Darf ich vorstellen? Ein Student namens Stephan Hüttenmoser

Letzthin fiel mir bei meiner Arbeit im Hochschularchiv ein Studentendossier in die Hände, bei dem sich eine genauere Betrachtung lohnt. Denn diese Studentenmatrikel weist Originalbeilagen auf, die normalerweise nicht in solchen Dossiers zu finden sind.

Oft erreichen uns Anfragen von Archivbenutzern, die ETH-Diplome oder sonstige Zeugnisse und Abschlussbestätigungen suchen. Leider müssen wir die meisten enttäuschen, denn die eigentlichen Originaldiplome der ETH, eingereichte Maturitätszeugnisse und andere amtliche Bescheinigungen, wurden von der ETH-Verwaltung den Studenten (wieder) ausgehändigt und gelangten somit nicht ins Hochschularchiv.

Das Studentendossier von Stephan Hüttenmoser (1897-1970) aus Rorschacherberg, Kanton St. Gallen enthält nun ausnahmsweise einige hübsche Originale, die ich hier gerne zeigen möchte. Studiert hat Stephan Hüttenmoser von 1916 bis 1921 und zwar an der Abteilung I für Architektur:

EZ-REK_1_1_16318_S1

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Matrikel Stephan Hüttenmoser
(ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-REK 1/1/16318, 1. und 3. Seite)

Eine Studentenmatrikel gibt Auskunft über den Studiengang, listet die besuchten Fächer resp. deren Professoren und je nach Jahrgang auch die Noten auf, die ein Student erhalten hat. Die Matrikelsammlung ist die wichtigste Quelle, die wir im Hochschularchiv über die ehemaligen Studierenden und Abgänger seit den Anfängen des Polytechnikums im Jahr 1855 besitzen. Dementsprechend werden diese Archivalien rege benutzt, auch oft in Zusammenhang mit Familienforschung, wenn z.B. die damalige Wohnadresse oder der Vormund eines Studenten in Erfahrung gebracht werden möchte.

Die Studentendossiers unterstehen laut Bundesgesetz über die Archivierung BGA einer Schutzfrist von 50 Jahren (für Personendaten). Das heisst konkret: Studentendossiers, die jünger als 50 Jahre sind, dürfen nicht eingesehen werden.

Anmeldeformular, Geburtsschein, Maturitätszeugnis und Abgangszeugnis der ETH

In einem Studentendossier befinden sich oftmals Anmeldeformulare, die damals bei einem Studienbeginn am Poly ausgefüllt werden mussten, sie sind also nichts Aussergewöhnliches. Bemerkenswert ist, dass die ETH sich nicht nach der Religion der angehenden Studenten erkundigte im Gegensatz zu anderen Hochschulen:

ETH _Anmeldung

Matrikel Stephan Hüttenmoser
(ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-REK 1/1/16318, Anmeldeformular)

Aussergewöhnlich in unserer Matrikel sind aber folgende Beilagen: Der sonst so gut wie nie vorhandene Auszug aus dem Geburtenregister resp. eine Kopie des Geburtsscheins von Franz Stephan Hüttenmoser, geboren am 4. Juli 1897:

Geburtsschein

Matrikel Stephan Hüttenmoser. Beilage: Geburtsschein des Civilstandskreis Stadt Winterthur
(ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-REK 1/1/16318)

… das sehr repräsentativ daherkommende Maturitätszeugnis von der St. Gallischen Kantonsschule vom 23. September 1916:

Maturitätszeugnis

Matrikel Stephan Hüttenmoser. Beilage: Maturitätszeugnis
(ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-REK 1/1/16318)

… und das Abgangszeugnis der ETH vom 26. März 1921. Vor Übergabe des eigentlichen Diploms erhielt man ein Abgangszeugnis, das in diesem Fall hier offenbar nie ausgehändigt wurde:

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Matrikel Stephan Hüttenmoser. Beilage: Abgangszeugnis der ETH vom 26. März 1921
(ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-REK 1/1/16318)

Das eigentliche Abschlussdiplom, das Stephan Hüttenmoser damals in Empfang nehmen durfte, ist nicht in diesem Dossier archiviert, da wie oben erläutert, die Diplome den Abgängern mit auf den Lebensweg gegeben wurden. Auf der 2. Seite der Matrikel bestätigt sich, dass er das Diplom am 22. Juli 1921 erhalten hat. Seine Diplomarbeit scheint er bei Gustav Gull und Karl Moser geschrieben zu haben. Im Archiv des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH (gta Archiv) sind zumindest Plankopien seiner Abschlussarbeit zu einer Markthalle in Aussersihl von 1921 erhalten geblieben.

1934 realisierte Stephan Hüttenmoser im Stil des Neuen Bauens das Wohnheim “Café Boy” an der Kochstrasse 2 im Zürcher Stadtkreis 4, damals ein Ledigenheim mit Einzelzimmern und Gemeinschaftsräumen. Das heute noch existierende Café Boy dürften einige von Ihnen kennen. Das Haus ist heute im Kommunalen Inventar der schützenswerten Gebäude aufgeführt und ist ein Paradebeispiel für genossenschaftliches Bauen.

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