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Was sich die Grüne Wirtschaft von Rio+20 wünscht

18.06.2012 von

Die Schweiz ist ein kleines Land und entsprechend sind auch die verursachten Belastungen global gesehen fast vernachlässigbar. Bezüglich Treibhausgase sind es zum Beispiel gerade einmal zwei Promille der Gesamtemissionen der Welt, die auf unser Konto gehen. Die eine Hälfte davon wird in der Schweiz freigesetzt, die andere verursachen wir durch unseren Konsum importierter Güter. Ganz anders ist das Bild, wenn wir die Emissionen pro Kopf vergleichen. Der globale Durchschnitt ist hier zirka fünf Tonnen; in der Schweiz emittiert jede Person elf bis zwölf Tonnen.

Wegen unseres kleinen absoluten Beitrags zur globalen Verschmutzung fragt sich mancher, warum die Schweiz eine aktive Rolle in der globalen Nachhaltigkeitspolitik spielen solle, wie zum Beispiel hier am Erdgipfel in Rio. Dazu ein paar Gründe.

Die Schweiz ist wirtschaftlich sehr stark vernetzt und darum auf verlässliche Partner in stabilen Verhältnissen angewiesen. Aber: Die Weltbevölkerungszahl nimmt deutlich zu, die notwendige Entwicklung führt global zu mehr Konsum. Heute schon ist über die Hälfte der Ökosysteme auf dem Planeten übernutzt. Die Nachfrage nach Energie wächst ungezügelt und die Energieproduktion muss immer schwierigere Quellen anzapfen. Betreffend wichtiger Ressourcen leben wir auf Kosten der kommenden Generationen, Konflikte sind programmiert. Dazu kommt die finanzielle Verschuldung vieler Länder. All diese Trends bergen grosse Risiken, dass Stabilität und Verlässlichkeit schwinden. Die Schweiz wird davon mehrheitlich zwar indirekt, aber entscheidend betroffen sein.

Nur die nachhaltige Entwicklung kann diese Risiken mindern. Die Länder des Südens werden konsequent eine «grüne Wirtschaft» stärken müssen. Da sind saubere und effiziente Prozesse und Produkte im Fokus. Wir müssen sie auf ihrem Weg unterstützen, durch technologische und finanzielle Beiträge. In den Industrieländern werden wohl weitergehende Massnahmen im Sinne von «Qualität statt Quantität» unumgänglich sein. Es braucht eine Stärkung von immateriellen Werten zulasten eines ungezügelten Konsums, der gar keine Verbesserung der Lebensqualität mehr bringt.

Wunsch an Rio+20

Die Öbu ist das Netzwerk von über 400 nachhaltig arbeitenden Unternehmen in der Schweiz, vom kleinen Gewerbebetrieb bis zum Global Player. Was wir uns von «Rio+20» wünschen ist Folgendes:

Die Notwendigkeit grosser Anpassungen wird von allen akzeptiert. Alle übernehmen einen angemessenen Anteil der Last. Damit geht insbesondere in den Industrieländern ein grundsätzlicher Wandel der Gesellschaft einher.

Dieses Unterfangen kann nur gelingen, wenn die Chancen für die Wirtschaft erkannt werden. Zum Glück gibt es schon heute eine beachtliche Zahl von «Grünen Unternehmen», die uns den Business Case des nachhaltigen Wirtschaftens aufzeigen!

Wir sind nicht naiv. Der Ausgang der Konferenz ist höchst ungewiss. Aber wer nicht Grosses wünscht, bekommt vielleicht gar nichts.

Zur Autorin

Gastautorin Gabi Hildesheimer ist Geschäftsführerin von Öbu, dem Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften. Sie wird an der UNO-Nachhaltigkeitskonferenz «Rio+20» teilnehmen.

«Rio+20» auf dem ETH-Klimablog

Vom 20. bis 22. Juni 2012 findet in Rio de Janeiro die UNO-Nachhaltigkeitskonferenz «Rio+20» statt. Im Zentrum der Konferenz wird die Frage stehen, welchen Beitrag die Grüne Wirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung und Armutsbekämpfung leisten kann. Der ETH-Klimablog begleitet die Konferenz mit einigen Blogbeiträgen. Sie finden diese unter dem Stichwort «Rio+20».





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Der Kreislaufwirtschaft näher kommen

Eine Flasche Mineralwasser der Marke „Abwassser-Reinigungsanlage-Winterthur“ könnte es von der Trinkqualität schon bald geben.
Geklärtes Abwasser direkt zu trinken, kann momentan noch niemandem empfohlen werden, denn die Mikroverunreinigungen, vor allem verdünnte Medikamente wie Östrogene etc. blebein auch nach Klärung in heutigen Kläranlagen teilweise noch aktiv.

Doch die Forschung&Technik-Beilage der NZZ vom 18.7.2012 berichtet im Artikel Arzneimittel in Gewässern minimieren wie bereits in CH und der EU eine Umrüstung von Kläranlagen geplant ist um hier Abhilfe zu schaffen. Ozonierung und Aktivkohleeinsatz scheinen beide gleich gute Resultate zu erzielen und reduzieren Mikroverunreinigungen so weit, dass Analyseverfahren sie nicht mehr nachweisen können und man biologische Systeme (Bakterien und Fische) einsetzen muss um allflällige Restwirkungen zu evaluieren.

Dieses Beispiel zeigt, dass eine 100%-ige Reinigung und damit auch eine 100%-ige Rezyklierbarkeit mindestens beim Wasser durchaus möglich ist. Früher oder später werden wir alle Stoffe entweder 100% rezyklieren oder aber so entsorgen müssen, dass keine Schadstoff mehr zurückbleiben.

Auch die „grüne Wirtschaft“ hat kein Rezept, wie wir aus dem Teufelskreis von Gewinnstreben, Arbeitsplatz-/Wohlstandssicherung und Ressourcenverschwendung herauskommen. Sie mag – so sie denn Realität wird – den Prozess etwas verlangsamen, das Endergebnis wird dasselbe sein.
Es ist erfreulich, wenn sich eine Wirtschaftsorganisation wie die OebU (oder zumindest deren Geschäftsführerin) zu „sauberen und effizienten Prozessen und Produkten“ bzw. zu „Qualität statt Quantität“ bekennt. Die Diskussion ist in ökologisch aufgeklärten Wirtschaftskreisen nicht neu (siehe z.B. WBCSD 2008: Sustainable Consumption Facts and Trends, dort Kapitel 4: The role of business, Download unter http://www.wbcsd.org/Pages/EDocument/EDocumentDetails.aspx?ID=142&NoSearchContextKey=true). Rio+20 hin oder her: Lasst Taten folgen!

Rio, Rio+20 und vielen andere Konferenzen zu Klima und Nachhaltigkeit fehlt die Nachhaltigkeit: Die Umsetzung der Ziele bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, die zu schützenden Ressourcen und Ökosysteme, die Biodiversität und Artenvielfalt degradieren und das trotz den guten Vorsätzen. Ein wichtiger Grund dafür ist – neben rein ökonomischen Gründen – das fehlende Grundkonzept. Niemand hat die wichtigste Frage gestellt, nämlich: Wie können Menschen wirtschaften und leben ohne ihre Umgebung zu beeinträchtigen. Die Antwort heisst:

Kreislaufwirtschaft
Wenn sie im Restaurant eine Flasche Mineralwasser der Marke ARA Winterthur bestellen – also Trinkwasser aus Abwasser-, dann ist der Nutzwasserkreislauf geschlossen. Heute ist das noch nicht möglich, denn im Abwasser hat es unter anderem Östrogene, welche die männlichen Fische verweiblichen, aber auch viele andere Mikroverunreinigungen , deren gesundheitliche Auswirkungen nur zum Teil bekannt sind.
Eine perfekte Kreislaufwirtschaft ergibt zero waste und zero emissions.

Kreislaufwirtschaft als Nachbildung des Stoffkreislaufes in der Natur

Geschlossene Kreisläufe für alle vom Menschen „verstoffwechselten“ Materialien ist nicht gleichbedeutend mit Langlebigkeit oder mit Wiederverwendung im wörtlichen Sinn. Nur zero waste und kein Abbau von endlichen Rohstoffen muss gelten. Ein Holzhaus kann also als Brennholz wiederverwendet werden. Auch Kunststoffe wie Polyäthylen sind, wenn sie nicht als Plastikmüll im Meer landen, harmlos, denn sie bestehen nur aus C und H. Selbst benzinartige Treibstoffe wären kein Problem, wenn sie aus CO2, O2 und H20 syntethisiert würden.

Hürden für die Kreislaufwirtschaft
100% Recycling ist technisch schwierig. Und es braucht (oft) Energie um den Kreislauf zu schliessen. Wir brauchen in Zukunft mehr, nicht weniger Energie!

Sehr geehrte Frau Hildesheimer,
Rio 1992 schuff die von mehr als 178 angenommene Agenda 21, welche nachhaltiges Wirtschaften mit nachhaltig genutzten sozialen und ökologischen Ressourcen propagierte und die Bekämpfung von Armut, das Ändern des Konsumverhaltens, eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums und eine die natürlichen Ressourcen schonende Siedlungsentwicklung forderte.
Die Art des Wirtschaftens hat sich aber in den 20 Jahren, die das nun her ist, kaum geändert und wenn sie schreiben
„Die Nachfrage nach Energie wächst ungezügelt und die Energieproduktion muss immer schwierigere Quellen anzapfen.“ so meinen sie wohl mit den immer schwierigeren Quellen das Tiefseeöl, Shale Gas und Shale Oil, also Ressourcen, die man aus Klimaschutzgründen weder nachhaltig noch sonst irgendwie nutzen sollte.

Rio 2012, also Rio+20 hat nun als Schwerpunkte Green Economy und Governance und viele der Delegierten von Rio+20 stammen aus der Industrie und nicht aus Regierungs- und beamteten Umweltschutzkreisen. Es gibt heute viele, auch schweizerische Firmen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet haben. Auf den ersten 10 Plätzen der 2010 Global 100 List of Most Sustainable Corporations in the World sind unter anderem General Electric, Hennes&Mauritz, Nokia, Siemens, Unilever und Geberit, was den Gedanken aufkommen lässt, die halbe Welt sei schon nachhaltig.
Doch das 4%-ige Weltwirtschaftswachstum frisst die Effizienzgewinne auf und auch (Zitat)eine Stärkung von immateriellen Werten zulasten eines ungezügelten Konsums genügt nicht, wenn das nur die Wohlhabenden machen.
Eine Lösung sehe ich im Übergang zur 100% Rezyklierung aller Stoffe, einer weltweiten Kreislaufwirtschaft, die nicht mehr auf Naturressourcen angewiesen ist.

“Heute schon ist über die Hälfte der Ökosysteme auf dem Planeten übernutzt.” Was sind das für Ökosysteme und wieviele gibt es davon?

Guten Tag Frau Hildesheimer,

sie schreiben:

„Heute schon ist über die Hälfte der Ökosysteme auf dem Planeten übernutzt.“

Koennten Sie den Millionen Lesern erklaeren was passiert
wenn das so weiter geht?

und ja:

„Nur die nachhaltige Entwicklung kann diese Risiken mindern.“

Wir reden seit 20 (RIO) oder 40 Jahren (Stockholm) uber diese Idee und das einzige was dabei rausgekommen ist:

Wir leben heute weniger Nachhaltig als vor 20 Jahren.

Was sind ihre Prognosen fuer die naechsten 20 Jahren.

100% der Oekosystem sind dann uebernutzt und
etliche schon kollabiert?

Glauben Sie wirklich wir koennen in der Schweiz einfach weiter
wie bisher machen?

In 20 Jahren wird es gerade in der Schweiz und der EU
nur noch einen Bruchteil des Oels geben den wir heute
als angebliches Menschenrecht fuer uns beanspruchen.

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