränkungen des Privatverkehrs und des Flugverkehrs hätten mit politischer Opposition zu rechnen, was schliesslich einen Rückschritt für die gesamte Klimapolitik nach sich ziehen könnte.
Mein Vorschlag ist darum nicht etwa der, nichts zu tun (Zitat: “ Diese Offensichtlichkeit wird immer wieder vorgebracht um zu folgern, es sei zwecklos hier etwas zu tun“), sondern im Gegenteil der, dort möglichst viel zu tun, wo die Schweiz selber handeln kann. Und das sind die Emissionen im Gebäudebereich und bei der Stromerzeugung.
Appelle an den Einzelnen, weniger zu fliegen und den ÖV zu bevorzugen können sicher noch intensiviert werden. Der ÖV kann auch weiter ausgebaut werden, die Zunahme des Güterverkehrs auf der Strasse gedämpft und die Flughafenkapazität nur wenig gesteigert werden. In der Schweiz aber ein völlig anderes, viel schärferes Umwelt- und Klima-Regime als in Deutschland aufzuziehen dürfte aber kontraproduktiv wirken.
Schon über wenige Jahre hinweg ändern sich viele Randebedingungen, werden gewisse Erneuerbare Energien kostengünstiger oder erleben Elektro- und Hybridmobile einen vorher nicht erwarteten Schub. Das sind auch immer Chancen, die Emissionen zu senken. Solche Chancen zu ergreifen wird wichtiger sein als Vorausplanung für Jahrzehnte mit dem momentanen Wissen.
«Unburnable Carbon» (Zitat)“ Darin werden die enormen Risiken untersucht, die bei einer weiteren Unterschätzung der Klimamassnahmen drohen.“
Weltweit gesehen kann man die aktuellen Klimamassnahmen gar nicht unterschätzen (kein Preis auf CO2 in den USA, zu kleiner in der EU, Kohle als primäre Energiequelle in Indien, China, Südafrika, etc) und das 2°C-Ziel wird nicht einmal mit den zugesagten Massnahmen erreicht, was mehrere Beiträge hier auf dem Klimablog belegen (Ist das 2-Grad-Klimaziel am Ende?, 2-Grad-Klimaziel wäre erreichbar).
Die neuen erneuerbaren Energien, spielen noch kaum eine Rolle. Im Jahr 2011 erzeugt Wind 459 TWH, Sone (PV) 20 TWH, Wasserkraft dagegen 3500 TWH Strom (7 Mal mehr als Wind+Sonne). Wind und Sonne liefern zusammen 2.5% des Stroms (18’000 TWH) und 0.7% der Gesamtenergie (Strom, Brenn- und Treibstoffe).
Die Kosten für Wind- und vor allem Photovoltaikstrom sind immer noch viel zu hoch, gerade wenn man die Investitionen in Erneuerbare (244 Milliarden Dollar) mit denen in fossile Energien (647 Milliarden Dollar) vergleicht, denn die 224 Millarden EE-Investitionen gehen in Neuanlagen, die zusammen vielleicht 1% des Stroms und damit 0.25% der Gesamtenergie erzeugen, während die 647 Milliarden Öl-Kohle und- Dollar, die in die Erschliessung neuer fossiler Quellen gehen, etwa 3% der verbrauchten fossilen Energien ersetzen.
Das zeigt, dass Wind- und Sonnenenergie Kohle, Öl und Erdgas nur ersetzen können, wenn sie noch viel kostengünstiger werden. Was bis jetzt ja auch immer der Fall war. Mit der grösseren Bedeutung von Wind- und Sonnenenergie muss zudem das Stromnetz angepasst werden, es braucht Speicherseen und weitere Stromspeicher.
Fazit:Nur wenn die Politik, die Chancen z.B. im EE-Bereich zeitoptimal ergreift kann bis 2030 der CO2-Emissionspeak überschritten werden.
@ Martin Holzherr
„Den Flug- und selbst den Autoverkehr kann die Schweiz nur wenig beeinflussen.“ schreiben Sie. Das gilt auch für den weltweiten CO2 Ausstoss. Diese Offensichtlichkeit wird immer wieder vorgebracht um zu folgern, es sei zwecklos hier etwas zu tun.
Das ist eine narkotisierende Selbstberuhigung: so wie die Summe der vielen Personen mit zu hohen Pro-Kopf-Emissionen das Klimaproblem erzeugt, nur so lässt sich auch das Problem nur durch Senkung dieser hohen Pro-Kopf-Emissionen bei vielen Personen also auch bei jedem von uns wieder entschärfen. Wir sind sogar mit unserem Hoch-Emissions-Lebensstil in erster Linie in der Verantwortung.
Wir alle wissen ausserdem, was sinnvolle erste Schritte gerade auch im zentral wichtigen Verkehrsbereich sind: wo möglich öV statt Benzin-Auto, Bahn statt Flug. Hinterfragung der Notwendigkeit von Hoch-Emissions-Reisen.
Neben den persönlichen Handlungsmöglichkeiten haben wir hier auch alle denkbaren Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Politik, gerade auch bei der Verhinderung der im Beitrag diskutierten drohenden Fehlinvestitionen in nicht klimaverträgliche langlebige Infrastrukturen.
Frage: „Wie aber würde sich das [Ausbau der Fluginfrastruktur um mehr Flüge zu bewältigen] mit den von der Schweiz eingegangenen Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen vertragen“ liest man hier.
Antwort: Sehr gut. Der Flugverkehrt ist von den Klimaverpflichtungen, die die Schweiz eingegangen ist ausgenommen.
Auf der BAFU-Seite Treibhausgasinventar gemäss Klimakonvention liest man dazu:
„Übereinstimmend mit der Klimakonvention sind die Emissionen des internationalen Flugverkehrs im Treibhausgasinventar zwar ausgewiesen, im nationalen Emissionstotal aber nicht enthalten.“
Den internationalen Flugverkehr auszunehmen scheint mir auch sinnvoll, denn diesen national zu beeinflussen schafft nur unnötige Probleme oder führt zur Verlagerung ins Ausland (München).
Emissionen lassen sich heute nur noch teilweise national steuern, denn die Verflechtungen haben zugenommen. Die Treibstoff bedingten Emissionen der Schweiz werden z.B. sehr stark durch die von der EU verordneten CO2-Grenzwerte für PKW’s mitbestimmt, übernimmt doch die Schweiz diese Grenzwerte. Etwas anderes wäre auch gar nicht sinnvoll.
In der CH-Klimapolitik müsste man die Konsequenzen aus diesen Verflechtungen ziehen. Es ist eben wenig sinnvoll, wenn (Zitat)„Das den Bund beratende Organ für Fragen der Klimaänderung (OcCC) empfiehlt , bis zum Jahr 2050 eine Reduktion von 80 bis 95 Prozent“ anzupeilen. Konkretere Ziele wie 90% CO2-freie Gebäudebeheizung bis 2050 und 100% CO2-freie Stromproduktion bis 2050 wären als nationale Ziele sinnvoller.
Eine Alternative zu Zielvorgaben ist es, auf neue Entwicklungen wie konkurrenzfähige E-Mobile zu reagieren, indem man die nötige Infrastruktur bereitstellt.
Eines ist sicher: Bei einer lineare Extrapolation wird weder die EU noch CH die Klimaziele erreichen. Bei Ergreifen neuer Chancen aber vielleicht schon.
Unburnable Carbon entsteht, wenn es keine Abnehmer für Kohle, Öl und Gas mehr gibt und nicht einfach durch das Bekenntnis zum 2°C-Ziel (Viele Alkoholiker bekennen sich immer wieder zur Abstinenz).
Nur Ersatz/Verzicht senken den Kohle, Öl und Gas-Verbrauch
Die Carbon-Blase wird platzen sobald entweder Alternativen oder/und Verbote/künstliche Verteuerung die Nachfrage nach Kohlewasserstoffen empfindlich und nachhaltig reduzieren. Eine Trendwende im Sinne eines nachhaltigen Abwärtstrends in der Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas muss zudem von kurzfristigen Nachfrageschwankungen und von Verlagerung der Nachfrage von beispielweise Kohle hin zu Erdgas unterschieden werden.
Der verlinkte Godman Sachs Bericht begründet die erwartete Nachfragesenkung nach Kohle unter anderem mit US-Shale-Gas und man muss sich bewusst sein, dass die Chinesen ebenfalls auf Erdgas (Shale-Gas) umsteigen wollen.
Das Platzen von Blasen ist schmerzhaft
Das Platzen einer Blase ist immer schmerzhaft für diejenigen, die vom Aufblasen der Blase profitierten. Die Profiteure sind nicht nur ein paar grosse Firmen sondern ganze Ländergruppen. Russland, Saudi-Arabien, Kuwait, Venezuela, der Irak, Südafrika (Kohle) und viele andere heutige Rohstoffgiganten, ja selbst die USA, wären wirtschaftlich in grossen Schwierigkeiten, wenn die Kohlenstoffblase platzen würde. Nur schon darum wird der Umstieg auf andere Energien nicht zum Selbstläufer. Nur schon darum wird es überhaupt zum Platzen einer Blase und zum Platzen von Zukunftserwartungen ganzer Länder kommen.
Welche nationale Klimapolitik ist sinnvoll
Den Flug- und selbst den Autoverkehr kann die Schweiz nur wenig beeinflussen. Die Verwendung von Brennstoffen zum Heizen und Klimatisieren dagegen schon und wie der Strom erzeugt wird ebenfalls. Daneben kann CH mit dem Ausland kooperieren. Etwas was für das Klimaproblem sowieso absolut notwendig ist: Kooperation von Länderblöcken und global.
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