Ein Monogramm, eine Etikette und ein Stempel: Zeichen für das Schicksal eines alten Druckes

Auf dem Weg zu einem sicheren Platz in einer Bibliothek haben viele alte Drucke einen langen und spannenden Weg zurückgelegt. So wechselten etwa kontinuierlich die jeweiligen Besitzer und im Laufe der Jahrhunderte sind diese Werke durch viele Länder gereist. Das Schicksal dieser „reisenden Bücher“ wurde häufig dokumentiert: So haben handschriftliche Vermerke, Stempel oder Etiketten die Rolle des Geschichtenerzählers übernommen und doch meist viele offene Rätsel hinterlassen.

Fünf Jahre nach dem Tod des bedeutendsten Mathematikers der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Pierre de Fermat (1607-1665), hat sein Sohn Samuel (?-1690) das vorliegende Werk herausgegeben. Durch die Veröffentlichung des grossen Fermatschen Satzes hat das Werk in der Geschichte der Mathematik eine unsterbliche Berühmtheit erlangt. Dies war auch der Grund dafür, dass das Werk über die Jahrhunderte sorgfältig aufbewahrt und gepflegt wurde.

Das vorliegende Exemplar ist nun ein gutes Beispiel für die verschlungenen Wege der „reisenden Bücher“. Das kostbare Werk wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt vom Collége du Plessis-Sorbonne erworben und im Einklang mit einer langen Tradition einem uns unbekannt gebliebenen Schüler des College als Preis verliehen. Das Collége du Plessis wurde im Jahr 1323 von Geoffroi du Plessis-Balisson gegründet und wurde im Jahr 1642 von Kardinal Richelieu (1585-1642) administrativ dem Collége de Sorbonne unterstellt. Bis zur französischen Revolution war es unter dem Namen Collége du Plessis-Sorbonne bekannt. Während der Zeit des Terrors wurde es in ein Gefängnis umfunktioniert. Als einziges, bekanntes Exlibris des College ist auf dem Einband ein Monogramm aus ineinander verschlungenen „PS“- Initialen zu erkennen. Das Monogramm, umrandet von den königlichen Lilien und einem Lorbeerkranz, wurde als Supralibros auf den Prachteinband des Werkes in Gold geprägt.

Wie die Etikette auf dem Verso des Vorderdeckels bezeugt, hat das Werk später einen Zwischenstopp in der Buchhandlung Courcier gemacht, die Victoire-Félicité Courcier im Jahr 1811 von Ihrem Mann geerbt und bis 1820 weiter betrieben hatte.

Leider lässt sich nicht mehr rekonstruieren, wer das Werk in der Buchhandlung gekauft hat. Zur Rekonstruktion des weiteren Weges hilft uns dann der Stempel mit der Beschriftung „Sacré-Cœur Conflans“ auf einer der Buchseiten. In der Mitte des Besitzstempels ist der handschriftliche Signatureintrag „151“ gut erkennbar. Dieser Stempel weist uns darauf hin, dass dieses Mal das Werk nicht nur den Besitzer gewechselt, sondern auch die Stadt Paris verlassen hatte. Es kam nun in die Obhut des Benediktinerinnenklosters „Soeurs de Sacré-Coeur“. Die Benediktinerschwestern hatten 1841 das alte Kloster in Conflans, heute ein Ortsteil von Charenton-le-Pont, übernommen, das bis ins Jahr 1911 in ihrem Besitz blieb.

Ab dem Jahr 1911 lässt sich dann das Schicksal des Werkes nicht mehr nachverfolgen. Auf Grund seiner besonderen Bedeutung für die Geschichte der Mathematik wurde das Werk im Jahr 2006 von einem französischen Antiquariat erworben und hat auf diese Weise einen sicheren Aufbewahrungsplatz in der ETH-Bibliothek bekommen; die lange Reise ist somit zum Ende gekommen.

Vergleichbare Buchschicksale kann lassen sich visuell auf der Plattform E-Pics im neuen Katalog „Ex meis libris“: Provenienz alter Drucke verfolgen.

 

Literatur

Pierre de Fermat: Diophanti Alexandrini Arithmeticorum libri sex. Toulouse 1670. ETH-Bibliothek, Alte und Seltene Drucke, Rar 3625.

Alfred Franklin: Les anciennes bibliothèques de Paris. Églises, monastères, collèges etc., Bd. 1. Paris 1867, S. 413-415.

Jos. E. Hoffmann: Pierre de Fermat eine Wissenschaftsgeschichtliche Skizze, in: Scientiarum Historia: Tijdschrift voor de Geschiedenis van de Wetenschappen en de Genewskunde, 13 (1971), S. 198-238.

Marie-Madeleine Compère: Les collèges Français. 16e-18e siècles, Bd. 3. Paris 2002, S. 301-315.

Für die Geschichte des Benediktiner Frauenklosters „Soeurs de Sacré-Coeur“ siehe: http://www.culture.gouv.fr/public/mistral/merimee_fr (27.02.2018)

Schreibe einen Kommentar