Energiewende: Gemeinden spielen eine Schlüsselrolle
12.07.2012 von
Kosten in der Höhe von 30 Milliarden für die Energiewende, Solarzellen über eine Länge von 750 Kilometern Autobahn oder 400 Windgeneratoren bräuchte es, um die Strommenge nur eines Atomkraftwerks zu erzeugen. Aufgrund solcher Zahlen werden immer wieder Zweifel am Ziel der «Energiewende» geäussert. Konstruktiver urteilen Fachleute für kommunale Infrastrukturen – den Gemeinden kommt denn auch eine Schlüsselrolle bei der Energiewende zu.
Einwände gegen Technologiewechsel aufgrund vermeintlicher Killerargumente habe ich in meinem Berufsleben immer wieder erlebt – besonders wenn mit dem Wechsel ein tiefgreifender Strukturwandel verbunden war, wie jetzt bei der Ergänzung der wenigen Grossanlagen zur Energiegewinnung mit künftig sehr vielen kleinen Anlagen und einer Vielzahl verschiedener Technologien.
Einschlägige Erfahrungen der Gemeinden
Viel konstruktiver urteilen Fachleute der Gemeinden, da sie mit diversifizierten lokalen Strukturen vertraut sind. Alex Bukowiecki, Geschäftsführer der Organisation für kommunale Infrastrukturen, vergleicht die Grösse und Art der nötigen Investitionen mit den Aufwendungen für die Elektrizitäts-, Gas-, Verkehrs- und Wasser-Infrastruktur. Insgesamt liegt deren Wiederbeschaffungswert bei 350 Milliarden Franken. Zahlen hierzu wurden im Nationalen Forschungsprogramm 54 zusammengestellt. Bukowieckis Schlussfolgerung: «Wenn wir uns den Erhalt der Infrastrukturen mit einem Investitionsbedarf von 350 Milliarden Franken bis 2050 leisten können, liegt auch der Umbau der Energieversorgung drin».
Im Gegensatz zu den eingangs genannten Installationen mit Grossanlagen nur einer Technik nutzen typische «Energiewende-Projekte» Kombinationen verschiedener Technologien, die kleinräumig an die Bedürfnisse der lokalen Verbraucher angepasst werden. Eine konventionelle Abwasserreinigungsanlage lässt sich beispielsweise aufwerten mit einer Wärmerückgewinnung, einem Abwasserkraftwerk und einer Biogasanlage. Auf der grossen Fläche der Anlage lassen sich Solarzellen installieren; Eine Kombination mit einer Holzwärmezentrale ermöglicht weitere Synergien (siehe beispielsweise Energiepark Morgental).

Foto: Energiepark Morgental
Potentiale für Erneuerbare Energien und Effizienzsteigerung
An solchen Projekten arbeiten 293 Gemeinden systematisch innerhalb der vom Bund unterstützten Aktion «Energiestadt». Ein Katalog mit 79 Massnahmen unterstützt sie bei der Planung und Durchführung. Auf der Website des Vereins Energiestadt sind die Projekte der einzelnen Gemeinden aufgelistet. Sie reichen von der Wärme- und Stromerzeugung über Effizienz- und Sparmassnahmen bis zur Gebäudeisolation und zur Förderung des nicht-fossilen Verkehrs – und zeugen von vielen Möglichkeiten und einer grossen Ideenvielfalt.
Wesentlich ist, dass der Prozess damit beginnt, dass die lokalen Kunden-Bedürfnisse und die Potentiale an Einsparungen und Erneuerbaren Energien systematisch erfasst werden. Erst dann sollen Investitionsprojekte geplant werden – ein fundamentaler Unterschied zur bisherigen Kraftwerksplanung auf Basis des extrapolierten Verbrauchszuwachses.
Der Schweizerische Städteverband drängt deshalb mit guten Gründen auf eine stärkere Beteiligung in der Energiepolitik: «Unverständlich ist, wie wenig der Bundesrat die Gemeinden als Akteure einbezieht». Die 19 in Swisspower vertretenen Stadtwerke haben im Juni in eigener Regie einen Masterplan 2050 zur Umsetzung der Energiewende unterzeichnet.
Wir alle können auf den Prozess Einfluss nehmen: Ist meine Gemeinde eine «Energiestadt»? Welche der 79 Massnahmen werden aktiv bearbeitet? Hat die Gemeinde ein längerfristiges Energiekonzept mit konkreten Zielen?
Zum AutorGastautor Prof. Klaus Ragaller war bis zu seiner Pensionierung Direktor bei ABB. Seither setzt er sich im Rahmen der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW für den Wissenstransfer ein.
Kommentare (39) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Dezentrale Energiestruktur
Die deutsche Energie-Agentur (Dena) geht von einer vorwiegend autarken Energie-Versorgung Deutschlands aus, wobei fossile Schattenkraftwerke die Produktionsschwankungen ausgleichen.
Im Dena-Artikel „2050 stellen fosile Kraftwerke 60 Prozent der gesicherten Leistung“ wird folgendes behauptet:
– Integration von Sonne+Wind erfordert fossile Schattenkrafwerke
– Kohle- und Gaskraftwerke müssen subventioniert werden im Rahmen von europäischen Kapaztitätsmärkten, denn sie sind als reine Backupkraftwerke selbst nicht mehr rentabel
– Energiewende heisse auch (Zitat)„neue effiziente fossile Kraftwerke, mehr Netze, mehr Speicher, mehr Flexibilisierung bei Erzeugung und Nachfrage – und Energiesparen“
– Die 2050 installierte Leistung beträgt 240 GW, davon sind 170 GW EE, 61 GW fossil. 80% des Stroms wird mit EE erzeugt, aber EE wird nur 24% der gesicherten Leistung darstellen, Speichertechnologien, Stromimport und Kohlee&Gas sichern den Rest.
– EE wird auch 2050 nicht marktfähig sein, weil es mehr Kapazitäten braucht und Reserve- Regelenergie und Netzinfrastruktur ausgebaut werden müssen
Gesamteuorpäische EE-Lösung: Roadmap 2050
Studien, die ein euorpäisches Supergrid zum Ausgleich von Produktionsschwankungen als Kernelement besitzen wie die Studie zur kostenoptimierten Versorgung Europas mit EE von Gregor Czisch oder die roadmap 2050 kommen zu weit tieferen Stromkosten als die Dena-Studie: Czisch kommt zu Gestehungskosten von 4.56 Cents/kWh. Bei Ausgleich der Produktionsschwankungen über ein Supergrid wird EE schon bald selbsttragend, was bei autarken Lösungen nicht zu erwarten ist.
Sehr geehrter Herr Prof. Ragaller,
Die Strompreise steigen in Deutschland unzweifelhaft auch und vor allem wegen ein Einspeisetarifen für Solar- und Windenergie und die von ihnen erwähnten vorübergehenden Tiefpreise an der Strombörse durch Überschüsse von Wind- und Solarstrom ändern daran wenig. Das sollte niemand verwundern, denn der Einspeisetarif für Solarstrom ab Dachanlagen liegt in Deutschland im Jahre 2012 bei 18 Cents pro Kilowattstunde. Die Gestehungskosten von Strom aus grundlastfähigen Kohlekraftwerken liegt mit weniger als 4 Cents pro Euro aber mindestens 4 Mal tiefer – mindestens weil Solar-und Windstrom nicht grundlastfähig ist und dadurch noch viele Probleme und Kosten dazukommen. Die EEG-Umlage auf den Strompreis beträgt in D für das Jahr 2012 3,592 ct/kWh und steigt tendenziell. Die EEG-Umlage wird vor allem von den Privathaushalten bezahlt, die energieintensiven Branchen sind weitgehend davon ausgenommen und profitieren tatsächlich vom solar- und windbedingten Überschussstrom.
Neben dem steigenden Preis gibt es in D auch zunehmende Probleme durch die stark schwankende Produktion und die fehlenden Übertragungsleitungen.
Ich zweifle nicht an der Machbarkeit aber an der Methode des sich Durchwurstelns im Energiebereich. Umstellungen im Energiemix sind etwas Langfristiges und sollten geplant sein, sonst besteht die Gefahr des psychologischen und juristischen Rückschlags. Im oben verlinkten Artikel liest man dazu: “ Der EU-Kommissar fordert, die EEG-Umlage zu deckeln, damit die Kosten für Verbraucher und Wirtschaft nicht aus dem Ruder laufen. Zurzeit liegt die Umlage bei 3,5 Cent je Kilowattstunde Strom. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte versprochen:
„Die EEG-Umlage soll nicht über ihre heutige Größenordnung hinaus steigen.“
@Martin Holzherr
Eine Verstärkung des (bereits existierenden) europäischen Übertragungsnetzes ist ein wichtiger Bestandteil des Umstiegs auf Erneuerbare, da haben Sie recht. Jedoch nicht als Alternative sondern als Ergänzung zur (notwendigerweise) grossflächigen und damit vorteilhaft dezentralen Erzeugung. In der heutigen NZZ beschreibt Herr Scherrer, Präsident von Swisspower, die Sicht der städtischen Elektrizitätswerke auch in bezug auf diese Fragen. Entgegen den vielen Zweiflern an der Machbarkeit – Roger Pielke Jr ist da nur einer von vielen – und über zu hohe Kosten stellt Scherrer fest: „die riesigen Mengen an erneuerbarer Energie, welche unabhängig von der Nachfrageentwicklung ins europäische Netz eingespeist werden, haben die Preise massiv reduziert. Dies steht im Kontrast zu Aussagen, wonach die Strompreise massiv steigen werden.“
@Kommentar von Klaus Ragaller
Sehr geehrter Herr Professor Ragaller,
Der Autor des verlinkten Artikeln Magical Thinking glaubt nicht daran, dass ein ständiger Zubau von fossilen Kraftwerken wie er auch in Deutschland weiterhin passiert zu einer sinnvollen Dekarbonisierungsstrategie passt. Dort liest man folgende Sätze von Sigmar Gabriel: „“You can build 100 coal-fired power plants and don’t have to have higher CO2 emissions,” und das eben hält Roger Pielke für magisches Denken.
Sie, Herr Professor Ragaller, haben an dieser und anderer Stelle mehrmals die Haltung aufscheinen lassen, man solle alles ausprobieren und alle denkbaren Energieerzeugungsarten fördern. Das genau geschieht/geschah bisher in Deutschland, wobei auch eine Einspeisevergütung für fossile Kraftwerke angedacht wurde – kürzlich aber wieder aufgegeben – um die Grundversorgung sicherzustellen.
Meiner Meinung nach bleibt zuwenig Zeit um alles auszuprobieren zumal das sehr teuer werden kann und dann die Gefahr besteht, dass es zu einem Rückschlag kommt, weil immer mehr zur Überzeugung kommen, eine Energiewende könne man sich gar nicht leisten.
Für ein von Solar- und Windenergie dominiertes Energiesystem gibt es bereits eine optimale Einbindungsstrategie, nämlich die Integration in ein Supergrid – ein weiträumiges Netz von Hochspannungsgleichstromübertragunsgleitungen. Dieses Netz müsste ganz Europa überziehen. In den nächsten 20 Jahren gibt es meiner Ansicht nach kaum eine Alternative dazu. Nur gerade die Schweiz verfügt über die nötigen Pumpspeicherkraftwerke um sich autonom mit EE-Energien zu versorgen und die Schwankungen mit den eigenen Speicherseen auszugleichen. Deutschland könnte eventuelle versuchen, die norwegischen Stauseen für seine Speicherbedürfnisse anzuzuapfen, allerdings sind die Speicherbedürfnisse Deutschlands 10 Mal so gross wie diejenigen Deutschlands.
@Martin Holzherr
„Magical Thinking“ ist es wohl eher, wenn man meint, mit den CO2 Emissionen wie bisher weiterfahren zu können. Dass die Abkehr von dieser Politik schwierig ist, zeigt sich natürlich vor allem dort, wo dies ernsthaft umgesetzt wird wie in Deutschland und auch schon bald in der Schweiz. Historische Technologiewechsel lehren, dass Fehlinvestitionen dabei kaum vermeidbar sind. Die Exponenten der „alten“ Technologie unterschätzen anhaltend und massiv die neue Technik bei ihren Investitionsentscheidungen. Wie sieht die Investitionsrechnung für neue fossile Kraftwerke aus? Welche Laufzeiten, welche An- und Abfahrzyklen, welche Strompreise, welche CO2 Preise, welche Klimaveränderungen und damit Wasserverfügbarkeiten und Preise, welche Kundenpräferenzen, welche Konkurrenzproduzenten wie z.B. Stadtwerke, welche Subventionen (wie in DE immer noch für Kohle) werden zugrundegelegt? Eher Magie wäre auch die Hoffnung, man könne den Status Quo durch hohe Investitionen „einfrieren“ (das vielbemühte lock-in Argument).
Die Idee der dezentralen Energieversorung, die in diesem Artikel nahgelegt wird, steht jedenfalls in starkem Gegesatz zur mengenmässig dominierenden Energiestrategie in Deutschland. Es gibt zwar in Deutschland Vorzeigedörfe wie Wielpoldried im Oberallgäu, die nach der Installation von lokalen Windturbinen und Solarpanel mehr Strom produzieren als sie verbrauchen und nun bereits dazu übergehen die Produktionsschwankungen mit Smart-Grids zu bewältigen. Doch ein Smart-Grid kann heute nur Schwankungen im Bereich von 5 bis 10% ausgleichen und die bisherige Energiestrategie Deutschlands, nämlich die vollkommene Abdeckung mit fossilen Schattenkraftwerken, die bei gleichzeitigem Ausbleiben von Sonne und Wind die Last übernehmen, bleibt bestehen.
Das eben ans Netz angeschlossene Braunkohlekraftwerke Grevenbroich mit einer geplanten Laufzeit von 40 Jahren erzeugt neben 2100 Megawatt Strom auch 16 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, also etwas mehr als ein Drittel der Gesamtemissionen der Schweiz. Mehr EE in D bedeutet aber, dass dieses Kraftwerk bei viel Sonne und Wind später einmal unregelmässig laufen wird.
Im Zusammenhang mit der Einweihung von Grevenroich sagte Peter Altmeier: „Wenn man ein topmodernes und topeffizientes Braunkohlekraftwerk baut um mehrere alte und weniger effiziente zu ersetzen, dann sollte dies als Beitrag unserer Klimaschutzanstrengungen anerkannt werden.“
Von dieser Backupstrategie hält aber der US-Amerikaner Roger Pielke nicht viel, wesegen er seinen Artikel darüber mit Magical Thinking in Germany überschreibt. Letztlich ist die Backupstrategie nicht zukunftsfähig, das steht fest. Und für die an billige Energie gewohnte US-Amerikaner ist sie auch zu teuer.
Wenn Professor Klaus Ragaller schreibt: „typische «Energiewende-Projekte» Kombinationen [nutzen] verschiedener Technologien, die kleinräumig an die Bedürfnisse der lokalen Verbraucher angepasst werden.“ so beschreibt er etwas, was von sehr vielen gerade im Energiebereich als erstrebenswsert betrachtet wird: Die lokale Selbstversorgung mit Energie. Tatsächlich macht die Nutzung von Wind- und Solarenergie diese Selbstversorgung an den meisten Standorten möglich – nur eventuell zu viel höheren Kosten als wenn die Energie aus der Steckdose bezogen wird. Dies vor allem deshalb, weil heute die Speicherung von Strom (Windturbinen und PV-Panel erzeugen Strom) noch sehr ineffizient und teuer ist und weil man um eine solche Speicherung nicht herumkommt, wenn man sich autark mit Sonnenenergie und Windenergie versorgen will. Heute wird praktisch von allen die überschüssige Energie ins Netz abgegebben und Strom aus dem Netz bezogen, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind bläst. Damit werden die Probleme der Produktionsschwankungen an den Netzbetreiber ausgelagert.
Verbessern könnte man diese Situation durch lastabhängige Einspeisetariffe: Bei Strommangel im Netz gäbe es einen hohen Einspeisetarif, bei Stromüberschuss wäre das Einspeisen gar nicht mehr möglich und die PV-Panels würden automatisch vom Netz getrennt. Das würde die echte Dezentralisisierung fördern und die Scheindezentralisierung – das Netz gleicht alles aus – reduzieren.
Ein zum Thema passender Beitrag in der NZZ von heute:
Ein Dorf schafft die Energiewende
@ Michael Dittmar
Ich bin da ganz ehrlich. Bauchgefühl inklusive Marktbeobachtung was im Bereich tech. Innovation geht. Die Kosten werden auch sinken, einfach schon durch Massenproduktion. Letzendlich wird es jedoch ein Willensakt sein. Man muss die Energiewende auch wollen!
Sehr empfehlenswert ist übrigens der Film:
Die 4. Revolution von Carl A. Fechtner
http://www.4-revolution.de/
@Kommentar von Michael Sobota. 02.08.2012, 11:20
interessant, aber wie kommen sie auf „5 Jahre“?
Warum nicht in 10 oder 100 oder 2 Jahren?
„Ich wiederhole mich gerne nochmals.
In spätestens 5 Jahren wird die Speichergeschichte riesige Fortschritte gemacht haben.
Solarmedia vom 02. August 2012
http://solarmedia.blogspot.ch/2012/08/ortsspeicher-zur-netz-entlastung.html„
@Kommentar von Michael Sobota
Danke für den Link zur Batteriespeicherung von solarem Überschussstrom. Der Schlüsselsatz aus diesem Artikel “ Das System eignet sich vor allem für den Ausgleich der von den Photovoltaik-Anlagen gelieferten Energie und des zeitlich verschobenen Verbrauchs.“ meint zusammen mit: „Einspeiseschwankungen führen die bestehenden Netze oft an ihre Belastungsgrenzen.“, dass Batterien vor allem Stromspitzen glätten sollen um das Netz zu entlasten welches sonst über den Mittag bei vollem Sonnenschein zusammenbrechen würde. Der in den Batterien gespeicherte Strom wird dann später – typischerweise in den Abendstunden des gleichen Tages – doch noch eingespiesen Es geht also darum Stromspitzen zu vermeiden und nich etwa darum, netzunabhängig zu werden (Zitat): „. Der Ortsspeicher hilft den Stadtwerken, zukünftig ihren überschüssigen Sonnenstrom zu speichern und damit Stromspitzen zu verhindern“ Dies deckt sich mit der Aussage in der ETH-Studie Energiezukunft Schweiz wo man liest: „Aus dem Diagramm geht insbesondere hervor, dass selbst bei einem Spitzenertrag von 14 GW aus Photovoltaik und etwa 4 GW aus Wind und Laufwasser sowie Spitzenbedarf von 10 GW und Aufnahmeleistung der PSK von 5 GW, schliesslich nur 3 GW – über wenige Stunden – zusätzlich zwischengespeichert werden müssen. Dazu brauchte es Batterien mit etwa 12 GWh Speicherkapazität (d.h. etwa 1.33 kWh pro Kopf), was bei den erwarteten Kosten zu diesem Zeitpunkt (s. Kap. 5) kein Problem darstellen dürfte.“
Fazit: Batterien dienen nur der Zwischenspeicherung von Strom, der einfach etwas zeitverschoben doch noch eingespiesen wird. Netzunabhängigkeit wäre mit Batterien zu teuer. Ein Einfamilienhaus benötigte dazu eine Batterie mit 30 Kilowattstunden Kapazität, was einer Batterie so gross wie auf dem SOLARMEDIA-Bild dargestellt entspricht.
@Martin Holzherr
Danke für den Link zum Netzentwicklungsplan der deutschen Netzbetreiber. Es geht um Standorte von Leitungen, Blindleistungskompensatoren, Konverterstationen usw für den sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes bei zunehmendem Anteil von EE – und nicht mehr um Fragen der Machbarkeit.
Nur am Rande erwähnt werden einige der tiefergehenden Folgen dieses Technologiewechsels: Was macht man mit aktuell nicht benötigtem Überschussstrom bei Wind- oder Sonnen-Maxima (bei kostenlosem Strom spielt z.B. für eine Umwandlung in Gas der Wirkungsgrad eine geringere Rolle). Oder die im Blogbeitrag oben erwähnte Entwicklung zu vermehrt lokalen Lösungen (dies wurde in der Vernehmlassung des Netzentwicklungsplans moniert). Findigen Unternehmern bieten sich Chancen und wirtschaftliche Anreize wie kaum je.
@ Herr Holzherr
Ich wiederhole mich gerne nochmals.
In spätestens 5 Jahren wird die Speichergeschichte riesige Fortschritte gemacht haben.
Solarmedia vom 02. August 2012
http://solarmedia.blogspot.ch/2012/08/ortsspeicher-zur-netz-entlastung.html
@Professor Klaus Ragaller: Deutschland muss gerade wegen der schnellen EE-Entwicklung schon heute eine Weichenstellung betreffend Stromspeicherung oder Netzausbau treffen und ihre Aussage (Zitat) „Wie genau sich die Aufteilung zentral/dezentral oder Inland/Ausland entwickeln wird, ist heute angesichts der enormen Dynamik wohl schwer vorhersagbar, vermutlich wird es eine Mischung sein.“ hat im Netzentwicklungsplan eine vorläufige Antwort erhalten. Dort liest man: (Zitat) „Die verlustarme Speicherung von Energie ist auch heute noch eine der größten energietechnischen und -technologischen Herausforderungen. Großtechnisch realisiert sind heute Pumpspeicherkraftwerke. Alternative Speichertechnologien wie zum Beispiel Methanisierung oder Druckluftspeicher werden derzeit erforscht.“
Die am besten entwickelte Alternative zu Pumpspeichern wird negativ beurteilt:
(Zitat)„Aus heutiger Sicht ist die „Power to Gas“-Technologie daher keine Alternative zum Ausbau des elektrischen Übertragungsnetzes“. Begründung: PEM-Elektrolyse noch nicht im grosstechnischen Bereich verfügbar, allgemein sind für „Power to Gas“ (Wasserstoff oder Methan als Umwandlungsprodukt) Umwandlungskapazitäten grösser 1 Gigawatt nötig, was in den nächsten 10 Jahren nicht zur Vefügung steht. Zudem ist der Wirkungsgrad der Umwandlung mit 28-45% zu klein.
Fazit: Es gibt heute keine überzeugenden Stromspeicher aus Pumpspeichern und in Deutschland (wenig Pumpspeicherkapazität) ist ein starker Ausbau der in- und ausländischen Übetragungsnetze ohne Alternative.
@Martin Holzherr
eine aktuelle und äusserst detaillierte Analyse des Standes der EE ist soeben vom National Renewable Energy Laboratory des US dept of energy
erschienen:
Die Autoren kommen – wie andere vorher schon in anderen Ländern – zu folgendem Ergebnis:
„Elektrizität aus EE auf Basis der heute kommerziell verfügbaren Technologien ist völlig ausreichend um 80% des US Strombedarfs bis 2050 auf einer stündlichen Basis in jeder Region der US zu erzeugen.“
Details der Technik und Wirtschaftlichkeit sind für die verschiedenen EE in Band 2 dieses umfassenden 4 bändigen Kompendiums zusammengestellt.
Der entscheidende (und für viele überraschende) Fortschritt in der Kostenabnahme z.B. der PV wurde durch die Skaleneffekte der Massenfertigung erzielt, eine empirische Gesetzmässigkeit, die man in die Zukunft extrapolieren darf. Die Einspeisetarife beschleunigen die Volumenzu- und Kosten-Abnahme, sind deshalb eine Förderung, die auf ihre eigene Abnahme hinwirkt. Deshalb werden sie in einer zunehmenden Anzahl von Ländern eingeführt ( siehe den neuesten Global Status Report REN 21 ) Forschung ist natürlich auch wichtig, da haben Sie recht, sollte aber nicht gegen eine schnelle Kommerzialisierung der heutigen Technik ausgespielt werden.
@Klaus Ragaller
Bei dezentralen Photovoltaikinstallationen (Hausdächer) und Stromspreicherung in Pumpspeichern müssen das Niederspannungs-,Mittelspannungs- und Hochspannungsnetz ausgebaut werden. (Zitat Solarmedia) “ Insgesamt belaufen sich die Kosten für den Netzausbau (ohne Erneuerungsmassnahmen) bis 2050 somit auf 6,2 bis 15,3 Milliarden Franken.“. Umgelegt auf Endkundenstrompreis und verteilt auf eine Amortisationszeit von 20 Jahren macht das tatsächlich weniger als 2 Rappen pro Kilowattstunde aus. Doch die Kostenbetrachtung allein genügt nicht, auch Einsprachen und möglicher Zwang zu Erkabeln (viel teurer) müssen berücksichtigt werden.
Heutige EE-Technik genügt nicht, Innovation nötig
Es gibt viele jüngere Forschungsergebnisse, die grosse Hoffnung in das Potential von zukünftigen Photovoltaiksystemen und von Batterien machen. Doch die heutige Technologie würde – entgegen weit verbreiterter Meinung – nicht genügen um z.B. der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. In Deutschland hat es im Jahr 2012 weniger als 10’000 Elektromobile, von D versprochen waren 1 Million bis 2020. Doch es gibt Hoffnung auf starke Kapazitätsverbesserungen bei Lithiumbatterien und sogar Lithium-Luft-Batterien stehen vor dem Durchbruch.
Auch zukünftige Photovoltaik-Systeme haben grosses Potential werden aber möglicherweise wenig mit der heutigen Technologie gemeinsam haben. Forschungsförderung wäre effizienter als Einspeisetarife, welche vor allem die gegenwärtige Technologie billiger machen. Einspeisetarife wirken sich allerdings indirekt auf die Attraktivität als Forschungsgebiet aus.
Der Fortschritt ist zudem langsamer als oft dargestellt. Im Jahre 2025 wird Deutschland pro Kopf immer noch mehr CO2 erzeugen als Frankreich heute.
@Martin Holzherr
Herr Holzherr, zur Frage des Netzausbaus bei hohen Anteilen von Photovoltaik gibt es inzwischen ausführliche Erfahrungen und Analysen .
Selbst bei einem Ausbauziel von 70 GW rechnet man in De mit Netzanpassungen in der Grössenordnung von lediglich 10% der ohnehin laufend nötigen Anpassungen an den Verteilnetzen. Wie im Beitrag oben ausgeführt, sollten die Kosten neuer Techniken mit den Wartungs- und Wiederbeschaffungskosten der heutigen Anlagen verglichen werden.
Viele EE-Evangelisten wollen die Erneuerbaren und alles was damit zusammenhängt fördern nach dem Wahlspruch „Lasst hundert Blumen blühen“. Dies lässt sich auch dem Kommentar von Professor Ragaller entnehmen:
„Wie genau sich die Aufteilung zentral/dezentral oder Inland/Ausland entwickeln wird, ist heute angesichts der enormen Dynamik wohl schwer vorhersagbar, vermutlich wird es eine Mischung sein.“
Aber einfach nur den Geld- und Förderhahnen aufdrehen um später nachzuschauen wie gut die geförderten Solar- und Windkraftwerke in die bestehende Energielandschaft passen, kann den Staat teuer zu stehen kommen. So teuer, dass die Unterstützung für EE wegbricht, wie das im Moment in Deutschland der Fall ist, wo die zuständigen Minister nun davon sprechen, die Energiewende müsse bezahlbar bleiben.
Wenn wir den Fall der dezentralen Photovoltaik in CH unter die Lupe nehmen, erkennen wir eine Zwangsfolge von unerwünschten Ereignissen: Die Förderung von PV auf jedem Hausdach macht den Ausbau der Nieder-, später Mittel- und schliesslich Hochspannungsnetze nötig, damit der am Mittag erzeugte Überschussstrom in die Pumpspeicherkraftwerke und wieder zurück geleitet werden kann.
Viel effizienter wäre es, die grössten Solaranlagen direkt in der Nähe der Pumpspeicher zu lozieren. Das würde keine neuen Stromleitungen nötig machen: Bei Strommangel würde der photovoltaisch erzeugte Strom direkt ins Netz eingespeist werden, bei Überschuss würde er direkt die Pumpen des Speicherwerks bestromen. Mit dieser Lösung bräuchte es kaum zusätzlichen Stromleitungen.
Auch in Deutschland zeigte sich, dass planloses Fördern und planloser Netzausbau teuer und zugleich vermeidbar ist.
@Ben Palmer
Die Annahme, dass die Verbraucher in vollem Umfang durch die EEG Umlage (Einspeisevergütung) belastet werden ist nicht richtig. Für die effektiven Kosten müsste man den tatsächlichen, an der Börse gehandelten Strompreis ohne EE zu den Zeiten der EE-Einspeisung kennen. Das ist vielfach Spitzenstrom mit signifikant höheren Preisen und Preisrisiken z.B. für Gas.
@Kommentar von Ben Palmer
Heruntergerechnet auf die Schweiz sind die 111 Milliarden Euro für PV, die die Deutschen bis 2030 zahlen müssen, 11 Milliarden Euro, also pro Jahr 500 Millionen Euro. 1/2 Milliarde müssten wir Schweizer pro Jahr also zahlen um prozentual die gleichen PV-Installationen wie Deutschland zu erhalten. So schlimm ist das nicht, wenn man das mit anderen Projekten wie der NEAT vergleicht, die je nach Berechnungsgrundlagen insgesamt 20 oder 30 Milliarden CH-Fr. kostet.
Persönlich bin ich aber nach wie vor nicht besonders stark vom privaten Einspeisen überzeugt, weil es meiner Meinung nach das Netz zu stark belastet: Der Einspeiser erhält eine Entschädigung und die Gesamtheit erhält das Stromentsorgungsproblem. Sie muss den um den Mittag herum anfallenden Strom irgendwo speichern. Nur schon bei 20% PV-Anteil an der Gesamtstromversorgung der Schweiz werden regelmässig Überschussleistungen von 6 bis 12 Gigawatt um den Mittag herumentsorgt werden müssen.
Meiner Ansicht nach, sollte sich die Schweiz – statt auf die heimische Produktion zu setzen – sehr stark auf europäischer Ebene engagieren. In Europa sind die Schweizer Pumpspeicherleistungen gefragt und diese sollte sie ausbauen.
EE funktioniert am besten im gesamteuropäischen Verbund.
Sorry, dass ich hiermit, die Wolken vor die Sonne schiebe, aber die hier demonstrierte Euphorie scheint nicht berechtigt zu sein:
„Der Ausbau der Energieerzeugung durch Photovoltaikanlagen wird Deutschlands Stromkunden mindestens 111 Milliarden Euro kosten. Das ergeben neue Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), die der F.A.Z. vorliegen. Allein der Ausbau bis zu dem neuen Förderdeckel von 52 Gigawatt (GW) Leistung wird trotz stark sinkender Einspeisevergütung noch Zahlungen von 11,8 Milliarden Euro auslösen.“
Ich habe leider das Geld nicht lose in der Tasche, ich und viele Mitbürger müssen es sich von der AHV absparen. Ich habe nicht das Privileg, von einer grosszüzigen Staats- oder Unternehmenspension profitieren zu können.
Guten Morgen Herr Holzherr
Geht doch, aber tun Sie doch bitte nicht zuerst dezentral negieren und dann mit „ihren“ Vorschlägen dezentral auf den Schild heben. Ich meine, ich bau ja solche Systeme, so richtig physisch, und da kommt dann eben die Hausintelligenz dazu, die dann eben der Waschmaschine sagt, wann diese starten darf und wann nicht.
Auch hier gehen die Meinungen wieder auseinander. Die heutigen Marktteilnehmer sprechen von Smart-Grids, die Intelligenz im Netz. Gut, etwas gescheiter dürfen die werden. Noch wichtiger ist aber die Hausintelligenz. Und da treffen wir uns dann auch wieder mit Ihren Vorschlägen.
@Michael Sobota, werner witschi, Professor Ragaller
Dezentralisierung/Lokalisierung belohnen, Belastung des Netzes bestrafen
Ihr Konzept der dezentralen Versorung,(Zitat)“ ca. 30% Endenergieverbrauch bei den privaten Haushalten „ und (Zitat)„Jede auf einem privaten Dach produzierte kWh (Strom oder Wärme) entlastet die zentralen Werke und gibt für die Wirtschaft wieder eine kWh frei.“
ist auch für mich erstrebenswert. Doch durch die Einspeisung geschieht das Gegenteil von Dezentralisierung/Lokalisierung: Wo (zufälligerweise) viele PV-Dächer zusammen kommen, muss das lokale Stromversorgungsnetz ausgebaut werden (oder der Überschussstrom wird verworfen) und der überschüssige Strom muss entweder ins Ausland transportiert oder in Pumpspeichern abgespeichert werden.
Solaranlagen belasten das Stromsystem (über den Spitzenstrom) anstatt es zu entlasten
Massnahmen um zu echter Stromselbstversorgung zu kommen
Meine Verbesserungsvorschläge als Alternativen:
– Lastabhängige Einspeisevergütung: Hat’s zuwenig Strom im Netz erhält der Einspeiser eine hohe Vergütung, hat’s zuviel erhält er keine Einspeisevergütung
– Subventionierung von lokalen Energiespeichern, also von Batterien
– Abgeltung der Eigenversorgung über progressive Haushaltstariffe. Jene Haushalte, die nur sehr wenig Strom verbrauchen, erhalten eine Vergütung, wer mehr braucht zahlt progressiv mehr, z.B. durch einen linearen Anstieg der kWh Strompreise mit steigendem Verbrauch: Damit würde sich Eingeproduktion von Strom rentieren nicht weil man Einspeisetarife erhält, sondern weil man keinen Strom mehr bezieht.
Grüezi Herr Witschi
Ich kann Ihrer Aussage nur voll und ganz zustimmen. Auch zu bedenken gilt, dass jede kleine dezentrale Anlage unsere Abhängigkeit vermindert. Wir sind die erste Generation, die einen Schritt in die Selbstständigkeit – mit den heute möglichen technischen Möglichkeiten tun kann. Und – natürlich wird hier auch immer wieder von den bisherigen Monopolisten aufgelistet, warum das nicht gehen kann.
Das heute aktuelle Thema des Stromspeichers wird in 5 Jahren kein Thema mehr sein. Davon bin ich überzeugt.
Langsam habe ich auch die Nase voll, von dem ach so vermeintlich hohen Strompreis. Wenn ich mein Umfeld so anschaue, staune ich immer wieder, wie für eine Woche Ferien auf die andere Erdhalbkugel geflogen wird, von der persönlichen Übermotorisierung gar nicht zu reden und und und. Beim Strom rechnen wir immer als wenn wir am Hungertuch nagen würden…..
Grüezi Herr Ragaller
Grüezi Herr Holzherr
Wie Herr Ragaller richtig feststellt ist es eine Frage der Mischung zentral/dezentral. Ich selbst kann mcih nicht zurückbesinnen, jemals nur von dezentral gesprochen zu haben. Da dezentral aber heute nicht existent ist, ist dies mein Marktsegment in dem ich tätig bin. Da ca. 30% Endenergieverbrauch bei den privaten Haushalten ist bin ich mir sicher, dass eben gerade jedes private Dach ein Potenzial für Energie hat. Jede auf einem privaten Dach produzierte kWh (Strom oder Wärme) entlastet die zentralen Werke und gibt für die Wirtschaft wieder eine kWh frei.
Es könnte so schön sein, wenn wir nur könnten. Aber der Gesetzgeber findet doch immer wieder etwas, das dem Kleinprojekt fast den Atem raubt.
Herr Holzherr,
ja, wenn wir genügend Zeit hätten, könnte man einfach abwarten, bis sich die EE durchsetzen. Die Klimaentwicklung setzt uns für die Umstellung jedoch eine harte und knappe Zeitlimite. Da neben den Kosten noch weitere Hindernisse – wie bei jeder neuen Technologie – existieren, z.B. genügend ausgebildete Fachleute, Aufbau von Applikations-Erfahrungen, Finanzierung, Verkauf und Service… ist eine zielorientierte Förderung wie die KEV sinnvoll und nötig.
Wie genau sich die Aufteilung zentral/dezentral oder Inland/Ausland entwickeln wird, ist heute angesichts der enormen Dynamik wohl schwer vorhersagbar, vermutlich wird es eine Mischung sein.
@Kommentar von Klaus Ragaller
Sehr geehrter Herr Professor Ragaller.
Folgt man ihrer Argumentation, braucht es gar keine Einspeisevergütung, denn über kurz oder lang wird jeder Eigenheitmbesitzer seinen Strom selber erzeugen und ihn auch gar nicht mehr einspeisen, sondern ihn in seinen eigenen Batterien abspeichern.
Momentan sind wir aber noch weit davon entfernt.
Falls es aber je so weit kommt, dass Solarstrom konkurrenzfähig wird, dann könnte sich ein ganz neues Problem ergeben. Sollten die Spanier ihren Strom mit PV sehr viel billiger als hier produzieren, könnte in einem offenen, gut vernetzten Strommarkt, der Strompreis durch Solarstrom aus Spanien so weit sinken, dass der heimisch produzierte Strom nicht mehr konkurrenzfähig wäre.
Sicher würde man dann diskutieren, wie man den billigen Solarstrom aus Spanien daran hindert, über die Grenzen zu fliessen.
Fazit:
– Die fehlenden effizienten und billigen Stromspeicher bedeuten, dass nur eine gesamteuropäische Lösung mit einem Stromnetz hoher Kapazität zu einer kostengünstigen Stromversorgung Europas führt.
– Die grösste Hürde für Erneuerbare Energien ist das Gärtchen-Denken. Jede Nation will autark sein, obwohl sie es meist heute schon gar nicht ist. Billig wird EE-Strom bei grossräumiger Vernetzung
– Wer seinen Strom selber erzeugen will soll das tun, aber es gibt wenig Gründe warum das alle zahlen sollen.
@Martin Holzherr
Mc Kinsey hat in einer fundierten Studie, die im April 2012 erschien: „Solar Power: Darkest before dawn“ die verschiedenen Marktsegmente für PV analysiert. Das Segment „Residential customers with moderate sun conditions“ zu dem die Schweizer Endkunden gehören, ist gemäss den Autoren bereits am break-even, wird im weiteren Wachstum jedoch behindert durch Zugang zu günstiger Finanzierung und durch zu hohe Kunden-Aquisitionskosten.
Der wichtigste Faktor für die Einschätzung des Potentials ist jedoch die schnelle Weiterentwicklung. Die Autoren schreiben dazu: PV Preise werden weiter fallen- selbst wenn wie erwartet die Fördermittel zurückgehen – da sich die Produktionskapazität in den nächsten 3 bis 5 Jahren verdoppeln wird. Bis 2020 ist mit Kostensenkungen von 10% pro Jahr zu rechnen.
Das schnelle Wachstum der dezentralen Strom-Produktion könnte – so das Fazit der Studie – die traditionellen Versorgungsunternehmen in grosse Schwierigkeiten bringen (eine Teilantwort auf die Frage von Herrn Witschi „was kostet die Nicht-Energiewende?)
Guten Morgen Herr Holzherr
Gut, Sie sind ein Verfechter der Grossanlagen und dementsprechend auch eher ein Freund des veralteten Geschäftsmodells: einige grosse Produzenten und viele kleine Abonnenten.
Nun, ich tu ja was und glauben Sie mir, keiner meiner Kunden ist Millionär, alle meine Kunden wollen ganz einfach den Anteil von Fremdenergie reduzieren. Da ist Betriebswirtschaft angesagt, es muss ich ja rechnen.
Es ist auch eine Ansichtssache wo wie viel vorgegaukelt wird. Vermessen von Ihnen wäre nun, was ja in Ihre Antwort intepretiert werden könnte, dass alle Dorfhandwerker Gaukler sind und die CEO’s der Grossproduzenten ehrbare Manager.
Für mich klar ist, es ist nicht eine technische Frage, was wo wann und für wie viel gemacht werden kann. Aber, Sie können davon ausgehen, dass die etablierten Produzenten um jede kWh kämpfen, die mit einer offeneren Politik verloren gehen würde.
Und, ist für Sie immer alles absolut, was aus dem Bundeshaus kommt? Für mich zumindest dann nicht, wenn der Herr Karrer zusammen mit BR Leuthard rauskommt 😉
Und, ob es nun in die Entwicklung passt oder nicht, die Netzparität wird bald erreicht sein, auch bei Kleinanlagen.
@Kommentar von werner witschi:
Herr Witschi,
Sie sind ein konsequenter Verfechter der dezentralen Energieproduktion und fordern deshalb mehr PV auf den Hausdächern, während der Bund mehrmals betont hat, er wolle eher Grossanlagen fördern als private Kleinanlagen. Denn Grossanlagen sind billiger (beispielsweise nur ein Inverter für Grossanlage anstatt dutzende für dutzende Kleinanlagen) und können geplant ans Netz angeschlossen werden, während bei privaten Anlagen das Netz eventuell für jedes Quartier mit viel PV ausgebaut werden muss, je nachdem welches Quartier gerade am meisten PV auf die Hausdächer stellt.
Fazit:
1) Dezentrale PV ist teurer als PV von Grossanlagen.
2) Selbst erzeugten Strom auch selbst verbrauchen ist heute zu teuer, weil die Batterien dafür zu teuer sind
3) Ein funktionierendes EE-System nutzt ein europaweites Supergrid (ganz Europa mit Hochspannungsleitungen hoher Kapazität vernetzt). Der Solartstrom wird dann in Spanien oder Marokko produziert und eingespeist, weil er dort am günstigsten ist
Die „schmutzige Wahrheit“ der erneuerbaren Energien ist, dass sie nicht funktionieren wenn sie so eingesetzt werden, wie heute für sie geworben wird. Was den Leuten vorgegaukelt wird ist: „Jeder konsumiert seinen selbst produzierten Strom.“ Das funktioniert aber nicht. Besser gesagt, das können sich nur Millionäre leisten.
Da hab ich noc heine Frage, was kostet uns denn eigentlich die NICHT-Energiewende?
Guten Morgen Herr Ragaller
Die Schweiz tut sich generell noch schwer, die heutigen Akteure der Energiewende in Entscheidungen mit einzubeziehen. So erstaunt es eben nicht, dass der Städteverband selbst die Initiative ergriff.
Wenn wir die Historie der Energieentwicklung betrachten, ist diese eben auf zentralen Werken mit einigen wenigen Marktplayern aufgebaut und deren Geschäftsmodelle haben sich die letzten Generationen bewährt. Die heutigen Technologien lassen nun aber einen recht grossen Anteil an dezentraler Energieproduktion zu. Dies bedingt aber eine Anpassung der alten Geschäftsmodelle. Betrachten wir nun aktuelle Entscheide des UVEK’s dieser Woche, können wir feststellen, dass die heutigen Produzenten eher Einfluss auf diese Entscheidungen nehmen, als die Geschäftsmodelle zu ändern. Konkret verzichtet das UVEK darauf, für nächstes Jahr die KEV-Tarife von 0.45 auf 0.9 Rappen/kWh zu erhöhen. Die einfache Begründung lautet: Zu viele Projekte sind durch Einsprachen blockiert. Die KEV-Einnahmen könnten nicht genutzt werden.
Klingt einleuchtend, ich mutmasse nun aber, dies diese Projekte primär Grossprojekte sind, die sich kein Privater leisten kann und wenn schon KEV-Subventionen, dann doch lieber an die heutigen Produzenten.
Es zeigt sich auch im Entscheid, den KEV-Deckel für Solaranlagen nicht wesentlich zu erhöhen.
Es wäre zu begrüssen, wenn das UVEK die neuen und künftigen Produzenten gleich stark in die Entscheidungsfindung einbeziehen würde.
Es wird Zeit, die Versorgungssicherheit neu zu definieren.
@Martin Holzherr und Ben Palmer
die Kosten für Produktion und Verteilung von Elektrizität werden unabhängig vom Produktionsmix ansteigen weil die heutige Infrastruktur weitgehend abgeschrieben ist und ein sehr grosser Erneuerungsbedarf besteht, auch weil für einige Energieträger bisher keine volle Kostenwahrheit eingepreist wurde.
Lenkungsabgaben, die Anreize zum Energiesparen schaffen, sind dagegen im Mittel keine Belastung für die Verbraucher, sie belasten überdurchschnittlichen Konsum und entlasten dafür effiziente und sparsame Konsumenten.
Die Effizienzpotentiale der Industrie werden von Economiesuisse zwar kleingeredet, eine kürzlich erschienene IEA Studie kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Zum Beispiel: von den 45 % des Elektrizitätsverbrauchs, der in Motoren geht, können mit besseren Motoren mindestens 20 bis 30 % eingespart werden.
Die oben zitierte Präsentation von Bukowiecki zeigt solche Potentiale in den kommunalen Werken auf, die Stadt Zürich zeigt ein interessantes Potential bei Kälte-Wärme-Verbund-Projekten. Effizienzsteigerung und Einsparungen sind keine Einmalaktionen sondern Gegenstand intensiver Forschung und Weiterentwicklung.
Herr Palmer,
Sie kennen die letzten „Hochrechnungen“ zu den Kosten
des Rueckbaus der KKW’s und Endlager des Bundes?
(mit und ohne ausstieg)
Die letzten Zahlen waren deutlich hoeher als im Jahr 2006
(man rechnet jetzt offensichtlich mit 3% Inflation pro Jahr um das
zu erklaeren.. bei Nachfragen ob es denn auch in den naechsten
Jahrzehnten diese Inflation geben wird bekommt man leider
keine Antwort mehr)
Egal hier die Frage.. nach dem „Gesetz“ soll der Strom
aus den KKW’s das Endlager und den Abriss finanzieren.
Nur die Zahlen zeigen dass dem nicht so ist.
Entsprechend muessten die kwh Kosten mindestens doppelt
so hoch sein.
Sollte wir Nutzer also mehr bezahlen oder sollen
unsere Nachkommen die Rechnung bezahlen
(egal ob mit oder ohne Stromluecke und Austieg etc.)?
@Ben Palmer: Der Vorschlag die Strompreise zu verdoppeln kommt nicht von mir. Es gibt Pläne des Bundes mit einer solchen Massnahme den Stormverbrauch drastisch zu reduzieren.
Zitat: „Rolf Iten vom Forschungsinstitut Infras hat in den vergangenen Jahren für das Bundesamt für Energie (BfE) bereits Studien zum Thema erstellt. Die Energiepreise müssten mittels einer Abgabe im Durchschnitt mindestens verdoppelt werden, wenn diese wie vom Bundesrat skizziert zum zentralen Instrument der Energiepolitik werden soll, so Iten.“
„Auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse geht aufgrund eigener Untersuchungen von hohen Abgaben aus: Bei Haushalten sei etwa erst bei einer Verdoppelung der Strompreise eine Einsparung von kurzfristig 25 und langfristig 40 Prozent des Verbrauchs zu erwarten. Bei der Industrie dürfte es noch schwieriger werden, zumal viele Effizienzpotenziale ausgeschöpft sind. Eine Abwanderung von Unternehmen wäre wohl bei einer flächendeckenden Einführung die Folge.“
Warum kommt man auf solche Ideen?
Ganz einfach: Weil man beim BFE mit einer Stabilisierung des Stromverbrauchs bis 2050 rechnet – trotz Zuwanderung und Wirtschaftswachstum. Zitat: *Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie stellt die Schweiz vor grosse Herausforderungen. So ist die geplante Stabilisierung des Stromverbrauchs nur mit einem umfassenden Gesamtpaket an griffigen Massnahmen umzusetzen. „
Herr Holzherr: „Mit einem höheren Strompreis könnte man die Leute auch zum Stromsparen animieren (ein viel gehörter Vorschlag), doch D zeigt, dass das nur Wirkung zeigt bei starken Strompreiserhöhungen.“
Ich finde Ihre Rethorik bewundernswert: „animieren“. Aber um auf der selben Schien zu bleiben und das Beispiel D zu integrieren, schlage ich eine Vervierfachung des Strompreises vor. Im Gegenzug muss dann auch eine Preiserhöhung bei fossiler Energie vorgenommen werden. Würde das Sie persönlich dazu animieren, auf Ihren PC (privat und bei der Arbeit) zu verzichten? Sie verdienen offenbar ausreichend Geld, um sich solche Preise noch leisten zu können? Aber rechnen Sie nicht damit, dass Ihr Arbeitgeber aus Freude über Ihren Vorschlag Ihren Lohn erhöhen wird.
Und wo fliessen diese nicht marktkonformen zusätzlichen Einnahmen hin? Von Ihrem bisher komfortablen Lohn wird nicht viel übrig bleiben, wenn der Staat in Ihre Taschen greift.
Herr Holzherr, die Kostenschätzungen vor allem für lange Zeiträume sind mit Vorsicht zu betrachten, da haben Sie recht. Schwierig ist vor allem eine umfassende Kosten/Nutzen-Rechnung für die gesamte Volkswirtschaft. Wieviel Mrd an Heizölrechnung können eingespart werden, wenn das Öl durch Strom für Wärmepumpen ersetzt wird und wenn mit diesen Mitteln Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Schweiz entstehen. Wie stellt man in Rechnung, dass man mit dieser Substitution auch noch eine Versicherung gegen steigende Ölpreise bekommt- ein grosser Betrag auf der Nutzen-Seite…. die Liste liesse sich noch weiter fortsetzen.
Sehr geehrter Herr Professor Ragaller,
für ein betont dezentrales politisches System wie die Schweiz sind auch dezentrale Energielösungen naheliegend, vor allem was Einsparungen und Infrastruktur angeht. Die unterste Ebene wäre sogar die des Haushalts, der Wohnungen und Gebäude. Und auf dieser Ebene fallen ja bis zu 40% der totalen Energieaufwendungen an. Man müsste also jeden Häuslebauer und -sanierer dazu bewegen auf fossile Energien zu verzichten und vielleicht sogar selbst Strom zu produzieren, etwas was vor allem beim nötigen Ersatz von Atomstrom durch andersartig erzeugten Strom eine Rolle spielt.
Was die kolportierten Kosten der Energiewende (Ausstieg aus der Atomkraft) von Kosten in der Höhe von 30 Milliarden für die Energiewende betreffen, so ist eine solche Angabe zu hinterfragen, denn die Kosten hängen entscheidend vom geplanten Ersatzstrom und den Ersatzanlagen ab. Ersatz durch Importstrom wäre wohl am kostengünstigsten und insoweit sogar sinnvoll, als die Schweiz ohnehin nicht stromautark ist.
Insgesamt sind aber nicht die einmalig anfallenden Investitionskosten (Gaskraftwerke, Stromleitungen) entscheidend, sondern der am Schluss resultierende neue Strompreis, denn bei einem Strompreis von 20 Rappen pro Kilowattstunde zahlt die Schweiz pro Jahr 12 Milliarden CH für den Strom. Nur schon eine 10%-ige Erhöhung des Strompreises ergibt Kosten von 30 Milliarden Franken in 30 Jahren. Wenn man aber Deutschland als Masstab nimmt, wo der Endverbraucherstrompreis zwischen 2005 und 2012 um mehr als 30% ansieg (von 2000 bis 2010 sogar um mehr als 50%), so erkennt man was auf die Schweiz zukommen kann. Mit einem höheren Strompreis könnte man die Leute auch zum Stromsparen animieren (ein viel gehörter Vorschlag), doch D zeigt, dass das nur Wirkung zeigt bei starken Strompreiserhöhungen.
Ganz meine Meinung! Erstens, dass der Ersatzinvestitionsbedarf sowieso anfällt in der Kraftwerkserneuerung. Zweitens, dass dezentrale erzeugte Energie volkswirtschaftlicher und verlustärmer produziert wird. Drittens, dass die Gemeinden, allen voran die Energiestädte und der Städtverband gegenüber Kraftwerklobby weit voraus denken, aber hier geht es eben um Macht und Einfluss. Diese abzugeben, fällt schwer…
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