Das Spiel mit dem Feuer: Feuerwerk im 17. Jahrhundert

Bei der jährlich stattfindenden Streetparade wird nach Einbruch der Dunkelheit in Form einer gigantischen Lasershow ein digitales Feuerwerk gezeigt. Feuerwerk ist und bleibt ein unerlässlicher Bestandteil von grossen Festlichkeiten, auch im digitalen Zeitalter. Etwas feuriger ging es im 17. Jahrhundert bei
Feuerwerksspektakeln zu und her, aber nicht mit weniger Aufwand.

Einen Eindruck davon gibt das Werk Vollkommene Geschütz- Feuerwerck- und Büchsenmeisterey-Kunst des polnischen Militärexperten Kazimierz Siemienowicz von 1676, das sich unter der Signatur Rar 9371 und in einer späteren Ausgabe unter Rar 9386 im Bestand der Alten und Seltenen Drucke der ETH-Bibliothek befindet.

In diesem Handbuch über die Artilleriekunst beschrieb Siemienowicz neben dem zu Kriegszwecken genutzten „Ernstfeuerwerk“ auch das „Lustfeuerwerk“, das bei verschiedenen festlichen Gelegenheiten wie Krönungen, Hochzeiten oder Banketten gezeigt werden konnte. Lustfeuerwerke wurden damals nicht nur als ein Schauspiel am Nachthimmel gezeigt, sondern es wurden für die Aufführungen aufwändig dekorierte „Machinae“ gebaut und zu theaterähnlichen Szenen zusammengestellt. Machinae konnten unterschiedliche Feuerwerksfiguren sein wie Schlösser, Türme, Säulen, Pfeiler, Pyramiden oder Menschen und Tierfiguren jeglicher Gestalt (Siemienowicz 1676, S. 181).

Siemienowicz gab in seinem Buch anhand der Figur eines feuerspeienden Drachen eine detaillierte Anleitung zum Bau einer Machina. Sie zeigte, wie das Gerüst aufgebaut und die Feuerwerkskörper im Inneren der Figur angeordnet werden konnten. Auch die Erstellung einer möglichst realitätsgetreuen äusseren Hülle wurde beschrieben (Siemienowicz 1676, S. 215).

Vorlage zum Bau einer „Machina“ (Siemienowicz 1676, S. 215)

Abb.: Anleitung zum Bau einer „Machina“ (Siemienowicz 1676, nach S. 215)

Ein solcher Aufwand wurde nicht nur betrieben, um mit den prunkvollen Feuerwerken dem Publikum eine ästhetische Vorführung zu bieten. Die Feuerwerke hatten ihre eigene Symbolik und dienten der moralischen Belehrung des Publikums (Siemienowicz 1676, S. 195). Eine konkrete Szene, in der die Drachenfigur eingesetzt werden konnte, beschrieb Siemienowicz in seinem Werk leider nicht. Sie könnte aber möglicherweise bei einer ähnlichen Vorführung zum Einsatz gekommen sein, wie es bei einem Fest in Versailles im Jahr 1664 beschrieben ist:

Mitten aus dem Wasser erhob sich, getragen von goldenen Greifen, ein Obelisk aus Licht. Von seiner Spitze strahlte eine Sonne. An seinem Fusse schlug ein Drache majestätisch die Flügel. Man sah demütige Gefangene und den triumphierenden König. Plötzlich knallten 1500 Böller. Die Ufer des Kanals, die Stufen des Wasserfalls strahlten auf, der Drache spie Ströme von Feuer, blauen und roten Rauch aus Mund, Augen und Nüstern, über die Wasserfläche zuckten Blitze, endlich stiegen 5000 Raketen zugleich in die Nacht, bildeten aber für einen Augenblick einen Dom von Licht über dem Kanal und sanken in einem Sternenregen zur Erde (Alewyn 1985, S. 11).

 

Literatur:

Alewyn, Richard (1985): Das grosse Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste. München : Beck.

Werret, Simon (2010): Fireworks : pyrotechnic arts and sciences in European history. Chicago : The University of Chicago Press.

 

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