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Ozeanzirkulation beeinflusst CO₂-Konzentration der Atmosphäre

24.05.2013 von

Die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre war während den vergangenen Eiszeiten niedriger als in den vorhergehenden Warmzeiten sowie der jetzigen (Holozän). Wir Forscher sind uns weitgehend einig, dass die Tiefenzirkulation in den Ozeanen die Verteilung von Kohlenstoff zwischen der Atmosphäre und der Tiefsee beeinflusste. 

Veränderungen der ozeanischen Tiefenzirkulation haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich die CO₂-Konzentration der Atmosphäre während Eiszeiten und Warmzeiten unterscheidet. So haben eiszeitliche Veränderungen der ozeanischen Tiefenzirkulation dazu geführt, die Menge an in der Tiefsee gespeichertem CO₂ zu erhöhen. Beim Übergang in eine Warmzeit veränderte sich die ozeanische Tiefenzirkulation wieder, sodass das gespeicherte CO₂ zurück in die Atmosphäre entweichen konnte. Dort trug es durch den Treibhauseffekt zur Erwärmung der Erde bei.

Biologische Pumpe

Während sich die oberste Schicht des Ozeans weitgehend im Gleichgewicht mit der Atmosphäre befindet, enthält die Tiefsee rund sechzig Mal mehr CO₂ als die Atmosphäre. Verantwortlich für diesen Unterschied ist die sogenannte biologische Pumpe: Algen nehmen zum Wachsen CO₂ aus dem Oberflächenwasser auf. Nach ihrem Tod sinkt ein Teil der abgestorbenen Algen bis in die Tiefsee, wo er bakteriell zersetzt wird. Dabei werden CO₂ und Nährstoffe wieder freigesetzt. Die Ozeanzirkulation bringt das CO₂- und nährstoffreiche Tiefenwasser an einigen Stellen (z.B. im Südozean) zurück an die Meeresoberfläche, wo dieses das Algenwachstum stimuliert.

Das Verhältnis zwischen der Menge Kohlenstoff, die in der Tiefsee transportiert wird, und der Menge CO₂, die durch die Zirkulation wieder an die Meeresoberfläche gelangt, bestimmt längerfristig, ob CO₂ in die Atmosphäre entweicht oder vom Meer aufgenommen wird.

Aus diesen Gründen spielt die Effizienz des Austausches zwischen der Tiefsee und der Meeresoberfläche eine entscheide Rolle bei der Steuerung der eis- und warmzeitlichen Klimavariabilität.

Verstärkte CO₂-Ausgasung während vergangener Episoden globaler Erwärmung

Während der Frühphase des Übergangs von der letzten Eiszeit in die jetzige Warmzeit (Holozän) wurden dem Nordatlantik grosse Mengen an Schmelzwasser zugeführt aufgrund des Abschmelzens der Eisschilde Amerikas und Europas. Dies schwächte die dichtegetriebene nordatlantische Tiefenwasserbildung ab. Dieser grundlegende Wandel in der Verteilung der Tiefenwasserströme führte zu einer Erwärmung des Südlichen Ozeans, der den antarktischen Kontinent umgibt. Dies bewirkte dort wiederum einen verstärkten Austausch zwischen Meeresoberfläche und Tiefenwasser und die Ausgasung von vormals in der Tiefsee gespeichertem CO₂ in die Atmosphäre.

Unsere paläoklimatologischen Studien aus dem Südlichen Ozean zeigen, dass über die gesamte letzte Million Jahre bei den Übergängen von Eis- zu Warmzeiten die Menge des aus der Tiefsee entweichenden CO₂ mit dem Mass der globalen Erwärmung korrelierte. Des Weiteren zeigen unsere Arbeiten an subtropischen Ablagerungen, dass die Reorganisation der Tiefenwasserzirkulation unerwartete Konsequenzen für den Nährstoffhaushalt der niederen Breiten hatte. Das vorübergehende Verschwinden von im Nordatlantik gebildetem Tiefenwasser in der Frühphase der Übergänge ermöglichte ein Entweichen von Nährstoffen aus der Tiefsee. Die verstärkte Nährstoffzufuhr aus dem Ozeaninneren an die Meeresoberfläche der niederen Breiten zeigt sich anhand der ungewöhnlich hohen Produktivität von Kieselalgen, deren Schalen wir in den Sedimenten aus den Übergangszeiten fanden.

Aus der Vergangenheit lernen

Die Mechanismen der Klimavariabilität vergangener Epochen sind aus heutiger Sicht noch nicht gänzlich verstanden. Trotzdem können die beobachteten Folgen früherer globaler Erwärmungen wichtige Hinweise für die künftige Veränderung des Klimas liefern.

Neue Studien zeigen, dass sich aufgrund von anthropogenen Einflüssen die globale Kohlenstoffaufnahme des Ozeans graduell verringert hat. Zudem zeigen geologische Archive, dass generell während wärmeren Episoden mehr Kohlenstoff aus dem Ozean entwich. Dies könnte darauf hinweisen, dass die CO₂-Aufnahme des Ozeans in Zukunft aufgrund der globalen Erwärmung der Erde weiter abnimmt und mehr CO₂ in der Atmosphäre bleibt.

Zu den Autoren

Dr. Samuel Jaccard ist Oberassistent und Dozent an der Professur für Klimageologie am Geologischen Institut der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Diesen Beitrag hat Samuel Jaccard gemeinsam geschrieben mit Dr. Nele Meckler der ETH Zürich.

 





Kommentare (2) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen

Sehr geehrter Herr Dr. Jaccard,

Sie schreiben: „Neue Studien zeigen, dass sich aufgrund von anthropogenen Einflüssen die globale Kohlenstoffaufnahme des Ozeans graduell verringert hat. Zudem zeigen geologische Archive, dass generell während wärmeren Episoden mehr Kohlenstoff aus dem Ozean entwich“

Dass bei höheren Wassertemperaturen mehr CO2 frei wird, ist unbestritten. Jeder Mineralwasserkonsument, der schon mal eine Flasche in der Sonne oder nahe bei einem Heizkörper hat stehen lassen, dürfte mit dem Effekt vertraut sein.

Dass sich die Meere im letzten Jahrhundert erwärmt haben, steht ebenfalls fest. In den oberen 400 m um ca. 0.5°C von 1910-2003 (Gouretski et al., 2012) …

http://rhinohide.org/climate/publications/Gouretski/NearSurfaceOceanWarming1900.pdf

Diese Erwärmung könnte eine graduell verringerte Aufnahmefähigkeit von CO2 durch die Ozeane erklären, wären neben physikalischen nicht weitere Faktoren im Spiel.

Die folgende Studie präsentiert ein ganz anderes Ergebnis: die CO2-Aufnahme hat in den vergangenen 50 Jahren zugenommen …

http://people.fas.harvard.edu/~eebutler//Homepage/Plants_and_Climate_files/Ballantyne%202012%20Nature.pdf

Weshalb Sie zu gegenteiligen Schlüssen gelangen und dafür anthropogene Einflüsse verantwortlich machen, geht aus Ihrem Beitrag leider nicht hervor.

Könnten Sie deshalb bitte den Verweis auf „Neue Studien“ etwas präzisieren?

Besten Dank

Die hier beschriebene CO2-Ausgasung aus Ozeantiefenwasser während dem Übergang von einer Kalt- zu einer Wamrzeit (Interglazial) wird schon längere Zeit vermutet – woher denn, wenn nicht aus dem Ozean, soll das zusätzliche Atmosphären-CO2 einer Zwischeneiszeit stammen?

Die Frage, die dieser Artikel nun stellt – ob die Erdystemerwärmung, die wir nun erleben zu einer Verlangsamung der CO2-Aufnahme durch die Ozeane oder gar zu einer zusätzlichen Ausgasung von CO2 aus dem Tiefenozean führt – ist natürlich äusserst wichtig für die zukünftige Klimaentwicklung. Eine solche zusätzliche Ausgasung könnte die Erderwärmung nicht nur verstärken sondern auch um viele Jahrzehnte bis Jahrhunderte verlängern mit der Konsequenz, dass selbst wenn die Menschheit in diesem Jahrhundert die Verbrennung von Kohlewasserstoffen noch einstellt, die Erwärmung trotzdem noch viel länger weitergeht als selbst heute vermutet. Abwegig ist die Annahme jedenfalls keineswegs. Die Eem-Warmzeit – also die Warmzeit vor 125’000 Jahren – war ja tatsächlich deutlich wärmer als die heutige Warmzeit (hatte auch höhere Meeresspiegel) und hatte auch CO2-Werte bei oder über 300 ppm, also etwas höher als es Ende des 19. Jahrhunderts der Fall war.

Immer mehr ergibt sich ein Bild der Erderwärmung, das nicht mehr nur zukünftige Hitzewellen und andere Extremwettererscheinungen damit in Zusammenhang bringt, sondern welches einen eigentlichen Epochenbruch erwarten lässt: Eine Welt, die sich über viele Jahrzehnte weiter erwärmen wird und die dann über Jahrhunderte viel wärmer als im 20. Jahrhundert bleiben wird. Dazu würden dann auch über viele Jahrzehnte bis Jahrhunderte steigende Meeresspiegel gehören.

Das ist auch ein Weg in unkown territory, denn wie sich die Niederschläge, Wind- und Ozeanströmungen in dieser wärmeren Welt ändern werden, ist heute sehr ungewiss.

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