«Honeymoon» in den Schweizer Alpen

Beim Anblick der Lithographien des Bandes «The peaks and valleys of the alps» nach den prächtig kolorierten Zeichnungen des englischen Landschaftsmaler Elijah Walton (1832-1880), beschleicht einen ein überwältigendes Gefühl einer fast schon göttlichen Erhabenheit.

Abb. 1: Dent du Midi

Ebenso muss es Walton ergangen sein, welcher im Auftrag des Londoner Alpenclubs im Jahr 1860 das erste Mal die Schweiz aufsuchte und die Berge zu Gesicht bekam. In den folgenden 5 Jahren reiste er in die verschiedensten Alpenregionen, um die Gipfel mit ihren Gletschern und Schründen mit dem Malpinsel festzuhalten. Der Autor und Geologe Thomas George Bonney (1833-1923) seinerseits spionierte Walton richtiggehend nach, um zu prüfen, ob die Malereien wirklich authentisch seien und reiste zu diesem Zweck 9 Mal in die Schweiz. Bonney war dermassen begeistert von der Qualität der Bilder, dass er schrieb, die Landschaftsbilder Waltons würden selbst sensationelle Fotografien in Farbenechtheit und Wirkung übertrumpfen und «in den Schatten stellen».

Abb. 2: Gletscherlandschaft

Thomas Bonney beschloss in seiner Begeisterung, gemeinsam mit Walton und Lowes, ein Buch über die Schweizer Alpenwelt herauszubringen, wobei man sich geographisch auf den westlichen Teil der Schweiz beschränkte, mit dem Matterhorn, Mont Blanc, Monte Viso, Dent Du Midi etc.. Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen und tatsächlich scheint es, als ob sich dem Betrachter der Lithos eine surreale Welt jenseits der wirklichen Bergkanten eröffnen würde, als tauche er in eine Märchenwelt aus Eis und Schnee. Vielleicht hat dies die Widmungsempfängerin ebenfalls empfunden, als ihr frisch gebackener Ehemann sie Mitte des neunzehnten Jahrhunderts für die Flitterwochen in die Schweizer Alpenwelt entführte, auf eine, aus heutiger Sicht, wohl eher abenteuerliche Hochzeitsreise! Darüber, ob die Dame ganz aus freien Stücken ihrem Gemahl gefolgt ist, lässt sich nur spekulieren. Die handschriftliche Widmung des Ehegatten tönt jedenfalls enthusiastisch: «Alice E. Wilkinson in memory of her first experience among the snow mountains on her wedding tour from her loving husband Dec 25. 1866”. Ein interessantes Detail fällt bei der Datierung auf. Die vorliegende Erstausgabe des Bandes erschien offiziell im Jahr 1867 (gemäss Impressum) und war ausschliesslich für Subskribenten geplant. Es scheint also, als ob das Buch in Wirklichkeit bereits im Dezember 1866 «das Licht der Welt» erblickt hatte!

Abb. 3: Besitzvermerk

Waltons Leben war ganz auf seine Kunst ausgerichtet, ja davon abhängig. Er arbeitete sowohl mit Öl als auch mit Wasserfarben, doch mit letzterem hatte er mehr Erfolg. Ganz besonders beeindruckend sind seine Bergszenerien mit den äusserst effektvoll eingefangenen Stimmungen, wie diese Nebelbilder, in denen die Nebelschwaden von den Berggipfeln durchbrochen werden und diese dann in einem wundersam sphärischen Licht erscheinen lassen. Auch die differenzierte Ausarbeitung der Felsstrukturen und nicht zuletzt die sensible Herangehensweise des Lithographen Lowes machen diese Zeichnungen zu Kleinoden der Kunst.

Abb. 4: Matterhorn

Quellenangaben:

  • Walton/Bonney: “The Peaks and Valleys of the Alps”, Rar 10493, https://www.e-rara.ch/zut/content/titleinfo/20801023
  • Thieme, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zu Gegenwart

Schreibe einen Kommentar