ETH-Klimablog - Wohnen & Städtebau - Raumentwicklung: Stärkung des Schweizer Städtenetzes

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Raumentwicklung: Stärkung des Schweizer Städtenetzes

08.11.2012 von

Die Schweiz als kleines Land inmitten Europas steht vor grossen Herausforderungen in der Raumentwicklung. Sie betreffen beispielsweise die voranschreitende Zersiedelung des Landes oder überbordende Verkehre in Agglomerationen und Transiträumen.

Zersiedelung des Landes als Herausforderung

Übermässige Eingriffe in Städte und die gewachsenen Kulturlandschaften können Qualitäten zerstören, die für die Attraktivität des Landes – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – von grosser, wenn nicht von zentraler Bedeutung sind. Ein immer ähnlicheres Erscheinungsbild der Agglomerationen durch Zersiedelung bedroht die Vielgestaltigkeit auf überschaubarem Raum und damit auch die Identität von Städten und Regionen. Beides sind jedoch wichtige Standortvorteile der Schweiz in der internationalen Konkurrenz um Erholungssuchende, Besucher und zukunftsweisende Investitionen.

Bild 1: Raumentwicklung am Beispiel Limmattal: Blick über Spreitenbach Richtung Baden 1954 und 2007

Stärkung Städtenetz Schweiz

Um die Attraktivität der Schweiz zu erhalten, ist die weitere Stärkung des Netzwerkes von Städten und Orten nötig. Dessen Rückgrat ist der dicht vertaktete öffentliche Verkehr, der in der Schweiz einen sehr hohen Stellenwert geniesst. Eine Auflösung des an sich hervorragenden Netzwerkes durch Zersiedlung und ungenügende Kapazitäten des öffentlichen Verkehrs hätte fatale Folgen für den Zusammenhalt des Landes und seine wirtschaftliche Prosperität.

Es ist wichtig, die Schweiz mit ihren acht Millionen Einwohnern zu stärken durch geeignete Kooperationen und Netzwerke, in denen Städte und Regionen ihre speziellen Eigenheiten und Beiträge einbringen können. Dies hilft, eine Überlastung der Zentren zu vermeiden, wie sie für viele grosse europäische Metropolen und Megastädte typisch ist.

Bild 2: Das Netzwerk von Städten und Orten der Schweiz (Quelle: IRIL ETH Zürich, Professur für Raumentwicklung)

Hauptlebensraum Mittelland

Durch eine Stärkung des Netzwerks entstünde im Hauptlebensraum der Schweiz, dem Mittelland vom Genfersee bis Bodensee, eine leistungsfähige und Ländergrenzen überschreitende Grossregion mit mehr als fünf Millionen Einwohnern. Die alpinen Gebiete, das Jura und das Tessin wären über leistungsfähige Verkehrsverbindungen mit dem Hauptlebensraum verbunden und entwickelten ihre eigenen räumlichen Beziehungen zu den angrenzenden Ländern weiter.

Innenentwicklung vor Aussenentwicklung!

Diese grundsätzliche Stossrichtung der Raumentwicklung verlangt eine tiefgreifende und durchgehende Ausrichtung der Siedlungsentwicklung nach Innen. Es gilt die inneren Reserven der bestehenden Siedlungen zu nutzen, ehe neue «Grüne Wiese» eingezont wird. In der Schweiz mit ihren Bergen, Wäldern und Seen lassen sich prinzipiell nur rund 30 Prozent der gesamten Landesfläche (von 41’000km2) für Siedlungszwecke, Landwirtschaft und Erholung nutzen. Berücksichtigt werden müssen auch die Erfordernisse der Landwirtschaft und zunehmend die Reservation von Flächen zum Schutz vor Naturgefahren. Wie in anderen Ländern auch, gilt es dabei die Folgen des Klimawandels für die räumliche Entwicklung zu bedenken.

Bild 3: Testplanungsgebiet Unteres Reusstal Kanton Uri

Forschungslabor Raum

Wir von der Professur für Raumentwicklung unterstützen mit unseren Forschungen und Kooperationsprojekten die nach Innen gerichtete Siedlungsentwicklung in vielfältiger Weise. So erarbeiteten wir im Rahmen der «Raum+»-Forschungen Übersichten über die möglichen Siedlungsflächen verschiedener Kantone. Ein nächstes Ziel ist eine vergleichbare landesweite Übersicht. Im Rahmen von Testplanungen erarbeiten wir zudem räumliche Strategien für besonders herausfordernde Raumentwicklungen, zum Beispiel im Unteren Reusstal im Kanton Uri (siehe Bilder 4 und 5).

Bild 4: Modellversuch Raum+ Schwyz: Siedlungsflächenreserven 2010

Bild 5: Veranschaulichen der Siedlungsflächenreserven. Modellversuch Raum+ Schwyz

Welche weiteren Forschungs- und Projektarbeiten im Netzwerk Stadt und Landschaft (NSL) aktuell laufen, erfahren Sie an der «NSL Werkdiskussion». Ich und meine Kolleginnen und Kollegen berichten persönlich über unsere aktuellen Arbeiten. Die Werkschau findet am 12. November 2012 statt. Anlass ist das 10 Jahre Jubiläum unseres Netzwerks. Zu diesem gehören über 120 Mitarbeitende in fünf Instituten, die aktiv zu unserem Lebensraum forschen und täglich ihr Wissen an Studierende und weitere Interessierte weitergeben. Im Netzwerk arbeiten Disziplinen aus Städtebau, Soziologie, Verkehrsplanung, Raum- und Landschaftsentwicklung sowie Landschaftsarchitektur eng zusammen.

Zum Autor

Bernd Scholl ist Professor für Raumentwicklung an der ETH Zürich. Er ist Leiter des «NSL – Netzwerk Stadt und Landschaft» der ETH Zürich.

Veranstaltungshinweise: NSL-Werkdiskussion und Treffpunkt Science City
  • «NSL-Werkdiskussion»: Zum 10Jahre-Jubiläum des Netzwerks Stadt und Landschaft findet am 12. November 2012 eine Werkdiskussion statt. Die Professorinnen und Professoren stellen persönlich ihre aktuellen Forschungs- und Projektarbeiten vor. Weitere Informationen auf www.nsl.ethz.ch. Eine Anmeldung ist möglich über Claudia Gebert.
  • «Treffpunkt Science City»: Am Sonntag, 18. November 2012, findet ein «Treffpunkt Science City» zum Thema «Stadt Schweiz – Raumplanung» statt. Weitere Informationen auf www.treffpunkt.ethz.ch
Lesetipp

ETH Life, 5. November 2012, Interview mit Bernd Scholl «Innenentwicklung vor Aussenentwicklung»





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