Der Weltverkehr: Transportmöglichkeiten um 1900

Ferienzeit ist Reisezeit. Und ewig stellt sich die Frage: Wo soll es denn hingehen? Die heutigen Möglichkeiten sind vielfältig und müssen, je nach Reisedestination und Reisemittel, gar nicht mal so viel kosten. Bereits um 1900 hatte der Europäer infolge technologischen Fortschritts eine grosse Auswahl an Reisezielen, welche er mit Schiff und Bahn ansteuern konnte.

Insbesondere die Hochseeschifffahrt profitierte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von rasanten Entwicklungen und wurde damit nicht nur für Auswanderer interessant. Mit der Umstellung von Segelschiffen auf Raddampfer sank die durchschnittliche Reisedauer für eine Atlantiküberquerung von ca. 6 Wochen auf 7 bis 9 Tage. Der Ausbau des Schienennetzes sorgte seinerseits für ein Zusammenrücken auf dem Festland.


Abb. 1: Diverse Verbindungen der Reedereien von Europa nach Nordamerika. Ersichtlich sind auch die Telegraphenkabel durch den Atlantik.

Zentrum dieser Entwicklungen war dabei Europa, es wurde das Zentrum eines globalen Transport- und Kommunikationsnetzes. Die Karte Der Weltverkehr: Karte der Eisenbahn-, Dampfer-, Post- & Telegraphen-Linien zeigt eindrücklich die starken Verbindungen, welche 1895 von Europa in alle Welt verzweigen. Sowohl über den Atlantik als auch via den 1869 eröffneten Sueskanal in Richtung Indischer Ozean waren die unterschiedlichsten Reedereien mit ihren Schiffen unterwegs. Die Karte lässt den Betrachter beinahe mitfühlen, wie eng es auf gewissen Passagen gewesen sein muss.


Abb. 2: Die Kurslinien durch den neu eröffneten Sueskanal.

Auch das Kartenbild an sich gestaltet sich etwas eng, um nicht zu sagen unübersichtlich: Die Karte zeigt nicht nur Kommunikations- und Transportrouten, sondern liefert in Nebenkarten auch statistische Angaben wie Bevölkerungszahlen und Flächenbedeckungen sowie Angaben zu Post- und Telegrammgebühren. Für gewisse Schifffahrtslinien wird die Reisedauer mit angegeben. Die Karte bietet also viel Information auf wenig Raum. Ins Auge springen aber die Routen der Raddampfer unter unterschiedlichen Flaggen.

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Abb. 3: Kurslinien von Europa (London, Bremerhaven oder Marseille) nach Australien. Die Fahrt Bremerhaven – Sidney dauerte auch mit dem schnellsten Schiff 1895 noch durchschnittlich 54 Tage.

Die Hochseeschifffahrt ist auch heute bei Reisenden hoch im Kurs, Kreuzfahrten boomen und immer grössere und modernere Schiffe befahren die Weltmeere. Über 160‘000 Schiffe sind weltweit auf den Gewässern im Einsatz. Eine schöne Übersicht bietet die interaktive Karte von MarineTraffic. So lässt sich – ähnlich zur Karte von 1895 – die Route des Kreuzfahrtschiffs für den nächsten Urlaub bereits zuhause nach verfolgen. Denn die Routen sind auch heute noch fast dieselben, nur der Komfort der Schiffe für die Übersee-Reisenden hat sich etwas verbessert…

Literatur:

  • Geistbeck, Michael (1986): Der Weltverkehr: Seeschiffahrt und Eisenbahnen, Post und Telegraphie in ihrer Entwicklung dargestellt. Freiburg u.a.: Herder.
  • Paulsen, Reinhard (2016): Schifffahrt, Hanse und Europa im Mittelalter: Schiffe am Beispiel Hamburgs, europäische Entwicklungslinien und die Forschung in Deutschland (Vol. 73, Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte. Neue Folge). Köln: Böhlau Verlag.
  • Zürcher, Walter (2010): Schweizer Reeder in aller Welt: Schweizer Schifffahrtsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Bremen: Hauschild.

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