Preisverfall auf den CO₂-Märkten
26.10.2012 von
Auf UN-Ebene wird hinter den Kulissen die mögliche Ausgestaltung weiterer Emissionshandelsmechanismen diskutiert. Derweil musste der Preis für CO₂-Zertifikate aus Entwicklungsländern am letzten Freitag den grössten Preissturz der Geschichte hinnehmen. Grund hierfür ist die geringe Nachfrage – diese ist ausschliesslich politisch bedingt.
Obschon es in den Medien ruhiger geworden ist um die internationalen Klimaverhandlungen, geht es hinter den Kulissen weiter. So wird in verschiedenen Foren zum Beispiel die Einführung von neuen Marktmechanismen für den Emissionshandel diskutiert. Das bisherige Zertifikatsystem führt lediglich zu Emissionsreduktionen in einzelnen Anlagen. Deshalb wird nun über Systeme nachgedacht, mit denen die Einführung emissionsarmer Technologien im grossen Stil in den ärmeren Ländern der Welt gefördert werden kann.
Sollten diese Mechanismen Realität werden, führte dies allerdings zu einer Ausweitung des Angebots an Reduktionszertifikaten, was deren Marktpreis tendenziell nach unten drücken würde. Dieser Marktpreis ist aber der Hauptanreiz zur Investition in emissionsärmere Technologien. weshalb nun einige Beobachter eine strikte Beschränkung bei der Zulassung weiterer Emissionshandelsarten fordern.
Wenn man bedenkt, dass es bei diesen Massnahmen eigentlich um das Bekämpfen des Klimawandels geht, ist eine solche Beschränkung jedoch keine gute Idee.
Marktpreis ist zu niedrig, um Anreize zu setzen
Richtig ist, dass der Marktpreis derzeit zu niedrig ist, um Anreize für Investitionen zu setzen. Am letzten Freitag beispielsweise ist der Marktpreis für Zertifikate aus Entwicklungsländern um nahezu 30% gefallen. Auslöser dafür ist die Befürchtung der Anbieter, wonach die EU im nächsten Jahr weniger Zertifikate aus Entwicklungsländern zulassen wird. Dies um das Angebot weiter zu beschränken und den Marktpreis wieder in die Höhe zu treiben. Denn auch der Preis im EU-eigenen Handelssystem ist im Zuge der rezessiven Wirtschaftslage eingebrochen.
Der Grund für den Preisverfall ist aber eigentlich nicht im übermässigen Angebot zu suchen, sondern in der niedrigen Nachfrage. Den Unternehmen wird schlicht eine zu grosse Menge an Zertifikaten zugeteilt, so dass sie im Durchschnitt nur wenige zusätzliche Emissionsrechte zukaufen müssen.
Politik beeinflusst die Zertifikatvergabe
Die zu hohe Menge an Emissionsrechten ist primär ein politisches Problem. Die Gesamtmenge der Zertifikate auf dem Markt wird nämlich quasi per Dekret von den EU-Ländern selbst festgelegt. Viele Unternehmen versuchen hier politisch Einfluss auf die Zuteilung zu nehmen und waren in der Vergangenheit dabei recht erfolgreich. (Siehe auch mein Blogbeitrag «Emissionshandel – nach wie vor eine clevere Idee»). Deswegen erwarten Beobachter wie Thomson Reuters Point Carbon, dass der Preis für EU-Zertifikate ohne eine Korrektur in der Gesamtmenge der Zertifikate im Jahr 2013 auf 4 Euro pro Tonne CO₂ fallen wird. Dies würde die Lenkungswirkung des Emissionshandels noch einmal stark reduzieren.
Einschränkung der EU-Zertifikatmenge bis 2020
Um dem Preisverfall entgegenzusteuern, hat die EU-Kommission bereits im Juli eine Massnahme vorgeschlagen: Sie möchte die Ausgabe von Zertifikaten in den nächsten Jahren zeitlich nach hinten zu verschieben. So sollen, nach dem Willen der Kommission, zwischen 0.4 und 1.2 Milliarden Emissionsrechte nicht in den kommenden Jahren, sondern erst ab 2018 an die Marktteilnehmer auktioniert werden.
Wie zu erwarten war, ist dieser Vorschlag auf der politischen Bühne umstritten. Während Länder wie Polen und die Slovakische Republik strikt gegen ein solches Vorgehen sind, geht der Vorschlag anderen Ländern nicht weit genug. So fordert die britische Regierung, dass die Auktionierung der Zertifikate nicht nur verschoben wird, sondern dass selbige vollständig aus dem Markt genommen werden. Sie argumentiert dabei, dass eine Reduktion der Gesamtmenge um 1.4 bis 1.8 Milliarden Emissionsrechte dazu führen würde, dass die EU ihre Emissionen bis ins Jahr 2020 um 30% reduzieren könnte. Aus Klimasicht ist dies natürlich wünschenswert.
Die politischen Weichen für die Zukunft des EU-Emissionshandels sollen in den nächsten zwei Monaten gestellt werden. Dies dürfte auch die Entwicklung der internationalen Klimapolitik bis 2020 massgeblich beeinflussen.
Zum AutorDr. Markus Ohndorf ist Oberassistent und Dozent an der Professur für Nationalökonomie am Institut für Umweltentscheidungen (IED) der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie
Kommentare (4) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Es gibt keine Alternative zu einer Bepreisung von CO2-Emissionen egal wo sie stattfinden. Alle nationalen Bemühungen inklusive Kyoto begünstigen nämlich Scheinlösungen wie
1) der Auslagerung der Emissionen (CO2-intensiven Produkte werden aus „China“ importiert).
2) dem Export von fossilen Rohstoffen.
a)Die USA beispielsweise exportieren immer mehr Kohle, denn sie selbst stellen auf das CO2-ärmere in den USA nun billige Erdgas um
b) Norwegen will bald schon Öl in der Arktis fördern ist, was scheinbar auch für einen Kyoto-Musterschüler möglich bleibt.
Dieses Problem und seine Lösung wird sehr überzeugend im Artikel Forget Kyoto: Putting a Tax on Carbon Consumption dargestellt.
CO2-Konsumation nicht Produktion misst den Karbon-Fussabdruck ist die wichtigste Erkenntnis, die in diesem Artikel vermittelt wird. China ist zwar der Hauptverantwortliche dafür, dass seit den 1990er-Jahren (seit Kyoto) der Anteil an Kohle an der Energieproduktion von 25 auf 30% angestiegen ist, doch nicht China, sondern all die Länder, die billige, CO2-belastete, chinesische Produkte kaufen sind letztlich dafür verantwortlich. So gerechnet hat Grossbritannien nicht etwa – wie es das selbst gerne sieht -, zwischen 1990 und 2005 seine CO2-Emissionen um 15% reduziert, sondern es hat sie, rechnet man den CO2-Import über chinesische und andere Produkte ein, sogar um 19% erhöht.
Die Lösung ist eine Konsumsteuer auf CO2, die aus einer inländischen Steuer und einer CO2-Steuer auf importierten Produkten besteht. Nur ein Preis auf CO2 sorgt auch dafür, dass die Technologie entwickelt und auch angewandt wird, welche CO2 vermeidet. Nullemissionshäuser z.B: könnten so Standard und billig werden.Erneuerbare Energiesysteme würde nicht mehr Kohlekraftwerke als Backup verwenden. Alle Lebensbereich wären letzlich betroffen. Nur…
Man könnte nach der jüngsten Entwicklung auch titeln …
„VERFALL VON HOCKEYSTICKS AUF DEN WISSENSMÄRKTEN“
Keith Briffa, seinerzeit ein Wegbegleiter von Michael E. Mann, der für die berühmt-berüchtigte Hockeystick-Grafik verantwortlich zeichnete, legt eine neue Arbeit vor …
http://hol.sagepub.com/content/early/2012/10/26/0959683612460791.abstract
In ihr taucht überraschend die Mittelalterliche Wärmeperiode wieder auf, und der Blick auf die chronologische Temperatur-Grafik enthüllt keinerlei Hockeystick-Erwärmung, sondern eine Reihe wechselnder Wärme- und Kältephasen, unter denen jene des 20. Jh nicht hervorsticht …
http://wattsupwiththat.files.wordpress.com/2012/10/melvin_etal_fig5.jpg
Wohin mit den CO2-Zertifikaten, nachdem auch diese vermeintlich schlagkräftige Ikone des AGW-Alarmismus gewissermassen zu Sägemehl zerbröselt ist?
Nonvaleurs für Scripophilisten?
Ein bemerkenswertes Beispiel für das Versagen staatlicher Eingriffe und Marktlenkung aufgrund diffuser Annahmen („AGW“) und illusionärer Zielsetzungen (2°-Ziel, „Klimaschutz“).
„Dass es bei diesen Massnahmen eigentlich um das Bekämpfen des Klimawandels geht“ weckt Erinnerungen an die tollsten Schildbürgerstreiche.
Den Klimawandel bekämpfen?! Wie? Womit? Wozu?
Ein empirisch erbrachter Beweis für eine alarmierend hohe Klimasensitivität aufgrund menschlicher CO2-Emissionen fehlt bis heute. Es sei denn, man betrachtet Modelle (Hypothesen) als „Beweise“. Allerdings zeigt u. a. die jüngere Klimaentwicklung, dass die Modelle die Klimasensitivität zu hoch einschätzen. Für die forcierte CO2-Hexenjagd, ein Rückfall in mittelalterliche Ablassbräuche, gibt es keine solide wissenschaftliche Begründung. Sie schafft im Übrigen weit mehr Probleme, als sie zu lösen vorgibt: überteuerte Energie, Armut, Unterentwicklung, Hunger, Vernichtung von Arbeitsplätzen, Gefährdung von Industriestandorten, Verlagerung statt Vermeidung von Emissionen usw. usf.
Wem immer der korruptionsanfällige und nutzlose CO2-Zertifikatehandel dienen mag, auf die Klimaentwicklung hat er keinerlei Einfluss. Heisse Luft. Nicht auszumalen, wie die Welt aussähe, wären Ökonomen, Wissenschaftler und Bürokraten tatsächlich in der Lage, das Klima zu steuern. Man müsste sie von den dazu geeigneten Mitteln dringend fernhalten.
Emissionshandelssysteme und Steuern auf CO2-Emissionen sind Formen der Bepreisung von CO2-Emissionen und setzen damit beim Ursprung des Klimaproblems an, dem Verbrennen von Kohlewasserstoffen zum Zwecke der Energiegewinnung.
Wenn solche Systeme aufgebaut, dann aber so ausgestaltet werden, dass sie keinen Effekt haben, offenbart das einen Zielkonflikt: Ja, man möchte auf CO2-Emissionen verzichten um das Klima zu schonen; aber Nein, der Verzicht auf Kohle, Öl und Erdgas soll nicht viel kosten. Dieser Konflikt und Widerspruch wird besonders deutlich, wenn bestimmte Länder sogar den Benzinpreis – als Geschenk an die Wähler – bewusst senken und damit fossile Treibstoffe subventionieren.
Eigentlich müsste man den Emissionshandel oder die Emissionssteuer auf möglichst viele Regionen der Welt und auf möglichst alle Emissionsquellen ausdehnen. Doch mit dem oben erwähnten Dilemma, dass man zwar die Emissionen einschränken möchte, das aber nur wenig kosten darf, würde eine solche Ausweitung wohl nur akzeptiert werden, wenn sie wenig kostet und damit kaum wirksam wird.
Es fehlt also
1) an der Bereitschaft die Kosten für die Reduktion der CO2-Emissionen zu tragen
2) an Alternativen zu Kohlewasserstoffen. Gäbe es eine kostengünstige nichtfossile Alternative um Autos anzutreiben, würde eine Regierung nicht auf die Idee kommen, das Benzin zu subventioneren, sondern sie würde die Bürger auffordern, auf nichtfossile Antriebsmittel umzusteigen.
Beide Probleme werden wohl noch lange bestehen bleiben, weswegen schnelle Emissionsreduktionen nicht zu erwarten sind.
Dass die EU das anvisierte 20%-CO2-Emissions-Reduktionsziel bis 2020 dennoch locker erreicht, liegt weniger an den Anstrengungen aller EU-Länder als vielmehr dem geringen Wirtschaftswachstum in der EU. 20% Reduktion von 1990 bis 2020 ist zudem zuwenig um 80% bis 2050 erreichen zu können.
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