ETH-Klimablog - Klimaforschung - Hurrikan Sandy und der Nutzen von Klimaprognosen

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Hurrikan Sandy und der Nutzen von Klimaprognosen

31.10.2012 von

Meteorologen hatten den Hurrikan Sandy im Vorfeld als Monstersturm bezeichnet. Tatsächlich hat Sandy eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Können Klimamodelle mit der gleichen Genauigkeit Voraussagen zur Entwicklung des Klimas machen wie Wettermodelle zum Wetter?

Mindestens seit letztem Donnerstag zeigten die Wettermodelle, dass sich der tropische Wirbelsturm Sandy in Kombination mit einer Kaltfront zu einem Sturm von unvorstellbarem Ausmass entwickeln und grosse Teile der US Ostküste treffen wird. Evakuierungen wurden angeordnet, Notstände ausgerufen und ein Krisenmanagement etabliert – lange bevor der Sturm an Land kam. Entscheidungsgrundlage dafür waren Computermodelle. Und es war keine Frage, dass man die Voraussagen sehr ernst nahm. Zum Glück: Der Sturm entwickelte sich ziemlich genau wie vorausgesagt. Eine Katastrophe – aber die Modellvoraussagen haben viele Menschenleben gerettet.

Klimamodelle als akademische Spielerei?

Sind die Voraussagen der Klimamodelle richtig, weil die Wettermodelle gut sind? Nicht unbedingt. Für das Jahr 2100 interessiert uns nicht, ob der Sturm an Halloween kommt oder eine Woche vorher. Wir wollen nur wissen, ob und wie sich die Häufigkeit von solchen Stürmen ändert. Während bei der Wettervorhersage die aktuelle Wettersituation («Anfangswerte») entscheidend ist, bestimmen die Randbedingungen die langfristigen Trends. Zu den Randbedingungen gehört zum Beispiel der Anstieg der CO2-Konzentration. Dennoch basieren Wetter- und Klimamodelle auf den gleichen physikalischen Grundlagen. Wären die Klimamodelle völlig falsch, wäre es deshalb erstaunlich, dass man Sandy voraussagen konnte.

Klimamodelle: Fortschritt oder nicht?

Trotzdem die Frage: Wie gut sind Voraussagen von Klimamodellen? In gleich drei neuen Studien in Nature Climate Change zeigen wir, dass die Antwort je nach Fragestellung ganz anders ausfällt.

Studie 1: Robuste Voraussagen von Hitzestress

Erstaunlicherweise sind es gerade Voraussagen zur gesundheitlichen Belastung von Hitzewellen (Hitzestress), die robust und relativ sicher sind1. Der Hitzestress ist durch die Temperatur, aber auch durch die Feuchte bestimmt. Sicher kennen Sie das: Trockene Hitze ist leichter zu ertragen als feuchte Hitze.

Die Modelle, die eine höhere Feuchte berechnen, zeigen weniger Erwärmung, diejenigen mit weniger Feuchte zeigen mehr Erwärmung. Kombiniert man die beiden Grössen, zeigen alle Modelle eine ähnliche  Zunahme des Hitzestresses. Man erhält daher eine sicherere Voraussage für den Hitzestress als für die einzelnen Komponenten Temperatur und Feuchte. Um das Risiko für Hitzeschlag während Hitzewellen zu bestimmen, sind die Modelle also durchaus tauglich.

Studie 2: Unsicherheiten sind nicht kleiner geworden

In anderen Bereichen sieht es schwieriger aus. In den neusten Klimamodellen sind die Vorhersagen von Temperatur und Niederschlag sehr ähnlich wie in den älteren Modellen. Dies ist positiv zu werten. Aber die Unsicherheiten sind nicht kleiner geworden2. Trotz fünf Jahre Entwicklungsarbeit und grösseren Computern ist die Unsicherheit für lokale Voraussagen also nicht geschrumpft. Aus der Perspektive der Klimaanpassung ist man versucht zu sagen, dass es keinen Fortschritt gegeben hat. Dies ist eine zu enge Sichtweise: Die neuen Modelle beschreiben mehr Prozesse und dies in realistischerer Weise. Wir sind also sicherer, dass wir alle wichtigen Prozesse berücksichtigt haben, und dass die Voraussagen robust sind. Die grossen Züge der Voraussagen zur Klimaänderung bestätigen sich also einmal mehr. Dieses Wissen genügt, um zu entscheiden, dass es sowohl Massnahmen gegen als auch Anpassungsstrategien an die Klimaerwärmung braucht.  Die perfekte Voraussage – um Anpassungsstrategien bis ins kleinste Detail zu optimieren –  wird jedoch auch in ein paar Jahren nicht Realität sein.

Studie 3: Das Wetter bleibt zufällig

Währenddessen die Unsicherheit in den Modellen mit Hilfe weiterer Forschung im Prinzip beseitigt werden kann, bleibt die natürliche Variabilität nicht voraussagbar3. Der menschgemachte langfristige Klimatrend kann potenziell bestimmt werden, wird aber überlagert vom Wetter: Die gleichen Zirkulationsmuster in der Atmosphäre, die einmal einen Winter ohne Schnee und einmal einen Lawinenwinter verursachen, bringen auch eine Zufallskomponente über die nächsten Jahrzehnte. Diese Zufallskomponente ist besonders in den mittleren Breiten ausgeprägt, in den Tropen hingegen viel kleiner. Der Wunsch nach und damit die Tendenz zu Voraussagen für kürzere Zeiträume (einige Jahrzehnte statt Jahrhunderte) und für lokale Skalen ist verständlich, wenn es darum geht, Anpassungsstrategien zu entwickeln. Man muss jedoch beachten, dass die Zufallskomponente – relativ zum Trend gesehen – bei Voraussagen für die nächsten Jahrzehnte grösser ist als bei solchen für das Jahr 2100.

Die Frage ist entscheidend

Wir werden oft gefragt, ob unsere Modelle gut oder richtig sind. Aus meiner Sicht ist das die falsche Frage. Ein Modell ist zwingend eine Vereinfachung der Realität, und damit immer zu einem gewissen Grad «falsch». Eine sinnvollere Frage ist, ob ein Modell für einen bestimmten Zweck geeignet ist.

Wettermodelle sind geeignet, um einen Sturm über drei Tage vorauszusagen, aber nicht über drei Wochen. Das wissen wir aus der Erfahrung hunderter vorausgesagter Stürme. Das Verifizieren von Klimamodellen ist schwieriger. Die Klimamodelle machen eine Voraussage über Bedingungen, die es in naher Vergangenheit nie gegeben hat4. Wir Klimaforscher arbeiten deswegen oft mit Angabe von Wahrscheinlichkeiten. Die Quantifizierung von Unsicherheiten in Klimavoraussagen bleibt eine grosse Herausforderung. Mindestens so wichtige Fragen sind, welche Information die Gesellschaft für die Anpassung an den Klimawandel braucht, wie diese am besten kommuniziert wird, und wie sie in Entscheidungen einfliesst. Was beim Sturm Sandy Routine, ist beim Klima weitgehend Niemandsland.

Literaturhinweise

1 Fischer und Knutti (2012) Nature Climate Change

2 Knutti und Sedlacek (2012) Nature Climate Change

3 Deser et al. (2012) Nature Climate Change

4 Knutti (2008) Phil. Trans. R. Soc.

Zum Autor

Reto Knutti ist Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

Lesetipp der Redaktion

Wie genau sind die Klimamodelle der neusten Generation? Der ETH-Klimaphysiker Reto Knutti verglich sie mit alten Modellen und zieht ein differenziertes Fazit: Die Klimamodellierung habe in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht, man müsse sich aber auch ihrer Grenzen bewusst sein, sagt er. Mehr im ETH-Life-Artikel «An den Grenzen der Klimamodelle» vom 5. November 2012





Kommentare (18) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen

Sehr geehrter Prof.Knutti

einverstanden – um zu erkennen, dass es einen lokalen/regionalen – anthropogenen – Klimawandel gibt, dafür brauchen wir nicht weitere 50 Jahre. Wir wissen es seit 50, 500 und mehr Jahren. Es ist wärmer in den Städten als auf dem Land. Es ist wärmer in einem Haus als unter offenem Himmel.

Was wir durch Bau- und Industrietätigkeit, Infrastruktur, Versorgung, Konsum etc. an Stoffen emittieren, mag aus reinlichen Überlegungen unerfreulich sein. Wie alle anderen Lebewesen auch produzieren wir beim lebensnotwendigen Energieumsatz stoffliche Spaltprodukte. Das ist der ökologische Preis dafür, dass es uns besser geht, dass wir besser versorgt sind, länger leben, Sicherheit und Wohlstand geniessen. Eine Entwicklung, die letztlich auch für bessere Umweltbedingungen und Naturschutz sorgt, weil wir sie uns – im Unterschied zur schweizerischen Gesellschaft des 19. Jh. und vielen Entwicklungsländern, die heute dort stehen, wo wir mal standen – leisten können.

Und nein, ich halte meine Interpretation Ihrer jüngsten Arbeit nicht für irreführend. Die interne Variabilität des Klimasystems ist DAS Thema der gegenwärtigen Debatte. Es gibt bis dato keinen empirisch erbrachten Beweis für die AGW-Hypothese, kein klar identifiziertes anthropogenes Signal im globalen Klimageschehen. Die Vermutungen verlieren sich im statistischen Rauschen. Eine anhaltende Herausforderung für Sie und Ihre Fachkollegen.

Die politische Frage lautet, ob sich auf dieser wackligen Grundlage wissenschaftlicher Unsicherheit ein sauteurer, Wohlstand und Energieversorgung gefährdender Wirtschaftsumbau rechtfertigt, der bisher mehr Schaden anrichtet, als er Nutzen leistet.

Was eigentlich liefern der angebliche Konsens und die Modelle tatsächlich …

http://judithcurry.com/2012/10/28/climate-change-no-consensus-on-consensus

http://judithcurry.com/2012/11/09/climate-model-discussion-thread

Wie Knutti et. al im Papier
Early onset of significant local warming in
low latitude countries
zeigt, sind gerade auch Länder in niedrigen Breiten von der Klimaerwärmung betroffen, kommt es in diesen Ländern doch schnell zu Temperaturanstiegen in der Grössenordnung der jahreszeitlichen Temperaturschwankungen.

In Ländern höherer Breiten sind die absoluten Temperaturänderungen jedoch deutlich grösser, was beispielsweise in Kanada die Vegetationsperiode verlängert mit dem Effekt, dass Der Klimawandel die Farmpreise in Kanada mehr als verdoppelt.
Das wäre ein Beispiel für eine positiven Effekt der Klimaerwärmung und passt gut zum Artikel von Professor Lehman Klimaschutz entschärft künftige Ernährungsprobleme, wo er in Bezug auf den breitengradabhängigen Einfluss der Klimaerwärmung schreibt (Zitat)“ Die Resultate zeigen, dass die Bodenfruchtbarkeit in 40 bis 60 Jahren auf Breitengraden nördlich des Mittelmeers zwischen 5 und 25% zunehmen und südlich des Mittelmeeres um 5 bis über 25% abnehmen wird. Der Schwerpunkt der Produktion von Nahrungsmitteln wird sich somit von den südlichen in die nördlichen Breitengrade verschieben.“

Der Klimawandel verschärft damit die bereits vorhandene Nord-Süd- Entwicklungskluft.

Lieber Herr Bühler,

Ihre Interpretation von unserer Arbeit ist irreführend, und Pielke’s Twitter eine Bestätigung, dass eine Einschätzung eines Papers in 100 Zeichen kaum möglich ist.
Tatsächlich ist es schwierig, an einen einzelnen Ort einen signifikanten menschgemachten Trend festzustellen. Das haben wir vor kurzem für Temperatur und Niederschlag gezeigt (http://www.iac.ethz.ch/people/knuttir/papers/mahlstein11erl.pdf, http://www.iac.ethz.ch/people/knuttir/papers/mahlstein12grl.pdf). Aber das bedeutet nicht, dass nirgends etwas passiert, sondern nur dass die Variabilität lokal hoch ist und das Verhältnis des Trends zur Variabilität klein ist. Betrachtet man dies aber auf grosser Skala, dann ist das anders. Die beobachtete Erwärmung wurde schon vor vielen Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Menschen zugeordnet. Obwohl es an wenigen Orten lokal signifikante Trends in Niederschlag gibt, hat man den anthropogenen Einfluss 2007 festgestellt (Zhang, Nature). Wir wissen also nicht exakt an welchem Ort die Erwärmung wie gross ist, aber im Mittel ist sie klar.

Eine Analogie: Leben die Leute heute länger als früher? Schreiben Sie für Ihre Verwandtschaft auf wie lange die Leute gelebt haben. Vermutlich werden Sie keinen klaren Trend feststellen, weil die Anzahl Leute zu klein ist und die Variationen von Person zu Person gross. Fast jede(r) von uns wird für seine eigene Verwandtschaft allein zu diesem Schluss kommen. Daraus zu schliessen, dass es keinen Trend gibt, und dass sich keine Massnahmen aufdrängen, wäre jedoch falsch. Es ist statistisch klar dass die Menschen älter werden (detection), man muss nur die Daten über ein Land aggregieren. Wir verstehen auch dass die Medizin dazu beigetragen hat (attribution), und wir ergreifen auch Massnahmen um mit dieser Veränderung der Alterspyramide umzugehen (Finanzierung AHV).

Wir brauchen nicht weitere 50 Jahre um den anthropogenen Klimawandel festzustellen, wie haben ihn mit über 90% Wahrscheinlichkeit schon…

Lieber Herr Ragaller,

Es gibt viele Studien dazu. An vielen Orten erwartet man eine zunehmende Sommervariabilität und abnehmende Wintervariabilität, aber die Details sind stark abhängig vom Ort.

Literatur:
De Vries GRL 2012, doi:10.1029/2011GL0506654
Parei Cl. Dyn. 2010, DOI 10.1007/s00382-009-0557-0
Räisänen J. Climate 2002
Schär Nature 2004, doi:10.1038/nature02300
Clark J. Climate 2006
Fischer Cl. Dyn. 2009, DOI 10.1007/s00382-008-0473-8

Sehr geehrter Herr Knutti
gibt es in den Simulationen Anzeichen, dass die natürliche Klima-Variabilität ähnlich wie die Wetter-Variabilität durch den Anstieg der mittleren Temperatur an Amplitude zunimmt oder sich sonst verändert? Erwarten Sie solche Effekte?

Sandy konnte New York nur so zusetzen, weil grosse Teile New Yorks ans Meer grenzen. Die geschätzten Schäden von 50 Milliarden Dollar sind so hoch
1) Weil in New York der Wert von exponierten Gebäuden zwischen 2001 und 2012 um 40% zunahm
2) Weil der Meeresspiegel bereits im 20. Jahrhundert mehr als 20 Zentimeter anstieg, deutlich mehr als im 19. Jahrhundert

Die gesamte US-Ostküste (an der auch New York liegt) ist zudem stärker vom Meeresspiegelanstieg betroffen als andere Küsten.
Vom New York Departement of Environmental Conservation wird im „Schwacher-Anstieg-Szenario“ bis 2050 ein Meeresspiegelanstieg von 20 Zentimeter und bis 2080 ein Anstieg bis 50 Zentimeter erwartet. Wie die Meeresanstiegkarte für New York zeigt wird das nur wenig NewYorker Boden dauerhaft unter Wasser setzen, doch das Risiko bei Flutereignissen steigt stark an: „Were sea levels to rise four feet by the 2080s, for example, 34 percent of the city’s streets could lie in the flood-risk zone, compared with just 11 percent now“

All dies spricht dafür, dass New York sich mindestens ein System von Flutwehren anschafft (eine eigentliche Eindämmung mit Poldern ist erst später nötig). Der Artikel Battered New York City Looks
For Ways to Hold Back the Sea
erwähnt mehrere Projekte, die Flutwehere vorsehen. Eines von ARCADIS, welches ein schiffsgängiges Flutwehr über den Verrazano Narrows vorsieht würde zwischen 10 und 20 Milliarden Dollar kosten, weniger als die Sturmschäden von Sandy. Doch US-Städte tun sich schwer, in Infrastruktur zu investieren, was viele als Zeichen des US-Niedergangs sehen.

@ Knutti

„Mindestens so wichtige Fragen sind, welche Information die Gesellschaft für die Anpassung an den Klimawandel braucht, wie diese am besten kommuniziert wird, und wie sie in Entscheidungen einfliesst“

Ihr Wort (hoffentlich) in unserer Politiker Ohren …

In Ihrem neuen, soeben bei NATURE erschienenen Papier „Communication of the role of natural variability in future North American climate“, zeigen Sie und Ihre MitautorInnen auf, wie schwierig regionale Klimaprognosen sind …

http://www.nature.com/nclimate/journal/v2/n11/full/nclimate1562.html?WT.ec_id=EXTERNAL&WT.mc_id=EMX_NatureClimate_1211_NovContent

Nach Einschätzung von Roger Pielke Jr. belegen Ihre Ergebnisse, dass es – aufgrund der natürlichen Variabilität – während der nächsten 55 Jahre schwierig sein wird, einen menschlich verursachten Klimawandel festzustellen („New Nature CC paper, over next 55 years it may be difficult to detect human caused clim chg due to climate variability“ – http://twitter.com/RogerPielkeJr/status/265893609688158208 )

Nimmt man die offenkundigen Schwierigkeiten bei der Modellkonstruktion dazu, darunter z. B. die Annahmen betr. Feedbacks, aber auch hinsichtlich der tatsächlichen globalen Mitteltemperatur, die erhebliche methodische Mängel aufweist, stellt sich die Frage, auf welcher Basis die Politik ihre Entscheidungen eigentlich treffen soll.

Wenn es nicht gelingt, im Rahmen der natürlichen Klimaschwankungen zweifelsfrei ein anthropogenes Signal zu identifizieren, sind nicht nur der angebliche „Konsens“, sondern auch die angepeilten Massnahmen hinfällig. Es blieben Zeit und Mittel für die Entwicklung neuer Energieträger und für regionale Anpassungen an meteorologische Extremereignisse.

Überraschende Nachrichten. Wird interessant sein zu sehen, wie rasch sie in die Öffentlichkeit und und zu den zuständigen Behörden und Politikern dringen.

Sehr geehrter Her Prof. Knutti

Die beiden letzten Sätze Ihres SRE-Zitates belegen, dass eine Verknüpfung von (anthropogenem) Klimawandel mit der Häufigkeit und der Heftigkeit von Wirbelstürmen kaum möglich ist. Gewiss gibt es Wetterphänomena, die über einen beobachteten Zeitraum ab- oder zunehmen. Schwierig zu erkennen, wo sich vor dem Hintergrund der natürlichen Variabilität ein anthropgenes Signal zeigt, es sei denn z. B. in überbauten Gebieten wie Städten.
Nur bildet dort nicht die Erwärmung durch CO2 die entscheidende Rolle, sondern die veränderte Physik durch versiegelte Böden, Mauern usw. In Ihrem SREX-Zitat ist deshalb eingangs die Rede von anthropogenen Einflüssen, bezüglich eines Anstiegs des CO2-Atmosphärengehalts (unbestritten) und hinsichtlich einer Zunahme von Hitzetagen. Auch die ist lokal unbestritten, geht aber auf menschlich erzeugte Wärmeinseln wie Städte zurück. Das SREX-Zitat verknüpft sie nicht direkt mit CO2.

Sie schreiben „eine Verschiebung der Randbedingungen kann durchaus bestimmte Ereignisse seltener und andere häufiger machen, auch wenn das einzelne Ereignis nicht voraussagbar ist“

Einverstanden, eine Verschiebung der Randbedingungen, egal wie geringfügig, hat immer Einfluss, auch auf ein chaotisches, nicht berechenbares System. Wir wissen bloss nicht, in welcher Richtung.
Die Vorstellung, anthropogene CO2-Emissionen bildeten eine Art Drehregler, mit dem sich weltweit die Temperatur steuern und Unwetter vermeiden liessen, ist unhaltbar. Es gab historische Phasen mit tieferen CO2-Werten Phasen und deutlich mehr und heftigeren Stürmen.

Die Frage ist, was wir uns die „Verschiebung der Randbedingungen“ (2°-Ziel) kosten lassen wollen, wenn sie uns keinerlei Sicherheit vor Extremereignissen verspricht? Sollten wir uns nicht besser der Eindämmung der egal unter welchem Szenario unvermeidlich eintretenden Schäden zuwenden? Für beides wird das Geld nicht reichen …

Lieber Herr Bühler

Ohne Zweifel hat die Verwundbarkeit unserer Gesellschaft für extreme Wetterereignisse zugenommen (mehr Menschen und Infrastruktur). Aber Ihre Aussage zu IPCC SREX ist in dieser pauschalen Form nicht korrekt. Nicht alle Extreme nehmen zu, einige nehmen ab (Frosttage). Aber einige nehmen deutlich zu (Hitzetage z.B.), und bei einigen ist der menschgemachte Einfluss heute schon deutlich.

IPCC SREX: “There is evidence that some extremes have changed as a result of anthropogenic influences, including increases in atmospheric concentrations of greenhouse gases. It is likely that anthropogenic influences have led to warming of extreme daily minimum and maximum temperatures at the global scale. There is medium confidence that anthropogenic influences have contributed to intensification of extreme precipitation at the global scale. It is likely that there has been an anthropogenic influence on increasing extreme coastal high water due to an increase in mean sea level. The uncertainties in the historical tropical cyclone records, the incomplete understanding of the physical mechanisms linking tropical cyclone metrics to climate change, and the degree of tropical cyclone variability provide only low confidence for the attribution of any detectable changes in tropical cyclone activity to anthropogenic influences. Attribution of single extreme events to anthropogenic climate change is challenging.”

>Die Vorstellung, eine Reduktion der CO2-Emissionen würde schwere Stürme künftig verhindern, ist grober Unfug. Wetter ist in der Tat zufällig.

Wetter ist in der Tat zufällig. Aber eine Verschiebung der Randbedingungen kann durchaus bestimmte Ereignisse seltener und andere häufiger machen, auch wenn das einzelne Ereignis nicht voraussagbar ist.

Ob es zwischen Sandy und Klimawandel einen Zusammenhang gibt, ist aus meiner Sicht im Moment nicht zu beantworten. Das heisst nicht, dass es zwingend einen gibt, aber auch nicht dass es zwingend keinen gibt. Wir wissen es einfach nicht.

Von der Vielzahl von Artikeln finde ich folgende zwei interessant. Da kommen einige Experten zu Wort.

http://dotearth.blogs.nytimes.com/2012/10/30/two-views-of-a-superstorm-in-climate-context/

http://www.reuters.com/article/2012/10/31/us-storm-sandy-climate-idUSBRE89U1SE20121031

@ Prof. Knutti

„Messungen und Prozessverständnis“

Hier zwei neuere Arbeiten zum Thema …

http://iopscience.iop.org/1748-9326/7/4/044018

„most atmospheric models exhibit excessive tropical upper tropospheric warming relative to the lower-middle troposphere as compared with satellite-borne microwave sounding unit measurements“

http://www.agu.org/pubs/crossref/2012/2012GL053265.shtml

„… that the strength of the tropical low-cloud feedback predicted by the IPSL-CM5A model in climate projections might be overestimated by about fifty percent“

Diese Ergebnisse müssen mit Blick auf die bestehenden Unsicherheiten und die relativ kurze Dauer der Messreihen nicht der Weisheit letzten Schluss bilden. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Modelle offenbar zu Übertreibungen neigen.

Von generellem Interesse, weil in Beitrag 2 und zwei jüngeren Blogbeiträgen debattiert …

http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0277379110003185

http://neven1.typepad.com/blog/2011/08/arctic-tipping-point-may-not-be-reached.html

http://www.sciencemag.org/content/333/6043/747.abstract

Trotz des derzeit rund um Sandy aufkommenden Hypes, eine Art Rückfall in „finstere Zeiten“ vor Climategate, scheint auf dem Feld der Klimawissenschaften eine Rückkehr zu quasi „normalen“ Verhältnissen im Gange, indem auch kontroverse und AGW-kritische Arbeiten zur Publikation und in die Debatte gelangen. Hier in diesem Blog, bei Klimazwiebel und anderswo festzustellen.
Wäre erfreulich, wenn wenigstens dieser „Klimawandel“ sich künftig bestätigte.

Andeutungen, Raunen im Blätterwald … was aber hat der „Klimawandel“ tatsächlich zu tun mit Sandy?

Nichts oder wenig, – um es vorwegzunehmen. Dieser Auffassung sind nicht nur die führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet (siehe Linksammlung in Beitrag 3), auch der letzte IPCC-Bericht (SREX) verneint einen Zusammenhang.

Andrew Revkin (NYT), kein „Klimaskeptiker“ versucht die Balance zu halten …
http://dotearth.blogs.nytimes.com/2012/10/28/the-frankenstorm-in-climate-context/?smid=tw-share

Selbst in der Versicherungsindustrie gibt es keinen Konsens in dieser Frage. Karen Clark und Bill Keogh, Top-Spezialisten auf dem Gebiet, halten Distanz zur MunichRe, die letzten Monat einen sehr umstrittenen Bericht vorgelegt hatte … http://www.npr.org/2012/11/04/164185424/insurance-companies-rethink-business-after-sandy

Der erklärte AGW-Vertreter David Appell warnt davor, jedes extreme Wetterereignis mit dem „Klimawandel“ in Zusammenhang zu bringen, wie das inzwischen Mode („fashion“) geworden sei. Die (wissenschaftliche) Glaubwürdigkeit würde dadurch beschädigt …
http://davidappell.blogspot.ch/2012/11/fashionable-apocalypses.html

Die Trompeter des hysterischen Alarmismus können es dennoch nicht lassen, zu gross ist die Versuchung, das aktuelle Medieninteresse zu schüren und für die eigenen Zwecke zu nutzen.
Interessant ist dabei die taktische Verschiebung in der Kommunikation, von „Global Warming“ (die angekündigte Katastrophe zeichnet sich nicht ab) über „Klimawandel“ (die natürliche Variabilität erweist sich als grösser als die unterstellten menschlichen Einflüsse) – hin zu „Wetter = Klima“. Ein Ansatz, der sich nicht einmal mehr ansatzweise auf eine wissenschaftliche Basis beruft, wäre die doch hinderlich bei der Verbreitung apokalyptischer Botschaften.

Fazit: CO2-Emissionsvermeidung ersetzt die Anpassung an mögliche Extremereignisse nicht. Vorsorgeprinzip einmal richtig …

Lieber Herr Holzherr,
>Etwas schade finde ich, dass Klimamodelle eine so wichtige Rolle in der Klimatologie spielen. Noch aussagekräftiger und vertrauenswürdiger wären sehr exakte Messungen der Energiebilanz der Erde.

An diesen Messungen arbeitet man schon lange (z.B. http://ceres.larc.nasa.gov/). Aber Strahlungsmessungen sind schwierig, und auf einem Satelliten noch viel schwieriger, die interannuellen Variationen sind gross, und die Trends sind im Vergleich dazu klein. Man muss mehrere Jahrzehnte messen bis man zuverlässige Mittelwerte und Trends hat. Leider sagen die kurzzeitigen Variationen auch wenig über die langfristige Antwort aus (Wigley 1990 Nature).

Messungen sind absolut entscheidend, aber sie allein sagen wenig über Mechanismen und Prozesse aus. Im ersten Moment sind es einfach irgendwelche nackte Zahlen. Um sie zu verstehen und ihnen einen Wert zu geben, muss man sie mit Prozessverständnis verbinden. Während man dies früher mit Theorie, Bleistift und Papier getan hat, ist das beim Klima auf Grund der Komplexität des Systems immer schwieriger. Aber im Prinzip sind Modelle nichts anderes als eine quantitative Umsetzung von unserem Prozessverständnis. Sie helfen uns, die Messungen zu interpretieren, Hypothesen zu testen, und Zusammenhänge zu finden. Und nicht zuletzt erlauben sie uns in die Zukunft zu blicken, was mit Messungen allein auch nicht möglich ist.

Anstieg des Meerwasserspiegels..

hier noch was
The Fingerprints of Sea Level Change
Ein sehenswerter Vortrag von Prof. von Harvard
http://www.youtube.com/watch?v=RhdY-ZezK7w&feature=relmfu

in dem Zusammenhang .. Pflichtliteratur
.. Der nicht mehr Student Buhler.. hat wohl noch nie verstanden
was Studenten von einer kritische Analyse von wissenschaftlichen
Studien lernen..
aber bitte.. welche „Kaskade“ .. nur zu..

„Man kann im Interesse der Studenten nur hoffen, dass diese Sorte Literatur nicht zur Pflichtlektüre zählt, enthält doch der verlinkte Beitrag eine ganze Kaskade falscher Darstellungen.“

Während Professor Knutti den Hurrikan Sandy hier nur als Positivbeispiel für die Zuverlässigkeit meteorolgischer Voraussagen erwähnt, wird in den Medien darüber diskutiert ob und wie Sandy mit dem Klimawandel zusammenhänge.

Hurrikan Sandy und Klimawandel

Einige US-Medien berichteten, ein Hurrikan wie Sandy sei durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden wegen den höheren Meeresoberflächentemperaturen und dem steigenden Meeresspiegel, der die zugehörigen Fluthöhen steigerte. Die zunehmende Arktisschmelze soll zudem zur Abschwächung des Jetstreams und zu „blocking patterns“ führen, die ungünstige Windsystemkonstellationen verlängern.

New York braucht wohl Flutwehre. Doch das wird teuer

New York ist durch Hurrikane und Fluten verwundbar. Doch bis jetzt war die Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Ereignisses noch relativ gering. Flutwehren um New York herum wären jedoch äusserst teuer und würden möglicherweise den Schiffsverkehr beeinträchtigen.

Fazit:
– London mit der Thames Barrier und Venedig mit Mose haben kürzlich bereits Flutwehre gebaut, die als Reaktion auf den bereits im 20. Jahrhundert gestiegenen Meeresspiegel aufgefasst werden können.
– Sandy zeigt, dass auch New York und wohl andere Städte an der Ostküste ebenfalls Flutwehre brauchen, denn die ganze US-Ostküste ist besonders vom Meeresspiegelanstieg betroffen.
Meeresspiegelanstiege wie von Stefan Rahmstorf im Rahmen des Klimawandels vorausgesagt würden die US-Ostküste wohl noch vor Ende dieses Jahrhunderts in Schwierigkeiten bringen.

Interessanter und kritischer Beitrag zum Leistungsvermögen von Modellen, allerdings basieren die meteorologischen Voraussagen auch auf realen Beobachtungen (Satellitenbilder, Messungen von Druck, Temperatur, Wind), die den Meteorologen die Sache vergleichsweise „einfach“ machen, während die Klimamodellierer vor weit grösseren Herausforderungen stehen.

Dass Prof. Knutti extreme Wetterereignisse nicht pauschal dem „Klimawandel“ bzw. einer menschlichen Ursache zuordnet, ist bemerkenswert, scheinen doch andere Vertreter der AGW-Hypothese der Versuchung nicht widerstehen zu können, wie u. a. der Beitrag von Dittmar zeigt. Man kann im Interesse der Studenten nur hoffen, dass diese Sorte Literatur nicht zur Pflichtlektüre zählt, enthält doch der verlinkte Beitrag eine ganze Kaskade falscher Darstellungen.

Schwere Unwetter und Hurrikane gab es zu allen Zeiten. Ihre Häufigkeit hat in den vergangenen Jahrzehnten sogar abgenommen. Zugenommen hat dagegen die Verletzlichkeit durch Bevölkerungswachstum, Landnahme, Bautätigkeit, empfindliche Infrastruktur etc. Es gab deshalb mit Blick auf geschichtliche Ereignisse schon lange Warnungen an die Adresse der Ostküstenstaaten. Vollmond und high tide verstärkten die Wirkung von Sandy erheblich und legten die strukturellen Schwächen der Sturmvorsorge insbesondere New Yorks bloss.

Eine Verbindung von CO2 und extremen Wetterverhältnissen ist weder dem IPCC-SREX-Bericht zu entnehmen, noch halten die Top-Experten (s. z. B. Chris Landsea) sie für gegeben …

http://rogerpielkejr.blogspot.ch/2012/11/a-summary-of-sandy-discussions.html

Die Vorstellung, eine Reduktion der CO2-Emissionen würde schwere Stürme künftig verhindern, ist grober Unfug. Wetter ist in der Tat zufällig. Die Vorbereitung auf Extremereignisse, von deren möglichem Ausmass die Geschichte berichtet, scheint ratsam. Ratsamer jedenfalls als die Verfolgung illusionärer 2°-Ziele.

dieser Blog Beitrag koennte im Zusammenhang mit
Sandy.. (schade ein Buchstabe zu weit im Alphabet O wie
Ob.. oder Os..) aber egal

http://arctic-news.blogspot.co.nz/2012/11/hold-on-folks-the-times-they-are-changin.html

die Meinung unserer Klima Experten zu den Gedanken
dieses amerikanischen Klima Wissenschaftlers
wuerde ich interessieren. Stimmt das was der behauptet?

„So why is Sandy turning left towards the U.S. east coast? That’s where meteorology comes in – and the meteorology is now a lot different thanks to climate change. How so?“

Sehr geehrter Herr Professor Knutti,

die gute Übereinstimmung in den Vorhersagen der neuesten Klimamodelle mit denen der älteren zeigt wohl, dass die in den neueren Modellen hinzugekommenen Verfeinerungen nur regionale, aber keine globalen Auswirkungen haben. Das spricht auch dafür, dass es sich beim Klima um kein chaotisches Geschehen handelt, also ein Geschehen wo kleine Änderungen der Initial- oder Rahmenbedingungen grosse Änderungen des Geschehens bewirken.

Trotzdem misstraue ich den Modellen in Bezug auf ihre Aussagekraft, wenn Kippunkte überschritten werden oder sich ganze Zirkulationssysteme ändern. Mich würde es beispielsweise gar nicht überraschen, wenn in Folge der globalen Erwärmung plötzlich so viel Schnee über der Anatarktis fallen würde, dass in der Folge gar der Meeresspiegel sänke anstatt wie erwartet zu steigen. So etwas mit Modellen vorauszusehen scheint mir äusserst schwierig. Die schnelle Schmelze des sommerlichen Arktiseises gehört für mich ebenfalls in den Bereich, wo man sich streiten kann, ob einfach die natürliche Variabilität so hoch liegt, oder aber grundsätzliche Schwächen der Klimamodelle vorliegen.

Etwas schade finde ich, dass Klimamodelle eine so wichtige Rolle in der Klimatologie spielen. Noch aussagekräftiger und vertrauenswürdiger wären sehr exakte Messungen der Energiebilanz der Erde. Prinzipiell sollte man diese Energiebilanz per Satellit bestimmen können indem man über alle Spektralbereiche die eingestrahlten Lichtintensitäten mit den von der Erde abgestrahlten vergleicht. Doch leider sind die Messgeräte heute noch zuwenig genau für zuverlässige Bestimmungen dieser Energiebilanz so dass man auf indirekte Verfahren angewiesen ist wie die Bestimmung des Wärmeinhalts der Ozeane. Doch auch diese Messungen sind derzeit nicht über alle Zweifel erhaben.

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