Ein Blick hinter die IT-Kulissen von refine

Die neue Ressourcen- und Finanzplattform der ETH ist am 9. Januar 2019 erfolgreich in Produktion gesetzt worden.

refine = Erneuerung der REssourcen- und FINanzplattform der ETH Zürich

Mit diesem bedeutenden Schritt wurde der wichtigste Meilenstein des Projektes refine erreicht. Dieser Erfolg ist natürlich ein Verdienst aller Beteiligten. Glückwunsch den mehr als 100 Personen in vielen ETH-Organisationseinheiten und etlichen externen Spezialisten. Für die Informatikdienste waren es die Bereiche Basistechnologien, Entwicklung und Portierung bestehender Produkte, Datenmigration und Prozessausgestaltung. In diesem Post soll die Rolle der Informatikdienste beleuchtet werden.

Interview

ID-Blog: refine ist in den letzten Jahren als «das wichtigste Projekt der ETH im nichtakademischen Bereich» bezeichnet worden. Wieso eine so hohe Einstufung?

Giorgio Broggi: Diese hohe Einstufung verdient refine, weil das Projekt eine zeitgemässe Finanz- und Ressourcen-technische Steuerung der ETH ermöglicht. Dadurch können die Kern-Tätigkeiten der Schule (Forschung, Lehre, Wissenstransfer) viel effektiver – und auch effizienter – unterstützt werden. Es handelt sich also um ein «Enabling-Projekt». Zwar im Bereich der Support-Prozesse situiert, aber mit einer sehr grossen Auswirkung auf die Hauptaufgaben der ETH. Im Rahmen des Projektes wurden aber auch ambitionierte IT-Ziele gesetzt, die vollumfänglich erreicht werden konnten.

ID-Blog: Die ETH betreibt seit fast 20 Jahren eine SAP-Umgebung: wieso musste ein so umfangreiches Projekt umgesetzt werden, statt einer laufenden Erneuerung in kleinen Schritten?

Giorgio Broggi: Informationstechnisch wurde die SAP-Umgebung laufend weiterentwickelt: die Systemlandschaft, welche per 31.12.2018 stillgelegt wurde, basierte schon auf der neuen SAP in-Memory-Datenbanktechnologie S/4 HANA und auf aktuellen Versionen der applikatorischen Komponenten. Zum grossen Ablösungsschritt haben zwei sehr unterschiedliche Faktoren geführt. Der wichtigste davon ist die Ablösung der kameralistischen Rechnungsauslegung. Vereinfacht gesagt, ist diese vom «Kässeli»-Gedanken geleitet. Finanzvolumina werden in Ausgaben gemessen, die von «Kässeli» (Fonds) abgebucht werden. Die Kameralistik wird in vielen öffentlich-rechtlichen Bereichen noch praktiziert, verunmöglicht aber die Erreichung einer aussagenkräftigen Sicht der anfallenden Kosten, vor allem bei mehrjährigen Projekten oder nach Tätigung längerfristiger Investitionen. Im Rahmen von refine wurden die periodengerechte Verbuchung, eine transparente Kostensicht, die Möglichkeit von aussagekräftigen Soll-Ist-Vergleichen und all das eingeführt, was im Governance-Umfeld für die Anwendung des International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) nötig ist. Der zweite Faktor ist die Bereitstellung durch die Firma SAP von S/4 HANA, der dritten Generation der SAP-Software-Umgebung. Die Entscheidung, eine komplett neue SAP-Landschaft aufzubauen, war auf diesen Hintergründen fast vorprogrammiert.

ID-Blog: Wer hat das Projekt fachlich getragen?

Giorgio Broggi: refine wurde unter der Ägide des Vizepräsidenten für Finanzen und Controlling, Robert Perich, abgewickelt und von Markus Knaus, Leiter der ETH-Abteilung Controlling, und Clemens Gubler, Firma Novo, geleitet. Viele Beiträge sind aber auch von Mitarbeitenden anderer Organisationseinheiten geleistet worden. Im Bereich Personalwirtschaft sind zum Beispiel sehr viele, tiefgreifende Innovationen eingeführt und alte Zöpfe abgeschnitten worden. Diese äusserst komplexe Arbeit wurde fachlich direkt von der Abteilung HR getragen. Und natürlich haben die Informatikdienste rundum einen entscheidend wichtigen Beitrag geleistet.

ID-Blog: In welchen Projektbereichen haben sich ID-Mitarbeitende engagiert?

Giorgio Broggi: Die Beiträge sind vor allem in den folgenden vier Bereichen geleistet worden: Basistechnologien, Entwicklung und Portierung bestehender Produkte, Datenmigration, Prozessausgestaltung.

André Hunziker: Im Bereich der Basistechnologien war die Hauptaufgabe das Erarbeiten des Knowhows im Bereich der HANA-DB und darauf stützend die Planung und der Aufbau der Serverinfrastruktur (virtualisiert) für refine. Die Installation der verschiedenen Typen von benötigen SAP-Systemen (Portal-, Gateway- und S/4 HANA-Systeme) in den Ausprägungen Sandbox-, Entwicklungs-, Qualitätssicherungs- und Produktivsystem, sowie die Einrichtung der Kommunikationsverbindungen der Systeme untereinander war natürlich sehr herausfordernd und aufwändig. Es folgten das Aufsetzen des Korrektur- und Transportwesens und der Systemüberwachung wie auch die Konfiguration und das Testen der Backups. Im Laufe des Projektes erfolgten mehrmals Upgrades der SAP-Software. Laufende Aufgaben sind für uns die Unterstützung des Projektteams bei technischen Problemen und schlussendlich alles, was für Betrieb und Wartung dieser Infrastruktur nötig ist.

ID-Blog: Kann man die Einführung von refine als Erfolg betrachten?

Giorgio Broggi: Ja, bestimmt. Es sind zwar überall Probleme und «Problemchen» aufgetaucht: Dies war aber in einem Projekt dieser Dimension realistisch gesehen zu erwarten. Die klassischen Wermutstropfen sind dabei die anfänglichen Probleme bei der Zeitwirtschaft (SPAZ) gewesen: obwohl SPAZ vielleicht 5% des funktionalen ETHIS-Angebotes darstellt, haben viele User (gerade bei der ID, wo SPAZ offensichtlich im vollen Umfang verwendet wird) einen negativen ersten Eindruck vom neuen ETHIS bekommen. Dies soll aber richtig gewichtet werden. Wir können also stolz sein auf die Leistung der ETH – und die der ID – für die Erreichung dieses Haupt-Meilensteins vom Projekt. Die Arbeit geht jetzt weiter: Bis zum Abschluss von refine im Frühjahr 2020 sind viele Produkte noch zu portieren und zu entwickeln, und einige «ETH-Spezialitäten» (vielleicht auch die Zeitwirtschaft) zurück zum SAP-Standard zu bringen. 

Haupt-Beteiligte seitens ID

ID BD für Basistechnologien

  • Markus Eugster (Dokumenten-Konvertierung und Archivierung; Anpassung Scanner-Profile, SAP-GUI-Konfiguration für S/4 HANA-Systeme)
  • André Hunziker (Planung und Aufbau der Serverinfrastruktur (virtualisiert) für refine, Installation der verschiedenen Typen von benötigen SAP-Systemen (Portal-, Gateway- und S/4 HANA-System als Sandbox-, Entwicklungs-, Qualitätssicherungs- und Produktivsystem. Einrichten Kommunikationsverbindungen der Systeme untereinander, des Korrektur- und Transportwesens und der Systemüberwachung. Konfiguration und Testen der Backups. Mehrmaliges Upgraden der SAP-Software im Laufe des Projektes, Unterstützung des Projektteams bei technischen Problemen, Betrieb der Infrastruktur)
  • Gabi Maier (SAP Basis Support und alles im Bereich SAP HANA Datenbanken)

ID SWS für Entwicklung und Datenmigration

  • Charly Bärlocher (Dokumenten-Konvertierung und Archivierung, Migration der alten 3.8 Millionen TIFF/JPEG Dokumente ins PDF/A Format)
  • Carmine D’Agostino (Gesamtverantwortung SAP-Entwicklung für Einkauf-Beschaffungen (z.B.: ETHIS ETH Webshop, Möbelshop, Bestellung über Webshop eines ext. Lieferanten (Sigma-Aldrich), Beschaffungsantrag und Backend-Verarbeitung der Beschaffungen im SAP), Migration ETHIS ESS (Persönliche Daten, Anstellung & Lohn)
  • Sacha Eckenstein (Zentrale Entwicklungsobjekte, Suchhilfen, Spesenerfassung (EAS), Lieferanten Rechnungen Erfassung (KNG)
  • Paul Föhn (Verantwortlich für alle Zusatzentwicklungen im Modul SAP-HCM, Aufgabenbereich betraf alle möglichen Schritte eines Software Development Life Cycle: Anforderungen ermitteln, Analyse, Machbarkeit, Design, Coding, Testen, Integration etc.)
  • Markus Kreuzer (Anpassung der Schnittstelle von Personen- und Anstellungsdaten aus SAP in die OIS-Datenbank)
  • Walter Niederer (Portierung der Zahlungsverkehr-Komponenten; Fakturierung, inkl. Studiengebühren und Bibliothek, Portierung diverser FI-Komponenten, technische Umsetzung der Migration der Finanzdaten)
  • Corsin Sgier (technische Gesamtverantwortung für Prozess-Integration und Schnittstellen; Anbindungen an Publica, ASVZ, Karte-MA, div. Bundesämter, Bibliothek, Daylight, Sigma, IT Shop, Archivierung, Provis, Postfinance, SIX usw.).
  • André Wahlig (technische Gesamtverantwortung für Portal-Komponenten, Anpassung und Portierung der SNF-ETH Schnittstelle, technische und prozessuale Umsetzung der Two-Factor Authentication für SAP-GUI Users)

Weitere ID-Beteiligte

Viele weitere ID-Kolleginnen und -Kollegen haben zudem das Projekt indirekt unterstützt.

ID PPF

Jürg Häubi, Sonia Messere, Gerhild Müller (Abwicklung von Beschaffungsantrag und KNG als Test-Personen, CCSAP-Sitzungen), Eva Alonso, Roman Windlin (Begleitung mehrerer Prozesse der ID bezüglich refine), Paul Signer (Anbindung IT-Shop und ETHIS hinsichtlich refine), Dordaneh Arangeh (Beschaffungsfragen, Controlling Prozesse für die ID, CCSAP- und EKK-Diskussionen, Mitarbeit interne Verrechnungsprozess und interne Shops).

Weitere ID SWS-Beteiligte

Axel Reich, Werner Meili (KarteMA), Paul Jesenak (GMIS Integration), Silvio Mombelli (FakturierungsSS Rkt), Zeljko Rakazovic (Last-Tests), Andreas Jost (OrgDB, Integration Supportablauf, HR Eintritt)

Allen gebührt ein herzlichstes Dankeschön der Informatikdienste.

Rui Brandao, Direktor der Informatikdienste & Giorgio Broggi, Sektionsleiter ID Software Services der Informatikdienste

Für André Hunziker, Walter Niederer, Charly Bärlocher und André Wahlig (von links) haben die «Road to Hana» auf Maui, Hawaii und refine (mit «SAP HANA» entwickelt) einiges gemeinsam: Viele Brücken, Haarnadelkurven und Highlights.

Mehr

refine – auch für die ID ein Grossprojekt (ID-Blog)

Auszug aus den Kurzinformationen zum ETH-Projekt

Warum eine Erneuerung?

Die bestehende Ressourcen- und Finanzplattform der ETH Zürich ist ein SAP-System, das 1999 implementiert wurde. Seither haben sich die ETH Zürich und ihr Umfeld erheblich verändert. So sind die Drittmittel-Volumina stark gestiegen, die regulatorischen Standards von Geldgebern und für die Rechnungslegung öffentlicher Institutionen sind komplexer geworden, der Bedarf an differenzierter Steuerungsinformation hat zugenommen.

Leitgedanke

Mit refine wird eine Finanz- und Ressourcenplattform der «zweiten Generation» für die ETH Zürich entwickelt, welche die finanzielle Steuerung der ETH Zürich auch in Zukunft auf allen Ebenen sicherstellt. refine will die Mittelbewirtschaftung in der ETH Zürich konsistenter und transparenter machen. Dazu wird die Komplexität bestehender Prozesse und Systeme abgebaut. Beim Aufbau der neuen Prozess- und Systemstandards sind betriebswirtschaftliche Wertvorstellungen ebenso massgeblich wie bewährte kulturelle Werte der ETH Zürich. Das Prinzip der integralen und eigenverantwortlichen Mittelbewirtschaftung wird weiter gestärkt. Bewährte Wertvorstellungen wie der Grundsatz, dass die finanzielle Steuerung der ETH Zürich die akademische Entwicklung unterstützt, werden beibehalten und auf eine zukunftsfähige, offenere Basis gestellt.

Wohin wollen wir? Ziele des Projektes sind:

  • Decomplexing. Vereinfachung und Standardisierung von Prozessen und Systemen, mehr Orientierung an betriebswirtschaftlichen Standards.
  • Moderne Konzeption des Finanz- und Rechnungswesens. Orientierung an Budgets (geplanten Kosten) und Istkosten statt an «Bargeld in Kassen».
  • Bedürfnisgerechte Erhöhung von Transparenz. Grosse Kostenströme und Kosten von Querschnittseinheiten (Plattformen usw.) besser verstehen.
  • Flexibilität und Reaktionsfähigkeit. Die Ressourcensteuerung für Professuren soll einfacher und flexibler werden. Einzelne Einheiten sowie die ETH Zürich insgesamt sollen leichter auf Anforderungen reagieren können, schnell Entscheidungsgrundlagen zur Hand haben.
  • Einführung einer neuen SAP-ERP-Plattform als Träger der neuen Konzeption, Weiterentwicklung des bewährten ETHIS-Portals für die Nutzer.
  • Einhaltung der relevanten regulatorischen Anforderungen. Das Gesamtkonzept der neuen Ressourcen- und Finanzplattform wurde vom Steering Committee abgenommen (Modellabnahme Dezember 2015, Fachkonzeptabnahme Dezember 2016). 

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