Klimawandel und Landwirtschaft: Die Rolle Agrarökonomischer Forschung
12.05.2010 von
Landwirtschaft ist einer der meistgenannten Bereiche, wenn es um mögliche regionale und globale Auswirkungen des Klimawandels geht. Gleichzeitig ist die Nahrungsmittelproduktion eine der wichtigsten Verursacherinnen treibhausrelevanter Gase. Im Spannungsfeld zwischen «Verursacher» und «Betroffenem» beschäftigt sich agrarökonomische Forschung sowohl mit politischen und wirtschaftlichen Strategien zur Vermeidung treibhausrelevanter Emissionen, als auch mit deren Folgen und der Anpassung an sich ändernde Klimabedingungen.
Vermeidung treibhausrelevanter Emissionen
Die Landwirtschaft verursacht in der Schweiz und weltweit rund 12 Prozent aller Treibhausgasemissionen. Es gibt viele Möglichkeiten, diese Emissionen zu senken, zum Beispiel im technischen (Produktionsverfahren), strukturellen (Reduktion von Tierbeständen) oder ökonomischen Bereich (zum Beispiel Zertifikatshandel). Es bedarf jedoch agrarökonomischer Betrachtung und Modellierung, um eine optimale Balance zwischen Emissionsreduktion und einer effizienten Nahrungsmittelproduktion zu finden sowie Abhängigkeiten zwischen Emissionen in die Luft und anderen Externalitäten ökonomisch zu bewerten. So zeigen zum Beispiel Studien für die Schweiz, dass eine kurzfristige Emissionsreduktion in der Landwirtschaft mit hohen Kosten verbunden und deshalb nicht der primäre Weg nationaler Vermeidungsstrategien ist (1).
Auswirkungen und Anpassungen
Erwartete Änderungen der klimatischen Bedingungen beeinflussen die zukünftige Struktur und Produktivität landwirtschaftlicher Systeme. Insbesondere der mögliche Rückgang sommerlicher Niederschläge, aber auch ein häufigeres Auftreten von Extremereignissen sind relevante Faktoren für die Schweizer Landwirtschaft. Agrarökonomische Forschung beschäftigt sich mit potentiellen Auswirkungen des Klimawandels auf die nationale und globale Bereitstellung von Lebensmitteln, aber auch mit spezifischen Auswirkungen in einzelnen landwirtschaftlichen Sektoren.
Analysen für die Schweizer Landwirtschaft zeigen beispielsweise, dass kurz- bis mittelfristige Änderungen des Klimas relativ geringe Auswirkungen auf die durchschnittlichen Ertragsniveaus von Getreide oder Futtermitteln haben, insbesondere wenn Anpassungsmassnahmen, zum Beispiel eine Verschiebung des Saattermins, getroffen werden.
Der Klimawandel führt aber zu höheren Produktionsrisiken in der Landwirtschaft. Eine zentrale Fragestellung ist deshalb, wie die Branche diese Risiken optimal handhabt. Den Landwirten stehen agronomische Risikominderungsstrategien wie die Bewässerung, aber auch Finanzmarktlösungen und Versicherungen zur Verfügung. Bewässerung wird, auch wegen ihrer negativen Umweltauswirkungen, (weiterhin) eine untergeordnete Rolle in der Schweizer Landwirtschaft spielen. Versicherungslösungen stellen dagegen eine interessante Anpassungsmassnahme dar (2). Hier sind insbesondere innovative Produkte wie Indexbasierte Versicherungen zu erwähnen, deren Auszahlungen nicht wie üblich schadensbezogen sind, sondern zum Beispiel durch Wetterindizes bestimmt werden (2, 3).
Literatur(1) Hartmann, M. (2009). Economic analyses of strategies to mitigate greenhouse gas and nitrogen emissions in Swiss agriculture. Diss. ETH No. 18417
(2) Details zu den Projekten GRASS und AGRISK im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunktes Klima >> hier
(3) Breustedt, G., R. Bokusheva and O. Heidelbach (2008): The potential of index insurance schemes to reduce farmers‘ yield risk in an arid region. Journal of Agricultural Economics, Vol. 59, No 2, pp. 312-328.
Zu den AutorenBernard Lehmann ist Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie.
Robert Finger ist PostDoc in der Gruppe Agrarökonomie.
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