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«Anpassungsstrategien in der Klimapolitik» – ein fragwürdiger Bericht

13.11.2012 von

«Anpassungsstrategien in der Klimapolitik» lautet der Titel einer aktuellen Publikation der deutschen Akademie der technischen Wissenschaften acatech. Der Bericht löste bereits im Vorfeld einen grossen Wirbel in der Öffentlichkeit aus, nachdem vier Klimaforscher unter Protest aus dem Projekt-Team ausgetreten waren. Sie werfen der acatech vor, dass fundierte Forschungsergebnisse in Frage gestellt und die Folgen des Klimawandels verharmlost würden.

Der Hauptteil des neuen acatech-Berichts widmet sich der Frage: Wie kann sich Deutschland an steigende Temperaturen, den steigenden Meeresspiegel, an Hitzewellen und Überflutungen und vor allem an häufigere und intensivere Wetterextreme anpassen? Exponenten aus Wald- und Landwirtschaft, Stadtentwicklung, Infrastruktur, Küstenschutz, Energie, Mobilität und Gesundheit stellen die Bedrohungen dar und geben Handlungsempfehlungen ab. In Deutschland sind auch Störungen der Nahrungsmittelversorgung, grössere Migrationsbewegungen oder erhöhter Unterstützungsbedarf zu erwarten als indirekte Folgen von Klimaauswirkungen in anderen Ländern. Acatech appelliert an die Öffentlichkeit und die Politik, den Anpassungsmassnahmen eine höhere Aufmerksamkeit einzuräumen. Dies ist sicher richtig. Die Frage ist jedoch, wie weit Anpassungsmassnahmen überhaupt möglich sind.

Diffuses Klimabild

Auf welche Klimaänderungen müssen wir uns einstellen? Dazu stehen im Bericht anstelle von Zitaten des aktuellen Forschungsstands diverse verschleiernde Aussagen wie «Detektion und Attribution können sich zumindest theoretisch noch ändern». Völlig unverständlich ist, dass die Unterschiede verschiedener Emissions-Szenarien nicht herausgearbeitet werden, obwohl Ausmass und Schnelligkeit von CO2-Reduktionen für den nötigen Anpassungsaufwand entscheidend sind. Dies steht in krassem Gegensatz zum kürzlich erschienenen IPCC-Spezialbericht über Klimaextreme und Adaption, der den Stand der Wissenschaft umfassend darstellt. Die Häufigkeit von Wetterextremen, die für den Anpassungsaufwand besonders wichtig ist, variiert laut IPCC Bericht je nach Emissions-Szenario um Faktoren. Schon in einem 2°C-Szenario ist der Anpassungsbedarf sehr gross. In Hochemissions-Szenarien – auf deren Pfad wir uns im Moment befinden – sind ausserdem nichtlineare Vorgänge zu befürchten: grosse irreversible Zustandsänderungen, die durch weitere, auch kleine Änderungen ausgelöst werden können.

«Beherrschbarer» Klimawandel?

Und dennoch findet acatech: «Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte in der Regel beherrschbar». Dieses beschönigende Blanko-Fazit der acatech ist angesichts der genannten Defizite unhaltbar und unverantwortlich. Eine Institution wie die acatech sollte eine erhöhte Verantwortung wahrnehmen.

Ähnlich verharmlosende Meinungen höre ich übrigens auch immer wieder von Technik-Kollegen – ohne dass sie sich vertieft mit der Klimaforschung auseinander gesetzt hätten. Von Experten jeglicher Fachrichtung würde ich mir wünschen, dass sie Verantwortung über ihr Spezialgebiet hinaus übernehmen.

Zum Autor

Gastautor Prof. Klaus Ragaller war bis zu seiner Pensionierung Direktor bei ABB. Seither setzt er sich im Rahmen der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW für den Wissenstransfer ein.





Kommentare (28) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen

Buehler et al..

Anpassung.. was nun?
politische Wissenschaft was nun?

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/antarktis-ozeanversauerung-schadet-fluegelschnecken-a-869230.html

Justin Ries von der University of North Carolina schreibt in einem Begleitkommentar zur aktuellen Studie, die Ergebnisse seien womöglich „ein Vorbote, was den Flügelschnecken in großen Teilen des Südozeans bevorstehen könnte“. Tarling hält die Beobachtungen ebenfalls für ein schlechtes Omen: Die Schnecken seien wie der „Kanarienvogel in der Kohlemine“. Früher hatten Bergleute die Vögel mit zur Arbeit genommen – um so tödliche Gasaustritte rechtzeitig zu bemerken, wenn der Piepmatz von der Stange fiel.

@Kommentar von Alexander Müller. 19.11.2012, 15:58

Sehr gut und wichtig finde ich das folgende Argument von ihnen:
„Dabei ist diese Ungewissheit gar kein so grosses Problem. Wieso führen wir die Debatte über den Klimawandel nicht wie jene über die Atomenergie….als Risikodebatte. Da reichen auch potenzielle Risiken“

Nur sind sie nicht der erste, der das bedacht hat. Das sogenannte >Vorsorgeprinzip mit dem sich sogar das Bundesamt für Gesundheit befasst hat, hat genau diesen Ansatz:
„Das Vorsorgeprinzip zielt darauf ab, trotz fehlender Gewissheit bezüglich Art, Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit von möglichen Schadensfällen vorbeugend zu handeln, um diese Schäden von vornherein zu vermeiden.“

Das Vorsorgeprinzip hat aber auch seine Grenzen. Dann nämlich wenn der Aufwand (z.B. finanziell) für die Vorsorge in keinem Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit eines Eintretens des unerwünschten Ereignisses steht. Wer starken Klimaschutz befürwortet schätzt deshalb die Kosten von Klimaschutz typischerweise relativ gering ein (Nicholas Stern schätzt Kosten von 1 bis 2% des BIP jährlich um das 2°C-Ziel zu erreichen).

Für mich ist das wichtigste Argument für Klimaschutz folgendes: Falls die Klimawissenschaftler richtig liegen in ihrer Einschätzung der Folgen der Treibhausgasemissionen, so wird die Erderwärmung fortschreiten solange die Treibhausgase steigen. Ein ständig und sehr stark veränderndes Klima kann aber niemand wollen. Die Menschheit wird früher oder später dagegen ankämpfen müssen. Wer an die globale Erwärmung glaubt, sollte schon jetzt damit beginnen.

@ Peter Bühler
Die IPCC Tabelle von 2007 mit den bestehenden Unsicherheiten zur Quantifizierung des Strahlungsantriebs ist ja gerade ein Paradebeispiel für wissenschaftlich sorgfältiges Absichern. Daraus werden die Fehlerbalken bestimmt und die Wahrscheinlichkeit von Aussagen wie: „Die Ursachen für die Klimaerwärmung liegen sehr wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit > 90 Prozent) in dem vom Menschen verursachten Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre“.
Auch der von Ihnen zitierte Nature Artikel über die Häufigkeit von Dürren steht nicht im Widerspruch zu den Aussagen des IPCC Sonderberichts über Wetterextreme: „There is medium confidence that some regions of the world have experienced more intense and longer droughts, in particular in southern Europe and West Africa, but in some regions droughts have become less frequent, less intense, or shorter, for example, in central North America and northwestern Australia“.

Buehler:
Es gibt weitaus wichtigere Dinge zu tun.

??? was zum Beispiel???
Banken retten? den Irak befreien .. hatten wir schon
wie waere es mit Venezuela, Iran…

Weltwirtschaft umbauen?
.. die baut sich doch gerade von selber um.

@ Alexander Müller

„Wieso führen wir die Debatte über den Klimawandel nicht wie jene über die Atomenergie….als Risikodebatte. Da reichen auch potenzielle Risiken, um etwas in Gang zu bringen und man kann auch die Unsicherheiten der Forschung ansprechen anstatt sich stets auf angebliche Sicherheiten zu berufen“

Da berühren Sie den wunden Punkt. In der Atomdebatte reden wir nicht nur von potenziellen, sondern von – nach ihrer Natur – empirisch nachweisbaren Risiken. Bei den Klimawissenschaften steht es um die entsprechende Basis denkbar schlecht. Andrew Orlowski, der Autor des unten verlinkten Artikels zur BBC-Klimaberichterstattung hält zurecht fest, dass im letzten IPCC-Bericht (Grundlagen WG1) 16 Faktoren aufgezählt werden, die das Klima massgeblich beeinflussen. Ein einziger dieser Faktoren wird mit dem Prädikat „high level of scientific understanding bewertet, 11 davon mit „low or very low level of scientific understanding“.

Diesen Mangel an fehlender Erkenntnis bzw. die bestehenden Unsicherheiten werden auch nicht durch die Modelle (Hypothesen) wettgemacht. Die letzteren sehen sich vielmehr herausgefordert durch reale, empirische Beobachtungen, die ihren Prognosen widersprechen. Um nur die jüngste davon zu erwähnen, eben in Nature publiziert – die Dürren haben weltweit nicht zugenommen …

http://www.nature.com/nature/journal/v491/n7424/full/nature11575.html

Auf diesen wackligen Grundlagen wollen wir mal eben die Weltwirtschaft und beinahe sämtliche Lebensbereiche umbauen?
Es gibt weitaus wichtigere Dinge zu tun.

Buehler et al

„Soll damit ein von 40 Experten verfasster Sachbericht“

von welchen Experten bezueglich der Auswirkungen ist die Rede?

aber, es sind doch die Buehler und co die sich immer ueber
Reisekosten bei Uno Konferenzen etc aufregen

also warum nicht das gleiche Mass bei der Acatec?
(oder meinetwegen auch anderen Organisationen?)

ah ja, da haben wir ja die Weltbank
http://climatechange.worldbank.org/content/climate-change-report-warns-dramatically-warmer-world-century

„The report also says drought-affected areas would increase from 15.4% of global cropland today, to around 44% by 2100. The most severely affected regions in the next 30 to 90 years will likely be in southern Africa, the United States, southern Europe and Southeast Asia, says the report. In Africa, the report predicts 35% of cropland will become unsuitable for cultivation in a 5°C world.“

Da bleibt ja nicht mehr viel ueber um 9 Mrd Menschen zu ernaehren..

Aber egal, Worldbank Leute sind ja bekannt fuer
das fehlende Vorhersagen von anderen (Banken) Krisen..
neuerdings auch Experten zum Thema Klima.
Sicher bei gutem Gehalt ..

und die muessen es ja nun wirklich wissen
Herr Buehler et al!
(ich freue mich schon auf die sachliche Kritik an der World Bank
smile)

Meine Vermutung:
Das Expertenwissen in Fragen der Naturwissenschaft
steigt (fuer die Medien und Buehlers)
je weiter die Experten in der taeglichen Arbeit
von der Naturwissenschaft entfernt sind.

Alles sehr sehr logisch.

Zusammenfassend:
Weltbank hat Panik..
und Acatec .. die meint es passiert eh nichts
(warum haben die dann bloss noch diesen Report geschrieben
Geld haben die doch schon genug und
damit kann man ja noch nicht mal neue KKW’s rechtfertigen?)

wer hat wohl mehr Wissen?

Vorschlaege

@ Alexander Müller
dass in der Klimadebatte stärker auf Risiken fokussiert werden sollte, besonders auch auf solche mit geringer Wahrscheinlichkeit aber grossem Schadenpotential, dem kann ich nur voll zustimmen. Dies müsste auch für die Risiken gelten, die erst in 50 oder 100 Jahren oder noch später auftreten. Diese Debatte kommt zu kurz, vielleicht aus Angst, des Alarmismus bezichtigt zu werden?

@Klaus Ragtaller
Wie gesagt geht es mir gar nicht darum den Bericht von Acatec zu verteidigen.

Mir kommt es nur etwas seltsam vor, dass Sie einerseits Aussagen wie «Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte in der Regel beherrschbar» unhaltbar, unverantwortlich und viel zu ungenau finden, andererseits aber Aussagen wie: „Zwischen 2050 und 2100 werden die Auswirkungen der Klimaveränderung auch in der Schweiz gravierend spürbar sein und grosse Schäden verursachen.“ lobend erwähnen. Die wissenschaftliche Ungenauigkeit scheint mir in beiden Fällen gegeben.

Die Auswirkungen der Klimaveränderung zwischen 2050 und 2100 sind bestimmt mit einer grossen Unsicherheit behaftet, die einerseits vom Emissionpfad abhängt, aber andererseits auch von der Ungewissheit wie das Klimasystem darauf reagieren wird – und noch entscheidender – wie sich das auf unsere Umwelt auswirken wird.

Meiner Meinung nach wird überhaupt viel zu sehr um die naturwissenschaftlichen „Fakten“ gestritten wenn es um den Klimawandel geht. Werden Stürme nun häufiger oder nicht? wie viel Erwämung geht mit einer Verdoppelung des atm CO2 Gehaltes einher?…usw. Öffentlich geführt wird die Debatte meist von Vertretern aus der Klimaforschung, deren Fokus auf den Veränderungen der Klimaparameter liegt und die sich dann mit jenen streiten, die deren Resultate bezweifeln.
Dabei sind für die Menschen die Auswirkungen einer Klimaveränderung wichtig. Und hier besteht eine Unsicherheit, die in vielen Debatten von einer angeblichen Sicherheit der Klimaforschung übertüncht wird.
Dabei ist diese Ungewissheit gar kein so grosses Problem. Wieso führen wir die Debatte über den Klimawandel nicht wie jene über die Atomenergie….als Risikodebatte. Da reichen auch potenzielle Risiken (die der Klimawandel mit sich bringt), um etwas in Gang zu bringen und man kann auch die Unsicherheiten der Forschung ansprechen anstatt sich stets auf angebliche Sicherheiten zu berufen.

Ein Wissenschaftler einer horrend teuren Institution neidet einer anderen wissenschaftlichen Organisation mit vergleichsweise bescheidenem Budget die staatlichen Zuschüsse, weil 2 leitende Angestellte zu hohe Gehälter oder Spesen beziehen?!

Soll damit ein von 40 Experten verfasster Sachbericht in Zweifel gezogen werden? Wissenschaftliche Debattenkultur 2012 …

Zum Thema „Fragwürdige Berichte“ …

In der umstrittenen Mitigationsfrage wird mit allen Mitteln gekämpft, weil es dabei um zahlreiche, keineswegs allein „klimaschützende“ Interessen geht. Das enthüllt auch der jüngste BBC-Skandal, der zeigt, wie die vermeintlich ehrwürdige Institution, weltweit gerühmt für ihre Unabhängigkeit und die hohe Seriosität ihrer Berichterstattung, seit 2006 bewusst als parteiische Advokatin in Sachen Klimawandel und Klimawissenschaft agiert.
Ein Lehrstück politischer Massenmanipulation, das auch in der Schweiz seine Wirkung entfaltet hat.

3 (!) Seiten Lektüre, die all jenen die Augen öffnen werden, die sie bisher teilweise oder ganz geschlossen hielten …

http://www.theregister.co.uk/2012/11/19/the_virus_that_ate_the_bbc

Ja ja. Die postnormale Wissenschaft…

Solange sie hier nur pauschale Kritik anbringen und keine nachprüfbaren/ widerlegbaren Argumente bringen kann man keine wissenschaftliche Diskussion führen. Und solange wie es ihnen ums Gewinnen geht, statt um die wissenschaftliche Wahrheit, wird es auch nie einen Konsens geben.

Als allererstes sollten sie hier die Gesprächskultur ändern und ihre eigene Position kritisch hinterfragen. Das brauch halt ein bisschen Selbstvertrauen! Aber eben, die postnormale Wissenschaft… Naja.

Mir spricht dieser Artikel aus dem Herzen. Zufälligerweise stand ich bereits während der Entstehung des besprochenen Berichts in kurzem Kontakt mit der deutschen acatech. Daraus entstand dann keine nähere Zusammenarbeit, aber der kurze Kontakt hatte bei mir bereits ein ungutes Gefühl hinterlassen, dass die sonst eigentlich renommierte acatech hier keine besonders gute Arbeit leisten würde.

Mancher Leser mag nun denken, ich sei lediglich ein verbitterter Besserwisser der seine Schadenfreude kundtun möchte, dass der Bericht tatsächlich grosse Mängel aufweist und ich das schon ahnte. Dem ist aber nicht so – ich hätte es gerne gesehen wenn der abschliessende Bericht sorgfältig recherchiert worden wäre denn Anpassung an den Klimawandel ist m.E. eines der wichtigsten Themen der nächsten Jahrzehnte. Schade, acatech, eine ganz grosse verpasste Chance.

Buehler und co..

jetzt versteht man eure Unterstuetzung..
Die 190 Millionen Euro, die bisher im Staatshaushalt jährlich für die Acatech vorgesehen sind,
(nur Pech.. ihr bekommt nichts davon ab..)

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/verschwendung-von-foerdermitteln-bundesrechnungshof-ruegt-acatech-1.1523484

Die Prüfer des Bundesrechnungshofs nehmen unter anderem Anstoß an den Gehältern zweier Leitender Angestellter der Acatech, die trotz nur 35 Mitarbeitern Gehälter bezögen, die denen großer Forschungseinrichtungen entsprächen. Zudem ist von Übernachtungen und anderen Dienstleistungen in teuren Spitzenhotels die Rede, „die die Grenzen für öffentlich geförderte Einrichtungen deutlich überschritten“.

Die Acatech wollte sich auf Anfrage zu den Vorwürfen des Rechnungshofs nicht äußern und verwies an das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Man wollte einzig korrigieren, dass die Acatech 70, nicht 35 Mitarbeiter beschäftige. Ähnlich schwere Verstöße hat der Rechnungshof nach eigenen Angaben auch früher schon bemängelt.

In ihrem eigenen Jahresbericht 2011 gibt die Acatech an, 4,62 Millionen Euro ihres Gesamtbudgets von knapp 8,5 Millionen Euro für Personalaufwendungen auszugeben. Etwa 700 000 Euro entfallen auf Reisekosten, 360 000 auf Veranstaltungen und etwa 140 000 Euro auf „vermischte Aufwendungen“. Das Geld stammt fast zur Hälfte aus Spenden von Unternehmen. Jährlich 1,25 Millionen Euro zahlt der Bund. Die Länder übernehmen denselben Betrag. Bayern zahlt einerseits seien Länderanteil an Acatech, das Finanzministerium verzichtet zudem auf Mieteinnahmen in der Münchner Residenz, die die Acatech derzeit bewohnt.

@Kommentar von Alexander Müller

Sie schreiben: „Auch die Tatsache dass die 4 zurückgetretenen Klimaforscher ihre Kritik nicht im Anhang des Berichts haben wollten tönt für mich mehr nach einem “politischen” Streitpunkt:“

Die Aussagen der zurückgetretenen Klimaforscher (z.B. Becker, von Strorch (siehe unte)) zeigen, dass sie sich gegen die Tendenz des Acatech-Berichts

1) bestehende klimawissenschaftliche Arbeiten und Zusammenfassungen zu ignorieren und den IPCC-Konsens ohne Angabe von Gründen in Frage zu stellen
2) die Anpassung gegen die Mitigitation auszuspielen

wehren. Der jetzt vorliegende Acatech-Bericht berücksichtigt bereits die Einwände der ausgetretenen Klimaforscher und lässt sich trotzdem immer noch über die Punkte 1)+2) kritisieren.

Ihre Frage
„Soll man sich detailliert mit Anpassungsstrategien beschäftigen, oder ist das gefährlich weil dann die anpassungsfähigen Staaten versucht sein könnten sich beim Klimaschutz zu beschränken?“
ist meiner Ansicht nach nicht die Frage, die sich die austretenden Klimaforscher gestellt haben. Gegen Anpassungsstrategien ist nichts einzuwenden, ein Teil davon ist auf alle Fälle notwendig, ist doch eine Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration auf über 450 ppm entsprechend 2°C schon so gut wie sicher, selbst wenn die Politik sofort und weltweit auf Emissionsverminderung umstellen würde.

Vielmehr lässt der Bericht (Zitat scilogs) Raum für Missverständnisse: Die Folgen eines ungebremsten Klimawandels seien gar nicht so gravierend und beträfen Deutschland nur am Rande.

Wichtig: Die treibhausbedingte Erderwärmung nimmt solange zu wie es CO2-Emissionen im Gigatonnenbereich pro Jahr gibt. Emissionen jetzt haben Auswirkungen noch und zum Teil erst in 50 Jahren. Sich jetzt für etwas was in 50 Jahren passiert anzupassen anstatt zu vermeiden, dass es überhaupt passiert ist darum die falsche Strategie.

@ Alexander Müller
Dass man Anpassungsstrategien einleiten muss, ist weithin unbestritten (sogar interessanterweise von vielen, die eine menschenverursachte Erwärmung anzweifeln). Die Gefahr, dass eine Verharmlosung der Anpassungsstrategie die Anstrengungen für Klimaschutz relativieren könnten, gibt es offensichtlich.
Unverantwortlich finde ich aber vor allem, unterschiedslos von „beherrschbar“ zu reden, für 2 Grad oder 4 Grad oder noch höherer Erwärmung. Die Unkenntnis des Emissions-Pfads, auf den wir uns einstellen müssen ist ein grundsätzliches Dilemma der Anpassungsstrategie. Darüber sollte ehrlich kommuniziert werden. In dem zitierten BAFU Bericht steht dazu viel deutlicher: „… nicht darüber hinwegtäuschen, dass unser Handeln jetzt über die Klimazukunft und die damit entstehenden massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten nach 2050 entscheiden wird. Zwischen 2050 und 2100 werden die Auswirkungen der Klimaveränderung auch in der Schweiz gravierend spürbar sein und grosse Schäden verursachen. Dann werden die Folgen für die Schweiz weit drastischer zu spüren sein als in diesem Bericht dargestellt. Sofortiges Handeln im Bereich der Mitigation und Adaptation wird darum jetzt dringend.“

Sehr geehrter Prof. Ragaller

Sie zitieren aus dem Synthesebericht des OcCC von 2007.

Kaum vorstellbar, dass ein rein wissenschaftliches Gremium, d. h. nicht zusätzlich ergänzt um Politiker, Beamte und Interessenvertreter, heute – im Nachgang zu Climategate und zum kritischen Bericht des IAC über die Arbeit des IPCCs – zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangen würde.
Zweifel seien gestattet.

Wenn man nebenbei liest, was aus Wissenschaft wird, wenn dogmatisch gefestigte und eine kritische Prüfung verweigernde Klimavorstellungen zu amtlichen Verlautbarungen gerinnen, bleibt nur Kopfschütteln. Das BAFU auf seiner Homepage …

„Das Klima wird sich in Zukunft weiter verändern. Die Schweiz setzt sich für eine möglichst starke Verminderung des Treibhausgasausstosses ein. Weil die Erderwärmung aber im besten Fall auf 2°C begrenzt werden kann, wird die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels immer wichtiger“

Dass das Klima sich in Zukunft weiter verändern wird, ist eine Binsenwahrheit, der sich schlecht widersprechen lässt, – dass aber die Erderwärmung im besten Fall auf 2° C begrenzt werden könne, weckt Fragen nach der Herkunft solcher Gewissheiten. Nach bald 16 Jahren ausbleibender Erderwärmung würde man gern erfahren, aus welchen Erkenntnissen sie sich herleiten.
Sicher ist immerhin, dass die verantwortlichen Autoren sich für ihre Aussagen im Jahr 2050 nicht mehr werden rechtfertigen müssen.

Der verlinkte Aufsatz, ein lohnender Exkurs über Erkenntnis, Expertenwissen und Kommunikation, soll keineswegs von den hier debattierten Themen ablenken, wie Sie befinden, sondern ihren wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund erhellen.

Im Übrigen Zustimmung. Erfreulich, dass sich die Schweizer Behörden intensiv und konkret mit Anpassungsmassnahmen auseinandersetzen. Denn darum wird es im Wesentlichen gehen, während ein Einfluss auf die Klimaentwicklung – so oder so – kaum messbar sein wird.

Ob der Acatec Bericht nun die Evidenzlage zu den physikalischen Ursachen der Klimaerwärmung stiefmütterlich beurteilt oder nicht (anhand von R. Knuttis und M. Holzherrs Kommentaren scheint es zumindest in die Richtung zu gehen) ist zwar interessant, aber nicht der einzige Punkt der debattiert werden müsste.

In Klaus Ragallers Beitrag tönt für mich heraus, dass er es bereits für unverantwortlich hält, wenn man die Folgen der Klimaerwärmung und deren Unsicherheiten für ein spezifisches Land erwähnt. Acatecs Aussage, die Auswirkungen des Klimawandels seien in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte in der Regel beherrschbar findet Ragaller unverantwortlich.
In seinem Zitat des BAFU Berichtes in der Kommentarspalte heisst es aber ziemlich ähnlich: “Die meisten Veränderungen, die im vorliegenden Bericht geschildert werden, scheinen zunächst unspektakulär und wirken auf den ersten Blick unbedeutend. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Veränderungen erst bei genauem Hinsehen ihr wahres Ausmass
zeigen, sich aufaddieren, zum Teil irreversibel sind und lediglich Vorboten noch anstehender Änderungen darstellen. Zudem stellen sie keinen stabilen Zustand dar, sondern zeigen lediglich eine Momentaufnahme der Entwicklung zu weit drastischeren Veränderungen”. Das tönt für mich ziemlich ähnlich wie die Aussage im so kritisierten acatec Bericht.
Auch die Tatsache dass die 4 zurückgetretenen Klimaforscher ihre Kritik nicht im Anhang des Berichts haben wollten tönt für mich mehr nach einem „politischen“ Streitpunkt:
Soll man sich detailliert mit Anpassungsstrategien beschäftigen, oder ist das gefährlich weil dann die anpassungsfähigen Staaten versucht sein könnten sich beim Klimaschutz zu beschränken?
Ich habe das Gefühl, das diese Frage hinter der so heftigen Kritik steht. Die Frage ist auch legitim…aber meiner Meinung nach sollten Wissenschaftler diese Entscheidung nicht treffen…oder sie ansonsten klar kommunizieren.

Herr Bühler,
Das BAFU hat sich schon länger, intensiver und konkreter als acatech mit Anpassungsmassnahmen befasst (zumindest für die Schweiz war da keine Lücke zu füllen) und BAFU tut dies auch weiterhin unter massgeblicher Beteiligung hochkarätiger Forscher: http://www.bafu.admin.ch/klimaanpassung/
In dem Synthesebericht steht under anderem: „Die meisten Veränderungen, die im vorliegenden Bericht geschildert werden, scheinen zunächst unspektakulär und wirken auf den ersten Blick unbedeutend. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Veränderungen erst bei genauem Hinsehen ihr wahres Ausmass
zeigen, sich aufaddieren, zum Teil irreversibel sind und lediglich Vorboten noch anstehender Änderungen darstellen. Zudem stellen sie keinen stabilen Zustand dar, sondern zeigen lediglich eine Momentaufnahme der Entwicklung zu weit drastischeren Veränderungen“. Und weiter: „Wir wissen, dass in Bezug auf die Klimaveränderung der wichtigste Beitrag zur Problemlösung darin besteht, weltweit den Ausstoss von Treibhausgasen drastisch zu senken. Dazu gibt es keine Alternative! Das Klimasystem ist so beschaffen, das es uns tiefgreifende Emissionsreduktionen abfordert, die uns infolge ihrer einschneidenden Natur entsprechend
schwer fallen“. (Philosophische Exkurse können davon nicht ablenken).

Buehler mit neuen Erkenntnissen?
(CO2 und Klima ist zu komplex?)
„Der Philosoph Steven Turner hat sich in einem sehr lesenserten wissenschaftskritischen Aufsatz..“

ich bin beeindruckt, wie darf man diese Aussage verstehen?

„Many failures in a coupled system, however, result from unanticipated interactions between elements of the system in the face of the failure of multiple elements of the system, which produces problems that cannot be solved by standard procedures. When tightly coupled
systems fail in this way, the results can be catastrophic.“

Ist unser heutiges System complex genug um Katastrophen
nicht mehr verhindern zu koennen?
… Titanic im grossen Massstab also?

Bevor hier weiter spekuliert und unterstellt wird, lassen wir die acatech und ihren Präsidenten doch selber zu Wort kommen. Keine Rede davon z. B., man wolle die CO2-Emissionen nicht reduzieren …

http://www.spektrum.de/alias/klimazwist/defizite-bei-der-wissenschaftlichen-debattenkultur/1169461

http://www.acatech.de/de/aktuelles-presse/sonderseiten/anpassung-klimawandel.html

Was den hier debattierenden Herrschaften an dem Bericht sauer aufstösst, ist aus Skeptikersicht schwer zu verstehen, befindet er sich doch ganz „auf Linie“.
Offenbar hält man es für ungehörig, die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Klimasensitivität auch nur anzudeuten. Dabei werden diese innerhalb des Faches unmissverständlich angesprochen und heiss debattiert, allerdings in einiger Ferne von Medien und Publikum, denen man immer noch weismacht, in der AGW-Frage herrsche „Konsens“. Ein Begriff, der in einem wissenschaftlichen Kontext eigentlich nichts zu suchen hat.

Der Philosoph Steven Turner hat sich in einem sehr lesenserten wissenschaftskritischen Aufsatz damit näher auseinandergesetzt (ab Seite 25 geht es speziell um die Klimawissenschaften) …

http://faculty.cas.usf.edu/sturner5/Papers/ExpertsPapers/WebNormalAccidents.pdf

Feststellen darf man, dass zwei der zurückgetretenen Mitglieder der Projektgruppe IPCC-Autoren sind, der dritte ist Professor an einem Institut für Windenergie und der vierte ein Meteorologe, der ganz auf IPCC-Linie steht.

Dass der Bericht tatsächlich eine Lücke füllt, jene der konkreten Anpassungsstrategie, ist ein Verdienst aller Beteiligten. Ihn nachträglich schlecht zu reden, wie dies Prof. Cramer tat („Die Risiken wurden weichgespült“) ist bloss politische Polemik, bestimmt aber nicht Ausdruck wissenschaftlicher Debattenkultur.

Es gibt mindestens zwei Dinge, die gegen das hier besprochene Acatech-Papier sprechen:
1)
a) Die Erkenntnisse der Klimawissenschaft zum Klimawandel werden andeutungsweise angezweifelt ohne dass das weiter ausgeführt oder untermauert wird
b) Es gibt praktisch keinen Bezug zu den IPCC-Assessments, das IPCC wird gar nicht erwähnt
2) Das Acatech-Papier begründet seine Festlegung auf Klimaanpassung mit dem (relativen) Misserfolg der Klimaverhandlungen und den nur wenigen Ländern, die die Treibhausgasemissionen reduzieren wollen. Es will aber nichts unternehmen um das zu ändern.

Zu 1a): Das folgende Zitat aus dem Acatech-Papier
„Obwohl der Wissensstand der Klimaforschung mittlerweile weit entwickelt ist, kann sich die Einschätzung bezüglich Detektion und Attribution zukünftig zumindest theoretisch noch ändern.“
belegt Hans von Storchs – einem der ausgetretenen Klimawissenschaftler – Aussage: „Es wurden ständig Vorbehalte zum „Stand der Wissenschaft“ formuliert.“
Damit ist auch die Interview-Aussage von Reinhard Hüttl – dem Vorsitzenden der Acatech – in Frage gestellt:
(Zitat) „Auslöser des Konflikts waren Formulierungen in einem früheren Entwurf der Studie über die Bewertung der physikalischen Klimaforschung. Auf einer Sitzung der 39-köpfigen Projektgruppe im Mai 2012 sollte dieser Entwurf diskutiert werden. Die vier Wissenschaftler sind dazu nicht erschienen und haben ihre Einwände schriftlich geliefert. Die Projektgruppe hat die Desiderate der vier Forscher in den Text eingearbeitet.“

Fazit: Das Actatech-Papier „POSITION“ zieht Ergebnisse der Klimawissenschaft in Zweifel und fixiert sich auf Klimaadaption. Acatech bedeutet Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Das gibt ein seltsames Bild der deutschen…

Herr Bühler,
Extreme Pegelstände wie im Jahr 1342 sind definitionsgemäss extrem selten, sie liegen am „langen Ende“ der statistischen Verteilung, mit ganz wenigen Ereignissen, deshalb: „Jahrtausendhochwasser“.
Infolge des Anstiegs der mittleren Temperatur verschiebt sich die statistische Verteilung, was vorher extrem selten war, wird weniger selten, häufig oder sehr häufig, siehe dazu den im Beitrag zitierten IPCC SREX Bericht Seite 19.
Das stellt eine Anpassungsstrategie vor erhebliche Probleme. Wie wahrscheinlich ist in 30 Jahren ein Jahrtausendhochwasser? Die Städtebauexperten sprechen im acatech Bericht von der Notwendigkeit, die Abwasserleitungen für grössere Mengen auszulegen. Welches Emissionsszenario soll dafür verwendet werden? Wie oft dürfen Städte oder wichtige Infrastrukturbereiche auch nach Anpassungsmassnahmen noch überschwemmt werden?
Eine ernsthafte Anpassungsstrategie müsste sich diesen Fragen stellen und ihnen nicht mit dem Diktum „beherrschbar“ ausweichen.

Schauen wir uns doch einfach die wissenschaftlichen
Qualifikationen der Acatech Verantwortlichen an.

Seite 6
uebrigens schon sehr interessant

Projekt

Steuerungsgruppe (was das wohl ist?)

und
Projektgruppe..

weiter braucht man eigentlich nicht zu lesen..
smile

Herr Bühler,
Herr Becker, einer der zurückgetretenen Klimaforscher begründet seinen Rücktritt so: „Natürlich kann sich Deutschland relativ gut an den Klimawandel anpassen, aber die Frage ist, kann man das ohne den internationalen Kontext überhaupt so betrachten. Ich glaube nein, Deutschland ist da nicht alleine, und wenn wir die Treibhausgasemissionen nicht vermindern, und wenn wir nicht weltweit Anpassungsbemühungen richtig durchführen können, dann werden wir nach meinem Verständnis ein Riesenproblem bekommen, und grad die Diskussion um die Beherrschbarkeit hätte ich mir anders gewünscht.“ Seine Kollegen haben sich ähnlich geäussert.

Sehr geehrter Herr Prof. Knutti

einverstanden, es gibt hunderte von Studien, die sich mit dem menschlich verursachten Anteil am beobachteten Klimatrend der vergangenen rund 150 Jahre beschäftigen. Allerdings – die Bandbreite der dabei ermittelten Ergebnisse könnte nicht breiter sein. Sie reicht von „kein messbarer Anteil“ über „geringfügig“ und prozentuale Anteile bis hin zu 100%. Weder die Forschung noch die Debatte darüber sind abgeschlossen. Es gibt den in dieser Frage oft behaupteten Konsens nicht.
Das acatech-Projekt, das sich nicht primär mit den Grundlagen sondern mit den möglichen Folgen des Klimawandels (egal welcher Natur) auseinandersetzt, notiert daher die bestehenden Unsicherheiten zu Recht, denn selbst wenn es einen globalen CO2-Emissionsregler gäbe und wir nach Belieben daran drehen könnten, wären wir weder in der Lage …

… global und gleichmässig, d. h. von Kuala Lumpur bis Jakutsk usw. usf. für ein wärmeres oder kühleres Klima zu sorgen.

… die Häufigkeit oder die Stärke von Wetterereignissen zu bestimmen.

Die acatech gewichtet die Anpassung deshalb stärker, weil die postulierte, aber bis dato nicht quantifizierbare Erhöhung der globalen Mitteltemperatur durch menschliche CO2-Emissionen hinsichtlich der ggf. eintretenden klimatischen Bedingungen an irgend einem Punkt oder in irgendeiner Region der Erde keine verbindlichen Aussagen zulässt, – und schon gar nicht zu den chaotisch entstehenden Wetterbedingungen.

Verbindliche Aussagen liefert dagegen der Blick auf historische Extremwetterereignisse. Sie liefern konkrete Anhaltspunkte, womit u. U. zu rechnen ist und worauf wir uns regional vorbereiten sollten. Ein forcierter CO2-Exorzismus dagegen bildet keinen tauglichen Ansatz, diesen Herausforderungen zu begegnen. Er nährt vor dem Hintergrund der grossen natürlichen Klimavariabilität und extremen Wetterereignissen bloss Illusionen.

Lieber Herr Bühler,

Sie schreiben: „Dass es die acatech an Seriosität und Verantwortung fehlen liesse, ist nicht nachzuvollziehen, im Gegenteil. Man könnte ihr eher vorwerfen, zu wenig skeptisch zu sein, was die Hypothese eines alarmierenden, menschlich verursachten Klimawandels anbelangt.“

acatech: „Die Verteilung des Anteils der dekadischen Klimavariabilität und externer Einflussfaktoren (Treibhausgase, Sonnenaktivität, Vulkanausbrüche, Landnutzung und ihre Änderungen) am beobachteten Klimatrend der vergangenen rund 150 Jahre ist nicht bekannt.“

Eine (falsche) Behauptung ohne Begründung. Dazu gibt es hunderte von Studien. Aber der Quantifizierung des menschgemachten Anteils zur Klimaänderung widmet der Bericht ganze 150 Wörter, und keine einzige Referenz. Wahrhaft bescheidene Ansprüche an Seriosität…

Sehr geehrter Prof. Ragaller

dass es die acatech an Seriosität und Verantwortung fehlen liesse, ist nicht nachzuvollziehen, im Gegenteil. Man könnte ihr eher vorwerfen, zu wenig skeptisch zu sein, was die Hypothese eines alarmierenden, menschlich verursachten Klimawandels anbelangt.
Einsichtig sind dagegen die Überlegungen, was zu tun sei. Die acatech erkennt pragmatisch Handlungsbedarf in Sachen Anpassung. Sehr zu recht. Um ein Beispiel zu erwähnen: besuchen Sie mal in Frankfurt a. M. den Eisernen Steg und schauen Sie sich die historischen Hochwassermarkierungen an:

http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=10095651

Sie dürfen auch überlegen, weshalb die AKWs der Schweiz den Nachweis erbringen sollen, ein 10’000-jährliches Hochwasser unbeschadet zu überstehen. Ganz einfach, weil solche Extremereignisse jederzeit eintreten können. Es gab sie bei geringerem CO2-Atmosphärengehalt – und es wird sie auch künftig geben. Die Vorstellung, eine Verringerung der CO2-Emissionen, zumal im nationalen oder europäischen Alleingang, würde uns vor meteorologischen Extremereignissen bewahren, gleicht mit Blick auf die Geschichte einer unverantwortlichen Selbsttäuschung.

Wenn der New Yorker Bürgermeister heute laut „Klimawandel“ schreit, lenkt er schlicht ab von den Versäumnissen seiner Behörden, sich auf solche Ereignisse vorzubereiten. Ein Blick in die Geschichte würde ihn das Fürchten lehren.

Der Rücktritt der 4 Klimaforscher aus dem acatech-Projektteam hat im Übrigen mehr mit Politik und persönlichen Animositäten zu tun als mit Wissenschaft. Immerhin wurde das Positionspapier – anders als etwa der IPCC-Bericht AR4 – nicht teilweise von Studenten oder NGO-Vertretern verfasst, wie sich Seite 6 des Papiers entnehmen lässt.

Ja, stellen wir uns auf Klimaänderungen ein, aber hören wir auf so zu tun, als könnten wir sie und „nichtlineare Vorgänge“ tatsächlich steuern.

Der Klimawandel als echt globales Problem

Verzicht auf Treibhausgasemssionen und Anpassung an den treibhausbedingten Klimawandel werden immer als gleichberechtigte und gleichzeitig zu verfolgende Optionen dargestellt.

Doch in einem Szenario a la Gefangengendilemma, wo sich also Zusammenarbeit nur dann lohnt, wenn die meisten anderen Partner (hier Länder) kooperieren, müssten die meisten kühlen Strategen zum Vorziehen der Anpassungstrategie neigen. Wer nämlich Geld für den Verzicht auf Treibhausgasemissonen ausgibt hat davon nur dann etwas, wenn das andere auch tun oder mindestens die eigene Vorleistung nicht ausnutzen. Ein rein egoistisch operierendes Land wird die anderen Länder dazu auffordern, möglichst viel Treibhausgase einzusparen, wird aber selber sein ganzes Geld in die Adpation an die zu erwartenden Klimaänderungen investieren.

Heute ist der Klimawandel im Bewusstsein der Meisten noch kein wirkliches Thema von vitaler Bedeutung. Vielmehr dominieren Lippenbekenntnisse. Doch das könnte sich schon bald ändern. Je mehr sich die IPCC-Szenarien nämlich bestätigen, desto wahrscheinlicher und glaubhafter werden sie und desto wichtiger wird die eigene Position einer Nation zum Klimawandel.

Der inhärente Konflikt zwischen dem Wagnis der kooperativen Vorleistung, die möglicherweise von andern ausgenutzt wird und dem Handeln nur im Eigeninteresse, muss meiner Ansicht nach durch eine globale neue Instanz gelöst werden die das gemeinsame Interesse wahrnimmt. Das wird wohl eine UNO-Behörde sein, die Weisungsrecht hat.
Heute sind wir aber noch weit davon entfernt und Rio+20 hat sogar deutlich gezeigt, dass die Ländermehrheit die Priorität nicht beim Klimawandel sondern bei der Entwicklung sieht.

Sehr geehrter Herr Professor Ragaller,
Das Acatech-Fazit «Die Auswirkungen des Klimawandels sind in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte in der Regel beherrschbar» trifft mit einiger Wahrscheinlichkeit für die nächsten 5 Jahrzehnte zu, denn Deutschland ist voraussichtlich nicht das Land, das am meisten unter den Klimaveränderungen leiden wird. Wenn sogar Deutschland den Klimawandel nicht beherrschen könnte, müsste der Klimawandel für viele andere Länder katastrophale Auswirkungen haben.
In Scilogs werden im Artikel Alles nur halb so schlimm? Oder: Warum Klimaschutz vor Klimaanpassung gehen muss! folgende problematische Punkte des Acatech-Berichts thematisiert
1) Der Acatech-Bericht stellt Anpassung an den Klimawandel vor Klimaschutz, will also mehr in Anpassungsmassnahmen anstatt in Klimaschutzmassnahmen (weniger Treibhausgasemissionen) investieren
2) Der Acatech-Bericht betont sogar die Chancen des Klimawandels: „Gleichzeitig ergeben sich aus dem Klimawandel auch Chancen, die es zu nutzen gilt.“
3) (Zitat)„Die gleichrangige Behandlung von Klimaschutz („Mitigation“) und Klimaanpassung („Adaptation“) führt in den internationalen Verhandlungen in ein soziales Dilemma“

Ein Umschwenken von Mitigation zu Adaption ist aber sogar in den UNO-Klimaverhandlungen festzustellen. Darüber berichtete Professor Lucas Bretschger unter dem Titel UN-Klimakonferenz: Alles hat seine Zeit, wo er feststellt:„Entscheidungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels scheinen in Durban einfacher zu erreichen, als Entscheidungen zur Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen.“
Fazit:Global wirkender Klimaschutz (z.B. Preis auf CO2) gibt es noch nicht.

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