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Mensch Klima! Wer bestimmt die Zukunft?

03.06.2011 von

Wer sich unter Freunden, in der Bahn, in der Schule, am Arbeitsplatz oder am Stammtisch umhört, wird feststellen, dass in Diskussionen über das Klima viel geglaubt und wenig gewusst wird. Ein eben erschienenes visuelles Lesebuch will dazu beitragen, die dringende Auseinandersetzung mit dem wohl akutesten Problem unseres Planeten zu beleben und auf eine sachliche Ebene zu stellen.

Mit Hintergrundtexten, Reportagen und Fallstudien und zahlreichen Abbildungen und eindringlichen Bildsequenzen stellt das Buch die vielen Facetten des Themas «Klima und Klimawandel» umfassend dar: Wie hat sich das Klima seit der Entstehung der Erde entwickelt? Wie «funktioniert» das Klimasystem? Wie können wir wissen, welches die Gründe für die Erderwärmung sind? Oder: Welche Massnahmen und Strategien schlagen uns die Klimaforscher vor, damit wir das Schlimmste verhindern können? Und: Wie kann sich die Menschheit an das Unvermeidliche anpassen? Warum fällt es den Politikern so schwer, sich auf wirksame Massnahmen zu einigen?

Als Teil des Herausgeberteams habe ich mich gemeinsam mit einem kreativen und engagierten Team der Herausforderung gestellt, dieses äusserst komplexe Thema wissenschaftlich verlässlich und dabei für ein breites Publikum verständlich darzulegen. Durch die inspirierte Bildauswahl von Mitarbeiterinnen des Verlags und die fundierten Textbeiträge von ausgewiesenen Journalisten ist ein Werk entstanden, das Leser und Betrachter sowohl emotional wie auch intellektuell ansprechen will. Entscheidend für das Gelingen dieses Projekts war aber auch unser wissenschaftliches «Sounding Board», eine Gruppe von Klimawissenschaftlern, vorwiegend der ETH Zürich, die dafür sorgten, dass dieses Buch trotz aller Vereinfachungen strengen wissenschaftlichen Massstäben genügt.

Persönlich hoffe ich, dass dieses Buch vor allem auch die junge Generation anspricht und motiviert, sich intensiver mit einem Thema auseinanderzusetzen, das ihre Zukunft entscheidend mitbestimmen wird.

Buchhinweis

Mensch Klima! Herausgegeben von René Schwarzenbach, Lars Müller, Christian Rentsch, und Klaus Lanz, Lars Müller Publishers, 2011, 300 Abbildungen, 576 Seiten, 65 Franken

Zum Autor

René Schwarzenbach ist emeritierter Professor für Umweltchemie. Gegenwärtig ist er Delegierter für Nachhaltigkeit der ETH Zürich.





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„Mensch Klima!“ Wo bleibt der Mensch?

Den Herausgebern und Autoren von „Mensch Klima!“ gratuliere ich zum Mut, einen 600-seitigen Reader über den Klimawandel zu veröffentlichen. Bücher werden nämlich zwar immer noch fleissig gekauft, doch effektiv gelesen werden heutzutage nur Kriminalromane und Kochbücher. Die einen zum fiktiven Miterleben all der Morde, die wir gerne selbst verüben würden; die andern zum genussvollen Betrachten all der Gerichte, die wir mangels Zeit oder Begabung nicht selbst zubereiten können. Andere gedruckte Werke stauben in Büchergestellen, auf Pulten oder Nachttischen ungelesen dahin. Dieses Schicksal droht auch dem reich bebilderten Klimawälzer von René Schwarzenbach, trotz ansprechender Ästhetik, innovativer Fotoauswahl und fundierten Texten.

„Mensch Klima!“ aus dem Lars-Müller-Verlag erinnert an frühere Schulbücher, zwei Kilo schwer, dicht gepackt mit geschriebenen und grafischen Informationen, die einen förmlich erschlagen. Zum Glück kann ich aber hier in der Bilderflut surfen und mich so von der Lektüre der sachlichen und menschenleeren (sic!) Texte erholen. Der Klimawandel ist bei Schwarzenbach & Co. ein völlig entpersonalisiertes Phänomen, das ändern auch all die namenlosen Menschen auf den Fotos nicht. Ein paar persönliche Geschichten mit Leuten, die etwas zur Klimaveränderung zu erzählen haben, würden die angebotenen „Schulstunden“ vorteilhaft auflockern. Auch bekäme die komplexe Thematik konkrete „Gesichter“ und heilsame Emotionen, ohne der seriösen Wissenschaft Abbruch zu tun.

Was die eindrückliche Momentaufnahme des Buchs ebenfalls ausser Acht lässt, sind der Wandel des Wissens und die gesellschaftliche Debatte. Diese Auseinandersetzung erfolgt heute vor allem in den neuen sozialen Medien wie Blogs, Facebook und Twitter. Sie bergen ein enormes Potenzial für Veränderungsprozesse und hätten bei Einbezug ins Buchkonzept zweifellos ein grösseres und junges Publikum ansprechen können.

Sehr geehrter Herr Blaser,

Sie schreiben Die grösste Gefahr …[ist], dass wir den Klimawandel über technische Lösungen wie Climate Engineering oder ähnliches in den nächsten Jahren in den Griff [zu] bekommen [hoffen]

und plädieren darum für eine Wurzelbehandlung und damit für den badigen Abschied von den fossilen Energien, was allerdings nur funktioniere wenn wir auch Indien und China ins Boot holen.

In ihrer Zielsetzung – weg von den fossilen Rohstoffen – haben sie sicher recht und zwar sogar aus zwei Gründen: 1) wegen dem Effekt von CO2 aufs Klima und 2) weil Öl sowieso schon knapp wird (100 Dollar für ein Barrel Öl heute, 5 Mal mehr als vor 12 Jahren)

Doch etwas verkennen sie meiner Ansicht nach – wobei sie nicht allein sind: Es ist gar nicht einfach von Kohle, Öl oder gar noch Erdgas wegzukommen. Schon für uns in den Industriestaaten ist es nicht einfach. Dies zeigt der langsame Ersatz der Ölheizungen und der Markt-Misserfolg der Elektromobile . Noch schwieriger ist es für China oder Indien auf Kohle zu verzichten, denn Kohle ist billig und Kohlekraftwerke sind schnell gebaut -ganz anders als ein EE-System oder Kernkraftwerke.

Geoengineering wird deshalb kaum aus Faulheit eingesetzt werden, sondern einfach darum, weil am Schluss nichts anderes übrigbleibt. Es gibt übrigens „gutartige“ Geoengineering-Methoden. Dazu gehören das Abscheiden von CO2 aus Kraftwerken oder der Umgebungsluft und auch die Bewaldung von ganzen Wüsten (Sahara, australischer Outback) mittels Bewässerung mit entsalztem Meerwasser. Diese „gutartigen“ Geoengineering-Methoden sind allerdings sehr teuer. Sollte es in den nächsten Jahren wegen einer zunehmenden Ölknappheit zu einer weltweiten Rezession kommen, würde schlicht das Geld fehlen, um solche teueren Erdreparaturen zu finanzieren.

Deshalb mein Appell an alle: Setzt euch mit höchster Priorität dafür ein, dass zuerst einmal viel weniger Öl verbraucht wird, also für das 3Liter-Auto, usw. Sonst wird alles andere…

Die grösste Gefahr sehe ich immernoch darin dass unsere Gesellschaft überzeugt ist, dass wir den Klimawandel über technische Lösungen wie Climate Engineering oder ähnliches in den nächsten Jahren in den Griff bekommen. CO2 bleibt über Jahrhunderte hinweg in der Atmosphere gespeichert.
Wir wissen alle, dass es wirtschaftlicher und sinnvoller ist, Probleme an der Quelle zur verhindern, als auf Probleme zu reagieren. Die Situation wird auch besser kontrollier- und messbar.
Aus meiner Sicht gibt es nur einen richtigen Ansatz: CO2 Emissionen so rasch und so starkt wie möglich reduzieren. D.h. weg von fossilen Brennstoffen. Wir wissen alle, dass Erderwärmung und Klimawandel katastrophale Folgen haben wird.
Das verlangt auch eine intensive Zusammenarbeit mit den stark wachsenden Wirtschaftsgrössen wie China und Indien.
Hier noch ein Artikel zum Thema:
http://environmentalresearchweb.org/cws/article/news/46219

Einen guten Eindruck über den Charakter des Buches erhält man in folgendem DRS2-Beitrag: «Mensch Klima»: Wissenschaft ästhetisch verpackt

Kurz zusammengefasst:

Das Buch ist 2kg schwer, hat 470 Seiten und ist reich bebildert. Es beeindruckt beispielsweise mit abgeholzten Urwäldern, überschwemmtem Land in Australien und Häusermeeren in Kairo.

Es kann als Visual Reader aufgefasst werden, der die visuelle Lücke zum Thema füllt, denn Klima ist eigentlich sehr unsinnlich. Was wir erleben ist nur das Wetter. Das Klima selbst entsteht erst mit Zahlen, Statistiken und Computermodellen.

Die Bilder werden von kurzen konzisen, gut verständlichen Texten begleitet.
Neben der visuellen Lücke, die das Buch abdeckt, erhebt das Buch aber auch einen enzyklopädischen Anspruch. Eine klare thematische Gliederung deckt unter anderem folgende Themen ab: Klimageschichte, Erwärmungsursachen, Rolle des Menschen, Macht und Ohnmacht der Klimapolitik.

Das Buch ist zum Blättern, um sich zum Lesen verführen zu lassen, um Themen nachzuschlagen, um sich mit Zahlen zu versorgen. Es informiert über Klimaberichte und weitere Informationsquellen.
Die Adressaten sind National- und Ständeräte, die das Buch zu Beginn der Klimasession erhalten sollen.
Es ist aber auch für Lehrkräfte, Entscheidungsträger, Jugendlich und die breite Öffentlichkeit.

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