Pop up anno 1803

Im vergangenen Herbst gelangte ein aussergewöhnliches und spektakuläres Dokument in den Rara-Bestand der ETH-Bibliothek: «Observations on the theory and practice of Landscape Gardening, including some remarks on Grecian and Gothic Architecture» von Humphry Repton.

Dabei handelt es sich um ein Buch im Bereich der Landschaftsgestaltung und Gartenarchitektur der ganz besonderen Art, da es dem Betrachter die Möglichkeit gibt, sich, anhand einer einzigen Abbildung, mit Hilfe von blosslegenden Papierstreifen, das bearbeitete Grundstück vor und nach der Umgestaltung anzusehen.  Wir sind im Besitz der Erstausgabe, mit 27 Tafeln, davon 12 handkolorierte und 32 Abbildungen im Text, davon 1 in Farbe. Es war Humphry Repton aber keineswegs «in die Wiege gelegt worden», dass er einmal einer der berühmtesten und einfallsreichsten Landschaftsveränderer seiner Zeit werden sollte.

Geboren 1752 im englischen Bury St. Edmunds, wurde er zunächst auf Wunsch seines Vaters zum Kaufmann und Tuchhändler ausgebildet. Anschliessend lebte er eine Zeitlang bei einer reichen Bankiersfamilie, wo er auf den Geschmack des Luxus kam und insbesondere eine Schwäche für representative Gärten entwickelte. Später gründete er eine Familie, die er zu ernähren hatte, und er begann mit dem Geld seines Vaters ein Unternehmen aufzubauen. Da er aber mit Geld nicht umgehen konnte und nicht die Ressourcen eines Landadeligen besass, geriet er mehr denn je in Geldnot, was ihn veranlasste, sich als Privatsekretär anstellen zu lassen, um seinen Geldgeber nach Dublin zu begleiten. Dort begann Repton Skizzen und Aquarelle pittoresker Landschaften anzufertigen. Als er schliesslich in seiner Not darauf verfiel, sich der Oberschicht als Landschaftsgärtner anzubieten, entdeckte er sein gestalterisches Talent vollends, denn trotz fehlender Ausbildung und Erfahrung, wurden seine ersten Umgestaltungen von Gärten ein grosser Erfolg.

Abb. 2

Beeindruckt waren seine Kunden insbesondere von der Anschaulichkeit, mit der er seine Entwürfe präsentierte. Dazu stellte er seine sogenannten «Red Books» her, mit Aquarellen und erklärendem Text sowie «Overlays» für Vorher- und Nachher-Ansichten.

Abb. 4

Diese kunstvollen Ansichten mit den beweglichen Laschen dieser «Overslips» übernahm Repton dann auch in sein zweites Werk «Observations oft he theory and practice of landscape gardening, welches das erste Buch dieser Art überhaupt darstellt und bei seinem Erscheinen 1803 ein besonderes Ereignis gewesen sein muss! Bezeichnend für Reptons einprägsame Anschaulichkeit ist denn auch Abb. 2  mit dem Spruch: «Objects are great or small only by comparison». Ganze 14 Tafeln sind darin mit dieser sensationellen Technik ausgestattet. Somit avanciert Repton zum eigentlichen Erfinder des Popup-Albums.

Abb. 6

Quellenangaben:

Repton, Humphry: “Observations on the Theory and practice of Landscape Gardening”, 1803, Rar 10559

“The Dictionary of National Biography”, Oxford University Press, volume XVI

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