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Hilft der Wald bei der Reduktion der CO2-Emissionen?

12.08.2010 von

Der Wald ist ein wichtiger Kohlenstoff-Speicher, der in ständigem und intensivem Austausch mit der Atmosphäre steht: Die Wälder der Erde setzen ungefähr alle 6 Jahre das gesamte in der Atmosphäre gespeicherte CO₂ um!

In vielen Ländern nimmt die im Wald gespeicherte Biomasse zudem seit etlichen Jahrzehnten zu. Auch in der Schweiz ist dies so; zwischen 1995 und 2005 stieg der so genannte «Vorrat» im Schweizer Wald jährlich um 9.7 Millionen Kubikmeter Holz. Diese jährliche Senken-Leistung entspricht einem Fünftel bis einem Viertel der derzeitigen jährlichen CO₂-Emissionen aus Treib- und Brennstoffen in unserem Land.

Biologische CO₂-Senken und das Kyoto-Protokoll

Gemäss Kyoto-Protokoll ist es möglich, für einen Teil der Emissionsreduktion, zu der die Nationen sich verpflichtet haben, so genannte biologische Kohlenstoffsenken anzurechnen, in erster Linie den Wald. Auch die Schweiz hat beschlossen, diesen Weg zu beschreiten. Das Ziel, die Emissionen in der Periode 2008-2012 um 10% gegenüber 1990 zu reduzieren, wäre sonst kaum zu erreichen. Politisch gesehen ist dieser Entscheid sicher legitim und korrekt. Ich möchte hier aber erläutern, warum er aus der Perspektive der Nachhaltigkeit fragwürdig ist.

Senkenleistung des Waldes ist begrenzt – oder sogar negativ?

Erstens ist jede CO₂-Senke im Wald begrenzt, denn die Bäume wachsen bekanntlich nicht in den Himmel. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Vorratszunahme in den kommenden Jahrzehnten ein Ende finden wird. Die Schweiz hat heute bereits einen doppelt so hohen C-Vorrat im Wald wie im westeuropäischen Durchschnitt. Eine weitere Erhöhung des Vorrats vergrössert in erster Linie das Risiko der so genannten «Senken-Zerstörung» durch Windwurf, Insekten-Befall, Waldbrände und andere Störungen. Aufgrund dieser Faktoren könnte in wenigen Jahrzehnten sogar weniger Holz in den Schweizer Wäldern stehen als heute — womit die Senkenleistung (im Vergleich zum Basis-Jahr 1990) sogar negativ wäre.

Zweitens hilft die Anrechnung biologischer Senken zwar, auf Zeit zu spielen (wir gewinnen Zeit, indem wir die Emissionen erst später zu reduzieren brauchen). Aber sie reduziert eben auch den Druck, die Emissionen aus der Verbrennung von Brenn- und Treibstoffen tatsächlich zu reduzieren, womit man letztendlich vielleicht Zeit verliert. Die Anrechnung ist eine Symptom- statt eine Ursachenbekämpfung. Sie ist deshalb genau so wenig nachhaltig wie das Bauen höherer Kamine, mit welchen vor 50 Jahren versucht wurde, die Luftverschmutzung zu «reduzieren».

CO₂-Senken im Wald sind kein Ersatz

Es ist unbestritten, dass der CO₂-Haushalt unserer Wälder eine wichtige Komponente im globalen Kohlenstoff-Kreislauf ist. Und es ist sicherlich positiv, wenn der Vorrat in vielen Ländern vor allem der nördlichen Hemisphäre derzeit zunimmt, weil dies den Anstieg des atmosphärischen CO₂ bremst.

Es ist aus meiner Sicht aber verfehlt, wenn wir diese Ökosystem-Leistung des Waldes mit unserer Verpflichtung verrechnen, die Emissionen aus dem Verbrennen von Treib- und Brennstoffen zu reduzieren. Wir müssen unsere Emissionen netto reduzieren — wir können nicht mit gutem Gewissen «Trittbrettfahrer» des Waldes sein und uns eine Leistung anrechnen lassen, die wir gar nicht selber vollbracht haben.

Zum Autor

Harald Bugmann ist Professor für Waldökologie an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie

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Kommentare (20) >Alle Kommentare aufklappen>Alle Kommentare zuklappen

Kommentar von Peter Bühler. 17.08.2010, 14:51
“CO2 Emissionen um 1 Million Tonnen senken”
Mich interessiert eher der Energiewert.

In meiner Vorlesung habe ich die Zahl

Holz: jaehrliches Baumwachstum in guten Regionen liegt bei etwa 8.5 (trockene) Tonnen/ha/Jahr. Das entspricht einem Energieinhalt von etwa 170 GJ/ha/Jahr (= 47000 kWh). Die mittlere “Energieleistung” pro Jahr betraegt also 0.54 W/m2. Im Vergleich zur “mittleren” Solarkonstante von 0.2(?) × 1370 W/m2.
Seite 28
http://ihp-lx2.ethz.ch/energy21/Vorlesung/vorlesung09/energiehs09_11.pdf

Die Gretchenfrage ist wie immer .. wie bekommt man das Holz aus den Waeldern? mit grossen Lastern etc.. also Oel, ja dann sinkt der Netto Energiegewinn drastisch!

Also wie immer kommt man zum gleichen Resultat: lokale Nutzung und lokales Leben ob man will oder nicht!

zum Thorium Reaktor und 2025…

Na vielleicht findet sich ja jetzt etwas Geld fuer einen Prototyp nachdem der Nobelpreistraeger Charpak (der „geheimer“ Berater der franz. Regierungen) das ITER Projekt als Geldverschwendung deklariert hat und die Gelder fuer die Entwicklung von Gen IV Bruetern und auch vom Thorium Reaktor fordert..

autsch!

@Kommentar von Peter Bühler. 17.08.2010, 14:51

Eine stärkere Holznutzung ändert nichts an den Energieperspektiven der Schweiz. Auch der folgende Satz aus dem von ihnen verlinkten Interview (siehe http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/energieeffizienz_1.7162815.html)

„Wenn wir bei der Energie-Effizienz und den erneuerbaren Energieformen nicht das absolute Maximum herausholen, kommen wir um das Bereitstellen neuer Grosskraftwerke nicht herum. „

ist irreführend. Noch so viel Energie-Effizienz oder Erneuerbare Energien ändern etwas daran, dass die AKW’s ersetzt werden müssen. Für mich besteht nur die Gefahr, dass die AKW’s durch etwas schlechteres ersetzt werden, zum Beispiel durch Gaskraftwerke oder den Stromimport. Es gibt eine Tendenz zum verstärkten Stromimport, das haben die EWZ vorgemacht mit Lieferverträgen für Windstrom. Verstärkter Stromimport führt aber 1) zur Verteuerung des Stroms und 2) zur Verminderung der Versorgungssicherheit.
Italien, das sehr viel Strom importiert, will davon wegkommen, in der Schweiz aber gibt es den gegenteiligen (mindestens gefühlten) Trend.

„CO2 Emissionen um 1 Million Tonnen senken“

Mich interessiert eher der Energiewert. Holzenergie Schweiz spricht von einem jährlichen Zuwachs von ca. 10 Mio m3 und einem Energieholz-Potenzial (inkl. heutige Nutzung) von ca. 7.5 Millionen m3.

Nutzte man davon wenigstens 5 Mio m3 für die Energiegewinnung – es gibt schliesslich noch andere Holznutzungen und wünschbare Schonflächen – wären das bei durchschnittlich 700 kW/m3 immerhin ca. 3,5 GW – wenn ich denn richtig rechne?!

Auch in diesem Szenario fände sich noch Raum für „Urwälder“.

Das läppert sich, wenn in weiteren Bereichen eben so viel Öl oder Gas substituiert werden kann.
Problemfall N° 1 in Sachen fossilem Energieverbrauch bildet – inzwischen ziemlich unnötigerweise – der motorisierte Verkehr.

Hier ein interessanter und pragmatischer Standpunkt eines Vertreters des Bundesamtes für Energie…

http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/energieeffizienz_1.7162815.html

Das Interview endet mit der üblichen Gretchenfrage. Macht aber nichts, wenn MD bis 2025 den Thorium-Reaktor zum Laufen bringt ; – )

@Kommentar von Michael Dittmar. 17.08.2010, 13:15

Persönlich würde ich vorziehen, wenn man die meisten Schweizer Wälder in den Urzustand oder jedenfalls einen naturnahen Zustand zurückversetzen würde. Es gäbe dann mehr Laubbäume (Eichen im Mittelland) und Mischwälder und eine reichere Tierwelt.

Die Schweiz könnte sich diesen Luxus erlauben, denn der Wald „rentiert“ sowie nicht und kann auch wenig zur Reduktion der CO2-Emissionen beitragen.

Hier ein paar Links:

http://www.artenschutz.ch/wald.htm

http://www.wildnispark.ch/zuerichs-wildnis/sihlwald/

http://www.waldwissen.net/themen/waldbau/waldverjuengung/wsl_strukturen_windwurf_naturwaelder.pdf

@Kommentar von Peter Bühler. 17.08.2010, 10:52
„Prof. Bugmann wird sich über thread-Verschiebung hin zur Energiefrage kaum freuen. Zumal man hier vor lauter Bäumen immer mehr den Wald aus den Augen verliert.“

tja aber das ist ja eben der gordische Knoten viele kleine(?) Probleme zusammen betrachten.

Zu den Baeumen in der Schweiz…

also ich wuerde ja erstmal denken man sollte sich ueber die gegenwaertigen Holzimporte Gedanken machen (dann kann man verstehen warum der Wald wieder ein bischen gewachsen ist).

Danach koennte man sich ueber die noetige Humus Umwandlung aus Holz Gedanken machen

und die Bedeutung der Waelder zum Lawinenschutz etc sowie fuer den Tourismus ist auch wichtig.

und dann falls noch was vom Holz ueberbleibt, natuerlich wie man denn die offenen Holzkamine durch effiziente Holzheizungen ersetzen sollte!

das pass ja nun wirklich zum Thema Wald mit und ohne CO2 Problem oder?

@Kommentar von Peter Bühler. 17.08.2010, 10:52

Eine verstärkte Holznutzung könnte die CO2-Emissionen in der Schweiz um zuätzlich 1 Million Tonnen senken (siehe http://www.bafu.admin.ch/wald/01198/01209/01213/index.html?lang=de).

Die Schweiz emittiert 40 Millionen Tonnen CO2, 1 Tonne weniger wegen verbesserter Holznutzung ändert also nicht viel.

Biomasse inklusive Holznutzung, Kleinwasserkraftwerke und Windräder werden in der Schweiz nie einen bedeutenden Beitrag zur Energieproduktion und CO2-Verminderung leisten.

Bleibt die Photovoltaik, die teuerste Form der erneuerbaren Energie und die schwierig zu erschliessende Tiefengeothermie.

Wenn schon Erneuerbare Energie in der Schweiz, dann als lokale Energie: Erdsonden und Kollektoren für die Raumheizung.

Alles andere macht wenig Sinn oder zeigt im Falle einer verstärkten Nutzung von Photovoltaik-Panels nur an, dass es zuviel Geld in der Schweiz gibt.

Prof. Bugmann wird sich über thread-Verschiebung hin zur Energiefrage kaum freuen. Zumal man hier vor lauter Bäumen immer mehr den Wald aus den Augen verliert.

Um die beiden Themen zu verbinden: interessant ist doch die Frage, in welchem Umfang die reichlich nachwachsende Biomasse bei intensiverer Nutzung als Energielieferant dienen kann und wie sich dann, d.h. bei max. Verwertung die CO2-Bilanz präsentiert.
Die Rede ist von modernen Holzverbrennungsanlagen, nicht von Cheminées und Schwedenöfen usw.

http://www.holzenergie.ch/holzenergie/die-vorteile-der-holzenergie/fuer-den-energiekreislauf.html

@Kommentar von Martin Holzherr. 17.08.2010, 8:52
@Kommentar von Michael Dittmar. 17.08.2010, 8:26

Mehr Strom, der unregelmässiger anfällt? Ja, das ist die Zukunft und dazu kommt eine grössere Vernetzung mit mehr Stromimport und -export.

Das ist die Zukunft, wie sie vorgespurt ist durch die Entscheidung zu mehr erneuerbaren Energien und damit zu mehr Stromquellen mit stark schwankender Leistung. Deshalb sprechen ja alle von sogenanten Smart Grids. Diese intelligenten Netze sollen in der Lage sein eine Vielzahl von variablen Stromkonsumenten und Stromproduzenten zu managen und das Netz stabil zu halten. Die EU ist da sehr engagiert (siehe http://www.smartgrids.eu/documents/sra/sra_finalversion.pdf)

@Kommentar von Michael Dittmar. 17.08.2010, 8:26

Zitat:
b) lernen mit weniger Strom zu leben

gab es nicht irgendwo eine tolle Studie wie wir die
ganze Schweiz auf elektrische Energie umstellen?
(und noch dazu ohne CO2)

Mit weniger Strom leben? Die Tendenz geht in Richtung mehr Strom. Gerade wenn man fossile Energien ersetzen will. Und die Erneurbaren Energien, die nun mal momentan massiv gefördert werden (auch von der EU, die sogar Vorgaben über ihren zukünftigen Pflichtanteil machen) verstärken diesen Trend, denn Windkraftwerke und Solarpanels liefern Strom – und zwar recht unberechenbar. Mehr Erneuerbare Energine (Wind, Sonne) bedeutet mehr unregelmässig anfallender Strom, was komplexere und stärker vermaschte europäische Stromnetze nötig macht.

Dumm nur, dass die Stabilität in stark vernetzten Systemen nicht zu, sondern abnimmt. Das heisst, es drohen mehr Blackouts.

Hoi,
@Kommentar von Peter Bühler. 16.08.2010, 16:10
@ Holzherr
“es geht auch ohne Kohlenkraftwerke”
Ja, in der Schweiz, um die Proportionen etwas zurechtzurücken.

Ist es nicht total illusorisch darueber zu spekulieren? Woher und wie sollte die Schweiz denn die grossen Kohlemengen importieren?

Selbst Deutschland importiert Kohle (unter anderem aus Polen).

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Allerdings, der importierte Strom “riecht” nicht, stammt aber selbstverständlich aus allen möglichen Quellen.
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Richtig, aber zumindest im Moment nutzt man den billigen Import in der Nacht zum teuren Export am Tag (abgesehen von kleinen Inseln wie in Genf .. und an meinem Arbeitsplatz..)

Pumpspeicherwerke sind eben „oekonomisch“ wenn man Berge hat!

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„Dass Kohlekraftwerke die – vorläufig – unverzichtbare backup-Kapazität für EE-Strom liefern, haben Sie hier x-mal dargelegt.“
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also fuer das Grid in Westeuropa mit der Schweiz!

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„Wie Grossbritannien und Deutschland z. B. in den nächsten Jahrzehnten ihre Energieprobleme ohne Kohle lösen wollen, bleibt offen, ganz zu schweigen von den USA, China, Indien und den meisten osteuropäischen Staaten.“
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Genau und da die Schweiz voll in das System integriert ist trifft das eben ganz Westeuropa! (die Axpo hat sehr schoene Studien dazu!)

Die Loesungen?

a) regionale brownouts und dann blackouts wenn das falsch gemacht wird.

b) lernen mit weniger Strom zu leben

gab es nicht irgendwo eine tolle Studie wie wir die ganze Schweiz auf elektrische Energie umstellen? (und noch dazu ohne CO2)

Kommentar von Peter Bühler. 16.08.2010, 16:10

Nur eine Bemerkung zum nötigen Backup für Erneuerbare Energien (Wind + Sonne).
Es braucht einen Backup entweder in Form von Backupkraftwerken oder aber in Form von Speichern. Die Backupkraftwerke müssen aber nicht fossil sein. Sie sind – natürlich – in Deutschland fossil. In der Schweiz könnte man Wasserkraft als Backup verwenden.
Der Backupbedarf kann übrigens durch weiträumige Vernetzung stark reduziert werden.

Wichtig: Erneuerbare Energien machen in meinen Augen überhaupt nur Sinn, wenn man keine fossilen Kraftwerke als Backup benötigt. Deutschlands neuer Umweltminister Norbert Röttgen redet jedenfalls schon von 100% Erneuerbarer Energie durch weitreichende Vernetzung und durch Speicherung von Strom z.B. in Flowbatterien, Wasserstoffspeichern in Salzdomen, Druckluftspeichern oder in Form von synthetisiertem Methan.

Erneuerbare Energien können also ohne fossiles Backup und ohne Hydro-backup betrieben werden. Zudem gibt es einen Konsens, dass weiträumige Vernetzung den Backupbedarf stark reduziert. Erneuerbare Energien ohne fossiles Backup haben nur ein Problem: Sie sind relativ teuer.

@ Holzherr

„es geht auch ohne Kohlenkraftwerke“

Ja, in der Schweiz, um die Proportionen etwas zurechtzurücken.

Allerdings, der importierte Strom „riecht“ nicht, stammt aber selbstverständlich aus allen möglichen Quellen.
Dass Kohlekraftwerke die – vorläufig – unverzichtbare backup-Kapazität für EE-Strom liefern, haben Sie hier x-mal dargelegt.
Wie Grossbritannien und Deutschland z. B. in den nächsten Jahrzehnten ihre Energieprobleme ohne Kohle lösen wollen, bleibt offen, ganz zu schweigen von den USA, China, Indien und den meisten osteuropäischen Staaten.

Science City berechtigt in der Tat zu hohen Erwartungen. Ein Pionierprojekt allerdings, immerhin R&D, wie gefordert. Über die Betriebszuverlässigkeit, Kosten und Effizienz werden wir in den nächsten Jahren mehr erfahren.

Ob sich das System – vor Jahren baute man in Japan 1000 m3 grosse Sandspeicher unter EFs – für Altbauten, Bauernhäuser, EFs etc. eignet, ist unklar: „Wärme muss im Sommer über Ventilatoren und Kühlgeräte abgeführt werden…“

Science City nutzt die Abwärme eigentlicher Treibhäuser, d. h. weitgehend verglaster Bauten und budgetiert sich aus den Rückstellungen für ohnehin anstehende Sanierungen an Fassaden und Heizsystem. Der Idealfall, aber nicht unbedingt typisch für den gesamten Altbaubestand. Neben jedem Chalet ein Glashaus?
Weshalb solche Glashäuser nicht über den Einlässen von Luftwärmepumpen stehen, wundert mich schon lange.

@Kommentar von Peter Bühler. 16.08.2010, 14:18

Herr Bühler, es geht auch ohne Kohlenkrafterke und dass man den Gebäudepark defossilieren kann (und zwar den alten bestehenden) zeigt als Beispiel Science City der ETH wo ein grosser Erdwärmespeicher sogar für den Ausgleich der saisonalen Temperaturunterschiede dient. Dabei werden Wärmepumpen eingesetzt und eine zu gute Dämmung ist sogar von Nachteil (siehe weiter unten)

Kohlekraftwerke wenn schon dann mit Kohlendioxidabscheidung

Zitat:Das sind doch Wunschträume, erst recht wenn Sie innerhalb des genannten Zeitraums eine Krise bei der Ölversorgung voraussagen. In China entstehen derzeit neue Kohlekraftwerke im Wochentakt und in Europa scheinen sie vorläufig unverzichtbar.

Warum sollen Kohlekraftwerke in Europa unverzichtbar sein. In der Schweiz gibt es ja keine und wird es hoffentlich auch nie welche geben. (Interessant dass vor allem Deutsche glauben ohne Kohle oder Gas geht es nicht)
Ferner schrieb ich ja, falls Kohlenkraftwerke, dann solche mit Kohlendioxidabscheidung (CCS).

Häusersanierung mit Wärmepumpen

Zitat: Wie Sie die “Defossilierung des Schweizer Gebäudeparks” mit Blick auf den grossen Bestand alter, schlecht renovierbarer, gleichzeitig aber “erhaltenswerter” Häuser hinkriegen wollen, bleibt Ihr Geheimnis.

Die Lösung, die für Science City gewählt wurde (grosser Erdspeicher für saisonalen Ausgleich) eignet sich auch sehr gut für die Sanierung alter schlecht gedämmter Häuser.
siehe
http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/100630_erdwaerme_Science_city_sch/index

Zitate Wärmespeichersystem a la Science City:
Die Möglichkeit der Wärmespeicherung im Untergrund hat weitreichende Konsequenzen für die Bauplanung und Gebäudebewirtschaftung. «Dämmt nicht wie die Irren, sondern vernetzt lieber gut», bringt es Projektleiter Thomas Gautschi vom Ingenieurbüro Amstein und Walthert auf den Punkt.

Bei genügend Erdsonden ist eine hocheffiziente Dämmung unnötig. Je nachdem sogar hinderlich. Der Erdspeicher kann im Sommer die Abwärme nämlich nur dann aufnehmen, wenn dieser den Winter hindurch «entleert» wurde; sich die Erde also wieder auf ihre ursprüngliche Temperatur abgekühlt hat.

Zitat Holzherr: „Man würde auf bestimmte Daten hin CO2-intensive Techniken vollkommen vom Markt nehmen. Also z.B. ab 2020 keine Kohlenkraftwerke und keine Erdgaskraftwerke mehr ohne CCS oder aber ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos“

Das sind doch Wunschträume, erst recht wenn Sie innerhalb des genannten Zeitraums eine Krise bei der Ölversorgung voraussagen. In China entstehen derzeit neue Kohlekraftwerke im Wochentakt und in Europa scheinen sie vorläufig unverzichtbar. Sollten wir gleichzeitig vor einer klimatischen Abkühlung und einer Energiekrise stehen, wird egal um welchen Preis noch der letzte Rest Kohle verbrannt werden.
Wie Sie die „Defossilierung des Schweizer Gebäudeparks“ mit Blick auf den grossen Bestand alter, schlecht renovierbarer, gleichzeitig aber „erhaltenswerter“ Häuser hinkriegen wollen, bleibt Ihr Geheimnis.
Die übliche Schlussfolgerung: nichts ersetzt R&D.

Zitat Prof. Harald Bugmann:
Gemäss Kyoto-Protokoll ist es möglich, für einen Teil der Emissionsreduktion, zu der die Nationen sich verpflichtet haben, so genannte biologische Kohlenstoffsenken anzurechnen, in erster Linie den Wald. Auch die Schweiz hat beschlossen, diesen Weg zu beschreiten. Das Ziel, die Emissionen in der Periode 2008-2012 um 10% gegenüber 1990 zu reduzieren, wäre sonst kaum zu erreichen.

Eine bestimmte Waldfläche ist im langjährigen Durchschnitt CO2 neutral. Doch Neubewaldung wirkt als CO2-Senke, während Entwaldung CO2 freisetzt. Deshalb ist es sinnvoll den Wald in der CO2-Bilanz anzurechnen, soll sich so doch einen Verringerung der Waldfläche negativ auf die CO2-Bilanz eines Landes auswirken.

Doch wie der Autor Prof. Harald Bugmann im weiteren ausführt, will die Schweiz offenbar einfach die Zunahme des Kohlenstoffvorrats im bestehenden Wald anrechnen lassen und dies obwohl der Schweizer Wald sowieso schon sehr dicht und kohlenstoffreich ist und sich in Zukunft tendenziell eher wieder auf den westeuropäischen Durchschnitt hinbewegen wird (doch dann ist die Emissionsperiode, die bis 2012 dauert, wohl schon vorbei).

Man kann also mit dem Autor Prof. Harald Bugmann einiggehen, dass es im Fall der Schweiz beim Anrechnen des Walds als Kohlenstoffsenke nur um eine Schönrechnerei geht. Schönrechnerei oder gar Betrug liegt oft auch vor, wenn man im Ausland kompensiert, doch davon haben sich die Schweizer Parlamentarier zum Glück distanziert (siehe http://www.energie-energy.ch/home.php4?sL=report&sLg=dt&sA=anzeigen&id=3597&PHPSESSID=10d7329b3aaf3fdd4818cf07adf499b3), wollen sie doch bis 2020 die CO2-Emissionen um 20% verringern und zwar nur im Inland.

Die Schweiz ist mit ihrer Schönrechnerei und der Kompensation im Ausland bei Nichterreichen der Ziele aber nicht allein, ähnliches machen auch andere europäische Länder. Kommt dazu, dass heute Emissionsreduktionen nur mit einem grossen Unsicherheitsfaktor verifiziert werden können. Wie ich an anderer Stelle schon geschrieben haben, ist die Quotenbolzerei sowieso fragwürdig, denn letztlich geht es um einen nachhaltigen Abschied von den fossilen Treibstoffen und eine Beendung der Entwaldung und nicht um kurzfristige Reduktionen. Ein solches nachhaltiges Ziel wäre für die Schweiz beispielsweise die vollständige Defossilierung des Schweizer Gebäudeparks.
Europaweit oder weltweit wäre mein an anderer Stelle schon vorgebrachter Vorschlag hilfreich: Man würde auf bestimmte Daten hin CO2-intensive Techniken vollkommen vom Markt nehmen. Also z.B. ab 2020 keine Kohlenkraftwerke und keine Erdgaskraftwerke mehr ohne CCS oder aber ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos.

@Kommentar von Hans Geiger. 13.08.2010, 11:36
@Kommentar von Martin Holzherr. 12.08.2010, 10:34

Neubewaldung wikt während der Aufwuchsphase als permanente CO2-Senke, wenn der Wald erhalten bleibt. In der von mir verlinkten Studie Irrigated afforestation of the Sahara and Australian Outback to end global warming (siehe http://www.springerlink.com/content/55436u2122u77525/) gehen die Autoren davon aus, dass Zitat 5 to 8 year-old Eucalyptus plantations of about 1,000 trees per hectare can sequester aboveground, net, primary productivity (ANPP), from about 1 to 2 × 107 g dry mass per hectare per year (?0.5 to 1 × 107 g C per hectare per year).
Such a forest (of ?100 m-tall trees; e.g., Eucalyptus grandis) can accumulate carbon at such a rate for about a century, reaching a steady-state, when photosynthetic CO2 in = respiratory CO2 out. However, within a few decades of planting, a growing portion of such a forest could be harvested (and replanted), ramping up to a yield of about 7.2 Gt C per year, providing a ‘forever’ renewable carbon source, for marketing at less than the taxed prices of coal, oil and gas. ….Ash and other inorganic residues would be recycled to the forest floor.

@Kommentar von Hans Geiger. 13.08.2010, 11:36

Langfristig sind Wälder CO2-neutral, ausser dass geringe Kohlenstoff-Mengen im Humus des Bodens fixiert werden (Öl, Kohle, Gas sind auch biologisch fixiert worden anno dazumal).

In Deutschlands Wäldern sind über
8000 Millionen Tonnen CO2 gespeichert, davon über die Hälfte in den Waldböden. Deutschland emittiert 800 Millionen Tonnen CO2/Jahr. Würde Deutschland (zurzeit 31% bewaldet), jedes Jahr 3% seiner Landfläche zusätzlich bewalden, wäre es CO2-neutral, allerdings wäre dann in einigen Jahrzehnten ganz Deutschland nur noch Wald. Ähnliches gilt für die Schweiz.

Eine Frage als Nicht-Fachmann: Ist es nicht so, dass das CO2, das beim Aufwuchs des Waldes absorbiert wird, beim Verbrennen und Verrotten des Waldes wieder frei gesetzt wird. Über die lange Zeit scheint das für den Laien ein Nullsummenspiel.

Länder sind erfinderisch, wenn es darum geht, Luft in Emissionsreduktionen umzurechnen. Den eigenen Wald „irgendwie“ anzurechnen um ein Emissionsziel zu erreichen, wie das die Schweiz für die Periode 2008-2012 macht , ist deshalb fragwürdig, da kann man dem Autor zustimmen.

Andererseits darf man das globale Potential von vermehrten Waldflächen und von biologischen CO2-Senken allgemein nicht unterschätzen. Zudem sind Aufforstungen der schnellste Weg, die Kohlendioxidkonzentration zu senken, wie auch James Hansen immer wieder betont.

Um Kohlendioxid dauerhaft im grossen Massstab in Biomasse zu binden, gibt es mehrere Vorschläge:

-Pflanzen in Form von durch Pyrolyse gewonnener Holzkohle (Biokohle) sequestrieren, womit man zugleich die Bodenqualität verbessern kann (siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Biochar)

-Biotreibstoffe der 4. Generation mit genetisch modifizierten oder gar synthetischen Pflanzen, die zugleich Biotreibstoff liefern (leicht aufschliessbare Zellulose) und einen Teil ihrer Biomasse leicht sequestrieren lassen, so dass sie als Kohlenstoffsenken wirken (siehe http://news.mongabay.com/bioenergy/2007/10/quick-look-at-fourth-generation.html)

-Aufforstung von Wüsten wie der Sahara und des australischen Outbacks vermittelt durch künstliche Bewässerung (siehe http://www.springerlink.com/content/55436u2122u77525/). Diese Massnahme könnte mehr Kohlendioxid pro Jahr binden als der Mensch heute aussstösst

Fazit:
-Sich mit dem heimischen Wald schönrechnen ist fragwürdig
-Massive Aufforstungen von Wüsten könnte mit heutiger Technik in kurzer Zeit die atmosphärische CO2-Konzentration auf Normalwerte zurückführen. Dies ist wohl die beste Form von Geoengineering. Man könnte es mit einer Benzisteuer von 1 Euro pro Liter Benzin finanzieren
-Versenken von pyrolisierter Biomasse ist ebenfalls eine effiziente Kohlenstoffsenke, müsste aber auch riesigen Landflächen angewendet werden (nicht sehr realistisch).

Persönliche Beurteilung: Das 2°C-Ziel wird auf der Emissionsseite auf jeden Fall weit verfehlt. Doch mit der Aufforstung von Wüsten könnte man dieses Ziel doch noch erreichen und zudem mehr Nahrung und Lebensraum produzieren (z.B. für Sahelbewohner).

Dass die Verrechnung bzw. das „Trittbrettfahren“ aus grundsätzlichen Erwägungen unterbleiben sollte – hier und erst recht durch den Erwerb von Emissionsrechten in anderen Gebieten (Regenwälder) – ist, unabhängig von der tatsächlichen Bedeutung von anthropogenen CO2-Emissionen für das Klima, sicher richtig, sind doch neben den CO2-Emissionen auch andere Luftbelastungen und Faktoren zu berücksichtigen.

Fragen betr. die angeblich begrenzte Senkenleistung bzw. das „Risiko der so genannten «Senken-Zerstörung»“ und das absehbare Ende der „Vorratszunahme:

1. absorbieren junge Wälder, wie sie z. B. nach den Vivian- und Lotharstürmen aufgekommen sind, nicht deutlich mehr CO2, als dies alte Wälder tun? und würde eine intensivere Bewirtschaftung die aufgezählten Schadenrisiken nicht eindämmen?

2. erobert sich der Wald nicht neue Flächen in nördlichen und in höher gelegenen Gebieten, aber auch z. B. in der Sahelzone ( http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,619742,00.html )?

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