Die Cometen: Walter Schmid

„Man lernte viel und konnte frei arbeiten, solange es rentierte“

Schon während der Lehre als Radio- und Fernsehelektriker bei der alteingesessenen Firma Grossmann in der Churer Altstadt, arbeitete Walter Schmid in der Freizeit mit der Kamera und im Labor beim Fachgeschäft Foto Caspar. 1949 in Chur geboren und auch aufgewachsen, blieb der initiative junge Mann noch ein halbes Jahr bei Grossmann, dann heuerte er fest bei Caspar an, wo er nur wenig verdiente aber ein gutes fotografische Rüstzeug erwarb, nebenher jobbte er noch im Kaufhaus Vilan.

„Gesucht Fotoreporter, geringer Verdienst, Samstag-/Sonntagsarbeit usw.“, las Walter Schmid in einem Inserat, und meldete sich sofort. Er wolle in Zürich eine Presseagentur gründen, sagte der Mann am Telefon, genau das Richtige für den unternehmungslustigen jungen Bündner, der schon einige Erfahrung mit der Pressefotografie mitbrachte. Schmid reiste nach Zürich, man verstand sich gut, doch es klappte nicht mit der geplanten Agentur, immerhin stellte der verhinderte Gründer den Kontakt zur renommierten Comet Photo her.

Comet Photo AG:  Walter Schmid mit Pilot in einer Piper, August 1972 (Com_L21-0607-0003)

Fotograf und Tonoperateur

„Kommen sie vorbei“, sagte Comet-Besitzer Björn Lindroos am Telefon, für Walter Schmid der Auftakt zu einigen sehr interessanten beruflichen Jahren. “Ich war gerade 22 und sass schon am nächsten Tag bei Lindroos im Büro, überraschend schnell kam das Gespräch auf die Jagd“, erinnert sich Schmid,  „der Agenturchef und passionierte Jäger sah den jungen Bündner und zukünftigen Comet-Fotografen schon als gelegentlichen Jagdgehilfen, wie sich Schmid lachend erinnert.

Nach Bestehen der Autoprüfung wurde er 1972 bei Comet als Fotograf eingestellt.  Er bekam den Job auch darum, weil Sohn Wolfgang Lindroos, gerade eine Filmabteilung gegründet hatte; der gelernte Radioelektriker Schmid sollte Lindroos junior bei Aufnahmen als Tonoperateur beistehen und zudem aktuelle Bilder für die Agentur schiessen. Er habe sich bei Comet entfalten und entwickeln können, hält Walter Schmid fest. „Lindi“, wie der Chef von allen genannt wurde, erteilte zwar immer wieder Aufträge, er liess die Fotografen aber auch frei arbeiten, solange sie eigene Ideen realisierten und die Projekte rentierten.

So unternahm der junge Bündner beispielsweise einmal eine Reise in den Jura, mit dem Ziel, aussagekräftige Bilder für das Fotoarchiv und den täglichen Fotoaussand an Dutzende von Zeitungen, genannt „Pool“,  zu schiessen. Um einen derartigen Trip rentabel zu gestalten, musste man sich vorbereiten, die Augen offen halten und interessante Sujets ablichten. „Nur nicht herumhocken!“, impfte der Boss den Comet-Fotografen und -Journalisten ein.

  

Jules Vogt: Björn Eric Lindroos im Büro, 27.02.1978, Testfilm 35mm Mamya 46 (Com_M27-0141-0003) 

„Chropflärete“ am Freitagabend

Am Freitag nach der Arbeit standen alle Fotografen und Journalisten zuweilen bei einem Glas zusammen und diskutierten in Anwesenheit des Chefs, der Sekretärinnen und der Archiv-Mitarbeitenden angeregt, gerieten manchmal aber auch heftig aneinander. Bei Lachs und Aquavit kam es bei versammelter Belegschaft gar zu Wutausbrüchen sensibler Fotokünstler, die wegen der langen Pikettdienste und der wenig üppigen Bezahlung rebellierten. Trotz engagiertem Einsatz und eher knappen Salären von ca. 2500 Franken monatlich in den 1970er Jahren, sprach der Boss jedoch immer wieder von einer drohenden Firmenpleite, was namentlich den älteren Fotografen den Angstschweiss auf die Stirne treiben konnte.

Doch Björn Lindroos hatte Stil und machte mit Blazer und Krawatte genau so gute Figur wie in Jeans oder im Jägergewand, und er war sehr respektiert in der damaligen Schweizer Presselandschaft. Lindi arbeitete viel, aber er darbte nicht, ging auf die Jagd, fuhr einen Porsche und lebte gut mit seiner Partnerin, die ebenfalls im Geschäft arbeitete. Mit seiner Professionalität und Menschenkenntnis verstand er es, die Mitarbeitenden weiterzubilden, zu motivieren und zuweilen allerdings auch gegeneinander auszuspielen.

Allzeit bereit

Walter Schmid quartierte sich eine Zeitlang in zwei Zimmern im Comet Haus an der Turnerstrasse ein, abends und auch am Wochenende musste er nach Anrufen des Chefs mit der Kamera auf die Piste und oft auch noch die Post aus dem Fach holen, was ihn zunehmend nervte.

Permanent hörte der Chef den Polizeifunk ab, um seine Fotografen noch vor der Konkurrenz zu Verkehrskarambolagen oder Schauplätzen von Überfällen zu schicken. Bei einer Flugzeugentführung in Zürich Kloten fuhr Björn Lindroos die Fotografen Hans Ruedi Bramaz, Hans Krebs und Walter Schmid in seinem Porsche getarnt auf Schleichwegen bis auf 300 Meter an die gekaperte Maschine. Mit dem Teleobjektiv schossen sie dann die Bilder, die um die Welt gingen. Solche Einsätze waren Volltreffer, denn Mehrfachauswertung hiess die Devise der Agentur.

Comet Photo AG: Entführtes Iberia Flugzeug E-CBI in Kloten, 16. März 1977 (Com_L26-0223-0001-0002) 

Comet, eine Schule für das weitere berufliche Leben

Walter Schmid war, wie alle seine Comet-Kollegen, ein Allrounder, der von Flugaufnahmen über aktuelle Pressebilder bis zu PR-Aufträgen bei Banken und Reportagen in Begleitung der Journalisten die unterschiedlichsten Aufgaben löste.

Mit dem Schreibenden unternahm er Reportagereisen unter anderem nach Kanada und New York, von wo man über das gerade fertiggestellte World Trade Center berichtete, oder auch nach Kenia. Im ostafrikanischen Land entstanden Bild/Text Berichte über die bedrohte Tierwelt, die im „NZZ-Wochenende“, in Regionalzeitungen und in Familienzeitschriften erschienen.

Walter Schmid: New York City, Manhattan, World Trade Center, November 1973 (Com_L22-1111-0018-0009)

Walter Schmid: New York City, Manhattan, World Trade Center, November 1973 (Com_L22-1111-0019-0010)

Werner Catrina: New York City, Manhattan, Walter Schmid im Hotelzimmer, November 1973 (Com_L22-1111-0010-0006)

Werner Catrina: Walter Schmid vor den Niagarafällen, November 1973 (Com_L22-1112-0013-0005)

Walter Schmid: Kenia, Trophäen-Fabrik, ca. 1975 (Com_LC0926-008-030)

Walter Schmid: Kenia, Trophäen-Fabrik, ca. 1975 (Com_LC0926-008-031)

Walter Schmid kündete seinen Job bei Comet 1981, weil er sich selbständig machen wollte. „Als ich ging, machte es Lindi ganz kurz“, erinnert er sich. „Walti, das ist mutig von Dir“, sagte der Boss, das war alles. Für Björn Lindroos war jede Kündigung sozusagen eine Beleidigung. Wie konnte ein Fotograf nur so unverfroren sein, eine derart hervorragende Agentur zu verlassen!

Walter Schmid baute sich in Chur eine eigene Existenz als Fotograf, Texter und Redaktor von Fachzeitschriften auf, nutzte all das, was er bei Comet gelernt hatte und entwickelte es weiter. Auch im Pensionsalter ist er noch beruflich aktiv und erklärt im Rückblick: „Noch Jahre danach habe ich geträumt, ich arbeite bei Comet, für mich waren das beruflich die markantesten Jahre.“

Aufgezeichnet von Werner Catrina, 1972-1977 Journalist bei Comet; Bildredaktion Roland Lüthi

Bisher erschienen in der Reihe Die Cometen:

Die Cometen: Björn Erik Lindroos

Die Cometen: Zum 100. Geburtstag von Jack Metzger

Die Cometen: Hans Gerber

Die Cometen: Heinz Baumann

Die Cometen: Werner Catrina

Die Cometen: Walter Schmid

Die Cometen: Christof Sonderegger

Die Cometen: Beat Albrecht

Die Cometen: Doris Gaus

Die Cometen: Jules Vogt

Die Cometen: Hans Krebs

Die Cometen: Wolfgang Lindroos

Die Cometen: Candid Lang

Die Cometen: Hans-Ruedi Bramaz

Die Cometen: Arthur Wieser

Die Cometen: Ruedi Weiss

Die Cometen: Christian Lanz

Die Cometen: Patrick Lüthy

Geplant sind: Markus Hässig, Rudolf Steiner, Rolf Neeser, Thomas Zwyssig, Ralph Bensberg, Gary Kammerhuber und weitere.

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