Zürifest … läck du mir

Das erste Zürifest vom 25. bis 27. Juni 1976 – es hiess damals noch Seenachtsfest – war für die Comet-Fotografen Hans Krebs, Jules Vogt, Walter Schmid, Christoph Sonderegger und Hans Ruedi Bramaz alles andere als festlich, denn sie mussten arbeiten. Der Chef Björn Erik Lindroos wollte gute Bilder sehen und in einer Publikation veröffentlichen. Was er aber nach dem Fest auf seinem Pult sah, machte ihn gar nicht glücklich. In seinem Hirtenbrief vom 14. Juli 1976 schreibt er:

Kritik zu den Comet „Produktionen” Seenachts- und Zürichfest 1976

Nachdem nun die Retourbilder von der NZZ vom Fest da sind, habe ich die vollkommene Übersicht über das Resultat eines Grosseinsatzes aller Comet- Bildreporter und ich muss sagen ich bin äusserst enttäuscht. Aus der Kopie in der Beilage ist zu ersehen, dass der Auftrag an alle Fotografen unmissverständlich und klar formuliert war. Ich habe nun für das neue Buch “Zürich“ welches wir 1976-77 zu illustrieren haben praktisch kein brauchbares Material erhalten. Daher müssen wir der Sache auf den Grund gehen, es ist keineswegs gleichgültig – besonders in der Krisenzeit, wenn unsere Fotografen solche klipp und klaren Aufträge missachten und sich nicht die geringste Mühe geben eine erstklassige Arbeit abzugeben.

Björn Eric Lindroos, Hirtenbrief vom 14. Juli 1976 (Ausschnitt) 

Nach dieser Feststellung des Sachverhalts wird jeder Fotograf einzeln gerügt. Jules Vogt hat die ihm zugewiesene Zone an der Limmat verlassen und auf dem Terrain von Sonderegger sozusagen „fremd gegrast“. Hans Krebs „… hatte den besten Standort auf dem Turm der Liebfrauenkirche und beinahe hätte es auch geklappt mit den Seenachtsfestaufnahmen, wenn sich die Kamera auf einem festen Stativ befunden hätte.“ Walter Schmid war laut Arbeitsbuch zwischen 20 und 22.30 Uhr am Seenachtsfest, hat dann aber „… die klaren Aufträge einfach ignoriert und das Zürichfest wurde ohne ihn abgehalten.“ Und da geht dem Chef schier die Galle über …

Es ist dies eine unverständliche, schnoddrige Einstellung zu meiner Planung welche weiss Gott klar genug abgefasst war, und wenn auch seine [Schmids] Zone gelb markiert nicht direkt an der Kernzone der Ereignisse eingezeichnet war, so wäre es seine verdammte Pflicht gewesen unseren Zielen nachzustreben, Bilder für das Zürichbuch zu fotografieren, dort wo gute Sujets zu finden sind. Dies wäre einem Fotografen, welcher sich Bildreporter nennt besser angestanden als einfach ein paar Alibibilder zu schiessen und dann einzupacken und “Läck Du mir„ … So geht es nicht. Wir brauchen Reporter, welche die Wichtigkeit solcher Aufträge erfassen und gewillt sind, sich dafür voll einzusetzen!

Der Tonfall zeigt, wie wichtig Lindroos die Qualität von Comet-Bildern war und mit welchem Nachdruck er sie von seinen Mitarbeitenden einforderte. Im Archiv der Comet Photo AG sind nur wenige Bilder zum Anlass vorhanden und diese sind – wen erstaunt es – mittelmässig. Der Bildband „Zürich“ von Walter Baumann erschien 1978 im Orell Füssli Verlag Zürich. Bilder vom Zürifest findet man darin keine.

Literatur:

Walter Baumann: Zürich. Zürich: Orell Füssli, 1978.

Björn Erik Lindroos: Hirtenbrief vom 14. Juli 1976 (unveröffentlichtes Typoskript)

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