Attraktive CO₂-Kompensation durch Projekte in der eigenen Lieferkette
19.02.2013 von
Für viele Grossunternehmen gehört eine CO₂-Strategie mittlerweile zum guten Ton. Neben Reduktionszielen im eigenen Haus gehören dazu oft auch, dass die Unternehmen Einfluss auf die Zulieferer nehmen und dass sie ihren CO₂-Ausstoss kompensieren. Coop Schweiz, South Pole Carbon und der WWF beschreiten neue Wege, um diese Aspekte zusammenzubringen und CO₂-Kompensation durch Projekte innerhalb der eigenen Lieferkette zu ermöglichen. Die neue Methode heisst «Insetting».
Die Idee des «Insetting» erkläre ich am besten am Beispiel der Schnittblumen. Schnittblumen sind nicht gerade dafür bekannt, ein besonders umweltfreundliches Produkt zu sein. Doch gerade zum Valentinstag wollen viele Menschen nicht auf frisch erblühte rote Rosen verzichten. Schnittblumen kommen im Winter entweder aus geheizten Treibhäusern oder per Flugzeug aus den Tropen nach Europa. Wegen des gewaltigen Energiebedarfs beim Heizen europäischer Treibhäuser ist der Umweltschaden, der beim Import der Blumen aus den Tropen entsteht, das eindeutig kleinere Übel.
Coop bezieht Rosen unter anderem von der «Oserian Flower Farm» in Kenia. Oserian ist in vieler Hinsicht eine sehr fortschrittliche Blumenfarm: Fairtrade™-zertifiziert, mit eigener geothermaler Energieerzeugung und einem ebenfalls von Coop unterstützten Projekt zur umweltverträglichen Schädlingsbekämpfung.
Klimazertifikate produzieren und gleichzeitig Geschäftsbeziehungen stärken
Damit Coop seine CO₂-Kompensationsziele erreichen kann, setzen der WWF und South Pole Carbon nun ein weiteres Projekt mit Oserian um: Die Familien der Arbeiter und die umliegende Bevölkerung erhalten subventionierten Zugang zu Kochöfen, die 50 Prozent energie- oder brennstoffeffizienter sind (siehe dazu auch mein Blogbeitrag «Die Geschichten vom Wald und von Öfen»). Das Projekt reduziert zwar nicht den CO₂-Fussabdruck der Rosen selbst, erzeugt aber durch die Reduktion von Feuerholz-Emissionen Klimazertifikate, die in direktem Zusammenhang mit dem Blumenproduzenten stehen.
Finanziert durch den Coop Fond für Nachhaltigkeit verbindet dieses Projekt das Engagement in der Lieferkette mit der CO₂-Kompensation. Darüber hinaus wird die Maasai-Bevölkerung der Region, insbesondere die Frauen, mit moderner Technologie unterstützt. Coop selbst erhält nicht nur die Klimazertifikate, sondern stärkt auch seine Geschäftsbeziehungen zum Lieferanten – eine echte Win-Win-Situation.
CO₂-Kompensation mit der Lieferkette
South Pole Carbon bietet das hier erprobte Konzept der «CO₂-Kompensation durch Projekte in der eigenen Lieferkette» nun auch für andere Kunden und Produkte an. In jeder Situation gibt es andere Projektmöglichkeiten: Seien es ein Aufforstungsprojekt mit Zuckerfarmern in Paraguay, ein Kompostprojekt an einer Palmölmühle in Indonesien oder die besagten Öfen für Kleinbauern in Kenia. Der direkte Bezug des Unternehmens zum Projekt macht diesen Ansatz für viele Kunden attraktiver als die klassische Kompensation.
Video «Efficient Cooking Stoves Kenya»
Video «Insetting: Carbon Neutrality from the Kenyan Flower Supply Chain»
Zum AutorTim Reutemann (früher Schloendorn) ist Doktorand in Umweltökonomie und -politik an der ETH Zürich. In seiner aktuellen Forschung erarbeitet er Vorschläge zur Verbesserung und Harmonisierung der Berechnungsgrundlagen von CO₂-Einsparungen aus verschiedenen Projekttypen. Durch seine Teilzeitanstellung bei South Pole Carbon hat Tim Reutemann zudem engen Kontakt zur Praxis. Persönliches Zitat und Biografie
Hinweis der RedaktionWir haben die Kritik von Mathias Plüss in seinem Blog «Das Magazin» aufgenommen. Entsprechend haben wir die Autorenzeile von Tim Reutemann (früher: Schloendorn) ergänzt mit der Information, dass Tim momentan nebst seiner Doktorarbeit eine Teilzeitanstellung bei South Pole Carbon inne hat. Dies war vorher nur mit einem Klick auf «Persönliches Zitat und Biografie» zu erfahren.
Kommentare (3) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Guten Tag Herr Jost & Holzherr,
Selbstverständlich wäre es mir auch lieber ein Projekt umzusetzen, bei dem die Maasai direkt auf moderne Koch-Energie umstellen würden. Jedoch wohl kaum auf Solarenergie. Es ist mir auf der ganzen Welt kein erfolgreiches Solar-Koch Projekt bekannt, bei dem mehr als 5’000 Haushalte regelmässig mit Solarenergie kochen, das funktioniert nur bei Grossküchen, und auch dort nur als Hybrid.
In der Region gibt es jedoch sehr viel Geothermie und auch geothermische Kraftwerke. Diese liefern Strom jedoch ausschlieslich in die urbanen Zentren. Ein Ausbau des Stromnetze in die abgelegen Maasai-Hütten würde mehr als das hundertfache an Investitionen pro Kopf erfordern als die Öfen – und es gilt auch zu bedenken, dass die Infrastruktur zum Austellen & Einfordern der Stromrechnungen ebenfalls erst aufgebaut werden müsste & die dazu auch noch regelmässige Einkommensquellen für die Maasai nötig wären.
Mit dem momentanen Budget erreichen wir ca. 5’000 Familien. In der Region leben jedoch über 30’000. Wenn wir mit dem gleichen Budget auf einen (2000 Watt, ausreichend zum kochen) Anschluss an das Stromnetz gesetzt hätten, kämen wir kaum auf ein Dorf – und die Nachhaltigkeit wäre fragwürdig, da die Maasai kaum die Stromrechnungen bezahlen könnten. Mit 1000 Watt PV-Anlagen + Batterien mit 4 kWh (Kochenergie für einen Tag) kämen wir vielleicht auf 150 Haushalte. Mit PV müssten die Maasai in der 3 Monate dauernden Regenzeit jedoch weiterhin Hauptsächlich auf offenen Feuerstellen kochen.
Das Öfenprojekt wir über eine Laufzeit von 10 Jahren regelmässig einem Monitoring & Verifizierungen unterzogen. Selbstverständlich wären wir sehr froh, wenn wir in 5 Jahren feststellen würde, dass die Maasai auf geothermisch angetriebene Induktionsplatten umgestellt haben und die Öfen nicht mehr brauchen. Realistisch ist das jedoch kaum.
Ich schliesse mich der Meinung von Martin Holzherr an.
Der Ersatz der bisherigen Öfen durch etwas bessere, die weniger Holz brauchen kann nur eine Übergangslösung sein, besser wäre es, wenn direkt auf Photovoltaik und Solarwärme umgestellt würde mit diesen Subventionen. Aus meiner Sicht ist der eingeschlagene Weg vergleichbar mit dem Energiefirmen, die, wie zum Beispiel die Bündner Firma Repower, neue Kohlekraftwerke bauen wollen um ältere, die etwas weniger effizient sind, zu ersetzen. Damit wird nicht viel getan zu Gunsten des Klimawandels und des schädlichen CO2 Ausstosses. Auch hier wird eine veraltete Technologie etwas verbessert und weitergeführt, statt die Energiewende wirklich nachhaltig voranzubringen.
Den Maasai wäre langfristig mehr geholfen wenn ihnen die Energie zum Kochen aus einer PV-Anlage zur Verfügung gestellt würde und sie gleichzeitig unterstützt würden durch ein Aufforstungsprojekt um so ihre ursprüngliche und natürliche Umgebung wieder herzustellen.
Sehr geehrter Herr Schloendorn
Das «Oserian Flower Farm»-Projekt verbindet auf vorbildliche Weise Klimaschutz und Entwicklungshilfe – und macht unter den gegebenen Umständen vielleicht das beste sowohl für die Umwelt als auch für die Menschen, die auf der «Oserian Flower Farm» arbeiten und in der Umgebung wohnen.
Letztlich ist aber der Ersatz von ineffizienten Holzöfen durch effizientere -wie er hier am Beispiel von kenyanischen Kleinbauern gezeigt wird nur eine Übergangslösung. Das Video zeigt ja eine Gegend in der es kaum noch Bäume gibt und wo zur Brennholzbeschaffung ganz junge und noch im Saft stehende Bäume gefällt werden – alles andere als ideal. Mit den effizienteren Holzöfen bessert sich das etwas, es wird aber weiterhin Holz benötigt.
Nun noch eine Bemerkung zu dem angeblich (Zitat)„gewaltigen Energiebedarfs beim Heizen europäischer Treibhäuser“
Das mag für die heute betriebenen Treibhäusern meist noch stimmen. Doch inzwischen gibt es immer mehr energieneutrale, ja sogar energiepositive Treibhäuser. Und das im winterkalten Europa, zum Beispiel in Holland. Die Lösung sind halb- oder ganzgeschlossenen Treibhäuser, die Überschusswärme im Boden speichern und sie in kalten Zeiten von dort wieder beziehen. Ein Beispiel zeigt der Artikel Dank High-Tech ganzjährig Bio-Tomaten produzieren wo man liest:
„In Holland steht ein spezielles Gewächshaus. Es kann die Wärme des Sommers für die Heizperioden im Winter im Boden speichern. Im Glashaus von Bijo wächst Bio-Gemüse. Die Produktion basiert ausschliesslich auf erneuerbaren Energien. „
Ein anderer Artikel Energie aus dem Glashaus wird berichtet: „Wir sind überzeugt, dass der Unterglas-Gartenbau längerfristig zu einem Lieferanten von Wärme und Strom werden kann.“
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