Wenn stumme Karten sprechen könnten…

… dann erzählten sie uns Geschichten von verzweifelten Schülerinnen und Schülern, welche sich vor hundert Jahren in stundenlanger Fleissarbeit Hauptstädte, Ortsnamen, Flüsse und andere Merkmale einprägen mussten. Und heute? Wikipedia und Google Maps vom Smartphone aufrufen, erledigt. Aber stimmt das wirklich?

Sogenannt „stumme Karten“ sind Karten, welche weitgehend ohne Beschriftung und zum Teil stark reduziert dargestellt werden. Das kann mehreren Zwecken dienen: Zum einen sind so eigene Eintragungen und raumbezogene Sachverhalte möglich, ohne dass Beschriftung oder kartographische Elemente „stören“. Zum anderen kann eine stumme Karte für Lehr- und Ausbildungszwecke eingesetzt werden. So bleiben die in langwieriger Arbeit auswendig gelernten Hauptstädte nicht nur nach Name des Landes, sondern auch nach geographischer Lage in Erinnerung.

Abb. 1: Stumme Karte des Kantons Zürich

Die hier gezeigte stumme Karte im Bestand der ETH-Bibliothek, die [Stumme Kartenskizzen der ganzen Schweiz und der einzelnen Kantone zu Unterrichtszwecken], scheint um 1900 in den Schulen eingesetzt worden zu sein. Die Schweiz und die Kantone sind sehr reduziert auf den Kartenblättern festgehalten, nur jeweils der erste Buchstabe eines bestimmten Ortes ist aufgeführt. Ergänzt wird das Kartenbild durch Flüsse, Eisenbahnlinien und markante Reliefformen.

Abb. 2: Stumme Karte des Kantons Luzern

Aber für die Schüler des 19. Jahrhunderts reichte die einfache Benennung der grösseren Orte eines Kantons nicht. Die Legende der Karte umfasst weiter die Fläche des Kantons, Einwohnerzahl, Sprachen und die Konfessionen. Die entsprechenden Einträge wurden aber freigehalten, um die im Unterricht vermittelten Angaben festzuhalten oder abzufragen.

Abb. 3: Legende zur Karte des Kantons Luzern

Auch heute kommen – trotz all der online verfügbaren Informationen – auch noch stumme Karten zum Einsatz. Einen speziellen Weg geht dabei der Schweizer Weltatlas.  Die Herausgeber stellen verschiedene stumme Karten als PDFs mit mehreren Ebenen zur Verfügung, so dass Lehrpersonen und Schüler je nach Aufgabenstellung und Anspruch eigene Karten zusammenstellen und mit den Inhalten aus dem Weltatlas oder anderen Quellen abgleichen können. Google Maps und Wikipedia helfen zwar beim Finden der Informationen, die räumliche Verortung auf eine Karte und das Orientieren auf einer Karte ist aber auch heute noch Teil des Unterrichts.

Die Zeiten der “verzweifelten” Schülerinnen und Schüler sind also (noch) nicht vorbei, nur die Lehrmittel haben sich den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts angepasst.

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