Internationale Klimaverhandlungen: Teufel steckt im Detail
20.12.2011 von
Das Ergebnis der Klimaverhandlungen in Durban zeigt, wie wichtig einzelne, wenig beachtete Regeln für den Erfolg eines internationalen Klimaabkommens sein können. Solche Regeln setzen Anreize für die teilnehmenden Staaten und können über Erfolg oder Misserfolg eines Abkommens entscheiden. Auf ein richtiges Design solcher Regeln sollte in den kommenden Verhandlungen verstärkt geachtet werden.
Es ist mittlerweile schon viel geschrieben worden über die Ergebnisse der Klimaverhandlungen in Durban. Ein vieldiskutiertes Thema ist die Entscheidung der kanadischen Regierung, keine zweite Verpflichtungsperiode im Rahmen des Kyoto-Protokolls einzugehen. Was jedoch häufig unerwähnt bleibt, ist der direkte Zusammenhang dieser Entscheidung mit der Tatsache, dass Kanada sein bisheriges, bis 2012 gültiges Reduktionsziel wohl bei weitem verfehlen wird. Für ein solches Verfehlen bestehender Ziele sehen die Kyoto-Regeln vor, dass der Fehlbetrag in der folgenden Verpflichtungsperiode mit einem Straffaktor von 1.3 «übererfüllt» werden muss. Hier zeigt sich eine grosse Schwäche der Kyoto-Sanktionen: Ein Land, welches sein Ziel verfehlt, kann eine Strafe umgehen, indem es die Ratifikation einer zweiten Verpflichtungsperiode verweigert. Genau dies ist mit der Entscheidung Kanadas geschehen.
Um solchen Ansprüchen weiteren Wind aus den Segeln zu nehmen, hat die Kanadische Regierung zudem einen Austritt aus dem bestehenden Protokoll angekündigt. Ein solcher Austritt ist allerdings nicht Sache der Regierung, sondern des Parlaments. Es bleibt abzuwarten, ob und wann dieser Schritt von der kanadischen Legislative tatsächlich vollzogen wird. Zum Vermeiden der Sanktionen allerdings ist ein Austritt aus dem bestehenden Vertrag rechtlich nicht notwendig. Ein Verweigern einer zweiten Verpflichtungsperiode ist hierfür durchaus ausreichend, so dass abzuwarten bleibt, wie sich Länder wie Japan oder Australien diesbezüglich verhalten.
Kyoto-Sanktionen bewusst «zahnlos»
Die Kyoto-Sanktionen, die doch auf der Website der Klimarahmenkonvention lange Zeit zu den stringentesten aller internationalen Umweltvereinbarungen gezählt wurden, sind also in Wirklichkeit wenig effektiv. Fairerweise muss ich allerdings festhalten, dass dieser Sanktionsmechanismus selbst ebenfalls das Ergebnis von Verhandlungen ist. Der Mechanismus wurde in den sogenannten «Marrakesh-Accords» im Jahr 2002 festgelegt. Damals haben sich viele Länder – unter anderem auch Japan – gegen stringentere Sanktionen ausgesprochen, um die erwartete Strafe bei Verfehlung des eigenen Ziels in Grenzen zu halten. Dies rächt sich nun und lässt das Kyoto-Protokoll weitestgehend «zahnlos» erscheinen. Bei den kommenden Verhandlungen über ein zukünftiges Abkommen sollten also viel stärkere Anreize zum Erfüllen der Reduktionsziele gesetzt werden.
Kyoto II für EU-Emissionshandel nicht notwendig
Auch bei der Entscheidung der europäischen Länder, eine zweite Verpflichtungsperiode einzugehen, haben die Regeln eine wichtige Rolle gespielt. Es wird häufig berichtet, dass die EU einem neuen Kyoto-Reduktionsziel zugestimmt hat, damit der Preis im eigenen Emissionshandelssytem (EU ETS) nicht auf null sinkt. Dies ist meines Erachtens falsch. Denn die Menge an Emissionsrechten, die in diesem System ausgegeben wird, wird im Rahmen einer EU-internen Regulierung bestimmt, nicht im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Der Mechanismus hätte also auch weiter funktioniert, wenn das Kyoto-Protokoll nicht weitergeführt worden wäre.
Kyoto II garantiert kostengünstige Auslandsreduktionen
Dennoch dürfte «Kyoto II» einen Einfluss auf den Emissionshandel haben. Günstige Reduktionszertifikate aus Entwicklungsländern sind bislang nur im Rahmen des Kyoto-Protokolls reglementiert. Somit haben Länder, die sich dem Klimaschutz verpflichtet fühlen, ein Interesse an einer Weiterführung des Kyoto-Protokolls, da damit die Kosten der eigenen Klimapolitik reduziert werden können. Insbesondere auch für die Schweiz, die in ihrer Klimapolitik bekanntlich stark auf Auslandsreduktionen setzt, ist das Weiterführen des Kyoto-Protokolls also relativ wichtig.
Hieraus lässt sich auch eine wichtige Lehre ziehen für die Verhandlungen über ein kommendes Klimaabkommen: Ein solches Abkommen wird nur Bestand haben, wenn eine grosse Anzahl an Ländern einen Anreiz hat, dessen Fortbestand zu sichern und die Reduktionsziele auch tatsächlich einzuhalten. Das richtige Design der Regeln in einem solchen Abkommen wird also entscheidend sein.
Zum AutorDr. Markus Ohndorf ist Oberassistent und Dozent an der Professur für Nationalökonomie am Institut für Umweltentscheidungen (IED) der ETH Zürich.
Lesetipp- Blogbeitrag von Prof. Thomas Bernauer «UN-Klimakonferenz: lebenserhaltende Massnahmen für den Verhandlungsprozess beschlossen» >hier
Kommentare (4) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen
Herr Mueller,
beim naechsten Mal sollten sie etwas genauer lesen
bevor sie ihr Unwissen von:
„Milancovic-Zyklen, die 3 verschiedenen Kreiselbewegungen unserer Erde um die Sonne.“
formulieren.
wie waere es mal mit Wikipedia als Anfang?
http://de.wikipedia.org/wiki/Milanković-Zyklen
Danach koennen wir das Thema gerne vertiefen.
Die 20000 Sommer-Luxus-Durban-Touristen hätte man sich sparen können.
Denn Klima-Wandel gab es schon immer………
….und wird es in den nächsten 4,6 Mrd Jahren auch geben!
Nicht WIR sind es, die das Klima-manipulieren könnten – , nein, es sind einfachste, schon vor 88 Jahren erforschte Zusammenhänge.
Die Milancovic-Zyklen, die 3 verschiedenen Kreiselbewegungen unserer Erde um die Sonne.
Wen es interessiert, kann sich von der Uni Stuttgart die Klimazukunft audrucken lassen, klickst du hier:
http://www.irs.uni-stuttgart.de/skript/GEO_neu/02%20Geophysik/11%20Kryosph%C3%A4re/07%20Milankovitch-Parameter%20und%20Pal%C3%A4oklima%20Eiszeit%20-%20Bahlburg%20+%20Breitkreuz%2004.jpg
Und UPS, es wird KALT vorausgesagt, nein, berechnet, einfachste Mechanik des Kreisels mit Formeln, die schon Johannes Kepler, (Naturphilosoph, Mathematiker, Astronom, Astrologe, Optiker und evangelischer Theologe) kannte!
Im Jahre 1598
😉
Guter Beitrag in Bezug auf verhandlungs- und vertragtsechnische Strategiefragen. Bestimmte Belohnungen für Übererfüller von Zusicherungen und/oder Möglichkeiten für Nichterfülller ihren Zusicherungen dennoch nachzukommen ohne gleich den Vertrag zu kündigen scheinen wichtig zu sein. Die Schweiz beispielsweise kann im Ausland kompensieren was sie im Inland zuviel emittiert. Diese Möglichkeit hätte allerdings wohl auch für Kanada bestanden, nur hat Kanada seine CO2-Emissionen nicht nur wie die Schweiz kaum reduziert sondern sie sogar seit 1990 deutlich erhöht (um 35%)
Mir scheint allerdings schon die Idee irgendeine Prozentzahl für CO2-Emissionsreduktionen in x Jahren zuzusichern eine problematische Idee, denn wenn es sich bei den x Jahren um 10 oder mehr Jahre handelt, hat eine meist nur für 4 Jahre fest installierte Regierung die Tendenz die Reduktion in die Zukunft zu vertagen. CO2-Emissionen reduzieren müsste zum Tagesgeschäft gehören und nicht zu den Zukunftsvisionen. Das ist ein weiterer Grund weshalb ein weltweites Emissionshandelssystem besser wäre als vage Zusicherungen von Regierungen.
Hallo Herr Ohndorf,
Wenn sie schreiben:
„Fairerweise muss ich allerdings festhalten, dass dieser Sanktionsmechanismus selbst ebenfalls das Ergebnis von Verhandlungen ist. Der Mechanismus wurde in den sogenannten «Marrakesh-Accords» im Jahr 2002 festgelegt.“
und
„Hieraus lässt sich auch eine wichtige Lehre ziehen für die Verhandlungen über ein kommendes Klimaabkommen“
und wenn man an die fast unendlich vielen anderen
Versprechungen der Vergangenheit denkt,
dann bleiben einem nur die weisen Worte von Chief Joseph
http://www.youtube.com/watch?v=WEMdN_4GAs4
Es scheint wir haben nicht viel gelernt.
Hoffen wir auf Kinder wie diese:
Neuste Kommentare