Baum und Mensch

Das Werk des Comet-Fotografen Heinz Baumann haben wir bereits in einem Porträt gewürdigt. Im Zusammenhang mit dem International Year of Plant Health betrachten wir heute zwei Bilder seiner Weltreise von 1967/68. Baumann setzt den riesigen Mammutbäumen in den USA ein Kind entgegen und erreicht damit eine eindrückliche Wirkung.

Heinz Baumann: Weltreise, USA, Mammutbäume und Kind mit Stofftier, 1967-1968, (Com_L16-0850-0026-0001)

Die Bäume werden im Vergleich zum Kind noch grösser und noch älter. Das Kind wird, auch wenn es ein langes Leben haben wird, niemals so alt werden wie die abgebildeten Kolosse. Die ältesten bekannten Mammutbäume haben ein Alter von etwa 2850 Jahren bei einer Toleranz von plus/minus 300 Jahren. Nicht nur unsere Körpergrösse, sondern auch unsere Lebensspanne verblasst angesichts dieser Riesen.

Verstärkt wird das Spiel mit Raum und Zeit durch das Stofftier, welches das Kind in Händen hält. Es gibt damit noch etwas kleineres und vergänglicheres als das Menschenkind.

 

Heinz Baumann: Weltreise, USA, Mammutbäume und Kind mit Stofftier, 1967-1968, (Com_L16-0850-0026-0002)

Heinz Baumann: Weltreise, USA, Mammutbäume und Kind mit Stofftier (vergrösserter Ausschnitt), 1967-1968

Bäume sind wegen ihres zuweilen hohen Alters ein starkes Symbol für Beständigkeit. In unserer Zeit des schnellen Klimawandels erhält diese Symbolkraft eine neue Dringlichkeit, denn die Bäume leiden besonders an Wetterextremen und sterben früher als auch schon. Peter Thomas schreibt:

Climate change […] has a number of potential short-term problems for trees. But the biggest problems come from trees being so long-lived. Over a life span of hundreds or thousands of years, the climate may now be changing so rapidly that they will not be able to cope. Already, forests around the world are dying, attributed to climate change (S. 351).

Man kann zwar zumindest in nördlichen Gegenden versuchen, bei zunehmender Wärme Baumarten anzupflanzen, die weiter südlich wachsen. Eine weit bessere Lösung aber wäre es laut Baumforschern wie Thomas, den Klimawandel zu kontrollieren. Ein weltweites Baumsterben wäre verheerend für die Menschen und könnte Pläne zunichtemachen, den Klimawandel durch eine weltweite Aufforstung von Wäldern zu bremsen.

Geht der Mensch als Parasit der Biosphäre bald zugrunde, besteht immerhin die Möglichkeit, dass sich das Klima erholt und die Bäume nachwachsen. Das immense Ökosystem der Erdoberfläche hat mindestens drei Billionen Jahre existiert, bevor der Mensch aufgetaucht ist. Wie Lynn Margulis schreibt, müssen wir unsere Einschätzung unserer selbst dringend ändern:

“… we need to be freed from our species specific arrogance. No evidence exists, that we are chosen, the unique species for which all the others were made. Nor are we the most important one because we are so numerous, powerful and dangerous. Our tenacious illusion belies our true status as upright mammalian weeds (S. 19).”

Diese Perspektive des Menschen als kleiner, unbedeutender Wicht kommt im Bild von Baumann zum Ausdruck.

Literatur:

Margulis, Lynn. (1998). The symbiotic planet : A new look at evolution (Science masters series). London: Weidenfeld and Nicolson.

Thomas, Peter. (2014). Trees: Their Natural History. Cambridge: Cambridge University Press.

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